Nummer 51 - Die Jüdische Zeitung
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<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Wochenzeitschrift der jüdischen Orthodoxie der Schweiz - Nr. <strong>51</strong> 17. Tewes 5771 /24. Dezember 2010, 21. Jahrgang<br />
Schass Einzelgänger will israelische<br />
Charedim in die Arbeitswelt zwingen<br />
VON L. SUSSER<br />
Vor nicht allzu langer Zeit hatten nur wenige<br />
Israelis von Chaim Amsalem, einem Abgeordneten<br />
von Schass in der Knesset, gehört. In den<br />
letzten Wochen jedoch ist Amsalem als<br />
Einzelgänger in der israelischen Politik<br />
in Erscheinung getreten.<br />
Nachdem er sich gegen die orthodoxe<br />
Schasspartei und ihre charedischen<br />
Führer gestellt hatte, spricht er jetzt<br />
sogar darüber, eine neue Partei gründen<br />
zu wollen, um sefardische Stimmen für<br />
sich zu gewinnen.<br />
Es ist nicht so sehr die Politik, die dem<br />
Schritt von Amsalem die Aufmerksamkeit<br />
der Medien geschenkt hat;<br />
die Chancen sind gering, dass andere<br />
Knessetmitglieder von Schass sich von<br />
der Partei abwenden werden, um sich<br />
Amsalem anzuschliessen.<br />
Amsalems öffentliche Distanzierung<br />
von Schass wird dagegen als Teil einer<br />
Bewegung in der israelischen, sefardischen<br />
Welt angesehen, die sich gegen<br />
die religiöse Führung wehren soll.<br />
Amsalem spricht über nichts weniger<br />
als eine „sefardische, soziale und<br />
kulturelle Revolution“, die seine neue<br />
Partei sich zunutze machen und fördern<br />
könnte. Im Herzen der Bewegung steht eine<br />
neue Interpretation des Begriffs eines „Tora-<br />
Gelehrten“, vielleicht das fundamentalste<br />
Prinzip der charedischen Welt.<br />
Sowohl Schass als auch die aschkenasischen,<br />
charedischen Parteien sind der Überzeugung,<br />
dass praktisch alle jungen, charedischen<br />
Männer sich für einige Jahre gänzlich dem<br />
Torastudium widmen sollen, und dass diese<br />
während ihres Studiums in der Jeschiwa vom<br />
obligatorischen Militärdienst befreit sein<br />
sollen. <strong>Die</strong>s hat in der charedischen Gemeinschaft<br />
zu verbreiteter Armut geführt, weil<br />
viele charedische Männer auf unbestimmte<br />
Zeit in den Jeschiwot bleiben. <strong>Die</strong>se Armut<br />
ist allerdings gewollt und wird in der Regel<br />
mit Stolz und Würde gelebt.<br />
Amsalem und andere wollen diese Haltung<br />
nun durch Zwang von aussen ändern. Am-<br />
Foto: Yehuda Boltshauser/Kuvien Images<br />
salem befürwortet eine Gesellschaft von<br />
Tora-Gelehrten, die sich nur aus einer kleinen,<br />
ausgewählten Gruppe von besonders<br />
begabten Studenten zusammensetzt, während<br />
alle anderen in der Armee dienen und sich in<br />
die Arbeitswelt einfügen müssen. <strong>Die</strong>s, so<br />
argumentiert er, sei die „echte - nachsichtigere<br />
- sefardische Haltung“: produktives<br />
Arbeitsleben kombiniert mit dem Torastudium,<br />
wann immer die Zeit dies erlaube.<br />
Amsalem behauptet, dass der „übermässige,<br />
aschkenasische oder litwische“ Einfl uss die<br />
Sefardim dazu veranlasst habe, das Modell<br />
einer Gesellschaft anzunehmen, in der alle<br />
Tora lernen. Jetzt sei die Zeit gekommen,<br />
sich von solch einer Denkweise zu lösen,<br />
hauptsächlich weil dies unter den Charedim<br />
den Zustand der Armut fördere.<br />
<strong>Die</strong> Zahlen allein deuten kaum darauf hin,<br />
dass sich wirklich etwas geändert hat. Vor<br />
einem Jahrzehnt dienten kaum Charedim in<br />
der regulären israelischen Armee. Als 1999 ein<br />
spezielles, charedisches Infanterie-Bataillon<br />
etabliert wurde, hatte es 30 Soldaten. Heute,<br />
10 Jahre später, sind<br />
es mehr als 1000.<br />
Weitere 1000 Männer<br />
dienen in speziellen,<br />
AZA<br />
8002 Zürich<br />
Priorität<br />
PP / JOURNAL<br />
CH-8002 Zürich<br />
charedischen Einheiten in der Luftwaffe,<br />
Marine und im Spionagedienst.<br />
In Israel, wo die Armee jungen Israelis auch<br />
die Möglichkeit bietet, Kenntnisse für das<br />
spätere Leben zu erwerben, sind diese Zahlen<br />
nicht für das Militär bedeutend, sondern eher<br />
für die israelische Gesellschaft als Gesamtes:<br />
diese Männer lernen in der Armee eigentlich<br />
einen Beruf.<br />
<strong>Die</strong> Zahl der Charedim, die in charedischen<br />
Fachschulen oder säkularen Schulen mit Spezialprogrammen<br />
für Charedim vorwiegend<br />
berufl iche, säkulare Fächer studieren, ist seit<br />
2005 auf das Vierfache angestiegen, auf ca.<br />
5000. <strong>Die</strong> meisten Studenten sind allerdings<br />
Frauen – viele von ihnen in Institutionen, die<br />
von Schass unterstützt werden.<br />
<strong>Die</strong> Regierung spielt bei dieser Entwicklung<br />
eine wichtige Rolle. Erziehungsminister Gideon<br />
Saar hat einen Plan entworfen, um die
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Zahl der Schüler über die nächsten fünf Jahre<br />
um weitere 3000 zu erhöhen.<br />
Finanzminister Yuval Steinitz hat sogar vorgeschlagen,<br />
für die Charedim die nationale<br />
Voraussetzung des Armeediensts aufzuheben,<br />
damit sie direkt in die Arbeitswelt gehen<br />
können. <strong>Die</strong> Beschäftigungszahl von charedischen<br />
Männern wird sich im nächsten<br />
Jahrzehnt rapid erhöhen, sagt das Handels-<br />
und Industrie-Ministerium voraus.<br />
Israels Kabinett genehmigte einen Plan, laut<br />
dem die Zahl der Jahre, in denen Jeschiwa-<br />
Studenten Unterstützungszahlungen der<br />
Regierung erhalten sollen, begrenzt werden<br />
mit 14:8 Stimmen und 3 Enthaltungen. Dagegen<br />
wird die finanzielle Unterstützung für<br />
bedürftige Universitäts-Studenten verdoppelt.<br />
Minister der Arbeitspartei bekämpften den<br />
Plan; die Abgeordneten von Schass enthielten<br />
sich der Stimme.<br />
Gemäss dem Plan werden charedische Jeschiwabachurim<br />
im Alter von unter 29 Jahren,<br />
die nicht arbeiten, kein Auto besitzen und<br />
drei Kinder haben, während vier Jahren ein<br />
Stipendium von etwa 290 Dollar pro Monat<br />
erhalten, mit einer Reduktion im fünften Jahr<br />
(dem Integrationsjahr, in dem sie Teilzeitarbeit<br />
ausüben dürfen). Es wird von ihnen erwartet,<br />
dass sie nach fünf Jahren ganztätig arbeiten<br />
2<br />
Andere jedoch sehen eine viel langsamere<br />
Veränderung. Sie bemerken, dass weiterhin<br />
rund 50‘000 charedische Talmidim vom Armeedienst<br />
befreit sind, weil sie weiterhin in<br />
der Jeschiwa lernen.<br />
Amsalems Politik hat ihn innerhalb von Schass<br />
die Unterstützung gekostet. Ende November<br />
schloss der Rat der Toraweisen Amsalem<br />
aus der Partei aus und forderte, dass er den<br />
Knessetsitz, den er mit einem Schass-Mandat<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
gewonnen hatte, zurückgebe. Amsalem lehnte<br />
den Psak der Rabbanim ab.<br />
Unter den Charedim ist Amsalem eine einsame<br />
Figur. Seine Meinung erfreut sich jedoch einer<br />
recht breiten, öffentlichen Unterstützung. 52%<br />
der befragten Israelis sagen, dass die Einberufung<br />
von Charedim in die Armee und ihre<br />
Aufnahme in die Arbeitswelt der einzige Weg<br />
sei, „die charedische Gesellschaft zu retten“.<br />
JTA<br />
Kabinett genehmigt Begrenzung<br />
der Jeschiwa-Stipendien<br />
Am Sonntag griff eine Gruppe von arabischen<br />
Jugendlichen eine Gruppe von jüdischen<br />
Touristen an, die entlang der Mauer der Altstadt<br />
spazierten, ca. 15 Minuten hinter dem<br />
Löwentor. <strong>Die</strong> Angreifer warfen Steine in<br />
Melonengrösse auf die Touristendie in Panik<br />
flohen. Niemand wurde beim Angriff verletzt.<br />
Gemäss dem Schin Bet hat es im vergangenen<br />
Monat einen zunehmenden Trend bei<br />
arabischen Anschlägen auf Juden gegeben.<br />
Laut der neuesten Statistik gab es im letzten<br />
Monat gesamthaft 52 Angriffe, im Vergleich<br />
zu 44 im Oktober. Von den 30 Anschlägen<br />
im November war nur einer ein Anschlag mit<br />
Steinen; die restlichen waren Brandbomben,<br />
die auf ihre Opfer geworfen wurden. Im Gebiet<br />
des Gaza-Gürtels gab es 22 Anschläge,<br />
verglichen mit 18 im Oktober. Vier der Anschläge<br />
erfolgten mit Raketen, zwölf waren<br />
Granaten, vier Schüsse mit Kleinwaffen und<br />
zwei waren Luftabwehrraketen.<br />
Ein ranghoher Beamter der Volksfront für<br />
die Befreiung Palästinas (PFLP) kündigte am<br />
Sonntag an, dass Terrorgruppen, die in der<br />
palästinensischen Behörde basiert sind, formell<br />
beschlossen hätten, eine „dritte Intifada“<br />
werden.<br />
Eine kleinere Gruppe von etwa 2000 Jeschiwabachurim,<br />
die beabsichtigen, ihr Leben<br />
den religiösen Studien zu widmen, kann den<br />
jährlichen Zuschuss auf unbegrenzte Zeit<br />
erhalten. <strong>Die</strong> Stipendien für Universitätsstudenten<br />
werden auf etwa 28 Millionen Dollar<br />
pro Jahr verdoppelt werden.<br />
Israels Oberstes Gericht hatte im Juni entschieden,<br />
dass die Regierung Jeschiwabachurim<br />
nicht unterstützen dürfe, wenn sie nicht Gelder<br />
für Universitäts-Studenten zur Verfügung<br />
stelle. Der Entscheid erfolgte als Reaktion<br />
auf eine Klage der Nationalen Studenten-<br />
Gewerkschaft.<br />
<strong>Die</strong> Geschichte vom Ponevecher Rav ist<br />
bekannt. <strong>Die</strong>ser sprach in den USA in einer<br />
Synagoge und bat um die Unterstützung der<br />
Tora. Danach sagte der Gemeinderav, der sich<br />
Eine neue Art der Intifada<br />
zu lancieren. Khalida Jarrar, ein ranghohes<br />
Mitglied des palästinensischen Legislativrats,<br />
machte jedoch nicht klar, welche Terror-<br />
Organisationen daran teilnehmen werden.<br />
Sie bemerkte, dass es noch viel gebe, über<br />
das sich die Gruppen nicht einigen konnten.<br />
„Der Entscheid, zur Intifada zurückzukehren,<br />
ist gefasst worden, und im Moment geht es<br />
um die Methoden“, sagte Jarrar zur iranischen<br />
Nachrichtenagentur Fars. „<strong>Die</strong> Beendung der<br />
internen Meinungsverschiedenheiten und<br />
die Erneuerung der Einheit und Integrität in<br />
Palästina ist die Lösung für alle Probleme der<br />
Palästinenser“, fügte sie hinzu.<br />
<strong>Die</strong> Sprecherin der PFLP kritisierte die arabischen<br />
Aussenminister der Arabischen Liga,<br />
weil sie die USA beauftragt hatten, strenge<br />
Empfehlungen an Israel und die PA bezüglich<br />
der Grenzen für den erhofften, neuen, arabischen<br />
Staat zu geben. Jarrar beschuldigte<br />
die arabischen Minister des Versuchs, „ihrer<br />
Verantwortung für die Angelegenheit von<br />
Palästina“ auszuweichen. „<strong>Die</strong> arabischen<br />
Länder müssen aufhören, auf die amerikanische<br />
Regierung zu zählen“, sagte sie.<br />
Obwohl das wütende Inferno, das das nördli-<br />
um das Geld seiner Mitglieder sorgte, dass für<br />
diesen Zweck auch ein einziger Dollar genüge.<br />
Nach einigen Tagen traf der Raw der Gemeinde<br />
den Ponevecher Raw und fragte ihn,<br />
ob er ihm deswegen zürne, weil er verhindert<br />
habe, dass seine Gemeindemitglieder grosse<br />
Beträge spenden. Da sagte ihm Rav Josef<br />
Schlomo Kahaneman: „Als HKB“H Mosche<br />
mitteilte, dass Bezalel das Mischkan bauen<br />
sollte, ging er, um Bezalel zu suchen. War<br />
er böse, wenn er einen Mann auf der Strasse<br />
fragte, ob dieser Bezalel sei, und jener die Frage<br />
verneinte? Sichern nicht. Auch ihr“, sagte<br />
der Ponevecher Rav, „seid ganz einfach nicht<br />
Bezalel. Ihr verfügt nicht über den Verdienst,<br />
Tora zu unterstützen. Warum sollte ich euch<br />
dann zürnen?“<br />
Auch der Staat Israel verfügt nicht mehr über<br />
den Verdienst, „Bezalel“ zu sein.<br />
che Carmel-Gebiet zu Beginn dieses Monats<br />
durchfegte, vermutlich fahrlässig begonnen<br />
wurde, folgten daraufhin mindestens 25<br />
weitere Brände in anderen Wäldern, die<br />
absichtlich gelegt worden sind. Brandstifter<br />
zündeten alleine im vergangenen Monat 18<br />
Mal ausserhalb von Jerusalem Feuer an,<br />
aber nur einige der Feuer wurden in den israelischen<br />
Medien gemeldet. <strong>Die</strong> hebräische<br />
Tageszeitung Maariv zitierte die Polizei, die<br />
sagte, dass die Anschläge absichtlich vertuscht<br />
werden, „um nicht noch weitere, mögliche<br />
Brandstifter zu inspirieren“.<br />
Ausserdem bemerkte ein neu publizierter<br />
Bericht des israelischen Umweltministeriums,<br />
dass Gewässer in Jehuda und Schomron mit<br />
ungeklärtem Abwasser verschmutzt werden,<br />
das von palästinensischen Arabern abgeladen<br />
werde. Der Bericht erwähnt den Mangel an<br />
Abwasser-Kläranlagen in den autonomen<br />
Gebieten, kombiniert mit einem absichtlich<br />
geplanten Mangel an Zusammenarbeit zwischen<br />
der palästinensischen Regierung und<br />
Israel, als Ursache für die Verschmutzung.<br />
JTA
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
VON J. ROSENBLUM<br />
Das Tonband mit Gesprächen zwischen<br />
Präsident Richard Nixon und seinem Aussenminister<br />
Henry Kissinger, das vor kurzem<br />
veröffentlicht wurde, enthielt recht hässliches<br />
Material, jedoch keine grossen Überraschungen<br />
bezüglich Nixon. Dass Nixon zahlreiche<br />
Vorurteile gegenüber den Juden hatte und<br />
nicht zögerte, diese auszudrücken, war schon<br />
vorher bekannt gewesen.<br />
In der Tat verblasst Nixons Gerede über die<br />
„Unverlässlichkeit“ der Juden auf den freigegebenen<br />
Tonbändern im<br />
Vergleich zu dem, was<br />
schon publiziert wurde,<br />
von dem vieles weitaus<br />
boshafter ist. In manchen<br />
früheren Tonbändern beschreibt<br />
Nixon die Juden<br />
als „geborene Spione“<br />
und als „untreu“ und<br />
deutete an, dass seine Regierung<br />
versuche, „diese<br />
Stadt zu führen, während<br />
Juden in der Regierung<br />
vermieden werden“.<br />
Und trotzdem war das<br />
Weisse Haus unter Nixon<br />
voller Juden: sein<br />
Hauptberater, Leonard<br />
Garment; sein Wirtschaftsberater,<br />
Herbert<br />
Stein; sein Redenschreiber,<br />
William Safire; sein<br />
Kampagne-Manager,<br />
Murray Chotiner; und<br />
vor allem sein erster,<br />
nationaler Sicherheitsberater und späterer<br />
Aussenminister, Henry Kissinger.<br />
<strong>Die</strong> israelische Premierministerin Golda Meir<br />
schrieb Nixon zu, Israel 1973 „gerettet“ zu<br />
haben, weil er einen massiven Lufttransport<br />
mit Waffen an Israel anordnete, während der<br />
Krieg noch wütete. Nixon reagierte nicht nur<br />
auf Israels Appell für neue Waffen, zu einer<br />
Zeit, da die Sowjets mit der Neubewaffnung<br />
Ägyptens und Syriens beschäftigt waren. Er<br />
machte das trotz des Widerstands des Vertei-<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Herausgeber: Verein <strong>Die</strong> <strong>Jüdische</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Brandschenkesteig 14, 8002 Zürich<br />
Administration: Telefon 044 201 4617, Fax 044 201 4626<br />
E-mail: djz.bloch@gmail.com<br />
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Redaktion: Josua Bloch, Nosson Rothschild<br />
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<strong>Die</strong> <strong>Jüdische</strong> <strong>Zeitung</strong> übernimmt keine Verantwortung für das Kaschrus von<br />
Produkten und <strong>Die</strong>nstleistungen, für welche in der <strong>Zeitung</strong> inseriert wird.<br />
3<br />
digungs- und Aussenministeriums. Er befahl<br />
Kissinger und Verteidigungsminister James<br />
Schlesinger ausdrücklich, die Lieferung von<br />
Material an Israel zu beschleunigen.<br />
Zu einem gewissen Zeitpunkt bat er um eine<br />
Einschätzung von Israels militärischen Bedürfnissen.<br />
Als Schlesinger ihm diese lieferte,<br />
sagte er dem schockierten Minister, er solle<br />
diese verdoppeln.<br />
Insbesondere überstimmte Nixon Kissinger<br />
bezüglich des Lufttransports. Der letztere hatte<br />
sich erhofft, dass ein verletzlicheres Israel<br />
sich für seine grossartigen diplomatischen<br />
Pläne, dem Nahen Osten Frieden zu bringen<br />
und die Sowjets aus der Gegend fernzuhalten,<br />
gefügiger gemacht würde.<br />
Der Gegensatz zwischen Nixons offen geäussertem<br />
Antisemitismus, seinem andauerndem<br />
Schwall von hässlichen Erklärungen und der<br />
„Rettung Israels“ und der Anstellung von<br />
vielen Juden hat die Kommentatoren während<br />
langer Zeit verwirrt. In Wirklichkeit ist es<br />
jedoch kein so grosses Paradox, wie sie es<br />
meinen. Es gibt viele Arten von Antisemiten.<br />
„Vornehme“ Antisemiten zum Beispiel<br />
versuchen, die Gesellschaft von Juden zu<br />
meiden und haben normalerweise viele Vorurteile<br />
über sie. Zu gewissen Zeiten schloss<br />
dieser „vornehme“ Antisemitismus Juden<br />
von gewissen Anwaltsfirmen, Universitäten,<br />
Country Clubs und aus gewissen Berufen,<br />
wie dem Bankberuf, aus. Positiv daran war,<br />
dass es als Barriere gegen Mischehen diente.<br />
Nixon kam nicht aus den vornehmen Klassen,<br />
und sein Antisemitismus ging über das hinaus,<br />
was in jenen Kreisen üblich war. Seine Vor-<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Was das neueste Nixon-Kissinger<br />
Tonband enthüllt<br />
Der damalige Präsident Richard Nixon und Aussenminister Henry Kissinger<br />
im Gespräch mit Ministerpräsidentin Golda Meir (nicht im Bild) 1973<br />
urteile über „mangelnde, jüdische Loyalität“<br />
und deren „Neigung zur Spionage“ können<br />
kaum als harmlos bezeichnet werden und<br />
hätten für den Status der Juden in Amerika<br />
grosse Gefahren verursachen können.<br />
Nixon war aber nicht besessen von den Juden.<br />
Er konnte seine antisemitischen Ausbrüche<br />
unter Kontrolle halten. Sie waren auf private<br />
Gespräche beschränkt und wurden nie in der<br />
Öffentlichkeit wiedergegeben. Zumindest teilweise<br />
waren sie wahrscheinlich als Ablassen<br />
von Zorn auf die Liberalen gemeint, was die<br />
