Detektion von Bewehrungsstahl - korrosion - VBD
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<strong>Detektion</strong> <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong> -<br />
<strong>korrosion</strong> nach dem DGZfP<br />
Merkblatt B 3 zur elektrochemischen Potentialfeldmessung<br />
Einleitung<br />
Im ersten Teil dieses Beitrags [1]<br />
sind die Grundlagen der Passivität<br />
und der Depassivierung sowie des<br />
Korrosionsfortschritts <strong>von</strong> Stahl in<br />
Beton eingehend dargestellt worden.<br />
Die entstehenden Korrosions -<br />
produkte werden zunächst vom<br />
Porengefüge des Betons aufgenommen,<br />
ohne dass es zu äußerlich<br />
sichtbaren Veränderungen an der<br />
Betonoberfläche kommt. Infolge<br />
der sich einstellenden Sättigung des<br />
Porenraumes mit Korrosions pro -<br />
dukten und des daraus resultierenden<br />
Spannungsaufbaus im Beton<br />
können Folgeschäden, wie Risse<br />
und Abplatzungen am Bauwerk<br />
entstehen, die notwendige Sanie -<br />
rungs maßnahmen bedingen.<br />
Die kontinuierliche, weitgehend<br />
zerstörungsfreie Ermittlung <strong>von</strong><br />
Informationen über das aktuelle<br />
Korrosionsverhalten der Stahlbe -<br />
weh rung findet deshalb ständig<br />
größere Beachtung [2-7]. Die elektrochemische<br />
Potentialfeldmes -<br />
sung ist dazu ein etabliertes und<br />
weit verbreitetes Verfahren zur<br />
Beurteilung des Korrosionszu -<br />
standes der Bewehrung in Stahlbe -<br />
ton bauwerken und teilweise auch<br />
in Spannbetonbauwerken [8-14].<br />
Mit Hilfe dieses Verfahrens können<br />
Bereiche korrodierender Beweh -<br />
rung zerstörungsfrei lokalisiert<br />
werden. In der Regel kommt diese<br />
Messmethode bei der <strong>Detektion</strong><br />
chloridinduzierter Korrosion zum<br />
Einsatz. Zusammen mit Kenn -<br />
größen aus begleitenden Bau -<br />
werksuntersuchungen sind Rück -<br />
schlüsse auf den Korrosionszu -<br />
stand möglich. Mit der Poten -<br />
tial messung können jedoch nur solche<br />
Bereiche detektiert werden, bei<br />
denen zum Zeitpunkt der Messung<br />
Korrosionsprozesse ablaufen. Frü -<br />
here Korro sionsprozesse an der<br />
Bewehrung, die zum Messzeit -<br />
punkt zum Erliegen gekommen<br />
sind, können nicht festgestellt werden.<br />
Bei der Potentialmessung an<br />
Spannbetonbauwerken ist zu beachten,<br />
dass nur Spannstähle erfasst<br />
werden können die einen direkten<br />
Verbund zwischen Spannstahl<br />
und Beton haben. Für Spannstähle,<br />
die im indirekten Verbund errichtet<br />
wurden, kann diese Messung wegen<br />
der abschirmenden bzw. isolierenden<br />
Wirkung der Hüllrohre<br />
nicht angewendet werden.<br />
Verfahrensbeschreibung<br />
Die elektrochemische Potential -<br />
messung ist ein Verfahren zur<br />
Beurteilung <strong>von</strong> Korrosionspro -<br />
zessen der Bewehrung in Stahlbe -<br />
ton bauwerken. Da Einzelpotentiale<br />
nicht messbar sind, wird die Mes -<br />
sung des Potentials als Spannungs -<br />
messung zwischen einer Bezugs -<br />
elektrode (bekanntes Potential) und<br />
der Messelektrode (Bewehrung,<br />
Potential unbekannt) durchgeführt.<br />
Bei der Potentialmessung an<br />
Stahlbetonbauwerken wird die<br />
Potentialdifferenz zwischen dem<br />
<strong>Bewehrungsstahl</strong> im Beton und einer<br />
auf der Betonoberfläche aufgesetzten<br />
Bezugselektrode ermittelt.<br />
