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WIR ONLINE MAGAZIN_JULI_11_2022

WIR Network-News - Impressionen WIR-Sommerreise ins Piemont - Musical "Flashdance"

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<strong>WIR</strong> <strong>ONLINE</strong> <strong>MAGAZIN</strong>| <strong>WIR</strong> aktuell<br />

Süßer Tod<br />

Elmar schob seinem Onkel Heribert,<br />

dem Leiter der örtlichen Polizeistation,<br />

ein Päckchen Kopfschmerztabletten<br />

über den Tresen. Gestern hatte<br />

das jährliche Feuerwehrfest stattgefunden<br />

und sein Onkel war nicht der<br />

Erste, der an diesem Morgen zu ihm<br />

in die Apotheke kam, um seinen<br />

Bestand an Kopfschmerztabletten<br />

aufzustocken. Nachdem sein Onkel<br />

sich verabschiedet hatte, ging Elmar<br />

zurück in sein Büro. Die Türglocke<br />

würde ihm neue Kundschaft melden.<br />

Mit einem Seufzer schob er die<br />

Schmerzmittel, die er für das nahe<br />

gelegene Altenheim sortiert hatte,<br />

zur Seite und faltete den Sitzplan für<br />

die Hochzeitsfeier auseinander.<br />

Madeleine war schon immer seine<br />

Traumfrau gewesen und vor zwei<br />

Jahren hatte sie ihn endlich erhört.<br />

Nächsten Monat würde er seine<br />

Maddy heiraten. Dafür lohnten sich<br />

selbst die anstrengenden Diskussionen<br />

über die Tischordnung. Das Läuten<br />

der Türglocke riss ihn aus den<br />

Gedanken. Als Elmar hinter den Tresen<br />

trat, traf ihn fast der Schlag. Das<br />

konnte doch nicht sein! Ben! Maddys<br />

Ex-Verlobter, der vor drei Jahren endlich<br />

aus seinem und Maddys Leben<br />

verschwunden war!<br />

„Na, alter Junge!“ Bens muskulöser<br />

Arm schlug krachend auf Elmars<br />

Schulter. „Bin wieder in der Gegend<br />

und wollte mal über alte Zeiten plaudern.“<br />

Zögernd wies Elmar nach hinten.<br />

In seinem Büro warf sich Ben<br />

sofort auf Elmars Schreibtischstuhl.<br />

„Nette kleine Apotheke. Hast wohl<br />

deine Schäfchen ins Trockene<br />

gebracht. Bei mir ist gerade Ebbe in<br />

der Kasse.“ Er beugte sich vor. „Hast<br />

du noch Kontakt zu Madeleine?“<br />

Elmar zuckte zusammen und ein kurzes<br />

‚Ja‘ quälte sich über seine Lippen.<br />

Daher wehte also der Wind. Der<br />

Mistkerl wollte zurück zu Madeleine!<br />

Ben fuhr derweil unbeirrt fort: „Ich<br />

brauch dringend ein Date mit ihr.<br />

Könnte sein, dass sie mir wegen<br />

damals noch ein bisschen böse ist.<br />

Deshalb musst du das arrangieren,<br />

mein Freund.“ – „Was willst du von<br />

ihr?“ – „Zwangslage, alter Junge.<br />

Geldeintreiber, du verstehst?<br />

Madeleines Familie hat genug Kohle,<br />

damit ich mich sanieren kann.“ – „Du<br />

hast sie damals sitzen lassen!“ Elmar<br />

ballte seine Hand zu einer Faust.<br />

„Ach, das wurde mir alles zu eng.<br />

Aber jetzt hätte ich nichts gegen so<br />

eine Hochzeitssause.“ Er grinste und<br />

zwinkerte Elmar zu. „Du weißt doch,<br />

sie war immer total verrückt nach<br />

mir.“ Elmars Gedanken rasten. Er<br />

wusste nur zu gut, wie dieser Schönling<br />

auf Frauen wirkte. Was, wenn<br />

Madeleine ihn wiedersah? Wenn sie<br />

ihn immer noch liebte? Er selbst war<br />

stets nur der treue Jugendfreund<br />

gewesen – bis zu dem Tag, an dem<br />

Ben das Weite gesucht hatte. Jetzt<br />

saß der Typ vor ihm, als wäre nichts<br />

passiert, und spielte mit den<br />

Schmerzmittel-Lollis, die Elmar kurz<br />

zuvor für das Altenheim bereitgelegt<br />

hatte. Ben spuckte seinen Kaugummi<br />

aus und zeigte auf die Lollis. „Ich<br />

liebe diese süßen Dinger!“ Als Elmar<br />

etwas erwidern wollte, klingelte die<br />

Türglocke. Bevor er das Zimmer verließ,<br />

schaute er sich noch einmal um.<br />

Ben riss gerade die Folie von drei<br />

kleinen Lollis ab. Medizinische Fakten<br />

ratterten durch Elmars Kopf. Fentanyl<br />

– 40 bis 50 Mal stärker als<br />

Heroin. Hocheffektives Schmerzmittel.<br />

Als Lutscher über die Mundschleimhaut<br />

besonders schnell wirksam.<br />

Mit Standardtest für Opiate<br />

nicht nachweisbar. Tödlich bei Überdosierung.<br />

Als Elmar zurückkam, saß Ben<br />

zusammengesunken im Stuhl und<br />

rührte sich nicht mehr. Das Klingeln<br />

des Telefons zerriss die unheimliche<br />

Stille. Er schaute aufs Display. Es war<br />

Maddy. „Elmar, Tante Irma hat gesehen,<br />

dass Ben zu dir in die Apotheke<br />

gegangen ist. Sag diesem Schwein,<br />

er soll es ja nicht wagen, sich bei mir<br />

zu melden. Sag ihm, ich habe mit dir<br />

den besten Mann auf der Welt gefunden!“<br />

Elmars Blick wanderte wie hypnotisiert<br />

zu Ben. Dann nahm er erneut<br />

den Hörer in die Hand. „Onkel Heribert,<br />

komm schnell in die Apotheke<br />

… es hat einen Unfall gegeben.“<br />

Wagemann/DEIKE<br />

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