meisten Juden waren und<br />
immer noch sind. Hässlich,<br />
ja - aber nicht so<br />
weit gehend, dass er nicht<br />
mehr vernünftig denken<br />
konnte, wenn es um die<br />
Juden oder den Staat<br />
Israel ging. Er sah die<br />
Welt nicht wie Hitler j’s<br />
und andere Antisemiten<br />
als kosmischen Kampf<br />
zwischen den Kräften<br />
des Guten auf der einen<br />
Seite und den Juden auf<br />
der anderen an.<br />
1970, drei Jahre vor dem<br />
massiven Lufttransport<br />
von Waffen an Israel im<br />
Jom Kippur- Krieg, sagte<br />
der damalige, israelische<br />
Botschafter in Washington,<br />
Yitzchak Rabin, zu<br />
Rabbi Moshe Sherer,<br />
dem langjährigen Präsidenten<br />
der Agudat Israel<br />
of America, dass Nixon für Israel mehr getan<br />
habe als John F. Kennedy, obwohl Nixon sich<br />
wohl bewusst war, dass nur 8% der amerikanischen<br />
Juden für ihn gestimmt hatten. Rabin<br />
bestritt nicht, dass Nixon wahrscheinlich ein<br />
Antisemit war, aber er sagte zu Rabbi Sherer:<br />
„Nixon glaubt wirklich an Israels Sache und<br />
versteht diese.“<br />
Was in den gerade veröffentlichten Tonbändern<br />
erschrickt, ist nicht Nixon, sondern<br />
Kissinger. Der letztere war mit seiner Familie<br />
1938 knapp aus seiner Geburtsstadt Fürth<br />
entkommen, und er hatte die Nazi-Brutalität<br />
gegenüber den Juden mit eigenen Augen<br />
gesehen. 19 nahe Verwandte von ihm starben<br />
in den Konzentrationslagern. Er kannte alle<br />
Argumente, die von der Regierung Roosevelt<br />
vorgebracht worden waren, die keine ernsthafte<br />
Rettungshandlung unternehmen wollte,<br />
um die europäischen Juden zu retten - mit der<br />
Begründung, dass das übergeordnete, amerikanische<br />
Interesse darin liege, den Krieg so<br />
schnell wie möglich zu gewinnen.<br />
Und trotzdem hören wir auf den Tonbändern,
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
wie er dem Präsidenten sagte - nach einem<br />
Treffen mit der israelischen Premierministerin<br />
Golda Meir, in dem sie dringend um amerikanischen<br />
Druck bat, um mehr sowjetische<br />
Juden freizukriegen: „<strong>Die</strong> Auswanderung<br />
von Juden aus der Sowjetunion ist kein Ziel<br />
der amerikanischen Aussenpolitik. Und<br />
wenn sie die Juden in der Sowjetunion in<br />
die Gaskammern schicken, ist das auch kein<br />
amerikanisches Problem. Es ist vielleicht ein<br />
humanitäres Problem.“ <strong>Die</strong>se Bemerkung<br />
erfolgte nicht als Reaktion auf irgendetwas,<br />
das Nixon gesagt hatte. Es war Kissinger,<br />
der das Gespräch begonnen hatte, und er war<br />
es, der die gänzlich überflüssige Erklärung<br />
machte, dass sogar das Vergasen von Juden in<br />
Gaskammern „kein amerikanisches Problem“<br />
darstelle. Nixon vertrat nie solche Meinungen.<br />
Kissingers Bemerkung erinnerte mich an das<br />
Buch von Botschafter Yehuda Avner, „<strong>Die</strong><br />
Premierminister“, in dem er einen Vorfall<br />
beschreibt, bei dem Kissinger nach einer<br />
triumphalen Pressekonferenz im King David-<br />
Hotel inmitten einer seiner diplomatischen<br />
Missionen von einem Mann angesprochen<br />
wird, der ihn mit den Worten „Heinz, Heinz“<br />
begrüsst. „Heinz, erinnerst du dich an mich?<br />
Wilhelm Furtwängler von Fürth. Erinnerst<br />
du dich?“ sagte der Mann, der ihm die Hand<br />
reichen wollte. Kissinger warf ihm einen<br />
verächtlichen Blick zu und ging weiter.<br />
Wilhelm Furtwängler war zu jener Zeit ein<br />
prominenter Psychiater in Washington, der<br />
sich Dr. Willie Fort nannte. Kissinger war<br />
nicht nur sein bester Schulkamerad in Fürth<br />
gewesen, sondern die Familien Furtwängler<br />
und Kissinger waren beide nach Washington<br />
Heights gezogen und dawenten in der Breuer-<br />
Schul. Kurz gesagt, es gab keinen Grund,<br />
warum Kissinger ihn nicht kennen sollte.<br />
Nach dem fraglichen Vorfall setzte Dr. Fort,<br />
der sich mit Avner während dessen Tagen<br />
in der israelischen Botschaft in Washington<br />
angefreundet hatte, hin und lieferte eine<br />
Psychoanalyse Kissingers. Er drängte Avner,<br />
diese seinem Chef, Premierminister Rabin,<br />
Omri Boneh befindet sich seit dem massiven<br />
Feuer in Israels Carmel Wald in einem Zustand<br />
der Benommenheit. Der Direktor der nördlichen<br />
Region des Keren Kayemet leIsrael sah,<br />
wie Jahrzehnte der Arbeit in einem viertägigen<br />
Feuerinferno zerstört wurden. Wellen<br />
von grünem Wald in Nordisrael sind eine<br />
schwarze, tote Landschaft geworden. Boneh<br />
hatte während seiner 25jährigen Karriere als<br />
Förster auf dem Har HaKarmel persönlich<br />
Tausende von Bäumen gepflanzt.<br />
Boneh will jedoch nicht in der Vergangenheit<br />
verweilen; er denkt über die Zukunft nach.<br />
Der erste Schritt zur Sanierung des Waldes<br />
4<br />
zu übergeben.<br />
Ich habe im Allgemeinen eine starke Aversion<br />
gegen Analysen, die versuchen, die Handlungen<br />
von historischen Persönlichkeiten angesichts<br />
von psychologischen Eigenschaften zu<br />
erklären, die diese mit Millionen von anderen<br />
Leuten teilen.<br />
Kissingers Hintergrund als junger Flüchtling<br />
ist jedoch recht selten, und Dr. Forts Analyse<br />
so zutreffend in ihrem prophetischen Wert,<br />
dass ich nicht widerstehen kann, über diese<br />
zu berichten. Fort beginnt damit, dass er die<br />
Möglichkeit bestritt, dass Kissingers Behauptung,<br />
sich nicht an die Verfolgungen in<br />
Deutschland in seiner Kindheit zu erinnern,<br />
wahr sein können. Er war 15 Jahre alt, als die<br />
Familie flüchtete, und 1938 wurden Juden<br />
in den Strassen zusammengeschlagen und<br />
ermordet. Kissingers Vater war aus einer<br />
renommierten Lehrerposition im staatlichen<br />
Schulsystem entlassen worden, und die Familie<br />
musste um ihr Leben fürchten. <strong>Die</strong>se<br />
Erfahrung musste traumatisch gewesen sein:<br />
„die Kontrolle über sein Leben verlieren,<br />
machtlos zu sein, zu sehen, wie die geliebten<br />
Helden plötzlich hilflos waren, von brutalen<br />
Ereignissen überholt zu werden, vor allem<br />
bei seinem Vater, den er sehr bewunderte…“<br />
Obwohl Kissinger ein „Bild der Selbstsicherheit,<br />
des starken Willens und der<br />
Arroganz“ präsentierte, schufen laut Dr.<br />
Fort die Unsicherheiten, die durch seinen<br />
Flüchtlings-Status verursacht wurden, eine<br />
„tief depressive Gesinnung, eine apokalyptische<br />
Lebensauffassung, eine Tendenz zum<br />
Verfolgungswahn und ein übertriebenes<br />
Gefühl des Versagens, wenn die Dinge nicht<br />
so liefen, wie er es wollte“. Innere Zweifel<br />
lösten „Launenhaftigkeit, Wutanfälle und<br />
Jähzorn“ aus. Solche Menschen sind oft Kriecher<br />
gegenüber Vorgesetzten und Tyrannen<br />
gegenüber Untergebenen.<br />
<strong>Die</strong>ser Mischung muss laut Fort Kissingers<br />
tiefe Ambivalenz gegenüber seinem Judentum<br />
hinzugefügt werden. Einerseits hatte er<br />
die religiöse Observanz seines Elternhauses<br />
sei, dass man der Natur gestattet, ihren Gang<br />
zu gehen, sagt Boneh,. „Neuanpflanzungen<br />
werden nur stattfinden, falls die natürliche<br />
Regeneration nicht ausreichend ist“, sagte<br />
Boneh, der sich schon mit den Nachwirkungen<br />
von fünf anderen, grossen Bränden auf dem<br />
Karmel befasst hat.<br />
Der Brand, der am 2. Dezember ausbrach,<br />
war mindestens sechsmal so gross wie das<br />
nächstgrosse Feuer. Etwa 4860 Hektaren Land<br />
wurden verbrannt und fünf Millionen Bäume<br />
zerstört. 43 Menschen starben und 250 Häuser<br />
wurden zerstört oder schwer beschädigt.<br />
Ende letzter Woche, vier Tage nachdem das<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
gänzlich verlassen; andererseits konnte er nie<br />
verhindern, als Jude identifiziert zu werden.<br />
Wie Dr. Fort berichtete, erzählte man in Washington,<br />
dass Nixon ihn mit üblen antisemitischen<br />
Bemerkungen erniedrigte und sich auf<br />
ihn als meinen „Jew boy“ bezeichnete, wenn<br />
er seinen Minister herunterputzen wollte.<br />
„Was ist die Bedeutung von all dem bezüglich<br />
Kissingers Rolle als Vermittler zwischen den<br />
Arabern und Israelis?“ fragte Avner seinen<br />
Freund. Fort antwortete, dass Leute wie Kissinger<br />
„ausnahmslos überkompensionieren.<br />
Sie unternehmen grosse Anstrengungen, um<br />
jegliches, gefühlsbetonte Vorurteil, das sie<br />
fühlen könnten, zu unterdrücken und alles<br />
zugunsten der anderen Seite tun, um zu<br />
beweisen, dass sie unparteiisch und objektiv<br />
sind.“ Dr. Fort schloss mit den Worten, dass<br />
Kissingers Reaktion auf ihn neurotisch gewesen<br />
sei, und dass dieser seinen Jugendfreund<br />
hasse, weil er ihn „nur Momente, nachdem er<br />
sich im Scheinwerferlicht der Welt an einer<br />
Pressekonferenz gesonnt hatte“, in die jüdischen<br />
Erinnerungen zurückwarf, die er sein<br />
Leben lang zu unterdrücken versucht hatte.<br />
„Sie bemerkten sicher, wie er hochging, als<br />
ich seinen Namen Heinz erwähnte. Er verachtet<br />
mich deswegen zutiefst … Sag Yitzchak<br />
Rabin, dass er vorsichtig sein soll, wenn er<br />
mit unserem Aussenminister zu tun hat. Sag<br />
ihm, dass er tief drinnen ein unsicherer und<br />
paranoider Jude ist.“<br />
Rabins Beziehung zu Kissinger war ambivalenter<br />
als die obige Beschreibung andeutet,<br />
und es gab ausser Momenten der Spannungen<br />
auch solche der Nähe. Und manche spätere<br />
Premierminister berieten sich weiterhin mit<br />
Kissinger über geopolitische Fragen, als er<br />
schon nicht mehr im Amt war.<br />
In der kalten Äusserung über Juden, die in<br />
die Gaskammern gehen, hören wir jedoch<br />
eindeutig sowohl den Wunsch, sich bei Vorgesetzten,<br />
sogar antisemitischen, anzubiedern,<br />
und die Überkompensierung, eine motionale<br />
Identifizierung zu verstecken, wie sie von Dr.<br />
Fort beschrieben wurde.<br />
Nach dem Feuer:<br />
So wenig Eingriffe wie möglich<br />
Feuer gelöscht war, berief der israelische<br />
Umweltminister Gilad Erdan ein erstes Regierungskomitee<br />
wegen der Sanierung des<br />
Pflanzen- und Tierlebens für die Region des<br />
Carmel-Waldes ein. Das Komitee ist sich einig,<br />
dass eine natürliche Regeneration die beste<br />
Vorgehensweise ist und dass im kommenden<br />
Jahr im Carmel keine Neupflanzungen<br />
stattfinden sollten. Das Komitee schlug aber<br />
vor, dass Pufferzonen mit einem spärlichen<br />
Pflanzenbewuchs zwischen Ortschaften und<br />
Strassen geschaffen werden sollten, um die<br />
Ausbreitung von Feuern auf bewohnte Gebiete<br />
zu verhindern In grossen Waldgebieten sollen
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Pufferzonen die Ausbreitung zwischen den<br />
Wäldern verhindern.<br />
Etwa 46 Millionen Dollar werden für eine<br />
Sanierung benötigt werden, schätzte das<br />
Komitee. Das beinhaltet die Verhinderung<br />
von Bodenerosion und Reparaturen von<br />
Wanderwegen, Strassen, Lagerplätzen und<br />
Aussichtspunkten.<br />
Nicht alles wurde wahllos verbrannt. In<br />
manchen Plätzen übersprang das Feuer einen<br />
Hügel, ein Tal oder ein Feld; in anderen<br />
wurden Häuser verschont. Boneh sagte, dass<br />
er fand, dass einige der Baumgruppen, die er<br />
zu Beginn seiner Karriere angepflanzt hatte,<br />
nur teilweise beschädigt wurden. Er nannte<br />
die überlebenden Bäume „einen guten Beginn<br />
für die nächste Generation“.<br />
Ido Izhaki, der Leiter des Carmel- Forschungszentrums<br />
der Universität Haifa, erforscht<br />
die Carmel-Region seit einem bedeutenden<br />
Feuer dort im Jahr 1989. Er geht damit einig,<br />
dass es ein Fehler wäre, nach dem Feuer in<br />
grossem Ausmass neue Bäume zu pflanzen.<br />
„Der Wald muss in Ruhe gelassen werden,<br />
damit er sich erholen kann, ohne menschliche<br />
Einmischung“, sagte Izhaki.<br />
<strong>Die</strong> meisten verbrannten Bäume waren<br />
Allepo-Pinien. Samen der massiven Bäume,<br />
die sich an Waldbrände angepasst haben, wurden<br />
aus den Pinienzapfen durch die Hitze des<br />
Feuers gelöst und durch Winde weit verbreitet.<br />
<strong>Die</strong> Ärzte des berühmten Bikur Cholim-Spitals<br />
in Jerusalem demonstrierten am Sonntag<br />
in der Stadt und forderten Unterstützung, um<br />
sicherzustellen, dass die bekannte Institution<br />
nicht wegen Geldmangels schliessen muss.<br />
<strong>Die</strong> Spitalleitung kündigte letzte Woche an,<br />
dass sie sich inmitten eines finanziellen Rehabilitationsprogramms<br />
befinde und dass das<br />
Spital ohne unmittelbare Hilfe der Regierung<br />
von 30 Millionen Schekeln seine Türen im<br />
nächsten Monat schliessen müsste.<br />
Das Bikur Cholim Spital wurde im Jahr 1826<br />
in einem Wohngebäude in der Altstadt von<br />
Jerusalem gegründet und zog im Jahr 1854<br />
in ein eigenes Gebäude. Das gegenwärtige<br />
Gebäude, an der Ecke von Jaffa und King<br />
George-Strasse, wurde im Jahr 1925 fertiggestellt,<br />
während das Spital der Altstadt<br />
weiterhin bis zum Jahr 1947 Chronischkranke<br />
betreute.<br />
Etwa 650 Leute sind gegenwärtig im Bikur<br />
Cholim Spital angestellt, das 200 Betten hat,<br />
darunter fast 120 Ärzte, 225 Schwestern, 125<br />
Sanitäter und 180 administrative und andere<br />
Angestellte. Etwa 6000 Babies werden dort<br />
jährlich geboren, und 5000 Operationen<br />
durchgeführt.<br />
Der Vorsitzende des Knesset Finanzkomitees,<br />
5<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Dr. Schlomo Adler sl.,<br />
London, niftar<br />
Am Montag verlor die jüdische Welt einen ihrer bekanntesten Ärzte. Dr. Schlomo Adler aus<br />
London war seit frühester Jugend ein erfolgreicher Arzt und behandelte in seinem reicherfüllten<br />
Leben nebst tausenden Jehudim viele Admurim und Gedolim. Reb Itzikel sZl. aus Antwerpen,<br />
der auch zu seinen Patienten gehörte, sagte bei einer Gelegenheit: „Der Malech Refoel steht<br />
ihm zu Seite. <strong>Die</strong> sei das Geheimnis seines Jahrzehte langen Erfolgs!“ Einmal entdeckte ihn<br />
ein Reisender an der Seite einer Autobahn weinend in seinem Auto sitzend. Auf die Frage,<br />
was geschehen sei, ob er ihm vielleicht helfen könne, antwortete Dr. Adler: „Ich dawene für<br />
einen Patienten!“ Wir werden sGw. in der nächsten DJZ-Ausgabe diese grosse Persönlichkeit<br />
versuchen zu würdigen.<br />
<strong>Die</strong>se Samen werden in einigen Wochen zu<br />
spriessen beginnen, meint Boneh. Zu einem<br />
gewissen Punkt, sagte er, könnten Förster sich<br />
mit einem „selektiven Ausdünnen“ befassen,<br />
um die Dichte des neuen Waldes zu begrenzen<br />
und jungen Bäumen beim Wachsen zu helfen,<br />
und auch mit etwas Anpflanzungen, um eine<br />
Sortenvielfalt sicherzustellen. So wird ein<br />
gemischter Wald mit einer Neueinführung von<br />
Laubbäumen wie Eichen, Johannisbrot und<br />
anderen Sorten, die im Gebiet vorkommen,<br />
geschaffen werden. Einige dieser Bäume werden<br />
auch bald beginnen, sich zu regenerieren,<br />
wobei die Baumstumpfe der zerstörten Bäume<br />
zu spriessen beginnen werden.<br />
Brände haben positive Auswirkungen auf das<br />
Wachstum des Waldes, sagte Izhaki. Nach<br />
Bikur Cholim-Spital:<br />
Rettungsbemühungen in „letzter“ Minute<br />
Moshe Gafni (Vereinigtes Torajudentum),<br />
sagte, dass eine Schliessung des Spitals „um<br />
jeden Preis verhindert werden muss“, während<br />
sein Partei-Kollege, Vize-Gesundheitsminister<br />
Yaacov Litzman, das Finanzministerium<br />
aufrief, den Finanzplan zu akzeptieren und<br />
die fehlenden 30 Millionen Schekel zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Dr. Effie Halpern, der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft<br />
in Bikur Cholim, hob die<br />
Wichtigkeit hervor, in der Stadt Jerusalem ein<br />
Spital zu führen: „Nach dem schrecklichen<br />
Terroranschlag im Jahr 2001 im Sbarro Restaurant,<br />
bei dem 16 Menschen getötet wurden,<br />
konnte ich den Verletzten in Sekundenschnelle<br />
einem massiven Feuer in den Carmel- Bergen<br />
im Jahr 1989 „beobachteten wir die Entwicklung<br />
von Flora und Fauna in der Region und<br />
bemerkten, dass der Wald ungefähr 15 bis<br />
20 Jahre nach dem Feuer in Bezug auf die<br />
Vielfalt seiner Tier- und Pflanzenwelt einen<br />
Höhepunkt erreicht hat. <strong>Die</strong>s deutet daraufhin,<br />
dass nach solch einer Zeitspanne der Wald<br />
mehr Sorten der Tier- und Pflanzenwelt beherbergen<br />
wird als vor dem Feuer.“<br />
Feuer sind jedoch für die biologische Diversität<br />
nur von Vorteil, wenn sie selten stattfinden.<br />
Heute ist die Häufigkeit von Bränden<br />
zu hoch und deshalb wird auch die Erholung<br />
des Waldes wahrscheinlich länger dauern,<br />
sagte Izhaki.<br />
JTA<br />
sofortige Hilfe leisten, bevor die Ambulanzen<br />
des Magen David Adom sich einen Weg durch<br />
den Stadtverkehr bahnen konnten. Ich rufe<br />
die Bewohner Jerusalems auf, ihre Apathie<br />
abzulegen. Unsere Notfallstation ist für Hunderttausende<br />
von Bewohnern, die jeden Tag<br />
in der Stadt arbeiten und sie besuchen oder in<br />
der Nähe wohnen, von grosser Wichtigkeit.“<br />
Das Spital wurde vor ungefähr zwei Jahren<br />
vom russisch-jüdischen Milliardär Arcadi<br />
Gaydamak gekauft, der versprach, es während<br />
fünf Jahren zu führen. In der Folge wurden<br />
die Versprechungen nicht gehalten und es ist<br />
jetzt ein bitterer Rechtsstreit t im Gang.<br />
JTA
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
6<br />
Spannungen mit der Türkei erhöht<br />
Nach Abkommen mit Zypern<br />
über Meeresgrenzen<br />
<strong>Die</strong> bisher schon gespannten Beziehungen<br />
zwischen Israel und der Türkei haben sich<br />
am Sonntag wegen einer Meinungsverschiedenheit<br />
über eine Vereinbarung zwischen<br />
Israel und Zypern, die ihre Seegrenzen<br />
festlegt, um die Suche nach Bodenschätzen<br />