Die Bezugselektrode dient als ortsveränderlicher<br />
Referenzpunkt für<br />
die Messungen. Ein direkter<br />
Zugang (elektrisch leitender Kon -<br />
takt) zur Bewehrung ist erforderlich<br />
(Abb. 1).<br />
Bauschäden<br />
1 M.Beck und A. Burkert, Korrosion <strong>von</strong> Stahl<br />
in Beton, <strong>VBD</strong>info, <strong>VBD</strong> Verband der Bau -<br />
sachverständigen Deutschlands e.V., Liskow<br />
Druck und Verlag GmbH, Hannover, 2/2011.<br />
2 M. Raupach, Korrosionsüberwachungs sys -<br />
teme für neue und bestehende Stahlbeton -<br />
bau werke, Betoninstandsetzung (2000)<br />
S. 139-144.<br />
3 F. Hunkeler, Monitoring of repaired reinforced<br />
concrete structures by means of resistivity<br />
measurements, Materials Science Forum<br />
247 (1997) S. 93-106.<br />
4 Y. Schiegg, Online-Monitoring zur Erfassung<br />
der Korrosion der Bewehrung <strong>von</strong> Stahl -<br />
beton bauten, Diss. ETH Nr. 14583, Zürich<br />
2002.<br />
5 Y. Schiegg, Online-Monitoring der Korrosion<br />
an Stahlbetonbauwerken, Beton- und Stahl -<br />
beton bau, 2 (2000) S. 92-103.<br />
6 R. B. Polder, Monitoring reinforced concrete<br />
structures, Proc. COST 521, Workshop 2001,<br />
S. 117-120.<br />
7 P. Schiessl, Neue Sensortechnik zur Überwachung<br />
<strong>von</strong> Bauwerken, Internationale Zeit -<br />
schrift für Bauinstandsetzen, 2 (1996) No. 3,<br />
S.189-209.<br />
8 American Society for Testing and Materials:<br />
ASTM C876-91: Standard Test Method for<br />
Half-Cell Potentials of Uncoated Reinforcing<br />
Steel in Concrete, American Society for<br />
Testing and Materials, West Conshohocken,<br />
Philadelphia, USA (1991).<br />
9 Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie<br />
Prüfung e. V. (DGZfP): Merkblatt für elektrochemische<br />
Potentialmessungen zur Ermitt -<br />
lung <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong><strong>korrosion</strong> in<br />
Stahl betonbauwerken (B3), Deutsche Gesell -<br />
schaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V.,<br />
Berlin (1990).<br />
10 B. Isecke, Potentialmessung zur Ermittlung<br />
<strong>von</strong> Bewehrungs<strong>korrosion</strong> in: Kroggel, O.<br />
(Hrsg.); Schriftenreihe „Darmstädter Massiv -<br />
bau-Seminar“, „Zerstörungsfreie Prüfmetho -<br />
den am Bauwerk“, Darmstadt (1990).<br />
11 N. Marquardt, Rationelles Meßverfahren zum<br />
Auffinden korrodierender Bewehrung in<br />
Beton in: „Zerstörungsfreie Prüfung im<br />
Bauwesen“, Tagungsbericht Int. ZfPBau-<br />
Symposium 27. Feb.-1. März, Berlin; Hrsg: G.<br />
Schickert, BAM, DGZfP, Berlin 1991, S. 304-<br />
311.<br />
12 Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-<br />
Verein SIA: Durchführung und Interpretation<br />
der Potentialmessung an Stahlbetonbauten,<br />
Interessengemeinschaft Potentialmessung<br />
Stahlbeton (IG Pot), Merkblatt 2006,<br />
Ausgabe Februar 1993.<br />
<strong>VBD</strong>info 3/2011 5
Bauschäden<br />
Abb. 1: oben: Messprinzip; unten: an der Betonoberfläche gemessenes Potential (Beispiel)<br />
Durch gezieltes Versetzen der Be -<br />
zugs elektrode kann ein beliebiges<br />
Raster an Messpunkten (Poten -<br />
tialfeld) aufgenommen werden. Mit<br />
den an der Beton ober fläche messbaren<br />
Potentialwerten können<br />
Rückschlüsse auf das Potential und<br />
die Potentialverteilung der Beweh -<br />
rung gezogen werden. Die Abb. 2<br />
