Der Tag des Dialogs - Ostmannturmviertel
Der Tag des Dialogs - Ostmannturmviertel
Der Tag des Dialogs - Ostmannturmviertel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 Mittelpunkt 04 / 2011 04 / 2011 Mittelpunkt 11<br />
INTEGRATION<br />
„Das Fremde ist<br />
nicht mehr so fremd,<br />
wenn man in ihm<br />
das Eigene erkennen kann.“<br />
Goethe<br />
50 Jahre Migration aus der Türkei –<br />
Ein Koffer voller Hoffnungen<br />
(dda) Am 30. Oktober 1961 unterzeichneten die Bun<strong>des</strong>republik und die Türkei<br />
einen Vertrag über die Anwerbung türkischer Arbeitskräfte. Seit 50 Jahren gibt<br />
es also eine gemeinsame Geschichte von Türken und Deutschen, oft hinter Integrationsdebatten<br />
verborgen. Und es gibt Geschichten – tragische, heitere und<br />
bewegende…<br />
Vor 50 Jahren kamen die türkischen<br />
Migrantinnen und Migranten mit dem<br />
Anwerbeabkommen als Gastarbeiterinnen<br />
und Gastarbeiter nach Deutschland.<br />
Damals brauchte die deutsche<br />
Wirtschaft zusätzliche Arbeitskräfte für<br />
das Wirtschaftswunder, für den Wiederaufbau<br />
Deutschlands nach dem<br />
zweiten Weltkrieg. <strong>Der</strong> erste Anwerbevertrag<br />
wurde 1955 mit Italien unterzeichnet.<br />
Auf den folgten 1960<br />
mit Spanien und Griechenland abgeschlossene<br />
Anwerbevereinbarungen.<br />
Die Arbeiter wollten eigentlich nur zwei<br />
oder drei Jahre bleiben, Geld verdienen,<br />
um sich damit in der Heimat etwas<br />
aufzubauen. Das Rotationsprinzip, das<br />
ursprünglich in dem Abkommen mit der<br />
Türkei festgeschrieben ist, besagte, dass<br />
der Aufenthalt der türkischen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer auf zwei<br />
Jahre befristet sein sollte. Max Frisch<br />
sagte damals: „Wir riefen Arbeitskräfte,<br />
und es kamen Menschen.“ Dieses Zitat<br />
verdeutlicht, was dieses Prinzip au-<br />
ßer Acht gelassen hatte: Menschen sind<br />
keine Maschinen. Viele fassten Fuß und<br />
blieben länger – oder sogar für immer.<br />
Aufgrund der wirtschaftlichen Rezession<br />
beschloss die Bun<strong>des</strong>republik 1973 einen<br />
Anwerbestopp für Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer aus Ländern, die nicht<br />
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
angehörten. Damit sollte verhindert<br />
werden, dass die Zahl der nicht<br />
europäischen Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer in Deutschland weiter<br />
steigt. Die Einwanderung nach Deutschland<br />
aus Nicht-EWG-Ländern war nur<br />
noch durch Heirat oder Familienzusammenführung<br />
möglich. So haben die türkischen<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
ihre Familien nach Deutschland<br />
geholt (sogenannte Ko erkinder oder<br />
Pendelkinder, somit die 2. Generation).<br />
Die ersten türkischen Gastarbeiter, die<br />
1961 nach Deutschland kamen, sind<br />
heute nicht mehr leicht zu nden. Viele<br />
sind zurückgegangen oder verstorben.<br />
© imageteam - Fotolia.com<br />
In heutiger Zeit ist die Wanderungsbilanz<br />
nach Deutschland allerdings negativ:<br />
Mehr Deutsch-Türken der zweiten<br />
und dritten Generation kehren<br />
aus Deutschland in die Heimatländer<br />
der Großeltern und/oder Eltern zurück<br />
als von dort zuwandern. Viele junge<br />
Deutsch-Türken emp nden heute<br />
in der Türkei eine höhere Lebensqualität<br />
als in Deutschland. Die Türkei ist für<br />
sie ein Land, welches sie nicht stigmatisiert<br />
oder zum Problem erklärt. Unter<br />