im östlichen Mittelmeer zu erleichtern, noch<br />
verschlimmert.<br />
Es wurden im Gebiet riesige Erdgas-Reserven<br />
entdeckt.<br />
Gabi Levi, Israels Botschafter in der Türkei, ist<br />
vom türkischen Aussenministerium kritisiert<br />
worden, nachdem Uzi Landau, der Minister<br />
für nationale Infrastruktur, die Vereinbarung<br />
mit Zypern am Freitag unterzeichnet hat.<br />
Der Untersekretär des türkischen Aussenministeriums,<br />
Feridun Sinirliofgli, warnte den<br />
israelischen Gesandten, dass die Vereinbarung<br />
einen negativen Einfluss auf die Verhandlungen<br />
haben würde, die Teilung von Zypern zwischen<br />
der türkischen und griechischen Seite<br />
zu beenden. „Solche einseitige Schritte, die<br />
den Willen der türkisch-zypriotischen Seite<br />
ignorieren, werden den Gesprächen über die<br />
Einheit der Insel schaden“, soll Sinirlioglu<br />
gesagt haben.<br />
Eine Quelle der israelischen Regierung<br />
lehnte die Einwände der Türkei gegen die<br />
Vereinbarung am Sonntag ab, meldete Radio<br />
Israel. Es gebe keine Verbindung zwischen<br />
der türkisch-zypriotischen Seegrenze und<br />
der israelisch-zypriotischen Seegrenze. Sie<br />
fügte hinzu, dass die türkischen Ansprüche<br />
auf das Seegebiet aufgrund ihrer Besetzung<br />
des nördlichen Zyperns eine „Chutzpa sei, die<br />
in der internationalen Arena beispiellos ist“.<br />
<strong>Die</strong> Türkei lehnt die griechisch-zypriotische<br />
Suche nach Öl und Gas innerhalb der <strong>51</strong>‘000<br />
Quadratkilometer grossen, exklusiven Wirtschaftszone<br />
an deren südlicher Küste ab und<br />
sagt, auch sie besitze im Gebiet Rechte und<br />
Interessen.<br />
Der Iran hat das jährliche Budget an die<br />
Hizbolla um über 40% gekürzt, was bei der<br />
libanesisch-schiitischen Guerilla Organisation<br />
eine Krise ausgelöst hat. <strong>Die</strong>s erfolgt laut<br />
israelischen Geheimdienst-Einschätzungen<br />
nur Wochen, bevor ein Uno Tribunal die<br />
Hizbolla wahrscheinlich beschuldigen wird,<br />
den früheren libanesischen Premierminister<br />
Zypern wurde im Jahr 1974 in einen<br />
griechisch-zypriotischen Süden und einen<br />
türkisch-zypriotischen Norden aufgeteilt, als<br />
die Türkei als Reaktion auf einen Coup von<br />
Anhängern einer Vereinigung mit Griechenland<br />
einmarschierte. <strong>Die</strong> Insel schloss sich<br />
2004 der EU an, aber nur der international<br />
anerkannte Süden geniesst die Vorteile der<br />
Mitgliedschaft. <strong>Die</strong> Türkei anerkennt dagegen<br />
nur den abgesplitterten Norden, wo sie 35‘000<br />
Truppen stationiert hat.<br />
Zypern hat ähnliche Vereinbarungen mit<br />
Ägypten und Libanon geschlossen, aber das<br />
libanesische Parlament hat die Vereinbarung<br />
noch nicht ratifiziert. Der zypriotische<br />
Energie-Direktor Solon Kassinis sagte, dass<br />
die zypriotische Vereinbarung mit Israel nicht<br />
im Widersprucht mit seiner Vereinbarung mit<br />
Libanon sei. Libanesische Abgeordnete haben<br />
erklärt, dass ein Teil von Israels kürzlich<br />
entdeckten Gasfeldern sich in libanesische,<br />
territoriale Gewässer ausdehnen. Israel hat<br />
die Behauptung zurückgewiesen.<br />
Der türkische Premierminister Recep Tayyip<br />
Erdogan erklärte am Montag zudem, dass<br />
es zwar vor kurzem hochrangige Gespräche<br />
zwischen dem türkischen Aussenministerium<br />
und Israel in Genf gegeben habe, dass es bei<br />
den türkischen Forderungen bezüglich der<br />
„israelischen Aggression gegen die humanitären<br />
Hilfsschiffe in Gaza“ und des „Mords“<br />
an neun türkischen Bürgern keine Änderungen<br />
gegeben habe.<br />
<strong>Die</strong>se Erklärungen waren Teil eines Interviews,<br />
in dem Erdogan die Beziehung<br />
zwischen Ankara und Damaskus, die Spannungen<br />
zwischen der Türkei und Israel, die<br />
israelisch-palästinensischen und israelischsyrischen<br />
Friedensgespräche besprach, und<br />
die türkischen Bemühungen ausdrückte, den<br />
Weg zu einer Erzielung des Friedens und der<br />
Stabilität im Nahen Osten zu finden.<br />
Hizbolla: Iran soll die Hilfe<br />
um 40% gekürzt haben<br />
Rafik Hariri 2005 ermordet zu haben.<br />
Der Iran hat der Hizbolla in den letzten<br />
Jahren fast eine Milliarde Dollar an direkter<br />
militärischer Hilfe geliefert, aber wegen der<br />
Auswirkungen der kürzlichen Runde von<br />
internationalen Sanktionen sei die Islamische<br />
Republik gezwungen, die Finanzierung zu<br />
reduzieren. Das Geld war von der Hizbolla<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Bezüglich der wachsenden Spannungen zwischen<br />
der Türkei und Israel sagte Erdogan,<br />
dass die Normalisierung der Beziehungen<br />
mit Israel davon abhängig sei, dass Israel sich<br />
bei der türkischen Republik entschuldige und<br />
Entschädigungen bezahle.<br />
Erdogan kritisierte die USA und EU wegen<br />
deren Haltung im Menschenrechtsrat bezüglich<br />
der Flottille und sagte: „Wir haben<br />
unser äusserstes Bedauern über diese Haltung<br />
ausgesprochen …. Wir haben eine andere<br />
Haltung von diesen Ländern erwartet, die sich<br />
als Pioniere der Freiheit ausgeben und die<br />
Menschenrechte verteidigen und so tun, als<br />
ob sie die einzigen sind, die für diese Werte<br />
und Rechte kämpfen.“<br />
Der türkische Premierminister machte Israel<br />
für das Scheitern der Friedensgespräche verantwortlich<br />
und erklärte, dass Israel Handlungen<br />
„Misstrauen“ bezüglich seines Wunsches,<br />
einen Frieden zu erzielen, auslösten.<br />
Was einen möglichen, syrisch-israelischen<br />
Friedensvertrag betrifft, so behauptet Erdogan,<br />
dass Syrien durch einen türkischen Vermittler<br />
zu den Verhandlungen zurückkehren<br />
wolle. Erdogans Vision dehnt sich auch auf<br />
die restliche Region aus. Er sagte : „Was die<br />
Türkei sich wünscht, ist die Erzielung eines<br />
Friedens und einer Stabilität im Nahen Osten,<br />
wegen ihrer Überzeugung, dass die Völker<br />
der Region nur durch diesen Weg einen respektablen<br />
Lebensunterhalt und Wohlstand<br />
erzielen werden.“ Zu diesem Zweck betonte<br />
der türkische Premierminister das Kooperationsprojekt<br />
des Quartetts zwischen Syrien, der<br />
Türkei, Libanon und Jordanien und erklärte,<br />
dass ein Fortschritt dieses Projekts Frieden,<br />
Stabilität und Wohlstand in der Region<br />
erzielen werde. Erdogan sagte, dass die Zusammenarbeit<br />
zwischen diesen vier Ländern<br />
von historischen und kulturellen Beziehungen<br />
zwischen ihren Völkern herrühre. JTA<br />
zum Kauf von hoch entwickelten Waffen, zur<br />
Ausbildung und Bezahlung ihrer Funktionäre<br />
und zur Etablierung von militärischen Positionen<br />
und deren Erhaltung in ganz Libanon<br />
verwendet worden.<br />
<strong>Die</strong> Kürzungen im Budget haben zu Spannungen<br />
zwischen der Hizbolla und ihren<br />
iranischen Gönnern geführt. <strong>Die</strong>se wurden
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
durch Meinungsverschiedenheiten zwischen<br />
der hochrangigen Hizbolla-Führung und dem<br />
Offizier des Revolutionsgarde-Corps, der zu<br />
Beginn dieses Jahres zur Überwachung der<br />
Hizbolla-Operationen zugunsten der Islamischen<br />
Republik eingesetzt wurde, noch weiter<br />
verschärft. Der Offizier ist Hossein Mahadavi,<br />
und sein offizieller Titel ist „Kommandant von<br />
Irans Übersee-Abteilung“, was in diesem Fall<br />
die Hizbolla ist.<br />
Mahadavi soll ein Büro in Beirut führen und ist<br />
ein ranghohes Mitglied der Al Quds- Truppe<br />
der Garden, die für die Übersee-Operationen<br />
des Irans verantwortlich ist. Mahadavi wurde<br />
nach Libanon entsandt, um das Vakuum zu<br />
füllen, das durch die Ermordung des hochrangigen,<br />
militärischen Kommandanten Imad<br />
Mughniyeh in Syrien entstanden ist, für dessen<br />
Mord die Gruppe Israel verantwortlich macht.<br />
Mughniyeh war auch die Haupt-Kontaktperson<br />
zwischen der libanesischen Gruppe und<br />
der Revolutionsgarde.<br />
Laut Informationen, die nach Israel gelangt<br />
sind, ist Mahadavi mit ranghohen Hizbolla-<br />
I s r a e l a k t u e l l<br />
PolItIk<br />
Nach einer hitzigen Debatte wurde<br />
das Armee-Gijur-Gesetz mit grossem Mehr<br />
verabschiedet, 74 der Knessetmitglieder, inklusive<br />
Chaim Amsalem (Schass) stimmten<br />
für das Gesetz, und nur 18 dagegen. Vor der<br />
Abstimmung sprach Knessetmitglied Rav<br />
Mosche Gafni von der „Jahadut Hatora“-<br />
Partei: „Man missbraucht also die Armee. Ich<br />
möchte wissen, warum keiner der Knessetmitglieder<br />
ein Gesetz vorschlug, dass ermöglicht,<br />
dass ein Sanitätssoldat, nachdem er einen Offizierskurs<br />
absolvierte, ein Arztdiplom erhalten<br />
kann? Weshalb kann ein Kampfingenieur kein<br />
Ingenieurdiplom erhalten? Es gibt manche,<br />
die denken, dass der Gijur eine Angelegenheit<br />
ist, die einfach so geschehen kann. Wer eine<br />
Konversion durchführen kann, ist in jeder<br />
Religion das religiöse Oberhaupt, in diesem<br />
Fall also der Oberrabbiner. Ihr möchtet das<br />
Volk teilen. Bin ich immer darüber erfreut,<br />
was im Oberrabbinat geschieht? Ich beuge<br />
aber mein Haupt und sage: „Es lohnt sich,<br />
dass ich für die Einheit des jüdischen Volkes<br />
verzichte. Ihr aber vernichtet das jüdische<br />
Volk. Schämt euch!“<br />
Viele Quartiere von Jerusalem sind<br />
im Verlauf der Jahre charedisch geworden,<br />
während jedoch die Gemeindeabläufe noch<br />
immer von den Säkularen geleitet wurden,<br />
die vor langer Zeit die Mehrheit dieser Quar-<br />
7<br />
Beamten, darunter deren Generalsekretär<br />
Scheich Hassan Nasrallah, wegen wichtigen<br />
Themen, die die Gruppe betreffen, in Konflikt<br />
geraten, die sich weigert, die Autorität des<br />
Iraners zu akzeptieren.<br />
Israel ist besorgt, dass die bevorstehende<br />
Bekanntgabe der ersten Runde von Anklagen<br />
durch das Sondertribunal der Uno für Libanon,<br />
das Hariris Tod untersucht, zu regionaler<br />
Instabilität führen könnte, je nachdem wie<br />
die Hizbolla auf die Untersuchungsergebnisse<br />
reagiert. Nasrallah hat erklärt, dass die<br />
Hizbolla nicht ruhig zusehen werde, sondern<br />
seinen hohen Funktionären erlauben werde,<br />
den Fall in eine zionistische Verschwörung<br />
umzuwandeln.<br />
<strong>Die</strong> vorherrschende Einschätzung im des<br />
nördlichen Kommandos der israelischen Armee<br />
ist, dass die Hizbolla sich zurückhalten<br />
wird, Israel anzugreifen- dies als Teil einer<br />
Anstrengung, die Aufmerksamkeit von den<br />
Ergebnissen des Tribunals abzuwenden.<br />
JTA<br />
tiere bildeten. <strong>Die</strong>se sollten eigentlich allen<br />
Einwohnern dienen, was normalerweise aber<br />
nicht zutraf. Letzte Woche fanden nun die<br />
Wahlen von fünf Gemeindeleitungen statt,<br />
an denen sich 20‘000 Personen beteiligten.<br />
In allen charedischen Quartieren wurden die<br />
charedischen Kandidaten gewählt. Zu den<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Überraschungen zählte dabei Rav N. Z. Kopoloviz,<br />
Rosch Jeschiwat Mewaksche Haschem,<br />
ein Einwohner von Arse Habira, sowie der<br />
Askan R. Joel Klopfer, ein Einwohner von<br />
Ramat Eschkol.<br />
allgemeInes<br />
Der ehemalige Bürgermeister von<br />
Tel Aviv – Jaffo, R. Mordechai Jizhari,<br />
organisierte vor fünfzehn Jahren in seinem<br />
Büro ein Mincha-Minjan. Täglich pflegten<br />
einige Angestellte zu kommen, um mit einem<br />
Minjan Mincha zu beten. Nachdem er seine<br />
Stellung verliess, beteten die Angestellten<br />
weiterhin im Sitzungszimmer des Stadthauses.<br />
<strong>Die</strong>se Woche wurde im Stadthaus nun unter<br />
Teilnahme des Oberrabbiners von Tel Aviv<br />
– Jaffo, Rav Jisrael Meir Lau schlit“a und<br />
des Bürgermeisters Ron Chuldai sowie des<br />
ehemaligen Vize- Bürgermeister Mordechai<br />
Jizhari eine herrliche Synagoge eingeweiht. In<br />
die Synagoge wurde etwa eine halbe Million<br />
Schekel investiert und auch eine Sefer Tora<br />
eingeweiht, die der Leiter der Zahlungsabteilung,<br />
Herr Malchi spendete. <strong>Die</strong> Synagoge<br />
erhielt den Namen „Malche Jisrael“. <strong>Die</strong><br />
Angestellten waren über diesen Anlass hoch<br />
erfreut. Von nun an werden sie dort auch täglich<br />
um 6.45 Uhr das Morgengebet verrichten<br />
können. Bald sollen in der neuen Synagoge<br />
auch Schiurim stattfinden.<br />
Über 80 religiöse Juden befanden sich<br />
am letzten Freitagmittag auf einem Flug von
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Genf nach Israel. Der Flug, der frühmorgens<br />
hätte abfliegen sollen, wurde aufgehalten und<br />
startete erst zur Mittagszeit. Den Passagieren<br />
wurde klar, dass sie nur wenige Minuten vor<br />
Schabbat landen würden, was einer minuziösen<br />
Organisation bedurfte. <strong>Die</strong> Flugzeug-<br />
Crew wandte sich an die israelische Flughafenbehörde,<br />
wo man mit Rav Almaliach,<br />
dem Flughafen-Rabbiner Kontakt aufnahm.<br />
<strong>Die</strong>ser setzte sogleich Chabad Chassidim in<br />
Lud in Aktion, die sofort damit begannen,<br />
für die Passagiere, die im Flughafen bleiben<br />
mussten, den Schabbat zu organisieren. Das<br />
Flugzeug landete um 15.55, etwa fünfzehn<br />
Minuten vor Schabbat-Eingang. Ein Teil der<br />
Passagiere, diejenigen mit Kleinkindern,<br />
begaben sich so schnell wie möglich nach<br />
Kfar Chabad, wo man ihnen Wohnungen<br />
zur Verfügung stellte und sie bei Familien zu<br />
Gast waren. Eine weitere Gruppe musste am<br />
Flughafen bleiben. Auch dort verbrachten sie<br />
aber einen schönen Schabbat. <strong>Die</strong> Passagiere<br />
hielten sich in einem besonderen Saal auf, den<br />
ihnen die Flughafenbehörde zur Verfügung<br />
stellte. <strong>Die</strong> Schabbat-Gebete fanden in der<br />
Flughafensynagoge statt. SAKA organisierte<br />
vor Schabbat 80 Matratzen, die in einen speziellen<br />
Saal gebracht wurde.<br />
WIrtschaft<br />
<strong>Die</strong> Organisation SAKA zog eine Lehre<br />
aus dem Waldbrand im Carmel und gründet<br />
nun eine „Lösch-Einheit“, die auf Freiwilligen<br />
beruht, die schichtweise Patrouillen in<br />
den Wäldern des Carmels und im Norden<br />
des Landes durchführt. Es handelt sich um<br />
eine erste Reaktionskette. Geländegängige<br />
Traktoren werden mit einem fortschrittlichen<br />
Löschsystem ausgerüstet sein, das in kürzester<br />
Zeit an Brandherde gelangen kann, um diese<br />
zu löschen. <strong>Die</strong> Löschtraktoren-Einheit soll<br />
nach den drei Polizeiobersten benannt werden,<br />
die beim Carmel-Unglück ums Leben<br />
kamen, während sie Menschenleben zu retten<br />
versuchten: Ahuva Tomer, Lior Boker und<br />
Jizchak Melina.<br />
DIe JüDIsche Welt<br />
Amsterdam. <strong>Die</strong> Söhne des Amsterdamer<br />
Rabbiners, Rav Refael Evers, beschlosens,<br />
nach Israel auszuwandern. Der zunehmende<br />
Antisemitismus in der Stadt und in ganz<br />
Holland lasse ihnen keine andere Wahl. „Amsterdam<br />
ist für Juden kein sicherer Ort mehr“,<br />
sagte Ben Zion Evers in einem Interview mit<br />
der <strong>Zeitung</strong> „Het Parool“. „Nicht, dass man<br />
das Haus nicht verlassen kann. Man muss sich<br />
8<br />
aber die ganze Zeit verbergen, aufpassen und<br />
gut darüber nachdenken, wohin man lieber<br />
nicht gehen sollte“. Evers erzählte, dass er in<br />
letzter Zeit sein Käppchen unter einem grossen<br />
Pelzhut verberge. Das Interview wurde<br />
in der holländischen Presse oft zitiert. Eine<br />
der <strong>Zeitung</strong>en veröffentlichte gar folgende<br />
Schlagzeile: „<strong>Die</strong> Geschichte wiederholt<br />
sich!“ Fünf von Evers’ Geschwistern haben<br />
Holland bereits verlassen, während auch er<br />
seine Koffer packt. „Sechzig Prozent der<br />
hiesigen jüdischen Gemeinde zieht weg oder<br />
beabsichtigt, wegzuziehen“, schätzt er. „Nur<br />
die Auswanderung ist für die Juden Hollands<br />
eine Lösung“. In Amsterdam gibt es zahlreiche<br />
Einwanderer aus Marokko und der Türkei,<br />
die in den letzten Jahren den Judenhass mit<br />
vermehrter Kritik am Staat Israel förderten.<br />
Washington. Der Vorsitzende der amerikanischen<br />
Agudat Jisrael, David Zwiebel,<br />
sandte US-Präsident Barack Obama im Namen<br />
der Agudat Jisrael zum neuen Jahr einen<br />
fünfseitigen Brief. In diesem fordert Zwiebel<br />
Obama auf, Jonathan Pollard freizulassen. Er<br />
schreibt: „In der Festtagsstimmung, in der der<br />
Präsident gewöhnlich Gefangene begnadigt,<br />
bitten wir um die Begnadigung von Jonathan<br />
Pollard, der sehr krank, schwach und ein<br />
gebrochener Mensch ist.“ Zwiebel erklärt<br />
in seinem Brief, dass Pollards Verbrechen<br />
zwar schwer gewesen seien, die Strafe, die er<br />
verbüsste, stehe jedoch in keinem Verhältnis<br />
dazu. Zwiebel legte dem Präsidenten eine<br />
Kopie des Briefs bei, den ihm das Kongressmitglied<br />
Bernie Frank aus Massachusetts<br />
geschickt hatte, auf dem die Unterschriften<br />
von über 30 Kongressmitgliedern aufgeführt<br />
sind, die den Präsidenten um die Begnadigung<br />
Pollards ersuchten. „Wir bestreiten Pollards<br />
Vergehen nicht, weisen aber in Anbetracht<br />
anderer Spione, die wegen ähnlicher Vergehen<br />
bestraft wurden auf die fehlende Verhältnismässigkeit<br />
der Strafe hin,“, hiess es in dem<br />
Brief der amerikanischen Kongressmitglieder<br />
an Obama unter anderem.<br />
USA. Mariosch Vadzikonsky, der schuldig<br />
gesprochen wurde, vor etwa drei Jahren<br />
Dutzende Gräber auf dem jüdischen Friedhof<br />
von Chicago geschändet zu haben, wurde<br />
vom staatlichen Gericht zu sieben Jahren Haft<br />
verurteilt. Zu Beginn seiner Verhandlung stritt<br />
Vadzikonsky seine Schuld ab und beschloss<br />
erst kürzlich, seine Tat zu gestehen. <strong>Die</strong> Anklage<br />