zeigt beispielhaft die Potential -<br />
verteilung in einem Probekörper<br />
und die Ausbildung eines sog.<br />
Potentialtrichters.<br />
Abb. 2: Beispielhafte Ausbildung eines Potentialtrichters in 3D<br />
Geräteanforderungen<br />
Als Bezugselektroden werden<br />
Metall-/Metallionenelektroden eingesetzt<br />
(Quecksilber/Quecksilber -<br />
chloridelektrode, Silber/Silber -<br />
chlorid elektrode, Kupfer-/Kupfer -<br />
sul fat-elektrode). Da die Be zugspotentiale<br />
dieser Elektroden gegenüber<br />
der Normalwasser stoff -<br />
elektrode sehr unterschiedlich sind,<br />
ist die Angabe der verwendeten<br />
Bezugselektrode zusammen mit<br />
den Messergebnissen unbedingt erforderlich.<br />
Die Potentialdifferenz zwischen Be -<br />
wehrungsstahl und Bezugs elek -<br />
trode wird mit einem hochohmigen<br />
Spannungsmessgerät ermittelt<br />
(Eingangswiderstand ≥10 7 Ω) und<br />
die Messdaten in einem Protokoll<br />
bzw. auf einem Speichermedium<br />
mit eindeutiger Zuordnung zum<br />
Messraster abzulegen. Für eine erste<br />
Auswertung ist eine graphische<br />
Anzeige der Potentialwerte in einer<br />
Abstufung <strong>von</strong> 50 mV sinnvoll,<br />
Bereiche mit auffälligen Potential -<br />
differenzen können so erkannt und<br />
gezielter Untersucht werden.<br />
Messraster<br />
Zur Aufnahme der Messwerte ist<br />
vor der Messung ein Messraster<br />
festzulegen, das am Messobjekt zur<br />
eindeutigen Positionszuordnung<br />
der Messwerte zu kennzeichnen ist<br />
(Genauigkeit ≤10 cm). Die Aufnah -<br />
me <strong>von</strong> Messwerten und die Zuord -<br />
nung der Werte zum Messraster<br />
kann durch eine geeignete elektronische<br />
Positionsbestimmung unterstützt<br />
werden.<br />
Als Messraster sind standardmäßig<br />
25 x 25 cm vorzusehen. Dieser Ab -<br />
stand erlaubt auch bei örtlich sehr<br />
begrenzten Korrosionserschei -<br />
nungen noch eine ausreichende<br />
<strong>Detektion</strong>ssicherheit. Bei kleineren<br />
Flächen oder der Lagebestimmung<br />
kleinster Fehlstellen sind Raster <strong>von</strong><br />
minimal 10 x 10 cm noch sinnvoll<br />
[15]. In Ausnahmefällen kann das<br />
13 J. Mietz, B. Elsener, und R. Polder, Corrosion<br />
of reinforcement in Concrete in: Proceedings<br />
from EUROCORR 97, EFC No. 25, London<br />
(1998).<br />
14 B. Elsener, Zerstörungsfreie Diagnose der<br />
Korrosion <strong>von</strong> Stahl in Beton: Potential -<br />
messung, Betonwiderstand und Korrosions -<br />
geschwindigkeit, in: Schwarz, W. (Hrsg.);<br />
Korrosion <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong> in Beton,<br />
WTA Schriftenreihe Heft 19, AEDIFICATIO<br />
Verlag GmbH Freiburg, Zürich 1999, S. 31-50<br />
15 Y. Schiegg, M. Büchler, M. Brem, Potential<br />
mapping technique for the detection of corrosion<br />
in reinforced concrete structures:<br />
Investigation of paramters influencing the<br />
measurement and determination of the reliability<br />
of the method. EUROCORR 2007<br />
Freiburg, Germany, paper 1071.<br />
6 <strong>VBD</strong>info 3/2011
Messraster bis auf 50 x 50 cm erweitert<br />
werden, erkennbare Potential -<br />
trichter sind in jedem Fall mittels<br />
Handelektrode in kleinerem Raster<br />
einzumessen (negativsten Poten -<br />
tial stelle = Zentrum eines Korro -<br />
sionsherdes). Größere Messabstän -<br />
de bedingen, dass kleinere Korro -<br />
