Un chant d'église devient notre hymne national - faximile
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fachbeitrag<br />
8 <strong>faximile</strong><br />
50 Jahre Schweizer Landes<strong>hymne</strong><br />
Ein Kirchenlied wird zur National<strong>hymne</strong><br />
Die Zentralschweiz ist nicht nur die Wiege unseres Landes, sondern auch<br />
unserer Landes<strong>hymne</strong>. Der Priester und Komponist Alberik Zwyssig (1808-1854)<br />
weilte 1841 bei seinem Bruder Peter in einem herrlichen Patrizierhaus in Sankt<br />
Karl bei Zug. Dort, in der Ruhe und Abgeschiedenheit, konnte er<br />
die Aufgabe erfüllen, die ihm anvertraut wurde.<br />
Mehr zum Thema / plus<br />
d’amples informations:<br />
www.schweizerpsalm.ch<br />
www.cantiquesuisse.ch<br />
www.salmosvizzero.ch<br />
www.psalmsvizzer.ch<br />
www.swisspsalm.ch<br />
Eine Landes<strong>hymne</strong> soll durch Text<br />
und Musik die Eigenart und das<br />
Zugehörigkeitsgefühl einer Nation<br />
ausdrücken. Dies besonders an<br />
patriotischen Feiern im Ausland<br />
(im Aufgabenbereich der diplomatischen<br />
Vertretungen), bei<br />
Staatsbesuchen und bei militärischen<br />
oder sportlichen inter<strong>national</strong>en<br />
Anlässen.<br />
Vorgeschichte und Uraufführung<br />
Zwischen 1830 bis 1847 nehmen<br />
die politischen Konfrontationen<br />
zwischen den reformierten fortschrittlichen<br />
Kantonen und den<br />
katholischen konservativen Kantonen<br />
zu und erreichen 1847 mit<br />
dem Sonderbundskrieg ihren Höhepunkt.<br />
1837 verbietet der Kanton<br />
Aargau, unter der Macht der<br />
Radikalen, dem 1227 gegründeten<br />
Kloster Wettingen den Eintritt<br />
von Novizen und schliesst es 1841<br />
manu militari als Folge eines Entscheides<br />
des Grossen Rates. Pater<br />
Alberik Zwyssig findet Zuflucht bei<br />
seinem einzigen im Laienstand verbliebenen<br />
Bruder Peter am Hofe<br />
von St. Karl am Südrand von Zug.<br />
Ganz unabhängig von der politisch<br />
so bewegten Zeit schreibt<br />
1840 der Zürcher Musikverleger, Lithograph,<br />
Journalist und Textdichter<br />
Leonhard Widmer (1808-1868)<br />
sein glühendes Bekenntnis von Va -<br />
terlandsliebe als Gedicht mit dem<br />
Titel Schweizerpsalm. Dabei hat<br />
er es – anders als in den Gedichten<br />
seiner Jugend – verstanden,<br />
tiefe und wahre Empfindung mit<br />
grosser Einfachheit zu verbinden.<br />
Widmers Freunde vom <strong>Un</strong>terhaltungszirkel<br />
zur Biene erkennen die<br />
Tiefe des Gedichtes und seine<br />
Bedeutung für die Einigung des<br />
Schweizervolkes. Sie übergeben<br />
es Zwyssig, damit er es einer geeigneten<br />
Melodie unterlegen<br />
kann. Er vermag sich der Kraft<br />
des von Religiosität und Patriotis -<br />
mus inspirierten Gedichtes nicht<br />
zu entziehen. Bei der Zeile Ja die<br />
fromme Seele ahnt muss ihm<br />
sein Gradual Diligam te Domine<br />
(Herzlich lieb habe ich dich, Herr,<br />
meine Stärke; Verse 2 und 3 des<br />
Psalmes 18) aus einer Messe für<br />
gemischten Chor, die als verschol -<br />
len gilt, in den Sinn gekommen<br />
sein. Durch geschicktes Kürzen<br />
der vier Strophenanfänge und<br />
weiteren Zeilen kann Zwyssig den<br />
Text so abändern, dass er sich<br />