findet, dass die Strafe Vadzikonskys, einem<br />
polnischen Einwanderer, der seit 2004 in den<br />
USA lebt, angemessen sei. Praktisch sieht es<br />
aber so aus, als werde Vadzikonsky nur einige<br />
Monate hinter Schloss und Riegel verbringen,<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
USA. Nach vergeblichen Versuchen, die<br />
Strafe aufzuheben, begab sich der Spinker<br />
Rebbe in Begleitung von Anhängern und<br />
Chassidim ins „Port Davens“-Gefängnis<br />
von Massachusetts. Der Rebbe wurde zu<br />
drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er sich<br />
geweigert hatte, den Behörden die Namen von<br />
Steuersündern bekannt zu geben. Der Rebbe<br />
erhielt vorteilhafte Haftbedingungen, die<br />
Gefängnisbehörde gestattete ihm, anstelle der<br />
Gefängnisuniform weiterhin seine gewohnte<br />
Kleidung zu tragen. Er darf auch mit Tallit und<br />
Tefillin beten. <strong>Die</strong> amerikanische Gefängnisleitung<br />
gestattet es normalerweise nicht, dass<br />
Häftlinge Tefillin mit in ihre Zelle bringen. Der<br />
Rebbe erhielt ein Einzelzimmer, in dem sich<br />
ein Kühlschrank und ein Mikrowellengerät<br />
befinden, die gekaschert wurden. Er wird<br />
Mahlzeiten mit einem Hechscher erhalten.<br />
Der Rebbe wird beten und lernen dürfen, ohne<br />
wie die anderen Häftlinge arbeiten oder zum<br />
Appell antreten zu müssen.<br />
da seine Strafe wegen guter Führung verkürzt<br />
wird. Er befindet sich bereits seit seiner Festnahme,<br />
die vor etwa drei Jahren einige Tage<br />
nach der Tat erfolgte, im Gefängnis.<br />
Antwerpen. Ein Molotow-Cocktail wurde<br />
am Sonntagmorgen um 6.30 Uhr auf die<br />
„Kahal Chassidim“- Synagoge geworfen. Zu<br />
diesem Zeitpunkt befanden sich die ersten<br />
Beter auf ihrem Weg zum Morgengebet und<br />
bemerkten eine brennende Flaschenbombe<br />
auf dem Boden der Synagoge. Abgesehen<br />
vom versengten Boden entstand kein Schaden.<br />
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Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
VON J. ROSENBLUM<br />
Als ich in den USA aufwuchs, dachte ich nie<br />
viel über Gesetze nach, die die Leugnung<br />
des Holocausts strafbar machen. Ein solches<br />
Gesetz würde fast mit Sicherheit unter dem<br />
„First Amendment“ der US-Verfassung zu<br />
Fall gebracht werden.<br />
Solche Gesetze sind jedoch in Europa verbreitet.<br />
<strong>Die</strong> meisten Juden haben ein instinktives<br />
Verständnis für das Verbieten der Holocaust-<br />
Leugnung und empfinden Befriedigung,<br />
wenn ein europäischer Holocaust-Leugner<br />
eine Haftstrafe oder Busse erhält. Und in der<br />
Tat gibt es mindestens zwei gute Argumente<br />
zugunsten solcher Gesetze. Das erste hat mit<br />
dem speziellen Schmerz zu tun, den Opfer des<br />
Holocausts durch die Leugnung der Hölle,<br />
die sie durchmachten, und die erlebte unmenschliche<br />
Grausamkeit empfinden. Wenige<br />
von ihnen hätten sich in ihren schlimmsten<br />
Albträumen vorstellen können, dass es nur<br />
fünfzig Jahren nach ihrer Befreiung eine<br />
gesamte „Industrie“ geben würde, die sich<br />
der Leugnung ihres Leidens widmen würde.<br />
Das zwingendere Argument liegt aber in der<br />
Rolle der Holocaust-Leugnung im Arsenal<br />
der virulentesten, heutigen Antisemiten. Bis<br />
ich Professor Robert Wistrichs „A Lethal<br />
Obsession“ las, hatte ich nie voll verstanden,<br />
wie wichtig die Holocaust-Leugnung für die<br />
heutigen „Hitler Möchtegerne“ ist. Wistrich<br />
beschreibt, wie Holocaust-Leugner mit ihren<br />
Behauptungen die Flammen eines möglichen,<br />
tödlichen Antisemitismus entfachen. Für sie<br />
ist der „Holocaust-Mythus“ nur das jüngste<br />
Beispiel der jüdischen Manipulation – einer<br />
gigantischen Verschwörung, die fast die gesamte,<br />
westliche Welt einer Gehirnwäsche<br />
unterzogen habe und dazu verwendet werde,<br />
riesige Entschädigungen von den Deutschen<br />
zu fordern und um Mitgefühl für die Juden<br />
und den Staat Israel zu werben.<br />
Im Endeffekt jedoch sind Gesetze gegen die<br />
Leugnung des Holocausts wahrscheinlich eher<br />
kontraproduktiv. <strong>Die</strong> eigentliche Existenz<br />
solcher Gesetze wird von den Antisemiten<br />
als weiterer Beweis für ihre Behauptung<br />
herangezogen, dass die jüdischen Führer die<br />
europäischen Gesetzgeber in ihren Fängen<br />
haben. Noch schlimmer, sie könnten sogar<br />
die Glaubwürdigkeit für die Behauptungen<br />
der Leugner stärken. <strong>Die</strong> letzteren werden das<br />
Verbot der Holocaust-Leugnung als Beweis<br />
für die Macht ihrer Argumente anbringen.<br />
„Genau weil sie nicht widerlegt werden können“,<br />
behaupten die Leugner, „muss man ihre<br />
Ideen ausserhalb der legitimen Diskussion<br />
verbieten“.<br />
9<br />
Das mächtigste Argument gegen Gesetze,<br />
die eine Holocaust-Leugnung verbieten, hat<br />
jedoch nichts mit ihrer direkten Auswirkung<br />
zu tun. Solche Gesetze schaffen gefährliche<br />
Präzedenzfälle für andere Anstrengungen,<br />
unbequeme Diskussionen zu verbieten.<br />
Manche Gläubige der globalen Erwärmung<br />
zum Beispiel nennen ihre Gegner „Leugner“,<br />
um sie mit Holocaust-Leugnern in Verbindung<br />
zu bringen. Klassische Liberale werden durch<br />
ihre Betonung der „negativen Freiheit“, das<br />
Nichtvorhandensein von Grenzen bei Einzelnen,<br />
insbesondere in der Gedanken- oder<br />
Ausdrucksfreiheit vor der „Annahme der Unfehlbarkeit“<br />
geschützt. Wer Freiheit hinsichtlich<br />
der Selbstverwirklichung des Einzelnen,<br />
oder noch typischer der Gesamtheit, positiv<br />
empfindet, ist einer totalitären Versuchung<br />
unterstellt: <strong>Die</strong>se Selbstverwirklichung erfordert<br />
im Allgemeinen die zwingende Macht<br />
des Staats.<br />
<strong>Die</strong> totalitäre Versuchung wir bei Personen<br />
noch verstärkt, die in einem Umfeld aufgewachsen<br />
sind, in dem eine politische Meinung<br />
so dominant ist, dass es leicht ist, jemanden<br />
mit gegenteiligen Meinungen als geistig<br />
inkompetent oder moralisch verdorben zu<br />
verdächtigen,.<br />
Bezüglich keines Themas ist die Redefreiheit<br />
so gefährdet wie bezüglich des Islams und seiner<br />
Anhänger. Gemäss einer Entscheidung des<br />
Europarats, die am 28. November in Kraft trat,<br />
wird von allen Mitgliedern der EU gefordert,<br />
„Formen und Ausdrücke des Rassismus und<br />
Fremdenhasses“ strafrechtlich zu bekämpfen.<br />
Zwangsläufig werden diese Gesetze (auch)<br />
dazu verwendet werden, Kritiker des Islams<br />
und diejenigen, die vor den Gefahren der<br />
wachsenden, islamischen Bevölkerung Europas<br />
warnen, vor Gericht zu stellen.<br />
<strong>Die</strong>s wurde bereit getan. Elisabeth Sabaditsch-<br />
Wolff, eine frühere Mitarbeiterin des österreichischen<br />
Kanzlers Wolfgang Schüssel,<br />
wurde beschuldigt, in einer Rede 2009 über<br />
die „Islamisierung Europas“ „zu Hass gegen<br />
eine religiöse Gruppe“ und „Verleumdung<br />
der Religion“ aufgehetzt zu haben. Und ein<br />
Berufungsgericht in Amsterdam widerrief<br />
den Entscheid der holländischen Staatsanwaltschaft,<br />
Geert Wilders, den Leiter der<br />
Freiheitspartei, der den Koran mit „Mein<br />
Kampf“ verglich, nicht anzuklagen.<br />
Ein österreichisches Gericht auferlegte einem<br />
Pensionär sogar eine Busse, weil seine islamischen<br />
Nachbarn sich darüber beklagten,<br />
dass sein Jodeln wie der Ruf zum Gebet eines<br />
Muezzin klang und das für sie beleidigend sei.<br />
Sowohl im Fall Sabaditsch-Wolff als auch<br />
Wilders beruhten die Reden, für die sie an-<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Ist das Verbot der Holocaust-Leugnung<br />
weise?<br />
geklagt werden, vorwiegend aus Zitaten aus<br />
dem Koran und der islamischen Literatur.<br />
Wahrscheinlich waren diese Zitate tendenziös<br />
und einseitig. Sicherlich werden einige der<br />
Beispiele von Sabaditsch-Wolff bezüglich<br />
der Scharia (islamisches religiöses Gesetz)<br />
– z.B. islamischen Eltern, die ihren Töchtern<br />
das gemischte Schwimmen verbieten<br />
– von den meisten Amerikanern und allen<br />
religiösen Juden als legitime Ausübung der<br />
Religionsfreiheit betrachtet. Wenn jedoch<br />
der Kernpunkt einer Strafanzeige wegen<br />
Beleidigung des Islams auf direkten Zitaten<br />
aus islamischen Quellen besteht, dann wird<br />
die legitime Debatte über eine islamische<br />
Bedrohung für Europa blockiert.<br />
Indem sie versuchen, eine Diskussion des<br />
Islams unter der Rubrik „Bekämpfung der<br />
Islamophobie“ zu verbieten, verhelfen europäische<br />
Politiker dazu, ihre schlimmsten<br />
Albträume wahr werden zu lassen. <strong>Die</strong>se<br />
Albträume bedeuten Zusammenstösse zwischen<br />
Muslimen und eingeborenen Europäern,<br />
die empfinden, dass ihre Kultur unter dem<br />
Zustrom schlecht assimilierter Einwanderer<br />
in Gefahr ist. Das ist in der Tat möglich. Es<br />
verschlimmert aber die Gefahr, wenn man<br />
den Islam oder das Verhalten von Muslimen<br />
über jegliche Diskussion stellt, so dass sogar<br />
die Wahrheit keine Verteidigung mehr ist,.<br />
Nichts verursacht mehr Bitterkeit über das<br />
politische System, als das weit verbreitete<br />
Gefühl, dass das politische Spielfeld voreingenommen<br />
ist. Wenn Europäer sehen, dass nie<br />
Anklagen gegen lokale Imams wegen ihrer<br />
Hetze „gegen die Untreuen“ erhoben werden,<br />
oder dass das Christentum, jedoch nicht der<br />
Islam, straflos verspottet werden darf, wird<br />
ihr Zorn nur noch stärker anwachsen.<br />
Ausserdem machen Einschränkungen in der<br />
Diskussion über Themen von öffentlichem<br />
Interesse es weniger wahrscheinlich, dass<br />
angemessene Lösungen gefunden werden<br />
können. <strong>Die</strong> Sicherheit der Flughäfen in den<br />
USA ist ein gutes Beispiel dafür. <strong>Die</strong> Weigerung<br />
zuzugeben, dass potenzielle Terroristen<br />
aus einer kleinen und leicht erkennbaren<br />
Bevölkerung stammen, zwingt den Reisenden<br />
eine immense Last auf und bedeutet einen<br />
Sieg für den Terror.<br />
<strong>Die</strong> wachsende, islamische Bevölkerung in<br />
Europa, insbesondere wenn diese Bevölkerung<br />
radikaler wird, bedeutet für die europäische<br />
Zivilisation eine Bedrohung, und wenn<br />
man so tut, als ob dies nicht wahr ist, wird es<br />
die Gefahr nicht entfernen.<br />
Verbote der Holocaust-Leugnung dienen als<br />
Beispiel für die Einmischung der Regierung<br />
in die freie Gedankenwelt.
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
,una ‘p<br />
17. - 24. Tewes<br />
24. - 31. Dezember<br />
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IRG Zürich 16.20 16.20 7.30 16.05 17.35 7.15 7.15 1259/1630 1915/2000 16.25 16.25<br />
8.30 8.00 7.48 21.45<br />
Machsike Hadass ZH 16.19 16.50 9.00 16.20 17.35 8.00 7.17 16.55 17.35 16.24 16.55<br />
ICZ 16.20 16.20 9.00 16.30 17.35 8.45 7.15 18.15 16.30 16.30<br />
Bels 16.21 16.41 9.00 16.45 17.55 21.30 16.27 16.47<br />
Brunau 16.19 16.40 9.15 16.25 17.35 8.00 7.17 21.15 16.24 16.45<br />
Chabad 16.20 16.20 9.30 16.10 17.35 8.15 7.15 20.30 16.25 16.25<br />
Esra Chabad 16.20 Mar.1800 9.30 17.35 16.25 Mar.1800<br />
Gur 16.19 16.25 8.00 16.10 17.35 8.00 7.<strong>51</strong> 21.30 16.24 16.30<br />
Jeschiwa LeZe’irim 16.00 8.00 15.50 17.35 7.40 7.40 15.00 21.30 16.05<br />
Mendel-Heim 16.20 16.20 9.30 13.15 17.35 16.25 16.25<br />
Sichroin Moische 16.19 16.20 9.00 16.20 17.35 16.24 16.35<br />
Sikna 16.20 16.20 9.00 16.50 17.35 8.00 7.15 16.25 16.25<br />
Wollishofen 16.20 16.20 8.45 16.20 17.35 8.00 7.10 16.25 16.25<br />
Isr. Kultusgem. Baden 16.22 Mar.1830 9.30 17.27 16.27 Mar.1830<br />
IRG Basel 16.30 16.30 8.15 16.00 17.32 730/830 7.05 16.35 19.45 16.30 16.30<br />
IGB Basel 16.25 16.25 8.30 16.52 17.32 7.45 7.05 16.25 16.30 16.30<br />
Machsike Hadass GE 16.38 16.40 9.00 16.30 17.47 8.00 7.15 13.30 20.00 16.43 16.40<br />
Margoa Lengnau 16.20 8.30 17.35 16.25<br />
JG Luzern 16.20 16.25 8.30 16.05 17.34 7.45 7.45 16.35 16.30 16.30<br />
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Fr.<br />
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Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Melawe de Malko in Erinnerung an<br />
Re’uwen Spitzer sl.<br />
<strong>Die</strong> IRG Basel hat Mitglieder und Freunde<br />
am vergangenen Motzaie Schabbos im Kronenmattsaal<br />
in Binningegn versammelt. Bei<br />
einer festlichen Melawe deMalko wurde der<br />
zwanzigsten Jahrzeit von Morenue Re’uwen<br />
ben Elosor Elijohu haKohen, Rudolf Spitzer,<br />
gedacht. <strong>Die</strong>ser unvergessliche Parnass und<br />
Manhig der IRG Basel wurde am 10 Tewes<br />
57<strong>51</strong> (27. Dezember 1990) niftar. Ferner<br />
wurde die Gemeinde über die Bauarbeiten an<br />
der neuen Mikwe in der Schul Ahornstrasse<br />
informiert.<br />
Raw Schlomo Rosenbaum zitierte zu Beginn<br />
des Abends Raw S.R. Hirsch zum Possuk<br />
„Ein Ko’el Jeschurun“. Jeschurun, das heisst<br />
„’abweichungslos’ deiner Pflicht treu“ leben.<br />
An diesem Abend wolle die Gemeinde über<br />
Rudolf Spitzer ein Leschabeach Lechachuwim<br />
sprechen (Rambam zu Owois I,17),<br />
damit andere seinem Weg folgen.<br />
<strong>Die</strong> folgenden Redner unterstrichen auf eindrückliche<br />
Weise die Bedeutung von Herrn<br />
Re’uwen Spitzer sazal. Raw Ben-Zion Snyders,<br />
der Row der IRG<br />
Basel, verband in seiner<br />
Droscho beide Themen<br />
des Abends: Anfangs<br />
Parscho Wajechi, bevor<br />
Jaakoiw owinu Re’uwen<br />
anspricht, wählt Jaakoiw<br />
die Worte „ He’osfu“<br />
und „Hikowzu“, um die<br />
Schwotim um sich zu<br />
versammeln. Nach dem<br />
Jalkut Schimoini ist das<br />
erste Wort verwandt mit<br />
„Taharo“, mit der Reinigung<br />
durch eine Mikwe.<br />
<strong>Die</strong>se körperliche, äusserliche<br />
Reinigung sei<br />
nicht wirklich sichtbar,<br />
wie der Rambam bemerkt, gebe es keine<br />
äusserliche Veränderung des Menschen, weil<br />
sowohl Tumo als auch Taharo unsichtbar seien.<br />
Das Untertauchen in der Mikwe beinhaltet<br />
eine Andeutung zur Reinigung der Seele, sich<br />
toiweln im Mei Hada’as, in der Toiro, führe zu<br />
einer Taharas hoLew. Raw Snyders zog nun<br />
die Parallele zu Reuwen Spitzer, von 1963<br />
bis 1988 Rosch HaKohol der IRG Basel. Er<br />
war ein Zaddik al hoToiro, al hoAwoido und<br />
Gemillus Chassodim.<br />
Viele Jahre lang hat Salomon Goldschmidt<br />
mit Re’uwen Spitzer im Vorstand arbeiten<br />
dürfen. Mit fünf Stichworten beschrieb er<br />
dessen Middois Toiwois. Chessed – seine<br />
breite Unterstützung von Einzelnen und<br />
Institutionen, die Bescheidenheit machten<br />
ihm öffentliche Ehrungen verhasst. Sein<br />
Weitblick brachte ihn schnell zu realistischen<br />
und praktischen Lösungen. Herrn Spitzers<br />
Natürlichkeit und die Ahawas HaToiro waren<br />
authentisch. Innere Überzeugung und sichtbares<br />
Verhalten bildeten<br />
eine Einheit. Re’uwen<br />
Spitzer war erfolgreicher<br />
Geschäftsmann<br />
und Talmid Chochom.<br />
Er lebte vor, dass jeder<br />
nach seinen Möglichkeiten<br />
etwas le Toiwas<br />
haKlall leisten kann.<br />
Frau Mascha Spitzer, die<br />
Eisches Chail, Lehawdil<br />
bein chaim leChaim, gab<br />
ihm Kraft und Ruhe, sie<br />
war die Stütze in seinem<br />
Leben.<br />
Herr Re’uwen Spitzer<br />
war über viele Jahre<br />
hinweg dem Vater des<br />
jetzigen Rows, Raw<br />
Jaakoiw Snyders s.z.l. aufs Engste verbunden,<br />
und sie führten als „ungarisches“ Duo<br />
die IRG Basel.<br />
Nun zum zweiten Thema des Abends, dem Bau<br />
der Mikwe in der IRG Basel. <strong>Die</strong> Ansprüche<br />
an eine Mikwe haben sich im Laufe der Zeit<br />
gewandelt: Vorbei sind die Zeiten von eisigem<br />
Wasser in einem tiefen Loch. Heutigen<br />
Ansprüchen genügte die Mikwe der IRG in<br />
der Thannerstrasse in Basel nicht mehr. So benutzen<br />
Männer die Mikwe heute zunehmend<br />
täglich, was für alle einfacher wird, wenn<br />
Männer- und Frauenmikwe räumlich stärker<br />
getrennt sind. Aus diesen Gründen beschloss<br />
die IRG Basel eine zweite Mikwe zu bauen.<br />
Ein kleiner Film zeigte den Gästen den Stand<br />
der Bauarbeiten. Ausdrücklich seien hier die<br />
Herren Michoel Lang, Jizchok Feldinger und<br />
Elimelech Lemmel genannt, die in enger<br />
Zusammenarbeit mit Raw Meir Posen und<br />
den Rabbonim der Gemeinde vorbildliche<br />
Arbeit geleistet haben.<br />
Eli Rosengarten aus Zürich schilderte in<br />
knappen Worten den Werdegang seines<br />
Schwiegervaters, der nach der Jeschiwo mit<br />
18 Jahren in die Schweiz kam. Vom Kriegsausbruch<br />
überrascht, war er vom Elternhaus<br />
abgeschnitten. Er erlernte einen Beruf, gründete<br />
eine Familie und ‚lebte’ hier in Basel,<br />
weit weg von seiner ‚Heimat’, ein Leben<br />
im ‚Golus’. Wie man im Golus als Jehudi<br />
überleben könne, dies habe Jaakoiw Owinu<br />
vorgelebt. Der Tiferes Schloimo zeige mit<br />
Bezug auf „Wejechi Jaakoiw“, dass Jaakoiw<br />
das Golus vorbereitet hat, damit der Klall<br />
Jissroel darin überleben könne. Dank der<br />
Prägung durch die Toiro und das behütende<br />
Elternhaus habe Re’uwen Spitzer sich im<br />
Golus zurechtfinden können.<br />
<strong>Die</strong> Melawe de Malko wurde durch Chasonus<br />
von Ezra Lubelsky, Raw Jissochor Helman<br />
und Michoel Lang bereichert. Das im Trio<br />
gesungene Jebone Beis HoMikdosch bildete<br />
den würdigen Abschluss dieses Anlasses.<br />
Alle Teilnehmer danken der Familie Spitzer<br />
für diesen gelungenen Abend. Le’ilui nischmas<br />
wurde zuletzt ein Sefer über Halochois<br />
HoSe’udo zum Lernen am Schabbos-Tisch.<br />
DIe JüDIsche gemeInDe<br />
Zürich. Owojs Ubonim. Wir freuen<br />
uns Ihnen mitzuteilen, dass Owojs Ubonim<br />
diese Woche in der Erikastr. 8 um 19.00 Uhr<br />
beginnt.
