GESUNDHEITSPOLITIK ZUR PERSON Theodor Windhorst: Präsident <strong>der</strong> Landesärztekammer Westfalen-Lippe, Vorstands<strong>mit</strong>glied <strong>der</strong> Bundesärztekammer und Chefarzt an den Städtischen Kliniken Bielefeld-Mitte. 24 orthopädie- und unfallchirurgie-kongressmagazin <strong>kma</strong>
DELEGATION ÄRZTLICHER TÄTIGKEITEN Über das Thema Delegation ärztlicher Tätigkeiten streiten Ärzte- und Pfl egeverbände seit Jahren. <strong>Die</strong> Position <strong>der</strong> Ärzte ist klar: Delegation ja, Kooperation ja – Substitution nein. Dass es sich bei dieser Haltung nicht um reine Besitzstandswahrung handelt, macht <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> Landesärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst, deutlich. GESUNDHEITSPOLITIK Arztzentrierung ist ein Qualitätsmer<strong>kma</strong>l Interview <strong>mit</strong> Theodor Windhorst Im Sachverständigengutachten von 2007 heißt es, es zeige sich eine nicht immer effi ziente Arztzentriertheit <strong>der</strong> Krankenversorgung. Warum bringt Sie diese Feststellung so auf? Windhorst: Zunächst: Es scheint, als hätte man sich gefragt, wie man die Stellung des Arztes an oberer Stelle in <strong>der</strong> Berufsprestigeskala ein wenig anknabbern könnte. Der Begriff „Arztzentriertheit“ ist für uns ein absolut positiver Ausdruck. Es ist doch gut, wenn sich <strong>der</strong> Arzt um den Patienten kümmert. Hier wird dieser Begriff aber in einem Kontext benutzt, bei dem Ineffi zienz und Hierarchie <strong>mit</strong>schwingen. Ich lehne es ab, diesen Begriff in einem solchen Zusammenhang zu verwenden. Nur Arzt und Pfl ege im Team garantieren eine qualitativ gute Versorgung. Arztzentrierung ist ein Qualitätsmer<strong>kma</strong>l! Wer sonst, wenn nicht <strong>der</strong> Arzt, trägt die Hauptlast <strong>der</strong> Verantwortung bei <strong>der</strong> Behandlung? Im Übrigen hat <strong>der</strong> Sachverständigenrat viele Vorschläge gemacht, wie beispielsweise die Logopäden, die Physiotherapeuten und die Ergotherapeuten sich weiterentwickeln können, indem sie in den ärztlichen Beruf eingreifen. Wenn das gesetzlich so verfolgt wird, muss auch die Budgetverantwortung den verän<strong>der</strong>ten Versorgungsebenen angepasst werden. <strong>Die</strong> Entwicklung ist offenbar nicht aufzuhalten: Nach dem Pfl egeweiterentwicklungsgesetz ist in Modellvorhaben die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten, bei denen es sich um die selbstständige Ausübung <strong>der</strong> Heilkunde handelt, auf die Angehörigen <strong>der</strong> Pfl egeberufe vorgesehen ... Windhorst: Mit uns wird die Regelung des Arztvorbehalts nie unterlaufen werden. Das geht <strong>mit</strong> unserem System und <strong>mit</strong> unserem Verantwortungsethos für die Patienten nicht. <strong>Die</strong>s ist meiner Meinung nach <strong>der</strong> direkte Weg in die Zweiklassenmedizin: eine ärztliche Versorgung <strong>mit</strong> einem Rechtsanspruch auf Facharztstandard und eine nichtärztliche Versorgung zweiter Klasse, die politisch gewollt ist. Das darf es nicht geben, weil es zulasten <strong>der</strong> Patientensicherheit geht. Welche bislang dem Arzt vorbehaltenen Tätigkeiten auf nichtärztliche Berufe übertragen werden können, soll durch den Gemeinsamen Bundesausschuss entschieden werden. <strong>Die</strong> Bundesärztekammer muss in diesem Verfahren laut Gesetz angehört werden. Fest steht: Wir sagen Nein zu dieser Entwicklung. Teamarbeit hingegen ist ausdrücklich gewünscht, beson<strong>der</strong>s, wenn sie arztentlastend gestaltet wird. In vielen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wird das an<strong>der</strong>s gesehen und praktiziert. Überzeugen Sie diese Beispiele nicht? Windhorst: Sicher, es gibt reichlich Beispiele: Schon 1970 hat Kanada Nurse Practitioners eingeführt. Seit 1989 gibt es in Großbritannien Practice Nurses und seit 1997 Nurse Practitioners in den Nie<strong>der</strong>landen. Sehr viele Studien aus Großbritannien zeigen, dass das System nicht unbedingt kostengünstiger o<strong>der</strong> qualitativ besser wird, wenn man eine Versorgungszwischenebene einzieht, die auch eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Sehen wir uns das amerikanische Beispiel an. Es ist das teuerste System <strong>der</strong> <strong>Die</strong> Qualität <strong>der</strong> P ege hängt nicht von <strong>der</strong> Akademikerkarriere ab. <strong>kma</strong> orthopädie- und unfallchirurgie-kongressmagazin 25