sionsherde übersehen werden<br />
können und sich die Nachweis -<br />
sicherheit erheblich verringert.<br />
Größere Raster sind unter ausdrücklichem<br />
Hinweis auf die eingeschränkte<br />
Aussagefähigkeit gesondert<br />
zu vereinbaren.<br />
Einflüsse und Fehlerquellen<br />
Die gemessenen Potentiale unterliegen<br />
verschiedenen Einflüssen.<br />
Diese sind in Bezug auf die vorliegenden<br />
Randbedingungen zu identifizieren<br />
und ggf. zu quantifizieren.<br />
Tabelle 1 gibt eine Übersicht<br />
über die wichtigsten Einflüsse auf<br />
die gemessenen Potentiale. Eine<br />
Eisbildung auf der Betonoberfläche<br />
beeinträchtigt die Potential mes -<br />
sung aufgrund auftretender Wider -<br />
standsänderungen. Eisbildung<br />
kann auf Betonoberflächen auch<br />
noch auftreten, wenn die Luft -<br />
tempe ratur über 0 °C liegt (Kälte -<br />
speicher). Zur sicheren Durchfüh -<br />
rung der Messungen werden ≥ 5 °C<br />
Luft- und Bauteiltemperatur angesehen.<br />
Teilweise freiliegende oder im Zuge<br />
<strong>von</strong> Instandsetzungsmaßnahmen<br />
freigelegte Bewehrung (z. B. Fahr -<br />
bahnübergänge, Fugen) kann auch<br />
in einigem Abstand zu negativeren<br />
Potentialwerten führen. Bei groß -<br />
flächigen Ablösungen/Hohllagen<br />
der Betondeckung sind führen<br />
Potentialmessungen zu fehlerhaften<br />
Messungen und stellen damit<br />
eine Gefahr für Fehlinterpre ta -<br />
tionen der Messergebnisse dar. Bei<br />
Hinweisen auf Hohllagen und Ab -<br />
lösungen sind in diesen Bereichen<br />
ergänzende Untersuchungen erforderlich.<br />
Tabelle 1: Wesentliche Einflüsse auf die gemessenen Potentiale<br />
Bei Wiederholungsmessungen an<br />
Objekten ist auf vergleichbare äußere<br />
Bedingungen zu achten. Dabei<br />
sind die Feuchte- und Tempera -<br />
turabhängigkeit der gemessenen<br />
Po tentiale zu beachten, da der<br />
Feuchtegehalt den elektrolytischen<br />
Widerstand des Betons und das<br />
Sauerstoffangebot beeinflusst.<br />
Durch Temperaturänderungen werden<br />
sowohl die elektrochemischen<br />
Reaktionen an der Bewehrung als<br />
auch das Potential der Bezugs -<br />
elektrode verändert. Temperatur -<br />
abweichungen <strong>von</strong> weniger als 10 K<br />
können i. A. vernachlässigt werden.<br />
Sind vergleichbare Bedingungen<br />
nicht gewährleistet, muss deren<br />
möglicher Einfluss auf die Ergeb -<br />
nisse besondere Aufmerksam keit<br />
finden, um Fehlinterpretationen zu<br />
vermeiden.<br />
Bauschäden<br />
Einfluss Auswirkung auf das gemessene Potential<br />
Betondeckung Bei kleinen Betondeckungen liegen die gemessenen<br />
Potentiale in der Nähe des<br />
Anodenpotentials (tatsächliches Stahl -<br />
potential), bei großen Betondeckungen<br />
Verschiebung in Richtung positiver<br />
Potentiale (Mischpotential)<br />
Feuchtegehalt des Betons i.d.R. Verschiebung in Richtung negativer<br />
Potentiale mit zunehmendem<br />
Feuchtegehalt; bei dauerhaft sehr hohen<br />
Feuchtegehalten im Bereich der<br />
Wassersättigung sehr negative Potentiale<br />
aufgrund Sauerstoffarmut; i.d.R. flachere<br />
Gradienten bei hohen Feuchtegehalten<br />
Schichten mit hohem Verschiebung in Richtung<br />
elektrischen Widerstand positiverer Potentiale.<br />
(z. B. Reparaturschichten)<br />
Freiliegende Bewehrung, Im Bereich der Einbauteile<br />
Einbauteile (z. B. Über- i. d. R. Verschiebung in Richtung<br />