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
13<br />
Gelungener Abend mit Tzohar<br />
Am vergangenen Sonntag fand im neugestalteten<br />
Gemeindesaal der IRG in Zürich ein<br />
Abend zu Gunsten der Tzohar-Organisation<br />
statt.<br />
Tzohar ist eine der<br />
grössten und erfolg- Raw Mordechai Grünfeld<br />
reichsten, von allen Gedolej<br />
Jisroel unterstützte<br />
Kiruv-Organisation,<br />
in Erez Jisroel.<br />
<strong>Die</strong> Organisation besitzt<br />
alle Abteilungen<br />
die für eine erfolgreiche<br />
Kiruv-Tätigkeit benötigt<br />
werden: Seminare<br />
für Jungen, Mädchen<br />
und Familien, Betreuung<br />
nach Seminaren,<br />
Chisuk-Weekends<br />
für Fortgeschrittene,<br />
B e r a t u n g s s t e l l e n ,<br />
Midraschiot für Mädchen,<br />
Jeschiwas Tora<br />
We’emuna für Jungen<br />
und Erwachsene, Zentren<br />
im ganzen Land,<br />
in welchen täglich<br />
Schiurim stattfinden,<br />
Vorträge in säkularen Schulen, Team für<br />
Kaschern der Küchen, Gratis-Telefonlinien zu<br />
Rabbonim für Fragen zum Judentum etc. etc.<br />
Hinzu kommt die Abteilung für Kiruv-<br />
Kerowim, Jungen und Mädchen, die in die<br />
gewöhnlichen Schulen ihren Ort nicht fanden<br />
und leider dadurch den Eltern und der Jiddischkeit<br />
den Rücken gekehrt haben. Durchführung<br />
von Seminare in Bejt-Jakow-Schulen, Camps<br />
in den Sommerferien etc. etc.<br />
Nach einer kurzen Einführung von Herrn S.<br />
Weinmann, der seine Eindrücke eines besuchten<br />
Tzohar-Seminars schilderte, ergriff Raw<br />
Mordechai Grünfeld, Raw in Antwerpen, das<br />
Wort. In Verbindung mit der Parscho, in der<br />
geschildert wird, was Schifroh und Pu’oh,<br />
die die jüdischen Kinder am Leben erhielten,<br />
als Lohnung bekamen, erklärte er die heutige<br />
Situation auf der Welt. <strong>Die</strong> zwei Hebammen,<br />
die ihre Tat, nicht nur aus Erbarmen sondern<br />
aus G“ttesfurcht ( Wa’tireno Ha’Mejaldot es<br />
Ho‘Elokim) ausgeführt<br />
hatten, erhielten alles<br />
was ein Mensch nur<br />
erhalten kann: Kehuno,<br />
Lewijo, und Malchus,<br />
wie Raschi zur Stelle<br />
erklärt. Das Gleiche ist<br />
heute, wer für andere<br />
Jugendliche sorgt, weil<br />
er Haschem fürchtet<br />
Raw Avichai Cohen<br />
und liebt, wird alle<br />
nur denklichen Broches<br />
erhalten.<br />
Als nächster, ergriff<br />
Reb Ahron Wind, der<br />
Messirus Nefesch-<br />
Asken von Tzohar,<br />
das Wort. In kurzen<br />
Worten erklärte er<br />
die Ziele von Tzohar.<br />
Als Attraktion des<br />
Abends, sprach Raw<br />
Avichai Cohen. Raw<br />
Cohen, der 5 Jahre<br />
lang als Offizier der Israelischen Armee, in der<br />
schwierigsten Aufgaben, die es in den letzten<br />
20 Jahren zu bewältigen gab, gedient hatte,<br />
sprach über diese Zeit und die Zeit danach. Ei-<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
gentlich hatte ihm nichts gefehlt, Popularität,<br />
Geld und grosser Ruhm, und dennoch war er<br />
unglücklich. Nach Reisen in den fernen Osten,<br />
Studieren aller Religionen, unbeantwortete<br />
Fragen seitens der jeweiligen Geistlichen, gab<br />
ihm ein buddhistischer Priester den Rat, im<br />
Judentum die Antworten auf seine unbeantworteten<br />
Fragen zu suchen. Das Judentum sei<br />
die einzige Religion die behauptet Antworten<br />
auf alle Fragen zu haben. Und so kam er nach<br />
Erez Jisroel zurück. Obwohl er nicht glauben<br />
konnte von diesen „Schwarzen“ Antworten<br />
auf seine tiefgehende Fragen zu erhalten,<br />
liess er sich überreden<br />
dem Rosch Jeschiwa<br />
von Tora We’emuna alle<br />
seine Fragen zu stellen.<br />
Nach drei Stunden war<br />
er schachmatt. Und so<br />
begann der nicht leichte<br />
Teschuwa-Prozess,<br />
denn er hatte dem Rosch<br />
Jeschiwa versprochen<br />
bei Beantwortung aller<br />
Fragen, der Wahrheit zu<br />
folgen. Acht Jahre lernte<br />
er in der Jeschiwa Tora<br />
We’emuna. Heute, hat<br />
ihm der Belser Raw schlito,<br />
verpflichtet, teilweise<br />
die Gemore zu schliessen<br />
um das jüdische Volk<br />
HKB“H zurückzubringen.<br />
In einem kurzen Film<br />
zeigte Raw Cohen Bilder<br />
seiner Vergangenheit und<br />
den Übergang zum toratreuen<br />
Judentum. In einem<br />
weiteren Film sahen die<br />
Teilnehmer die Arbeit<br />
von Tzohar.<br />
Am Schluss des Abends durften die Frauen<br />
einen sehr rührenden Film von den Kiruv-<br />
Seminaren von Frauen und Mädchen sehen.<br />
S. W.
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Raw Awraham Gerschon<br />
Kitower,<br />
Schwager des Ba’al<br />
Schem Tow<br />
Niftar am 25. Adar I 5521<br />
Raw Jonathan Eibeschütz, der zur gleichen<br />
Zeit wie Raw Gerschon Kitower lebte, beschrieb<br />
ihn mit den folgenden Worten: „Der<br />
bekannte Raw, ein Riese in Tora und ein<br />
g“ttlicher Mekubal!“<br />
Der Vater von Raw Gerschon, Raw Efrajim<br />
Kitower, war Dajan in der Stadt Brody und dort<br />
kam Raw Gerschon auch zur Welt. In dieser<br />
Stadt voller Chachamim und Zadikim wuchs<br />
der Jüngling auf und lernte, bis er in einem<br />
der vier Bate Din in der Stadt zum Oberhaupt<br />
der Dajanim ernannt wurde.<br />
Bekanntlich gehörte Raw Gerschon anfänglich<br />
zu den Gegnern seines Schwagers, des<br />
Ba’al Schem Tow. Aber nach einigen Jahren,<br />
kurz bevor sich der Ba’al Schem Tow der Welt<br />
offenbarte, wurde er zu einem seiner grössten<br />
Anhänger. <strong>Die</strong> Wendung erfolgte wegen einer<br />
schrecklichen Geschichte, die sich in der Stadt<br />
Brody ereignet hatte. Drei Rabonim begaben<br />
sich in Gefahr für den Kampf von Haschem<br />
und gingen öffentlich gegen einen der angesehensten<br />
Rosche Hakahal vor, der der ganzen<br />
Stadt Furcht einflösste. Sie erhielten danach<br />
eine spezielle Bracha vom Ba’al Schem Tow,<br />
die sich dann vollumfänglich verwirklichte.<br />
Bei den drei Zadikim handelte es sich um<br />
den ‚Noda Bijehuda’, der kurz darauf in<br />
der ganzen Welt berühmt und zum Raw von<br />
Prag gewählt wurde. Der zweite war Raw<br />
Meir Margulies, der zum Raw von Ostraha<br />
ernannt wurde, und Raw Gerschon erhielt die<br />
Bracha, dass er ‚im heiligen Land zum Nassi<br />
jeder heiligen Sache’ ernannt werden wird,<br />
was ebenfalls in Erfüllung ging.<br />
Zwischen Raw Gerschon und Raw Jecheskel<br />
Landau, dem Noda Bijehuda, bestand eine<br />
sehr enge Beziehung, die in den Schriften des<br />
Noda Bijehuda zu erkennen ist. Seine Reise<br />
nach Erez Jisrael hinterliess überall grossen<br />
Eindruck, denn an jedem Ort wurde ihm viel<br />
Ehre erwiesen. Es ist ungewiss, wann er das<br />
erste Mal nach Erez Jisrael kam. Einige meinen,<br />
Raw Gerschon sei schon im Jahr 5502<br />
zum ersten Mal für einen Besuch nach Erez<br />
Jisrael gekommen, und dies würde auch mit<br />
dem Gerücht übereinstimmen, dass er sich<br />
mit dem Or Hachajim Hakadosch traf, bevor<br />
dieser im Jahr 5503 niftar wurde. Sicher ist,<br />
dass er zwischen den Jahren 5507 – 5<strong>51</strong>3<br />
Führer der aschkenesischen Gemeinde in<br />
Chewron war.<br />
Er hatte ständig den Wunsch, in der heiligen<br />
Stadt Jeruschalajim zu wohnen, was ihm<br />
jedoch von der ottomanischen Regierung<br />
verweigert wurde. Damals war es allen Aschkenasim<br />
verboten, in der Stadt Jeruschalajim<br />
14<br />
zu wohnen, da die Schüler von Rabbi Jehuda<br />
Hachassid, die ebenfalls Aschkenasim gewesen<br />
waren, im Jahr 5481 eine grosse Schuld<br />
bei der Stadtbehörde nicht bezahlt hatten. Auf<br />
Umwegen gelang es Raw Gerschon jedoch im<br />
Jahr 5<strong>51</strong>3, in die heilige Stadt zu gelangen<br />
und sich dort niederzulassen.<br />
Der ‚Pri Megadim’ schreibt (Orach Chajim<br />
561.1): „Ich hörte von meinem Vater, dem<br />
Raw, der es im Namen des Chassid Rabbi<br />
Gerschon Kitower sagte, dass er nach Jeruschalajim<br />
gekommen war und gesehen hatte,<br />
wie die Völker dort ruhig und in Frieden<br />
wohnten. Er weinte und sagte, dass das im<br />
Passuk steht: „Als ich die ganze Stadt sah,<br />
wie sie vollständig aufgebaut ist“. Damit ist<br />
Jeruschalajim auf dieser Welt gemeint, während<br />
„die Stadt von G“tt erniedrigt ist“, damit<br />
meint man Jeruschalajim auf der oberen Welt,<br />
und dort kann die Zerstörung erkannt werden!“<br />
Raw Gerschon hatte sehr tiefgehende Gefühle,<br />
wie auch im Sefer ‚Chibat Jeruschalajim’ festgehalten<br />
wird: „Ich habe über Raw Gerschon<br />
Kitower gehört, dass er jeweils beim Rezitieren<br />
der Kinot bei der Kotel Hama’arawi aus<br />
Trauer einige Male in Ohnmacht fiel, so dass<br />
es schwer war, ihn aus seiner Bewusstlosigkeit<br />
heraus zu holen.“<br />
Er lernte in der Jeschiwa der Mekubalim<br />
Bet-El, die durch Raw Gedalja Chajun im<br />
Jahr 5497 gegründet worden war. Er hatte<br />
ein aussergewöhnlich gutes Verhältnis zum<br />
‚Raschasch’, Raw Schalom Scharabi, der<br />
nach dem Tod von Raw Gedalja im Jahr 5<strong>51</strong>1<br />
zum Rosch Jeschiwa ernannt wurde. Während<br />
derselben Zeit lernten in dieser Jeschiwa auch<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
.rtc rat ohase<br />
Raw Chajim Dela Rosa, Raw Jom Tow Algasi<br />
und der Chida.<br />
Einst geschah es, dass der Raschasch der Öffentlichkeit<br />
einen Fasttag auferlegte, nachdem<br />
lange Zeit kein Regen gefallen war. Er wandte<br />
sich an Raw Gerschon Kitower mit der Bitte,<br />
dass er an jenem Morgen vorbeten solle. Der<br />
Minhag war, dass der Schliach Zibbur vor dem<br />
Dawenen vor dem Gebet eine Mussarrede hielt<br />
und Raw Gerschon bereitete sich während<br />
der Nacht darauf vor. Am Morgen realisierte<br />
er aber, dass er heiser war und schickte deshalb<br />
seinen Sohn zu Raw Schalom Scharabi,<br />
um ihm mitzuteilen, dass er leider nicht als<br />
Schliach Zibbur dienen könne.<br />
Als sie zu ‚As Jaschir’ kamen, hörte der<br />
Raschasch, dass die Stimme von Rabbi Gerschon<br />
wieder zurückgekommen war. Gleich<br />
nach der stillen Schemone Essre schickte<br />
der Raschasch Raw Gerschon wieder zum<br />
Vorbeterpult. Er gehorchte dem Rosch<br />
Jeschiwa, dawente die Wiederholung der<br />
Schemone Essre und begann mit dem Sagen<br />
der Selichot. Gleich nach dem Beginn der<br />
Selichot verliess er jedoch das Vorbeterpult<br />
und kehrte an seinen Platz zurück, während<br />
jemand anderer die Selichot zu Ende sagte.<br />
Als der Raschasch Raw Gerschon Kitower<br />
nach dem Dawenen um eine Erklärung bat,<br />
sagte er ihm: „Bei der Einleitung zu den<br />
Selichot sah ich, dass die Tefilla mir sehr<br />
geläufig ist, und verstand, dass es gleich zu<br />
regnen beginnen würde, falls ich die Selichot<br />
sage. Ich fürchtete mich vor Hochmut, denn<br />
die Gemeinde würde meinen, dass ich mit<br />
meiner Tefilla den Regen brachte. Ich wollte<br />
deshalb die Tefilla nicht fortsetzen. Ich weiss<br />
aber, dass in es in einigen Tagen regnen wird.“<br />
So geschah es dann auch.<br />
Ria-BOdenBeLÄGe<br />
Seefeldstrasse 175 - 8008 Zürich<br />
Tel. 044 382 30 30 Fax 044 382 31 31
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
VON RAV YISROEL REISMAN<br />
Wir verstehen den Ausdruck Galut normalerweise<br />
als das nationale Exil des Klall Jisrael,<br />
in dem wir gezwungen sind, von Land zu Land<br />
und von Kontinent zu Kontinent zu wandern,<br />
um für die Sünden zu büssen, die die Zerstörung<br />
des Bet Hamikdasch verursacht haben.<br />
Es gibt aber eine andere Form des Galut -<br />
eine persönliche Form des Exils. In früheren<br />
Generationen pflegten die grössten Zaddikim<br />
ihr Zuhause und ihre Städte zu verlassen, um<br />
inkognito von Stadt zu Stadt zu wandern. In<br />
Jiddisch wurde dies „Galut praven“ genannt.<br />
„Praven“ ist ein Ausdruck, der<br />
schwer zu übersetzen ist. <strong>Die</strong><br />
wörtliche Übersetzung wäre<br />
„praktizieren“ oder „beachten“,<br />
wie das Beachten eines Brauchs,<br />
aber „praven“ bedeutet viel mehr<br />
als das. Wenn ein Rebbe „einen<br />
Tisch pravet“, isst er nicht eine<br />
gewöhnliche Mahlzeit in der<br />
Gesellschaft von Hunderten oder<br />
Tausenden von Chassidim. Ein<br />
„Tisch“ ist voller Bedeutung.<br />
„Praven“ wird in diesem Sinn<br />
verwendet - etwas mit Intensität<br />
praktizieren. Auf ähnliche Weise<br />
verstehen wir, wenn jemand<br />
Galut „praven“ sollte, dass dies<br />
sich auf eine Handlung bezieht,<br />
die voller tiefer und aussergewöhnlicher<br />
– sogar mystischer<br />
– Bedeutung ist.<br />
<strong>Die</strong>ses persönliche Galut ist eine<br />
Erfahrung. Zaddikim, die ins<br />
Galut gingen, schrieben darüber<br />
normalerweise nichts, und da sie<br />
inkognito reisten, sind nur sehr<br />
wenige Geschichten über ihre<br />
Reisen aufgezeichnet worden.<br />
Eine Ausnahme ist Rabbi Moshe<br />
Cordovero, ein Kabbalist, der<br />
während der Ära des Arisal in<br />
Zefat lebte. Er schrieb eine Broschüre, in der<br />
er über sein persönliches Galut erzählte, das<br />
etwa 1548 (5308) stattfand.<br />
Der Remak erwähnt auch den Minhag des<br />
freiwilligen Galuts in seinem berühmten Sefer<br />
„Tomer Dewora“ und führt die Praxis auf die<br />
Lehre des Sohar zurück, dass ein Mensch<br />
„leschem Schamajim“ ins Exil gehen sollte.<br />
Er fügt hinzu, dass der Autor des Sohar, Rabbi<br />
Schimon bar Jochai, selbst ein persönliches<br />
Galut praktizierte, das geheimnisumhüllt ist.<br />
<strong>Die</strong> Praxis des freiwilligen Galuts wird auch<br />
von Rambam (Hilchot Teschuwa 2:4) erwähnt,<br />
der schreibt, dass damit die Sünden eines<br />
Menschen gesühnt werden. Einige Meforschim<br />
schreiben, dass der Rambam sich auf<br />
einen Mensch bezieht, der sich aus seiner<br />
15<br />
Galut und Ge‘ula<br />
Heimatstadt entwurzelt und anderswohin<br />
zieht (was schwer genug sein kann); andere<br />
jedoch meinen, dass er sich auf die Erfahrung<br />
des Wanderns von einem Platz zum andern<br />
bezieht: „Galut praven“.<br />
Obwohl der Begriff des Galut-Pravens heute<br />
nicht sehr bekannt ist, existierte er bei jüdischen<br />
Gemeinden. Viele chassidischen Rebbes<br />
nahmen die Praxis des „Galut Praven“ auf<br />
sich. Es gibt viele Geschichten über das Galut<br />
des Baal Schem Tow, und viele Legenden über<br />
das Galut der Brüder Rabbi Elimelech von<br />
Lizhensk und Rabbi Susche von Anipoli. Auch<br />
litwische Gedolim haben „Galut gepravet“.<br />
Der Gaon von Wilna ging ins Galut, nicht lang<br />
nachdem er geheiratet hatte. Er zog während<br />
fünf Jahren durch Europa. Sein Galut führte<br />
ihn bis nach Berlin, wo er die Gelegenheit<br />
hatte, viele Original-Dokumente zu studieren.<br />
Der Gaon war mit einem phänomenalen<br />
Gedächtnis gebenscht, und er prägte sich jede<br />
Nuance der Texte ein. Als er später nach Wilna<br />
zurückkehrte, verwendete er dieses Wissen,<br />
um beim Verständnis der Textes des Talmuds<br />
behilflich zu sein.<br />
Warum Galut?<br />
Wir können uns kaum vorstellen, wie schwierig<br />
es gewesen sein muss, Galut zu „praven“.<br />
<strong>Die</strong>se grossen Zaddikim waren unterwegs<br />
- ohne Mobiltelefone, ohne irgendwelches<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Mittel der Kommunikation mit ihren Familien<br />
und ohne Kreditkarten. Sie nahmen das bare<br />
Minimum an Vorräten für ihr Überleben mit.<br />
<strong>Die</strong> Transportmittel waren primitiv, unverlässlich<br />
und unbequem. Das „Galut-Praven“<br />
war nicht nur eine physische Qual, es stellte<br />
auch Herausforderungen an die Einhaltung der<br />
Mizwot. Während seiner Jahre im Exil blieb<br />
der Wilnaer Gaon einst am Purim zwischen<br />
zwei Städten stecken. Er beauftragte einen<br />
Wagenführer, ihn in ein jüdisches Dorf zu<br />
bringen, aber sie trafen spät in der Nacht<br />
ein, lange nach der Zeit für Kriat Megilla.<br />
Der Wilnaer Gaon musste zehn Leute auf-<br />
wecken und sie dafür bezahlen, sich seinem<br />
Megilla-Leinen anzuschliessen. (Obwohl es<br />
halachisch nicht zwingend vorgeschrieben<br />
ist, die Megilla am Purim mit einem Minjan<br />
zu leinen, ist es die angemessenste Methode,<br />
die Mizwa zu erfüllen).<br />
Überlegen wir uns! Der Wilnaer verpasste<br />
beinahe das Leinen der Megilla am Purim!<br />
Im Lauf seiner Wanderungen verpasste der<br />
Wilnaer Gaon sicherlich Kriat Hatora an<br />
Tagen, als er es nicht in eine Stadt mit einer<br />
jüdischen Gemeinde schaffte. Seine Reisen<br />
müssen ihn daran gehindert haben, so fleissig<br />
Tora zu lernen, wie er dies in Wilna getan hätte.<br />
Wenn wir über die Schwierigkeiten und Gefahren<br />
nachdenken, denen er ausgesetzt war,<br />
stellt sich die Frage „Warum?“
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Welcher grosse <strong>Die</strong>nst an Haschem wird<br />
durch das „Praven“ von Galut erreicht, der<br />
dieses enorme Opfer lohnenswert machen<br />
würde? Welche hohen Madregot erzielten<br />
die Zaddikim durch ihre Reisen, und warum<br />
konnten sie die gleichen Vorteile nicht in ihren<br />
Häusern erzielen?<br />
Ich glaube nicht, dass irgendjemand in unserer<br />
Generation fähig ist, Galut richtig zu<br />
„praven“. Sogar in den früheren Generationen<br />
wurde Galut nur von einer kleinen Gruppe<br />
auserwählter Personen praktiziert, die durch<br />
ihr Galut ein hohes Niveau erreichen konnten.<br />
Man kann jedoch viel gewinnen, wenn man<br />
dieses Thema studiert, sogar wenn wir es<br />
nicht in praktischer Weise umsetzen können.<br />
Drei Erklärungen<br />
Wir finden drei Erklärungen für die Praxis<br />
eines persönlichen Galuts. Alle drei basieren<br />
auf der Tatsache, dass Galut Demut erzeugt.<br />
Wir sind alle selbstbewusster, wenn wir uns<br />
in einem bekannten Milieu befinden. Ein<br />
Mensch fühlt sich in einem unbekannten<br />
Umfeld weniger komfortabel. Das demütigt<br />
den Menschen. Galut hilft einem Mensch, sich<br />
demütig zu verhalten; es entwickelt somit die<br />
Eigenschaft der Bescheidenheit. Ausserdem<br />
steht ein Mensch, der während längerer Zeit<br />
als Fremder lebt, ohne Unterstützung von<br />
Familie und Freunden, alleine vor Hakadosch<br />
Baruch Hu. Er reist buchstäblich mit Haschem.<br />
Vorteil Nr. 1 - Bitachon: Der „Orchos<br />
Zaddikim“ (Schaar Hasimcha Bitachon<br />
Haschlischi) schreibt, dass das Galut es einem<br />
Menschen ermöglicht, das Bitachon in<br />
Haschem aufzubauen.<br />
Stellen Sie sich vor, Hunderte von Kilometern<br />
zu reisen, mit nichts anderem als Ihrem<br />
Pyjama und einer Zahnbürste. Sehen Sie<br />
sich als Wanderer, der von einem Platz zum<br />
anderen zieht, ohne eine Menschenseele zu<br />
kennen. Wenn Sie alleine mit Haschem sind,<br />
ohne die Menschen, auf die Sie sich normalerweise<br />
für ihre materielle und emotionale<br />