dem 1835 komponierte Gradual<br />
unterordnen lässt. Widmer ist mit<br />
diesem notwendigen Umbau<br />
einverstanden.<br />
Nach vielen Proben und Anpas -<br />
sungen wird dieses ökumenische<br />
interkantonale Gemeinschaftswerk<br />
am Abend des Cäcilientages,<br />
dem 22. November 1841,<br />
durch vier Männerstimmen, die<br />
durch Zwyssig begleitet werden,<br />
erstmals in Sankt Karl gesungen –<br />
später auch im Zirkel zur Biene,<br />
wo Widmer als 2. Tenor singt.<br />
Siegeszug durch Berg und Tal<br />
1843 wird der Schweizerpsalm<br />
im lithographierten Festheft der<br />
Zürcher Zofingia für die Feier der<br />
Aufnahme Zürichs in den Schwei -<br />
zerbund im Jahre 1351 erstmals<br />
publiziert. Seit der Aufführung<br />
am 1. Eidgenössischen Sängerfest<br />
1843 in Zürich tritt die neue<br />
Vaterlands<strong>hymne</strong> in der von<br />
Zwyssig vertonten Form einen ein -<br />
zigartigen Siegeszug durch die<br />
ganze Schweiz an.<br />
Charles Chatelanat (1833-1907),<br />
Waadtländer Theologie-Student<br />
und Zofinger, veröffentlicht 1853<br />
eine angepasste Versifikation auf<br />
Französisch und gibt ihr den Titel<br />
Cantique suisse (Schweizer Lied).<br />
Die Hymne wird immer bekannter.<br />
Es sind vor allem die Männerchöre,<br />
die sie von Generation zu<br />
Generation tragen. Übersetzungen<br />
entstehen auf Italienisch<br />
(Camillo Valsangiacomo, 1898-<br />
1978), auf Surselvisch (Alfons Tuor,<br />
1871-1904) und auf Ladin (Cion<br />
Antoni Bühler, 1825-1897). Immer<br />
wieder ist auch die Urfassung, das<br />
Diligam te Domine, zu hören, oft<br />
ergänzt durch eine 2. und 3. (eben -<br />
falls lateinische) Strophe.<br />
De facto war seit 1856 das Lied<br />
Rufst Du mein Vaterland als Landes -<br />
<strong>hymne</strong> in Gebrauch. Es wurde<br />
1811 durch den Berner Dichter,<br />
Pfarrer und Philosophieprofessor<br />
Johann Rudolf Wyss (1781-1830)<br />
für ein Artillerie-Fest auf dem Berner<br />
Wylerfeld gedichtet. Der Gen -<br />
fer Pfarrer Henri Roehrich macht<br />
1857 eine Versifikation auf Französisch<br />
mit dem Titel O monts indépendants.<br />
Diese Hymne wurde<br />
bei Militäranlässen gesungen, und<br />
mindestens seit 1822 wurde sie zu<br />
der Henry Carey (1687-1743) zuge -<br />
schriebenen Melodie gesungen.<br />
Diese dient seit 1745 auch dem<br />
Vereinigten Königreich (zu God<br />
save the Queen) und zeitweise<br />
auch anderen Ländern, heute<br />
aber nur noch dem Liechtenstein<br />
als Hymne. Die Kritik an diesem<br />
Werk, dessen Musik keine Verbindung<br />
mit der Schweiz hat, war<br />
schon im 19. Jahrhundert heftig.<br />
Ab 1896, mit dem Aufkommen der<br />
Olympischen Spiele und dem Auf -<br />
bau der inter<strong>national</strong>en Verbindungen,<br />
stört diese Ähnlichkeit<br />
immer mehr.<br />
Der Genfer Gesangslehrer und<br />
Redaktor der Westschweizer Zeitschrift<br />
L’Avenir musical, C.-L. Romieux,<br />
schlägt 1894 als erster vor,<br />
den Schweizerpsalm als neue Lan -<br />
des<strong>hymne</strong> zu übernehmen. Der<br />
Bundesrat lehnt aber die vielen<br />
eingegangenen Vorschläge bis<br />
1953 mehrmals ab. Nach ihm soll<br />
eine Hymne nicht durch einen Er-<br />
schweizer fachjournalisten sfj • 5 / 2011