gangskonstruktionen, negativer Potentiale, insbesondere<br />
Entwässerungseinrichtungen) bei Vorhandensein <strong>von</strong> Korrosion und<br />
Feuchtigkeit während der Messung.<br />
Tiefergehende Risse Verschiebung in Richtung negativer<br />
Potentiale im Rissbereich durch höheren<br />
Feuchtegehalt möglich.<br />
Zementart Im Vergleich zu Portlandzement<br />
negativere Potentiale bei Verwendung<br />
<strong>von</strong> Hochofenzement.<br />
Auswertung und Interpretation<br />
Die Interpretation der Messergeb -<br />
nisse erfordert Spezialkenntnisse,<br />
da eine unkritische Bewertung zu<br />
erheblichen Fehlinterpretationen<br />
führen kann [16]. Im passiven<br />
Zustand kann der Potentialbereich<br />
der Bewehrung in Abhängigkeit<br />
<strong>von</strong> verschiedenen Parametern<br />
über einen recht großen Bereich<br />
(mehrere 100 mV) schwanken.<br />
Allein aufgrund der Potentialwerte<br />
ist eine eindeutige Zuordnung aktiver<br />
(korrodierender) oder passiver<br />
Bewehrungszustände nicht möglich<br />
(Abb. 3).<br />
16 J. Gulikers, Development of a calculation<br />
procedure for the statistical interpretation of<br />
the results of potential mapping for reinforced<br />
concrete structures. EUROCORR 2007<br />
Freiburg, Germany, paper 1364.<br />
<strong>VBD</strong>info 3/2011 7
Bauschäden<br />
Abb. 3: Potentialbereiche <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong><br />
Die gemessenen Potentialwerte<br />
können dahingehend interpretiert<br />
werden, dass negativere Potentiale<br />
auf eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />
für Korrosionsvorgänge hindeuten.<br />
Praktische Erfahrungen haben gezeigt,<br />
dass feste Grenzwerte als alleiniges<br />
Indiz für die Interpretation<br />
der Ergebnisse nicht immer sinnvoll<br />
sind, da die gemessene Poten -<br />
tial differenz <strong>von</strong> verschiedenen<br />
Ein flüssen abhängig ist (siehe<br />
Tabelle 2). Deshalb erweist sich die<br />
Auswertung ortsabhängiger Poten -<br />
tial gradienten an der Oberfläche<br />
i. d. R. als zweckmäßiger. Steile<br />
Gradienten des Potentialfeldes lassen<br />
auf eine höhere Korrosions -<br />
wahr scheinlichkeit schließen.<br />
Chloridinduzierte Bewehrungs -<br />
stahl <strong>korrosion</strong> führt häufig zu örtlich<br />
stark begrenzten korrodierenden<br />
Bereichen. Diese führen bei der<br />
graphischen Darstellung in einem<br />
Potentialdiagramm zu ausgeprägten<br />
Potentialverschiebungen in räumlich<br />
abgegrenzten Bereichen,<br />
den sogenannten Potentialtrich -<br />
tern. Im Zentrum solcher Poten -<br />
tialtrichter liegt das Potential häufig<br />
200 bis 400 mV negativer als in den<br />
umliegenden Bereichen. Hier kann<br />
mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit<br />
<strong>von</strong> einer örtlichen Depassivierung<br />
der Stahlbewehrung ausgegangen<br />
werden. Zur genauen Lokalisierung<br />
der Schadstelle empfiehlt sich die<br />
Ermittlung der negativsten Poten -<br />
tial stelle innerhalb des Trichters.<br />
Aktive Korrosionsstellen lassen sich<br />
so auf wenige Zentimeter<br />
genau lokalisieren. Durch<br />
gezielte Öffnung der<br />
Betondeckung in solchen<br />
Be reichen kann eine abschließende<br />
Zustandsbe -<br />
wer tung der Stahlbe weh -<br />
rung erfolgen.<br />
Eine Interpretation der<br />
Potential messung bezüglich<br />
des Korrosions zu -<br />