Unterstützung verlassen, lernen Sie, sich nur<br />
auf Ihn zu verlassen.<br />
Nach einer Weile wird dies zu Ihrer normalen<br />
Lebensweise. Wenn Sie nach Hause zurückkehren,<br />
werden Sie weiterhin Ihr Vertrauen<br />
in Ihn setzen.<br />
Warum befindet sich diese Lehre im Schaar<br />
Hasimcha (Tor der Freude)? Der „Orchos<br />
Zaddikim“ lehrt, dass ein Mensch in einem<br />
grossen Mass Zufriedenheit erlangen kann,<br />
wenn er sich darin schult, sich nur auf Haschem<br />
zu verlassen. Ein Mensch, der sich<br />
auf andere Menschen verlässt, wird wahrscheinlich<br />
irgendwann enttäuscht werden,<br />
denn Menschen sind begrenzt. Sie können<br />
nur soweit helfen, wie Haschem es ihnen<br />
erlaubt. Es gibt Ereignisse im Leben, die<br />
nicht so verlaufen, wie ein Mensch es gerne<br />
haben würde, und auch Freunde und Familie<br />
16<br />
können nicht helfen. In solchen Zeiten kann<br />
nur der Glaube an Haschem den Mensch vor<br />
Niedergeschlagenheit retten.<br />
Wenn wir uns erzogen haben, die führende<br />
Hand von Haschem zu erkennen, können<br />
wir unter allen Umständen Zufriedenheit und<br />
Freude erreichen.<br />
Vorteil Nr. 2 - Besiegen des Zorns: Raw Zadok<br />
Hakohen von Lublin (Zidkas Hazaddik 80)<br />
erklärt das „Galut-Praven“ mit einer zweiten<br />
Erkenntnis. Das Galut hat einen sehr praktischen<br />
Vorteil: es hilft dem Menschen, seinen<br />
Zorn zu überwinden.<br />
Warum werden Leute zornig? Gibt es dafür<br />
einen Grund? Natürlich nicht; der Zorn ist eine<br />
Reaktion des Gefühls, nicht des Intellekts. Der<br />
Zorn nützt der erzürnten Person nie, und ist<br />
sicherlich kein wirksames Mittel, um positive<br />
Resultate zu erzielen.<br />
Menschen werden zornig, weil sie die Kontrolle<br />
verlieren. Wer im unbekannten Umfeld<br />
Galut pravet, fühlt sich unsicher und weiss<br />
nicht, wo er in der nächsten Nacht schlafen<br />
wird. Er hat keine Ahnung, wie er ins nächste<br />
Dorf kommen, und wo seine nächste Mahlzeit<br />
herkommen wird. Solch eine Person kann sich<br />
den Luxus eines Jähzornsanfalls nicht leisten.<br />
Der Rambam schreibt, dass der Zorn weitgehend<br />
ein Nebenprodukt von Arroganz ist.<br />
Ein Mensch, der das Gefühl hat, dass er es<br />
„verdient“, dass alles für ihn getan wird, wird<br />
zornig werden, wenn Familie und Freunde<br />
sich nicht daran halten.<br />
Wenn ein Mensch durch seine Unfähigkeit,<br />
sich um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern,<br />
demütig wird, erkennt er seine ständige<br />
Abhängigkeit von Haschem und lernt, Gefühle<br />
des Zorns zu unterdrücken und letztlich zu<br />
besiegen.<br />
Vorteil Nr. 3 - Ein Ruheplatz für die Schechina<br />
werden. Erwartungsgemäss schreibt der<br />
Tomer Devora (Kapitel 9) über das Galut in<br />
kabbalistischen Ausdrücken. Er zitiert den<br />
Sohar, dass man G“tt zuliebe von Platz zu Platz<br />
wandern sollte, „und somit ein Triumphwagen<br />
werden sollte, auf dem die Schechina - die<br />
zusammen mit Klall Jisrael im Exil ist - ruhen<br />
kann“. Er fügt hinzu, dass ein Mensch, der ins<br />
Galut geht, denken sollte: „Ich befinde mich<br />
im Galut; und die Schechina ist im Galut. Ich<br />
bin vom Glück begünstigt, die grundsätzlichen<br />
Mittel, die ich benötige, bei mir zu haben,<br />
aber die Schechina hat nicht einmal ihre<br />
minimalsten Bedürfnisse gedeckt.“<br />
Natürlich wollen diese Gedolim damit nicht<br />
sagen, dass wir alle ein freiwilliges Galut auf<br />
uns nehmen sollten. Aber wir versuchen, die<br />
Praxis von grossen Juden zu verstehen, die<br />
ins Galut gingen, um sich Hakadosch Baruch<br />
näher zu fühlen, an ihrem Bitachon zu arbeiten<br />
und glücklichere Menschen zu werden;<br />
die daran arbeiteten, nicht zornig zu werden<br />
und bescheiden zu bleiben, den Kummer zu<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
spüren, den die Schechina in ihrem Exil fühlt.<br />
Es scheint nach all diesen Erklärungen, als ob<br />
Galut keine Erfahrung ist, die uns gewöhnlichem<br />
Volk zur Verfügung steht. Oder doch?<br />
Praven Galut in Hong Kong<br />
In seinem aussergewöhnlichen Sefer bietet der<br />
„Pele Joez“, Rabbi Eliezer Papo, Ratschläge<br />
für alle Zeiten an. Obwohl er dieses Werk im<br />
19. Jahrhundert schrieb, ist ein grosser Teil<br />
seiner Ratschläge auch heute auffallend relevant.<br />
Er riet zum Beispiel, dass ein Mensch,<br />
der einen Voranschlag für die Renovation<br />
seines Hauses erhält, den Betrag verdoppeln<br />
sollte, bevor die Arbeiten begonnen werden.<br />
Es scheint, dass Bauunternehmer sich über<br />
die Jahre nicht verändert haben.<br />
Ist das Praven von Galut nichts für uns gewöhnliche<br />
Leute?<br />
Der „Pele Joez“ gibt uns zwei wichtige Ratschläge,<br />
die es uns ermöglichen können, diese<br />
Erfahrung zu verstehen.<br />
Es gibt Situationen, in denen ein Mensch aus<br />
dem einen oder anderen Grund das Zuhause<br />
verlassen muss. Manche Leute reisen in ein<br />
anderes Land, um Tora zu lernen; andere<br />
reisen fürs Geschäft oder wegen familiärer<br />
Verpflichtungen. Wenn man aus irgendeinem<br />
Grund reisen muss, schreibt der Pele Joez,<br />
solle man sagen, dass „diese Reise eine Erfahrung<br />
des „Pravens von Galut“ sein soll“.<br />
Sicher, Sie haben diese Reise aus persönlichen<br />
Gründen geplant. Sie hoffen das zu erreichen,<br />
was Sie sich vorgenommen haben. Der Pele<br />
Joez empfiehlt jedoch, dass Sie nicht vergessen<br />
sollten, dass ein himmlischer Erlass<br />
von Ihnen verlangt hat, die Bequemlichkeit<br />
Ihres Zuhauses zu verlassen, also sollten Sie<br />
beabsichtigen, dass Ihre Reise für Ihre Sünden<br />
sühnen solle.<br />
„Sorge aber dafür“, warnt der Pele Joez,<br />
„dass du dich vor unangemessenem Verhalten<br />
hütest.“<br />
Eine Geschäftsreise ist ein Nissajon (eine<br />
Herausforderung). Das Judentum existiert<br />
„bechabura“ – mit der Unterstützung und<br />
Freundschaft einer Gemeinschaft. Wir benötigen<br />
Minjanim, Chawrutot und Schuls,<br />
in denen wir dawenen, wir benötigen einen<br />
verlässlichen Kaschrut-Hechscher – nichts<br />
davon steht zur Verfügung, wenn man sich in<br />
einer weit entlegenen Stadt befindet. Leute,<br />
die für geschäftliche Zwecke reisen, müssen<br />
oft in ihren Hotelzimmern dawenen, oder sich<br />
aus Sitzungen hinausschleichen, um Mincha<br />
zu dawenen. Der „wandernde Jude“ findet<br />
sich in einem Supermarkt wieder, wo er die<br />
winzigen Buchstaben auf jedem Päckchen<br />
studiert und hofft, dass er etwas mit einem<br />
Hechscher finden wird. Der Mensch fühlt<br />
sich einsam, wenn er reist.<br />
Ein Freund erzählte mir einst, dass er sich<br />
mit einer Gruppe von Juden in Hongkong<br />
befunden habe und dass sie in ihrem Hotel<br />
ein Minjan zusammenstellen konnten. Am
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Freitagabend warf jemand einen Blick in<br />
ihre provisorische Schul, sah die Gruppe<br />
und verschwand. Einige Minuten später war<br />
er wieder da, diesmal mit einem Bekischen<br />
und Streimel, königlich aussehend. Was war<br />
geschehen? Er hatte die Leute im Minjan<br />
genauer angeschaut, um sicher zu sein, dass<br />
er sich in seiner eindeutig chassidischen<br />
Kleidung wohl fühlen würde.<br />
Überlegen Sie sich<br />
das! 99% der Leute<br />
im Hotel waren<br />
keine Juden. Sie<br />
würden ihn immer<br />
noch als seltsam<br />
anschauen. Weil er<br />
jedoch sein Minjan<br />
von Achenu Bne<br />
Jisrael hatte, machte<br />
es ihm nichts<br />
mehr aus. Allein<br />
sind wir schwach,<br />
verletzlich und<br />
befangen. Zusammen<br />
sind wir stark.<br />
Man kann sich<br />
schwach fühlen,<br />
sagt der Pele Joez,<br />
aber man hat eine<br />
ausgezeichnete<br />
Gelegenheit, Haschem<br />
nahe zu<br />
kommen. Wenn<br />
das Flugzeug die<br />
Landebahn hinunterrollt,<br />
sagen<br />
Sie zu sich selbst:<br />
„Ich beginne mein „Galut“. Ähnlich wie der<br />
Wilna Gaon.“ Oder, wenn Sie chassidisch sind,<br />
können Sie sagen: „Ich bin wie die Brüder<br />
Reb Elimelech und Reb Sische.“ Der Pele<br />
Joez empfiehlt sogar, eine verbale Erklärung<br />
zu machen, dass man jetzt ins Galut geht.<br />
Nehmen Sie das Ziel auf sich, Haschems<br />
Anwesenheit in einer fremden Umgebung zu<br />
spüren, wo Ihr gewohntes Unterstützungssystem<br />
nicht existiert.<br />
Ein Gerrer Chassid kam zum Chidduschei<br />
Harim (dem Gerrer Rebbe im Vorkriegspolen),<br />
um dem Rebbe zu sagen, dass geschäftliche<br />
Verpflichtungen ihn für einige Wochen nach<br />
Paris führen würden. „Ich habe gehört, dass<br />
es in Paris aussergewöhnliche Zigarren gibt“,<br />
antwortete der Rebbe. „Wenn du dort bist,<br />
suche die besten Zigarren, die man dort finden<br />
kann, und bringe mir eine Schachtel davon.“<br />
Der Chassid war verwundert über die seltsame<br />
Bitte, verabschiedete sich jedoch vom Rebben<br />
und begann seine Reise.<br />
Drei Wochen später kehrte der Chassid mit<br />
einer Schachtel Zigarren aus Belgien zum<br />
Rebben zurück. „Rebbe“, erklärte er, „ich war<br />
in Paris so beschäftigt, dass ich die Zigarren<br />
gänzlich vergass. Ich erinnerte mich jedoch<br />
während der Heimreise im Zug daran und<br />
Foto: Yehuda Boltshauser/Kuvien Images<br />
17<br />
hielt in Belgien an und kaufte eine Schachtel<br />
Zigarren. Ich versichere dem Rebben, dass sie<br />
so besonders Qualität haben wie alles, das ich<br />
in Paris hätte finden können.“<br />
Der Chidduschei Harim drückte seine Enttäuschung<br />
aus. „Glaubst du denn, dass ich deine<br />
Zigarren benötige? Ich hatte gehofft, dass<br />
du während den drei Wochen in Paris meine<br />
Zigarren suchen würdest. So würdest du nicht<br />
vergessen haben, dass du einen Rebben hast.“<br />
Schacharit in Texas: Zu Haschem<br />
dawenen<br />
Was tut ein Geschäftsmann, wenn er sich in<br />
einer entfernten Stadt befindet und es kein<br />
Minjan gibt? Er erkundigt sich über die Zeit<br />
des lokalen Sonnenaufgangs und er dawent<br />
kewassikin. (Laut vielen Poskim ist das Dawenen<br />
kewassikin dem Dawenen mit einem<br />
Minjan gleichgestellt.)<br />
Ich befand mich für eine Chassene in Los<br />
Angeles und nahm den Nachtflug zurück nach<br />
New York. Haschem hat mich mit der Fähigkeit<br />
gebenscht, in einem Flugzeug schlafen<br />
zu können. Sobald ich mich in meinem Sitz<br />
bequem gemacht hatte, fiel ich in einen tiefen<br />
Schlaf. Mitten im Schlaf weckte uns der Pilot<br />
mit enttäuschenden Nachrichten: wir hatten<br />
Triebwerksstörungen und wir würden in einer<br />
kleinen Stadt in Texas, von der ich noch nie<br />
gehört hatte, eine Notlandung machen müssen.<br />
Ich hatte ursprünglich geplant, in New York<br />
zu dawenen, aber wir würden eine Weile<br />
verspätet sein, also hatte ich keine andere<br />
Wahl, als in Texas zu dawenen.<br />
Ich hatte keine Ahnung, wann in Texas Sonnenaufgang<br />
war. Ich dachte mir, dass ich die<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Zeit des Sonnenaufgangs herausfinden könnte,<br />
falls ich eine lokale <strong>Zeitung</strong> finde. Ich wanderte<br />
durch den Flughafen auf der Suche nach<br />
einem <strong>Zeitung</strong>skiosk. Aber es war drei Uhr<br />
morgens. Keine Seele in Sicht – und sicher<br />
kein offener Kiosk. Da ich keine andere Wahl<br />
hatte, begann ich, die Abfalleimer zu durchsuchen,<br />
in der Hoffnung, eine weggeworfene<br />
<strong>Zeitung</strong> zu finden. Zu meinem Verdruss hatte<br />
jeder Abfalleimer einen sauberen – und leeren<br />
– Kehrichtsack.<br />
Ich begann, schneller zu gehen und hoffte, den<br />
Mensch zu finden, der den Abfall wegräumte.<br />
Ich erreichte das andere Ende des Flughafens,<br />
und keine einzige <strong>Zeitung</strong> war zu finden.<br />
Dann ging ich zum Gate zurück, wo die anderen<br />
Passagiere warteten, und begann mich<br />
zu erkundigen: „Weiss jemand, wann hier<br />
Sonnenaufgang ist?“<br />
Heute bin ich überzeugt, dass jemand ein<br />
drahtloses Gerät hervorziehen und die<br />
gewünschte Information innert Sekunden<br />
produzieren würde. Aber diese Geschichte<br />
geschah vor mehreren Jahren, und niemand<br />
wusste, wann der Sonnenaufgang war. Ich<br />
hatte keine andere Wahl, als eine ruhige Ecke<br />
im Flughafen zu finden (von denen es viele<br />
gab) und die Zeit des Dawenens zu schätzen.<br />
Dort stand ich also und zog inmitten von<br />
Nirgendwo meinen Tallis und meine Tefillin<br />
an und lernte etwas Neues: Wenn man sich in<br />
irgendeiner kleinen Stadt in Texas befindet,<br />
ohne ein anderes Käppchen in Sicht, dawent<br />
man mit grösserer Intensität zu Hakadosch<br />
Baruch Hu. Man fühlt die Anwesenheit<br />
des Schöpfers gerade neben sich, und man<br />
fühlt sich Ihm nahe. Es war eine gewaltige
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Erfahrung.<br />
Es kann schwierig sein. <strong>Die</strong> Leute starren<br />
einen an, wenn man sich in seinen Tallit hüllt<br />
und die Tefillin auf dem Arm und dem Kopf<br />
anbringt, und sie fragen sich, ob der Stress<br />
der Verspätung meinen Geisteszustand beeinträchtigt<br />
hat. Dann kommen sie auf einen zu<br />
und fragen: „Was machen Sie hier?“, und man<br />
antwortet: „Mmmmm, uh, uh-uh“, während<br />
man mit den Händen gestikuliert, um ihnen<br />
zu zeigen, dass man nicht reden kann. Sie<br />
wenden sich ab und sind überzeugt, dass man<br />
blöde, oder blöd ist. Es ist schwierig, aber<br />
wenn man die einzigartige Herausforderung<br />
und Gelegenheit schätzt, die man erhalten hat,<br />
kann man sich mit einem grossartigen Gefühl<br />
von Freude und Erfüllung mit Haschem verbinden.<br />
Man „pravet Galut“.<br />
Kein Gepäck? Wie der Wilnaer Gaon!<br />
Im Lauf seiner Reisen bat der Wilnaer Gaon<br />
einst seinen nichtjüdischen Kutscher, an- anzuhalten,<br />
damit er dawenen könne. Während<br />
er Schemona Esre dawente, trieb der Kutscher<br />
das Pferd an, verschwand in einer Wolke von<br />
Staub und nahm die dürftigen Habseligkeiten<br />
des Gaons mit sich. Er blieb mit nichts zurück.<br />
Nichts ausser seiner Schemona Esre.<br />
Denken Sie über diese Geschichte nach, wenn<br />
Sie nächstes Mal reisen. Sie könnten auch eine<br />
Gelegenheit haben, Galut zu praven, wie der<br />
Wilnaer Gaon es tat. Sie landen vielleicht in<br />
einem Flughafen und warten darauf, dass Ihr<br />
Gepäck auf dem Gepäckrollband erscheint.<br />
Sie folgen den Koffern mit den Augen, während<br />
diese sich auf dem Karussell drehen,<br />
bis Ihr Hals Ihnen weh tut. Wenn dann das<br />
letzte Gepäckstück entfernt worden ist und<br />
Ihr abgenutzter Koffer nirgends in Sicht ist,<br />
schleppen Sie sich durch endlose Korridore<br />
bis zum Fundbüro. Man sagt Ihnen, dass Ihr<br />
Gepäck nach Omaha gereist ist. Sie sind aber<br />
nicht in Omaha.<br />
Wie werden Sie reagieren? Werden Sie zornig<br />
werden? Nein, Sie werden sagen: „Aha, so<br />
etwas ist auch dem Wilnaer Gaon geschehen.<br />
Ich prave Galut genau so wie er.“<br />
Jetzt beginnen wir, uns mit dem Schöpfer zu<br />
identifizieren. <strong>Die</strong> Fluggesellschaft kann alles<br />
von Ihnen wegnehmen, aber Ihre Beziehung<br />
zu Haschem bleibt Ihnen.<br />
Hier kommt nun der Rat des Pele Joez zur<br />
Anwendung. Sie werden nicht nur über die<br />
Tatsache nachdenken, dass Sie sich im Galut<br />
befinden. Sie sollen sich sagen: „Ich bin im<br />
Galut, und ich will, dass die Schechina auf<br />
mir ruht. Ich will ein Ruheort für die g“ttliche<br />
Präsenz sein.“<br />
Statt sich durch Ihre Hilflosigkeit und Abhängigkeit<br />
gedemütigt zu fühlen, werden<br />
Sie es als Weg betrachten, sich mit Haschem<br />
zu verbinden.<br />
Ein Jehudi bleibt nicht stecken<br />
Es gibt eine Geschichte über zwei Chassidim,<br />
18<br />
die sich auf die Reise begaben, um die Jamim<br />
Noraim beim Baal Schem Tow zu verbringen.<br />
Sie erlebten auf der Reise viele Missgeschicke<br />
und waren gezwungen, Rosch Haschana an<br />
einem isolierten Ort zu verbringen, wo es keine<br />
anderen Juden gab. Sie hatten das Glück, ein<br />
Schofar bei sich zu haben, und taten ihr Bestes,<br />
um in ihren einsamen und deprimierenden<br />
Umständen das Gefühl des Jomtows aufrecht<br />
zu erhalten. Als sie nach Jomtow endlich den<br />
Baal Schem Tow erreichten, fragten sie ihn,<br />
warum ihnen die Gelegenheit verweigert<br />
wurde, Jomtow in seiner Anwesenheit zu<br />
verbringen. „Wir investierten so viel Zeit und<br />
Geld in diese Reise, wir verzichteten auf die<br />
Gelegenheit, Jomtow mit unseren Familien zu<br />
verbringen“, sagten sie. „Warum hat Haschem<br />
uns das angetan?“<br />
„Jeder Ort in der Welt hat Nizozot der Keduscha<br />
(Funken der Heiligkeit)“, erklärte der<br />
Baal Schem Tow. „Der Arizal lehrte uns, dass<br />
wir ins Exil gehen müssen, um diese Funken<br />
der Heiligkeit einzusammeln, damit jeder Teil<br />
der Welt geheiligt wird.“ „<strong>Die</strong>se Stadt hatte<br />
Nizozot der Keduscha seit Urzeiten“, sagte der<br />
Baal Schem Tow, „und durch die Ausübung<br />
der Mizwa von Schofar in jenem Ort hattet<br />
ihr den S’chut, diese Funken einzusammeln.“<br />
Wir müssen realisieren, dass jeder Schritt auf<br />
unserer Reise von Bedeutung ist. Ein Mensch<br />
fühlt sich einsam und frustriert, wenn er das<br />
Gefühl hat, dass eine Verspätung oder ein<br />
umgeleiteter Flug eine Angelegenheit des<br />
Zufalls ist. Wenn er denkt: „Warum bin ich<br />
hier? Ich sollte nicht hier sein. Es hat keinen<br />
Sinn für mich, hier zu sein“, dann wird er<br />
deprimiert. Wenn man jedoch weiss, dass man<br />
ein „Geheimagent“ ist, der von G“tt geschickt<br />
wurde, um Galut zu „praven“, dann „pravet“<br />
man, wie ein Rebbe einen Tisch „pravet“.<br />
Man akzeptiert die Aufgabe, wo immer man<br />
sich befindet. Man befindet sich auf einer<br />
heiligen Mission.<br />
<strong>Die</strong> Freundin meiner Frau erzählte uns, dass<br />
sie und ihr Mann sich auf einem Flug befunden<br />
hatten, der in einer fremden Stadt eine<br />
Notlandung machen musste. Es war Erew<br />
Jomtow, und sie realisierten, dass sie es auf<br />
keinen Fall vor Nachteinbruch nach Hause<br />
schaffen würden. Sie riefen ihren Rebben<br />
an und fragten ihn um Rat, wie sie in einer<br />
Stadt ohne jüdische Gemeinde Jomtow machen<br />
sollten.<br />
„Was sollen wir tun? Wir sind hier stecken<br />
geblieben“, sagten sie.<br />
Der Rebbe reagierte scharf: „Stecken geblieben?“<br />
rief er aus. „Ein Jude bleibt nie stecken;<br />
ein Jude wird geschickt. Jeden Morgen sagen<br />
wir die Bracha „Hamechin mizadei Gawer“.<br />
Wir loben Haschem, weil Er die Schritte<br />
des Menschen führt. Wenn ihr euch in einer<br />
fremden Stadt befindet, seid ihr aus einem<br />