jenen, die zurückgehen, sind übrigens<br />
viele, die es gescha t haben sich zu integrieren:<br />
Gut ausgebildete Facharbeiterinnen<br />
und Facharbeiter, erfolgreiche<br />
junge Managerinnen und Manager, gestandene<br />
Akademikerinnen und Akademiker<br />
usw. In den 60er Jahren spielte<br />
das Wirtschaftswunder in Deutschland,<br />
jetzt wird es Wirklichkeit in Anatolien.<br />
Migration wird die Lebenskultur in<br />
Deutschland immer prägen. Die Herausforderung<br />
an eine Einwanderungsgesellschaft<br />
ist es daher, Integration als einen<br />
Prozess zu verstehen, der immer weiterentwickelt<br />
werden muss. Entscheidend<br />
für eine erfolgreiche Integration sind gleiche<br />
Zugangschancen zu Bildung und die<br />
gleichberechtigte Teilhabe aller Bürgerinnen<br />
und Bürger am Arbeitsmarkt, unabhängig<br />
von Herkunft und Nationalität.<br />
Wir dürfen nicht vergessen, dass die türkeistämmige<br />
Migrantenbevölkerung in<br />
Deutschland die Geschichte der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland mitgestaltet hat.<br />
In Anbetracht der Migrationsrealität von<br />
Zuwandererinnen und Zuwanderern in<br />
Deutschland ist die o ene Auseinandersetzung<br />
über die Gestaltung <strong>des</strong> Zusammenlebens<br />
von Einheimischen und<br />
Zuwandererinnen und Zuwanderern<br />
überfällig. Eine grundsätzliche Anerkennung<br />
der Migrantinnen und Migranten<br />
<strong>Tag</strong> <strong>des</strong> <strong>Dialogs</strong> im Interkulturellen<br />
Elternverein e.V.<br />
(go) Die Gesprächsrunde verlief auf<br />
gleicher Augenhöhe für jede Teilnehmerin<br />
und jeden Teilnehmer. Es war ein<br />
reger Austausch zum Motto <strong>des</strong> <strong>Tag</strong>s <strong>des</strong><br />
<strong>Dialogs</strong>. Es wurden viele Verbindungen<br />
sowohl auf der globalen Ebene als auch<br />
auf der regionalen Ebene deutlich.<br />
Beim Austausch zum Thema „Hätte<br />
ich drei Wünsche frei, wären<br />
das...“ wurden Wunschvorstellungen<br />
in der Runde geäußert, wie z.B.<br />
Leben in Frieden und Glück für alle<br />
Menschen<br />
Mehr Verständnis und Toleranz für<br />
verschiedene Kulturen und Ethnien<br />
Liebe und Freundschaft in der ganzen<br />
Welt<br />
... und andere friedvolle und gutmütige<br />
Wünsche an Menschen<br />
und Zusammenleben.<br />
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
erklärten, wie sie bereits aktiv für die<br />
Verwirklichung ihrer Wünsche tätig sind:<br />
sie sind ehrenamtlich engagiert, helfen<br />
bedürftigen Menschen in der neuen Heimat<br />
„Deutschland“. Jeder und Jede wird<br />
auch in Zukunft alles tun, um in einer<br />
friedlichen und toleranten Welt zu leben.<br />
Alle waren sich einig, dass Gesprächsrunden<br />
wie am <strong>Tag</strong> <strong>des</strong> <strong>Dialogs</strong> Vorurteile<br />
abbauen. Tre en für mögliche<br />
Kooperationen wurden von allen vereinbart.<br />
Und es war das Beste, was man<br />
dieser Veranstaltung wünschen konnte.<br />
als integraler Bestandteil der bun<strong>des</strong>deutschen<br />
Gesellschaft ist die Basis<br />
eines wechselseitigen Verständigungsprozesses<br />
und somit eines weitgehend<br />
kon iktfreien Zusammenlebens von<br />
Migrantinnen und Migranten auf der einen<br />
und Einheimischen auf der anderen<br />
Seite. Es ist an der Zeit, das Wir-Gefühl<br />
zu stärken, anstatt Unterschiede zu „den<br />
Anderen / den Fremden“ zu betonen.<br />
INTEGRATION