standes der Beweh rung<br />
kann nur im Zusam men -<br />
hang mit ergänzenden In for ma -<br />
tionen aus begleitenden Bauwerks -<br />
unter suchungen erfolgen, die<br />
ob jektabhängig sind, Mindest an -<br />
forde rungen sind:<br />
• vollflächige Betondeckungs -<br />
messung<br />
• vollflächiges Abklopfen der<br />
Beton oberfläche zur Hohlstellen -<br />
findung<br />
• vollflächige Untersuchung der<br />
Betonoberfläche auf:<br />
• freiliegende Bewehrung<br />
• Abdichtungsreste<br />
• Auffrierungen/Betonschädi -<br />
gungen/Rissbildungen<br />
• Entwässerungs einrich -<br />
tungen<br />
• Orientierende Sondierung der<br />
Bewehrung an kennzeichnenden<br />
Stellen<br />
Ferner müssen tiefengestaffelte<br />
Chloridgehaltsbestimmungen an<br />
Stellen mit verdächtigen Potential -<br />
werten und an Referenzstellen<br />
vorgenommen werden. Die Entnah -<br />
me stellen sind anhand der Poten -<br />
tialbilder festzulegen. Die erfor der -<br />
liche Anzahl richtet sich nach den<br />
Ergebnissen der Potentialmessung<br />
und kann vorher nicht genau angegeben<br />
werden.<br />
Um chloridinduzierte Korrosion in<br />
Bauwerken zuverlässig aufzufinden,<br />
ist es <strong>von</strong> entscheidender Be -<br />
deu tung, die Ergebnisse aller o. g.<br />
Untersuchungen/Messungen in<br />
die Auswertung mit aufzunehmen.<br />
Die Festlegung, welche Untersu -<br />
chun gen/Messungen an welcher<br />
Stelle in welchem Umfang durchgeführt<br />
werden, sollte vom verantwortlichen<br />
sachkundigen Prüfer,<br />
welcher letztlich auch die Auswer -<br />
tung vornimmt, erfolgen. Die<br />
Auswertung <strong>von</strong> Potentialmessun -<br />
gen <strong>von</strong> Personen, welche die Po -<br />
tentialmessungen nicht selbst<br />
durch geführt bzw. angeleitet/begleitet<br />
haben, birgt die Gefahr <strong>von</strong><br />
Fehlinterpretationen und sollte nur<br />
in Ausnahmefällen erfolgen.<br />
Die erforderliche Sachkunde zur<br />
Durchführung und Bewertung <strong>von</strong><br />
Potentialmessungen ist durch eine<br />
einschlägige Ausbildung auf dem<br />
Gebiet Korrosion/Korrosions -<br />
schutz nachzuweisen. Sie kann<br />
auch durch Teilnahme an entsprechenden<br />
Schulungen als Zusatz -<br />
quali fi kation erworben werden.<br />
Auswertung und Interpretation<br />
Im Rahmen dieses Beitrags sind die<br />
Grundlagen der Korrosion <strong>von</strong><br />
Stahl in Beton sowie die Mechanis -<br />
men der Depassivierung gegenübergestellt<br />
worden. Dabei konnte<br />
gezeigt werden, dass nicht nur die<br />
Depassivierung sondern auch der<br />
Korrosionsfortschritt Parameter -<br />
abhän gig ist, die sich aus der<br />
Exposition aber auch der Beton -<br />
technologie des Bauteils ergeben.<br />
Darüber hinaus konnte gezeigt werden,<br />
dass die <strong>Detektion</strong> <strong>von</strong> Beweh -<br />
rungsstahlkorrrosion Stand der<br />
Technik ist und bspw. über das B 3-<br />
Merkblatt der DGZfP geregelt ist.<br />
Dabei ist zu beachten, dass sowohl<br />
die Untersuchungen <strong>von</strong> geschultem<br />
Personal sorgfältig durchgeführt<br />
werden müssen, als auch die<br />
Interpretation der Messwerte sensibel<br />
ist. ■<br />
Dr.-Ing. Andreas Burkert, Berlin<br />
BAM Bundesanstalt für<br />
Materialforschung und -prüfung,<br />
Dr.-Ing. Matthias Beck, Hannover<br />
BetonMarketing Nord<br />
8 <strong>VBD</strong>info 3/2011