Grund dorthin gesandt worden. Ihr seid nicht<br />
stecken geblieben.“<br />
Was ist mit dem Bitul Tora, der durch solche<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Umstände entsteht? Was ist mit all den Tefillot,<br />
die wir ohne Minjan dawenen müssen? Wie<br />
freudig kann ein Jomtow ohne Freunde und Familie<br />
sein? Sollte dies uns nicht deprimieren?<br />
Wir müssen vom Wilnaer Gaon eine Lektion<br />
lernen. Wenn der Wilnaer Gaon bereit war, auf<br />
Tefilla ohne Minjan zu verzichten und, und<br />
bereit war, sein Lernen für das Galut leiden<br />
zu lassen, muss es lohnenswert sein.<br />
Zuhause und trotzdem im Galut<br />
Was ist mit Leuten, die nie reisen, die nie ein<br />
Flugzeug besteigen? Viele Leute arbeiten an<br />
ihrem Wohnort und sind immer von anderen<br />
Juden umgeben. Haben sie auch eine Gelegenheit,<br />
Galut zu praven?<br />
Vielleicht gehen sie auf Schabbat zu ihren<br />
Schwiegereltern, oder sie verbringen Zeit im<br />
Hause eines Familienmitglieds, bei dem sie<br />
sich nicht so wohl fühlen?<br />
Gibt es manchmal Situationen, in der wir uns<br />
nicht gut fühlen? Wenn dies der Fall ist, dann<br />
haben auch wir die Gelegenheit, die Vorteile<br />
des Galuts zu erfahren. Wie wir erwähnt haben,<br />
bietet der Pele Joez zwei Methoden an, das<br />
Galut zu erfahren.<br />
Wir haben bisher die erste Methode besprochen<br />
und die Erfahrung beschrieben, sich auf<br />
eine Reise zu begeben und die Beschwernisse<br />
des Galuts zu akzeptieren.<br />
Jetzt wollen wir die zweite Strategie des<br />
Pele Joez studieren. <strong>Die</strong>s gilt für uns alle<br />
– Geschäftsreisende und Leute, die den öffentlichen<br />
Verkehr benützen.<br />
Stellen wir uns einen Wintermorgen vor. Wir<br />
verlassen das warme Haus, um nach Schul<br />
oder zum Daf Jomi- Schiur zu gehen, und es<br />
ist eiskalt. Der Wind pfeift, und der Schnee<br />
türmt sich auf dem Boden auf. Während<br />
wir auf dem Weg zur Schul sind, gerät der<br />
Schnee in unsere Schuhe und schmilzt in den<br />
Socken. <strong>Die</strong> Socken sind nass und eiskalt, und<br />
wir sehen uns dem Dilemma gegenüber, das<br />
jeder Mensch in solch einer Situation hat: Wir<br />
können das Unbehagen von nassen Socken<br />
den restlichen Tag erleiden oder können nach<br />
Hause gehen und die Socken wechseln, und<br />
den vorhersehbaren Kommentar unserer Frau<br />
hören: „Ich habe dir gesagt, du sollst Stiefel<br />
anziehen.“<br />
Ich bin nicht sicher, was schlimmer ist, aber<br />
auf jeden Fall befinden Sie sich in einer unbehaglichen<br />
Situation.<br />
Oder stellen Sie sich vor, spät nachts im Bet<br />
Midrasch zu sitzen und damit zu ringen,<br />
wach zu bleiben, um noch ein wenig mehr<br />
zu lernen. Sie fühlen sich unbehaglich. Sie<br />
möchten lieber zuhause sein, wo Sie einen<br />
gefüllten Kühlschrank und einen bequemen<br />
Lehnstuhl haben.<br />
„Nimm solche Situationen mit Liebe an“,<br />
sagt der Pele Joez, „und lerne oder dawene<br />
mit Freude. Denk daran, dass das Exil aus<br />
deinem Haus für deine Sünden sühnen soll.“<br />
Du musst nicht der Wilnaer Gaon sein, der
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
durch ganz Europa reiste; du musst kein Geschäftsmann<br />
sein, der in eine weit entlegene<br />
Stadt fährt. Du kannst in Schul sein, zwei<br />
Strassen von deinem eigenen Haus entfernt,<br />
und trotzdem im Galut sein. Jedesmal, wenn<br />
du den Komfort deines Hauses aufgibst, um<br />
Haschem zu dienen, erlebst du das Galut.<br />
In der Tat erklärt der Pele Joez, dass man sich<br />
im eigenen Haus im Galut befinden kann. In<br />
den Wochen vor Pessach, wenn die Frau einen<br />
aus der Küche vertreibt und sagt, man solle im<br />
Heizkeller essen, soll man nicht reklamieren.<br />
Sage nicht: „<strong>Die</strong> Frauen haben heute solche<br />
Chumrot.“<br />
Zeige ein Lächeln auf deinem Gesicht, und<br />
wenn deine Frau fragt, warum du lächelst, sage<br />
ihr: „Das Galut wird meine Sünden sühnen.“<br />
Dann nimm dein Essen, geh ins Untergeschoss<br />
und prave Galut.“<br />
Stellen Sie sich die Vorteile vor, wenn man<br />
diese Haltung in unser Leben integriert. Wenn<br />
wir uns unbehaglich fühlen, konzentrieren<br />
wir uns auf uns selbst. Wir denken: „Ich<br />
befand mich auf dem Weg nach Schul, um<br />
zu dawenen. Warum erlaubte Haschem, dass<br />
der Schnee in meine Socken gelangte? Meine<br />
Füsse sind so kalt, ich kann kaum stehen. Ich<br />
hätte in meinem bequemen, warmen Bett bleiben<br />
sollen“, oder „Warum sitze ich noch hier<br />
mit meiner Chawruta? Ich sollte nachhause<br />
gehen und eine heisse Dusche nehmen.“<br />
Wenn Sie finden, dass Sie nicht leiden sollten,<br />
dann ärgern sie sich und gehen. Wenn<br />
Sie jedoch realisieren, dass das Ganze einen<br />
Zweck hat, können Sie jedesmal, wenn Sie<br />
sich unbehaglich fühlen, zu sich sagen: „Ich<br />
prave Galut“ und fühlen sich getröstet.<br />
Wenn Sie einmal beginnen, so zu denken, werden<br />
die Vorteile, die durch das Galut erlangt<br />
werden können, Ihnen zur Verfügung stehen.<br />
Stellen Sie sich vor, im Strassenverkehrsamt<br />
in der zweiten aufeinander folgenden Woche<br />
Schlange zu stehen. Sie wissen, dass Sie in<br />
einigen Minuten zum Angestellten kommen<br />
werden, der anscheinend nur dafür ausgebildet<br />
ist, festzustellen, welches Dokument Ihnen<br />
fehlt und Ihnen sagen wird, Sie sollten ein<br />
drittes Mal kommen. Sie sind unglücklich.<br />
Sie fühlen sich belästigt. „Warum musste<br />
Haschem überhaupt solch ein Amt schaffen?“<br />
Aber Raw Zadok lehrt, dass das Galut es uns<br />
ermöglicht, unseren Zorn zu besiegen. Jede<br />
Unannehmlichkeit im Leben gibt uns diese<br />
Gelegenheit. Beschimpfen wir die Angestellte<br />
im Amt oder beherrschen wir uns?<br />
Bis heute hätten Sie sich geärgert und wären<br />
aufgeregt geworden. Jetzt kennen Sie den<br />
Trick. Sie wissen, dass Haschem Sie aus<br />
einem Grund dorthin gesandt hat. Sie sagen:<br />
„Ich und der Wilnaer Gaon, wir haben Galut<br />
gepravet.“ Und wenn Sie das nächste Mal<br />
Ihr Haus verlassen, um zu einem Schiur zu<br />
gehen, wenn es schneit, regen Sie sich nicht<br />
auf. Sie haben eine goldene Gelegenheit! Der<br />
„Tomer Devora“ schreibt, dass es am besten<br />
19<br />
ist zu gehen, wenn man Galut pravet, nicht ein<br />
Pferd und eine Kutsche zu nehmen. Machen<br />
Sie es auch für sich ein bisschen schwieriger.<br />
Nehmen Sie nicht das Auto. Stapfen Sie im<br />
Schnee und denken Sie: „Galut sühnt meine<br />
Sünden.“ Woran denken Sie, wenn Sie fühlen,<br />
dass der Schnee in Ihre Schuhe gerät? Sie<br />
denken an die Schechina, und wie unbehaglich<br />
es der Schechina sein muss, aus dem<br />
Bet Hamikdasch vertrieben worden zu sein.<br />
Der Tomer Devora schreibt, dass wir die Galut<br />
Erfahrung vertiefen können, indem wir das<br />
Mass an Behaglichkeit reduzieren. Wir sollten<br />
realisieren, dass wir alle Lebensnotwendigkeiten<br />
haben, aber die Schechina nicht. Ich nehme<br />
nur meine Pyjamas, Kleider zum Wechseln,<br />
eine Zahnbürste und vielleicht einen Beutel<br />
mit Crackers auf eine Reise mit. Trotzdem<br />
gibt es Situationen, in denen es ratsam wäre,<br />
an die Worte des Tomer Devora zu denken.<br />
Haben Sie sich je darauf verlassen, dass ein<br />
Familienmitglied etwas Wichtiges in Ihren<br />
Koffer legt? Hat Ihre Frau Ihnen je gesagt:<br />
„Sorge dich nicht, ich werde es einpacken“,<br />
und es dann vergessen? Regen Sie sich auf?<br />
Ab heute nicht mehr! Jetzt sagen Sie sich:<br />
„Meine Frau betrachtet mich als „Baal Madrega“.<br />
Sie denkt, dass ich fähig bin, mit der<br />
Schechina mitzufühlen, indem ich einige<br />
meiner persönlichen Dinge zuhause lasse.“<br />
Jeder Moment ist bedeutungsvoll<br />
<strong>Die</strong> Gemara (Taanit 24b) erzählt, dass Rabbi<br />
Chanina ben Dosa einst auf der Strasse ging<br />
und es zu regnen begann. Er sagte zu Haschem:<br />
„<strong>Die</strong> ganze Welt ist zufrieden, und Chanina<br />
leidet?“ Auf wundersame Weise hörte der<br />
Regen auf zu fallen. Als er sein Haus erreichte,<br />
sagte er: „<strong>Die</strong> ganze Welt leidet, und Chanina<br />
ist zufrieden?“ Es begann, wieder zu regnen.<br />
<strong>Die</strong> kabbalistischen Gründe für Rabbi Chanina<br />
ben Dosas Verhalten können von uns<br />
nicht verstanden werden, aber die Gemara<br />
berichtet von Raw Josefs Reaktion auf diese<br />
Geschichte. Er sagte: „Wie wirksam ist denn<br />
noch das Gebet des Kohen Gadol, wenn es<br />
einen Rabbi Chanina ben Dosa gibt.“<br />
<strong>Die</strong> Mischna (Joma 52b) erzählt uns nämlich,<br />
dass der Kohen Gadol am Jom Kippur eine<br />
kurze Tefilla zu sagen pflegte, wenn er aus<br />
dem Kodesch Hakodaschim herauskam. Was<br />
war sein Gebet?<br />
„Jehi Razon milfanecha – möge es Dein Wille<br />
sein - schetehe Haschana hasu geschuma –<br />
das es in diesem Jahr reichlich Regen geben<br />
wird – we’al jikanes lefanecha Tefillat Ovrei<br />
Derachim – und dass das Gebet von Reisenden<br />
(die für das Aufhören des Regens beten)<br />
nicht vor Dich kommen soll.“ Wenn Rabbi<br />
Chanina ben Dosa der Reisende war, wurden<br />
seine Gebete von Haschem angenommen.<br />
Raw Josef drückte seine Überraschung aus,<br />
dass die Gebete von Rabbi Chanina ben Dosa<br />
mächtiger waren als die Tefillot des Kohen<br />
Gadol am Jom Kippur.<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Der Jetev Lev (Parschat Wajischlach) vermittelt<br />
uns in dieser Gemara eine sehr tiefe<br />
Erkenntnis. Es gibt zwei Arten von Reisenden:<br />
Es gibt „Ovre Derachim“ und es gibt „Holche<br />
Derachim“. <strong>Die</strong>se Ausdrücke scheinen<br />
synonym zu sein; „Ovre Derachim“ sind<br />
diejenigen, die die Strassen überqueren, und<br />
„Holche Derachim“ sind diejenigen, die auf<br />
den Strassen reisen. Was ist der Unterschied<br />
zwischen ihnen?<br />
„Ovre Derachim“, erklärt der Jetev Lev, „sind<br />
Leute, für die die Reise an sich bedeutungslos<br />
ist. Sie müssen zum Punkt B kommen und<br />
sie befinden sich am Punkt A, also müssen<br />
sie alle Strassen überqueren, die von Punkt A<br />
zu Punkt B führen. <strong>Die</strong> Reise ist nicht mehr<br />
als ein Mittel, um ihr Ziel zu erreichen. <strong>Die</strong><br />
Reise selbst hat keinen eigenen Wert.<br />
„Holche Derachim“ sind Leute, die Haschems<br />
Hand in jedem Schritt, den sie gehen, erkennen.<br />
Wenn sie reisen, fühlen sie, dass Haschem<br />
ihre Schritte leitet und dass jeder Schritt ihrer<br />
Reise und jede Erfahrung Bedeutung hat.<br />
Ihre Reise ist nicht nur ein Mittel, Punkt B<br />
zu erreichen. Es ist eine Reise voller Absicht<br />
und Bedeutung.<br />
Bezüglich Jaakow sagte die Tora: „WeJaakow<br />
halach ledarko – Jaakow ging auf seinem<br />
Weg“ (Bereischit 32:2). Bezüglich Esav sagt<br />
die Tora dagegen: „Jaavor na adoni lifne avdo<br />
– Mein Herr Esav soll vor seinem <strong>Die</strong>ner<br />
Jaakov vorbeigehen“ (ibid, 33:14). Jaakow<br />
war ein Holech Derech, und Esav dagegen<br />
ein „Over Derech“.<br />
Was war das Gebet des Kohen Gadols am<br />
Jom Kippur? „We’al jikanes lefanecha Tefillat<br />
Ovre Derachim – dass das Gebet der<br />
Reisenden, die darum beten, dass der Regen<br />
aufhören solle, nicht vor Dich gelangen soll“.<br />
Der Kohen Gadol bezieht sich auf Leute,<br />
die „Ovre Derachim“ sind, für die die Reise<br />
als solche keine Bedeutung, keinen Inhalt<br />
hat. Sie sind es nicht wert, dass ihre Gebete<br />
erhört werden.<br />
Raw Chanina ben Dosa war aber kein Over<br />
Derech, er war ein Holech Derech. David<br />
Hamelech schrieb: „Aschre Temime Derech<br />
haholchim beTorat Haschem – Lobenswert<br />
sind diejenigen, deren Weg perfekt ist, die<br />
mit der Tora von Haschem gehen“ (Tehillim<br />
119:1).<br />
Ein „Over Derech“ ist nicht würdig, dass seine<br />
Gebete erhört werden, und der Kohen Gadol<br />
dawent dafür. Ein „Holech Derech“ ist im Gebet<br />
des Kohen Gadols nicht eingeschlossen; er<br />
verdient es, dass seine Gebete erhört werden.<br />
Was für ein Unterschied! Ein Mensch, für<br />
den die Reise bedeutungslos ist, ist ein „Over<br />
Derech“. „Holche Derachim“ leben mit dem<br />
Gefühl, dass jegliche Plagerei, die im täglichen<br />
Leben vorkommt, bedeutungsvoll ist und dass<br />
sie Grösse erreichen können, wenn sie richtig<br />
damit umgehen.<br />
Worüber denken Sie nach, wenn Sie in einer<br />
endlosen Reihe im Verkehrsamt warten müs-
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
sen? In den ersten zwanzig Minuten denken<br />
Sie über ihre Pläne für den Tag nach, aber was<br />
tun Sie danach? Ein „Holech Derech“ denkt:<br />
„Ich hätte ein Sefer mitbringen sollen, aber<br />
ich kann ja die Zeit auch ausnützen, indem<br />
ich über den Ribbono schel Olam nachdenke.“<br />
Er denkt an den Schmerz, den die Schechina<br />
im Galut erfährt. Er wird eine „Merkawa“ für<br />
die Schechina.<br />
Es gibt Zeiten im Leben, in denen wir denken:<br />
„Ribbono schel Olam, warum tust Du mir dies<br />
an?“ Der Bruder meines Freundes hatte seine<br />
Frau durch eine Krankheit verloren. Es ist<br />
schwierig, ein Witwer mit einem Haus voller<br />
Kinder zu sein, und irgendwann beschloss er,<br />
dass er wieder heiraten müsse. Er hatte einen<br />
Sohn anfangs der Zwanzigerjahre, der auch<br />
versuchte, seine „bescherte“ Frau zu finden.<br />
Als dem Vater zum ersten Mal ein Schidduch<br />
angetragen wurde und er beschloss, auf diesen<br />
einzugehen, fragte ihn sein Sohn: „Wie stellt<br />
man sich dazu, im mittleren Alter eine Frau<br />
kennenzulernen? Es muss so schwierig sein.<br />
In meinem Alter herrscht Aufregung bei einem<br />
Treffen. Es muss aber schwierig sein, in<br />
deinem Alter diesen Prozess zu durchlaufen.“<br />
„Ich weiss“, antwortete der Vater, „ich fragte<br />
mich auch, wie ich diese Geduldsprobe angehen<br />
sollte. Dann beschloss ich, einen Hinweis<br />
aus der Tora zu nehmen. <strong>Die</strong> Tora sagt, dass<br />
als Elieser Haschem bat, ihm ein Zeichen zu<br />
geben, das ihn zur richtigen Person führen<br />
VON R NEUSTEIN<br />
Ich schaute mir die Karten in einem kleinen<br />
Geschäft an, als ich eine andere Person<br />
bemerkte. Ein wenig von mir entfernt stand<br />
eine junge Frau, die einen Buggy hielt. Sie<br />
sah freundlich aus.<br />
„Entschuldigen Sie, meinen Sie, dass das<br />
eine passende Karte für eine Zehnjährige<br />
ist?“, fragte sie.<br />
Nachdem ich ihr eine andere Karte gezeigt<br />
hatte, die ich passender fand, begannen wir<br />
uns zu unterhalten. Sie schien sehr intelligent<br />
zu sein und mit beiden Beinen auf dem Boden<br />
zu stehen. Eine Sache führte zur nächsten<br />
und während der Unterhaltung bemerkte<br />
ich, dass sie auf einem Auge nur sehr wenig<br />
sah. Ich fragte höflich nach dem Grund dafür<br />
und sie antwortete ohne Selbstmitleid: „Ich<br />
hatte einen sehr schweren Fall von „faulem<br />
Auge“ und es wurde nicht richtig behandelt.<br />
Das Resultat ist ein bleibender Schaden auf<br />
meinem Aug, obwohl es mein tägliches Leben<br />
nicht beeinflusst.“<br />
Etwas an ihrer Geschichte liess die Alarmglocken<br />
in meinem Kopf läuten, als Teile<br />
der Vergangenheit in meiner Erinnerung<br />
auftauchten. Das Bild einer Siebenjährigen<br />
mit einem offensichtlichen „faulen Auge“,<br />
20<br />
würde, als er auszog, um eine Frau für Jizchak<br />
zu finden. Als er zum Brunnen kam, sah er,<br />
wie das Wasser Rivka entgegen kam, und<br />
realisierte, dass Haschem ihm sein Zeichen<br />
geschickt hatte.“<br />
„Ich werde dasselbe tun“, schloss der Vater.<br />
„Ich sagte zu Haschem: „Ich weiss nicht, wie<br />
dies funktionieren wird. Es wird schwierig<br />
sein, eine zweite Frau zu finden. Bitte sende<br />
mir ein Zeichen, wenn die Richtige kommt.““<br />
An jenem Abend telefonierte er mit der ihm<br />
vorgeschlagenen Frau zu der Zeit, die vom<br />
Schadchan arrangiert worden war. <strong>Die</strong> Frau,<br />
die das Telefon abnahm, tönte sehr beschäftigt,<br />
als sie sagte: „Ich muss mich entschuldigen.<br />
Ich weiss, dass wir planten, um 20:30 Uhr<br />
zu sprechen, aber ich habe eine Notfallsituation.<br />
Ich habe kleine Kinder, und eines von<br />
ihnen hat gerade ein Spielzeug die Toilette<br />
hinuntergespült, und jetzt überläuft sie. Alles<br />
Wasser kommt herauf. Ich kann im Moment<br />
nicht mit Ihnen sprechen. Bitte rufen Sie in<br />
einer Stunde nochmals an.“<br />
Es ist unnötig zu erwähnen, dass er das<br />
Telefon mit einem grossen Lächeln auf dem<br />
Gesicht aufhängte. „Ist dies das Zeichen?“<br />
fragte er sich.<br />
Sie heirateten am Schluss, und das ist der<br />
Grund, warum ich die Geschichte hörte.<br />
Stellen wir uns aber die Frau am anderen<br />
Ende des Hörers vor. Sie war sicherlich sehr<br />
verärgert über ihre unangenehme Lage. Sollte<br />
Grosse braune Kleber<br />
Telefonanrufe und Diskussionen mischten<br />
sich in meinen Erinnerungen und ich hörte wie<br />
ich fragte: „Ist Ihr Mädchenname Feingold?“<br />
„Warum? Ja“, antwortete sie, die Überraschung<br />
war klar in ihrer Stimme zu erkennen,<br />
„wie wissen Sie das?“<br />
Bevor ich antworten konnte, rief sie aus:<br />
„Frau Danziger, meine Zweitklasslehrerin!<br />
Ich erkenne Sie jetzt. Doch wie haben Sie<br />
mich erkannt?“<br />
Nechama Feingold. Wie ich sie erkannt<br />
hatte? Wenn sie nur wüsste, wie viele Tage<br />
und Nächte ich mit Nachdenken über ihre<br />
schwierige Situation verbracht hatte.<br />
Ich murmelte etwas als Antwort und wir<br />
verabschiedeten uns mit dem Versprechen, in<br />
Kontakt zu bleiben. Ich wandte mich zurück zu<br />
den Karten und meine Erinnerungen führten<br />
mich zurück zu Ereignissen, die über zwei<br />
Jahrzehnten zurücklagen.<br />
Nechama war an einem sonnigen Septembermorgen<br />
in mein Leben getreten. Es war ihr<br />
erster Tag in der zweiten Klasse und das siebte<br />
Jahr, das ich unterrichtete. Ich bemerkte sofort,<br />
dass etwas an ihrem Aug nicht normal war<br />
und ich tat, was jede verantwortungsbewusste<br />
Lehrerin tun würde. Als ich Frau Feingold<br />
während der zweiten Schulwochen anrief,<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
sie das Ungeschick beschreiben und hilflos<br />
tönen, oder sollte sie irgendeine Ausrede erfinden<br />
und den Eindruck einer unverlässlichen<br />
Person erwecken?<br />
Was dachte sie, als die Toilette überzulaufen<br />
begann? „Ribbono schel Olam, warum tust du<br />
mir dies an? Warum musste das gerade jetzt<br />
geschehen? Er wird das Telefon aufhängen,<br />
und ich werde nie wieder von ihm hören.“<br />
Sie ahnte gar nicht, welche Auswirkung ihr<br />
Ungeschick haben würde.<br />
So ist es mit uns allen. Wir ärgern uns über<br />
die Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten<br />
des Lebens. Wir denken: „Ribbono schel<br />
Olam, ich gehe in einen Schiur, warum ist<br />
der nächste Parkplatz sechs Strassen von der<br />
Schul entfernt? Ich lebe nur sieben Strassen<br />
entfernt.“<br />
Wissen Sie, warum Sie keinen Parkplatz<br />
finden können? Es ist gut für Sie, die Strecke<br />
zu gehen. Es gibt Ihnen die Gelegenheit, über<br />
Haschem nachzudenken, sich vor Ihm zu erniedrigen,<br />
und ein Gefährt für die Schechina<br />
zu werden. Sie können Galut praven!<br />
Wenn das Leben schwierig wird, denken Sie<br />
an den Rat des Pele Joez. Nehmen Sie diese<br />
Momente des Unbehagens und wachsen Sie<br />
über sie hinaus. Erheben Sie sie in Momente<br />
des Ziels und der Grösse – in denen Sie eine<br />
Chance haben, Galut zu praven, mit Würde<br />
und mit Stolz.<br />
erwähnte ich das Problem so nebenbei. Ich<br />
war sicher, dass sie sich dessen bewusst war,<br />
doch ich fühlte mich verpflichtet, es trotzdem<br />
zu erwähnen.<br />
„Ja, ja“, erwiderte sie, wie verärgert über einen<br />
oft wiederholten Kommentar. „Wir wissen<br />
es. Nechama hat ein „faules Auge“ und wir<br />
behandeln die Sache.“ Ich war erleichtert zu<br />
hören, dass sie sich darum kümmerte und<br />
wandte mich anderen Belangen zu.<br />
Als das Schuljahr fortschritt, entwickelte sich<br />
meine Beziehung mit den Mädchen, doch ich<br />
merkte, dass nichts mit Nechama geschah. Sie<br />
trug nichts über ihrem Aug und es schien sich<br />
nicht zu verbessern.<br />
Eines Tages während der Pause lehnte sich<br />
Nechama über mein Pult und sagte: „Weisst<br />
du Frau Danziger, ich habe neue Kleber<br />
bekommen.“ „Wie schön“, sagte ich, als ich<br />
versuchte meine Schablonen zu sortieren.<br />
„Ja“, sagte sie weiter, „grosse braune Kleber,<br />
die ich auf meinem Auge tragen muss.“ Ich<br />
schaute sofort auf und konzentrierte mich<br />
darauf, auf was sie zu sagen hatte. „Doch ich<br />
trage sie nicht gerne“, sagte sie und schaute<br />
mich aufmerksam an, als ob sie auf meine<br />
Zurechtweisung wartete.<br />
„Hmmm“, sagte ich als Antwort und be-
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
schloss, ihre Mutter nochmals anzurufen.<br />
Später am selben Abend, als ich mit Frau<br />
Feingold sprach, brachte ich sorgfältig das<br />
Thema von Nechamas Augenklebern wieder<br />
auf. „Ja, wir wissen, dass Nechama einen<br />
Kleber braucht; wir sind uns dessen bewusst.“<br />
Ich wartete schweigend und hoffte, dass sie<br />
mehr dazu sagen würde.<br />
Sie unterbrach das Schweigen nach einem<br />
Moment. „Bitte verstehen Sie. Nechama kann<br />
recht schwierig werden, wenn sie gewungen<br />
wird, etwas zu tun. <strong>Die</strong> Morgen sind hektisch<br />
genug, ohne zusätzliche Diskussionen wegen<br />
der Augenkleber.“ „Ich verstehe, was Sie<br />
meinen“, sagte ich mitfühlend. „Morgen sind<br />
chaotisch.“<br />
Ich hatte eigene<br />
Erfahrungen damit.<br />
„Doch hier<br />
geht es um ihre<br />
Gesundheit. Vielleicht<br />
kann eine<br />
ältere Schwester<br />
dafür verantwortlich<br />
sein.“<br />
„ Es kann schwierig<br />
sein, sich mit<br />
der Situation eines<br />
anderen Menschen<br />
zu identifizieren,<br />
doch ich schätze<br />
es, dass Sie angerufen<br />
haben“, sagte sie höflich und hängte<br />
das Telefon auf.<br />
Zwei Wochen später nahm ich meinen ganzen<br />
Mut zusammen und rief nochmals an. <strong>Die</strong>ses<br />
Mal bot ich an, Nechama den Kleber in der<br />
Schule aufzukleben. Frau Feingold war widerstrebend<br />
einverstanden.<br />
<strong>Die</strong>s funktionierte sehr gut, bis ich mehr<br />
Kleber brauchte. Ich schickte mehrere Zettel<br />
mit der Bitte um mehr Kleber nach Hause<br />
und rief auch nochmals an, doch nichts kam.<br />
Ich diskutierte die Sache mit der Rektorin,<br />
die mir versicherte, dass Nechamas Eltern<br />
angesehene Mitglieder der Gemeinde waren,<br />
die sich sicherlich um dieses Problem küm-<br />
VON SHEVY<br />
„Od jischama beArej Jehuda...” Rachel drehte<br />
den Schlüssel im Schloss, „UweChuzot Jeruschalajim…“<br />
sang sie leise, als sie die Tür<br />
aufstiess. Stille begrüsste sie, doch das störte<br />
sie nicht. Im Moment hatte sie ihre eigenen,<br />
angenehmen Gedanken als Gesellschaft.<br />
Sie summte fröhlich weiter, als sie ihre Jacke<br />
auszog und die Schultasche auf den Boden<br />
stellte. Während sie sich etwas zum Essen<br />
machte, liess sie ihren Gedanken freien Lauf,<br />
erlebte die Aufregung des Tages nochmals<br />
und stellte sich vor, was die Zukunft bringen<br />
21<br />
merten. Sie riet mir davon ab, irgendwelche<br />
unkonventionelle Alternativen zu versuchen.<br />
„Sie werden sich sicher darum kümmern.<br />
Sorgen Sie sich nicht mehr darum.“<br />
Jeden Tag kam Nechama zur Schule, guter<br />
Laune, jedoch ohne Kleber. Ich musste mich<br />
um viele andere Probleme in meinem Klassenzimmer<br />
kümmern, ich hatte einen anderen<br />
Job und ich hatte meine Familienpflichten. Ich<br />
suchte keine zusätzlichen Sorgen, doch diese<br />
Situation störte mich wirklich. <strong>Die</strong> Behandlung<br />
schien so einfach, weshalb wendeten<br />
sie sie nicht an?<br />
Ich verstand, dass die Familie vielleicht andere<br />
Sorgen hatte, die dieses Problem verdrängten,<br />
und ich versuchte,<br />
an andere Wege<br />
zu denken, wie<br />
ich Nechama helfen<br />
konnte. Ich<br />
wusste zufällig,<br />
bei welchem Arzt<br />
die Familie in Behandlung<br />
war und<br />
beschloss, ihn zu<br />
kontaktieren. Ich<br />
wusste, dass das<br />
ein ungewöhnlicher<br />
Schritt war,<br />
doch ich hatte das<br />
Gefühl, dass ich in<br />
einer Position war,<br />
in der ich jede mögliche Option versuchen<br />
musste.<br />
Nachdem ich mit einem Raw besprochen<br />
hatte, was ich sagen konnte und unter welchen<br />
Umständen, machte ich den Telefonanruf. Ich<br />
begann, die Situation zu beschrieben, ohne<br />
irgendwelche Namen zu nennen und fragte<br />
den Arzt, was die Folgen sein würden.<br />
„Also“, sagte er, „es wird wahrscheinlich zu<br />
einem gewissen Sehverlust in diesem Aug<br />
führen.“ Ich hörte zu, wie er die technischen<br />
Aspekte erklärte, während ich immer angespannter<br />
wurde. „Ich verstehe, dass Sie nichts<br />
sagen dürfen, also lassen Sie mich erklären“,<br />
sagte ich. Ich sagte ihm dann, wen ich mein-<br />
Vertrauenstest<br />
für DIe kInDer<br />
würde.<br />
Es hatte alles begonnen, als Dina sie in der<br />
Mittagspause aus der Kantine rief. Zuerst<br />
zögerte sie, ihr Essen kalt werden zu lassen<br />
und ihrer besten Freundin zu folgen. Doch<br />
als sie die Aufregung auf Dinas Gesicht sah,<br />
wusste sie, dass es etwas war, für das es sich<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
te, nannte die relevanten Details und meine<br />
Ansicht darüber. Ich bat darum, dass er tun<br />
sollte, was immer in seinen professionellen<br />
Möglichkeiten stand.<br />
„Ich werde mein Bestes tun“, versprach er,<br />
„doch Sie müssen realisieren, dass ich nur<br />
Infomationen und Anweisungen geben kann.<br />
Schlussendlich ist es der Patient, der für seine<br />
Gesundheit verantwortlich ist.“ Ich dankte<br />
ihm für seine Zeit und hoffte für das Beste.<br />
Es war enttäuschend, dass sich nichts sich<br />
änderte und die Situation störte mich sehr. Ich<br />
wusste nun, was die wahrscheinlichen Konsequenzen<br />
waren, doch ich konnte nichts tun.<br />
<strong>Die</strong> Situation störte mich auch später, als<br />
Nechama nicht mehr in meiner Klasse war.<br />
In der fünften Klasse sah ich sie einmal im<br />
Korridor mit einer Brille; das eine Glas war<br />
sehr dick. Später verlor ich sie aus den Augen.<br />
Ironischerweise entwickelte meine Tochter einige<br />
Jahre später ebenfalls ein „faules Auge“.<br />
Ich lernte alle Einzelheiten von „Amblyopia“<br />
kennen und erfuhr, dass frühe Entdeckung und<br />
Behandlung das beste Ergebnis versprachen,<br />
obwohl auch später etwas erreicht werden<br />
kann, wenn man es richtig behandelt.<br />
Ich erinnerte mich dann an Nechama und auch<br />
an meine zwiespältigen Gefühle gegenüber<br />
ihrer Mutter. Damals hatte ich Frau Feingolds<br />
Benehmen nicht verstehen können, obwohl<br />
ich wusste, dass ich vielleicht nicht alle Umstände<br />
kannte. Obwohl seit damals viele Jahre<br />
vergangen waren, dachte ich immer noch an<br />
Nechama und hoffte, dass später das Richtige<br />
getan wurde.<br />
Ich musste auch lernen, dass ich als Lehrer<br />
alles Mögliche für meine Schüler tun muss.<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse jedoch sind oft nicht in meiner<br />
Hand.<br />
Sie war an der Kasse, als ich meine Erinnerungen<br />
auf die Seite schob und mich nach<br />
ihr umsah. Ich sah zu, wie sie anmutig durch<br />
die Tür schritt und die Strasse hinunterging.<br />
Ich behielt sie im Aug, bis sie nur ein kleiner<br />
Fleck in der Ferne war. Eine hohe, anmutige<br />
und würdevolle Figur – mit Sehverlust auf<br />
einem Aug.<br />
lohnte, das Essen kalt werden zu lassen, auch<br />
wenn es <strong>Die</strong>nstag war, der Tag, an dem ihr<br />
Lieblingsessen serviert wurde.<br />
<strong>Die</strong> zwei Mädchen standen flüsternd neben<br />
einander. Dina hielt ihren Finger vor<br />
die Lippen. „Ich werde dir ein ganz, ganz<br />
grosses Geheimnis erzählen“, informierte<br />
sie ihre Freundin. „Versprich mir, dass du es<br />
niemandem erzählen wirst!“<br />
Rachel nickte eifrig; sie hatte das Gefühl, sie<br />
würde jeden Moment vor Neugierde platzen.<br />
„Sag es schon!“ bat sie.<br />
Dina nickte. „Doch erinnere dich an dein
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Versprechen“, warnte sie. „Das ist es…“<br />
Dina lehnte sich näher zu Rachel und flüsterte<br />
in ihr Ohr. „Rachel Lea wird bald eine Kallah<br />
sein! Der Chassan ist Sissi Katz‘ Bruder!“<br />
Rachel schrie aufgeregt auf und Dina schaute<br />
sie warnend an. „Es ist noch nicht offiziell“,<br />
erklärte sie. „Momentan weiss es nur die<br />
Familie. Doch“, sagte sie weiter, „Ima hat<br />
mir erlaubt, es dir zu sagen. Sie sagt, du bist<br />
fast Teil unserer Familie.“<br />
Rachel nickte glücklich. Sie fühlte sich<br />
wirklich als Teil der Familie Berger; sie verbrachte<br />
fast ihre ganze Freizeit in ihrem Haus.<br />
Anders als in ihrem eigenen Haus, wo sie die<br />
älteste eines ganzen Haufens kleiner Kinder<br />
war, hatte sie im Haus der Bergers wirklich<br />
erwachsene Gesellschaft. „Und“, sagte<br />
Dina weiter, „heute Abend haben wir<br />
einen Lechajim in unserem Haus … und<br />
du musst einfach kommen.“<br />
„Sicher komme ich“, sagte Rachel. „Ich<br />
würde Rachel Leas Lechajim für nichts<br />
auf der Welt verpassen.“<br />
„Und was ist mit Vorbereiten? Könntest<br />
du helfen?“<br />
Rachel wurde in die Gegenwart zurückgerissen,<br />
als das Telefon durch das leere<br />
Haus läutete. Schnell streckte sie die<br />
Hand nach dem Hörer aus. „Hallo, es ist<br />
Sara Bergman“, verkündete die Stimme<br />
am anderen Ende.<br />
Oh nein! schrie Rachel innerlich. Wie<br />
konnte ich vergessen?<br />
Sara Bergman. <strong>Die</strong> blosse Erwähnung des<br />
Namens liess es Rachel kalt den Rücken<br />
hinunterlaufen. Es war nicht umsonst,<br />
dass die Mädchen sie die „Klassenkönigin“<br />
nannten. Hübsch, talentiert und<br />
beliebt, wollten alle Mädchen von Sara<br />
geschätzt werden. Manchmal schien es,<br />
als ob sogar die Lehrer es ihr recht machen<br />
wollten. Rachel wurde ganz gespannt.<br />
Sie wusste, was als Nächstes kam. Ihre<br />
Augen blickten nervös im Zimmer umher,<br />
als sie schnell nachdachte, wie sie sich<br />
retten könnte. Doch sie hatte keine Idee.<br />
„Rachel“, sagte Sara süss, „wir haben<br />
abgemacht, dass wir heute Abend zusammen<br />
Hausaufgaben machen, erinnerst<br />
du dich? Welche Zeit ist gut für dich?“<br />
Sara sprach weiter, sie merkte gar nicht,<br />
dass am anderen Ende der Leitung keine<br />
Antwort kam. „Ich kann dir gar nicht<br />
sagen, wie sehr ich das schätze“, sagte<br />
sie, „Hausaufgaben zusammen mit einer<br />
Freundin machen ist einfach so viel angenehmer…<br />
Welche Zeit willst du mich<br />
also treffen?“<br />
Welche Zeit? Rachel schluckte leer.<br />
Ihre Gedanken rasten. Sie hatte Dina<br />
versprochen, in einer halben Stunde bei<br />
ihr zuhause zu sein, um mit dem Vorbereiten<br />
zu helfen. Dann würde sie noch ein<br />
wenig bleiben müssen, um dort zu sein,<br />
22<br />
wenn der Lechajim begann. Danach würde sie<br />
einfach keine Zeit mehr haben, um Sara mit<br />
ihren Hausaufgaben zu helfen. Wie konnte sie<br />
Sara aber ihre Bitte abschlagen, ohne ihr den<br />
wahren Grund zu erzählen? Doch wie konnte<br />
sie es sich mit Sara Bergman verderben?<br />
„Sara“, sagte Rachel und versuchte, ihre Stimme<br />
zu beherrschen. „Es tut mir wirklich leid.<br />
Es geht bei mir heute Abend einfach nicht.“<br />
Nun gab es Stille am anderen Ende der Linie.<br />
„Du meinst, wir können heute Abend keine<br />
Aufgaben zusammen machen?“ fragte Sara<br />
schliesslich entsetzt.<br />
„Ja“, krächzte Rachel. Sie wusste es geschah<br />
nicht oft, dass jemand Sara Bergman eine<br />
Bitte abschlug.<br />
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
„Weshalb?“ fragte Sara<br />
„Ehm. Etwas ist dazwischen gekommen“,<br />
antwortete Rachel einfach.<br />
„Es muss etwas wirklich Wichtiges sein“,<br />
sagte Sara. „War es etwas, das du vorhin<br />
nicht gewusst hast? Ist es eine Art Notfall?<br />
Sind alle in Ordnung?“<br />
„Alle sind ok“, sagte Rachel kurz. „Es tut mir<br />
leid, dass ich nicht mehr sagen kann.“<br />
„Ich verstehe“, erwiderte Sara kalt und tönte<br />
überhaupt nicht, als sie ob sie verstand.<br />
Rachel dachte an die nächste Purim-Vorstellung.<br />
Sara würde sicherlich alles organisieren.<br />
Wenn Rachel sich nun mit Sara zerstritt, so<br />
konnte sie die Hoffnung auf eine gute Rolle<br />
aufgeben.
Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
23<br />
gucav ,arp<br />
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<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Was wird Haschem uns bescheren?<br />
Eine Frage, die sich Leute häufig stellen, lautet<br />
etwa: „Was wird morgen sein?“ Sie wird<br />
vielleicht nicht immer auf diese Art gesagt und<br />
wird auch nicht immer ausgesprochen. Aber<br />
man würde gerne wissen, was die Zukunft<br />
bringen wird.<br />
Wir Jehudim lehnen diese Gedanken aber ab,<br />
da wir den Passuk in der Tora kennen: „Tamim<br />
Tihje im Haschem Elokecha – Volkommen<br />
sollst du mit Haschem, Deinem G“tt, sein!“<br />
Wir verlassen uns vollständig auf unsere<br />
Chachamim und sind uns bewusst, dass sie<br />
uns auf den richtigen Weg führen werden. Wir<br />
haben deshalb auch keinen Grund, uns über<br />
die Zukunft Gedanken zu machen.<br />
Aber bevor wir uns diese Gedanken überhaupt<br />
machen können, sollten wir uns fragen: „Ist<br />
die Zukunft überhaupt schon bestimmt? Steht<br />
mit Sicherheit schon fest, was morgen, in<br />
einem Jahr und in hundert Jahren sein wird?“<br />
Einerseits wissen wir, dass Haschem alles<br />
bekannt ist und Haschem auch mit Sicherheit<br />
weiss, was in der Zukunft sein wird. Anderseits<br />
kreierte Unser Schöpfer die Welt und<br />
die Menschheit in einer Art, dass die Zukunft<br />
unbestimmt bleibt. Und zwar nicht einfach,<br />
weil wir die Zukunft nicht wissen, sondern<br />
weil sie wirklich nicht bestimmt ist.<br />
Hier stossen wir auf die bekannte Frage:<br />
„Wie stimmt die Bechira – die freie Wahl, mit<br />
dem Wissen von Haschem überein?“ Unsere<br />
Weisen beantworten dies mit den Worten Haschems:<br />
„Denn Meine (Haschems) Gedanken<br />
sind nicht wie eure Gedanken…“<br />
Der Neziw will uns zeigen, wie dieses ganze<br />
Und was war mit der „Pyjama Party“, die<br />
Sara plante? Rachel wusste, dass sie keine<br />
Einladung erwarten konnte.<br />
Einen Moment lang zögerte Rachel. Wenn sie<br />
nur sagte, dass es etwas mit Dinas Schwester<br />
war, so würde Sara sicher verstehen. Das<br />
würde all ihre Probleme lösen. Sie würde natürlich<br />
nichts Klares sagen, nur einen kleinen<br />
Hinweis. Etwas wie…<br />
„Also ist das dein letztes Wort? Du lässt mich<br />
hängen?“ fragte Sara.<br />
Rachel öffnete ihren Mund und schloss ihn<br />
schnell wieder. Nein. Sie würde nicht Dinas<br />
Geheimnis verraten. Ein Versprechen war ein<br />
Versprechen – auch wenn es bedeutete, dass<br />
Sara Bergmann sie nicht mehr gerne hatte.<br />
„Ja“, sagte Rachel entschuldigend und<br />
wünschte Sara einen guten Nachmittag.<br />
Einige Momente später, als Rachels Familie<br />
heimkehrte, fanden sie Rachel nicht fröhlich<br />
summend wie zuvor. Sie sass nur dort und<br />
starrte grimmig das Telefon an.<br />
***<br />
„Das ist für dich“, sagte die Stimme. Rachel<br />
konzentrierte sich auf die letzte Frage auf dem<br />
Blatt. Es war Sara Bergmans Stimme, doch<br />
Thema in der Parscha dieser Woche, Parschat<br />
Schemot, aufgezeichnet ist.<br />
Als Haschem Mosche beim S’neh erschienen<br />
und ihm von der Erlösung der Bne Jisrael aus<br />
Mizrajim berichtete, sagte Mosche: „Und es<br />
sagte Mosche zu G“tt: „Siehe ich werde zu den<br />
Bne Jisrael kommen und ihnen sagen: ‚Der<br />
G“tt eurer Väter hat mich zu euch geschickt’,<br />
und sie werden mich fragen, wie Sein Namen<br />
denn lautet. Was werde ich ihnen dann sagen?“<br />
Darauf antwortete Haschem: „Eh-je ascher<br />
Eh-je“. Manche Gelehrte meinen, dass diese<br />
Worte eine Beschreibung von Haschems<br />
Namen sind, und man diese Worte deshalb<br />
nicht einfach ohne Grund aussprechen darf.<br />
<strong>Die</strong> einfache Übersetzung würde aber lauten:<br />
‚Ich werde sein, was Ich sein werde.’<br />
Der Neziw erklärt, dass Mosche mit seiner<br />
Frage hier sicher nicht den „Namen von<br />
Haschem“ meinte. Denn wenn nach unseren<br />
Begriffen auf dieser Welt auch schon die<br />
Mal’achim keinen eigenen Namen haben,<br />
sondern nach ihren Aufgaben benannt werden,<br />
dann kann Haschem - nach unseren Begriffen<br />
- sicher nicht ein ‚Namen’ angehängt werden.<br />
Mosche Rabenu sprach hier demnach sicher<br />
sie sprach sicherlich nicht zu Rachel. Sie hatte<br />
schliesslich seit dem Abend von Rachel Leas<br />
Verlobung nicht mit ihr gesprochen. Rachel<br />
kaute auf dem Ende ihres Bleistifts herum.<br />
„Rachel?“ sagte die Stimme nochmals. Rachel<br />
schaute auf.<br />
„Hier, das ist für dich“, sagte Sara und hielt<br />
ihr eine Einladung hin.<br />
Rachel schaute die Karte schockiert an. „Du<br />
bist überrascht?“ fragte Sara leise. „Du dachtest,<br />
ich würde dich nie einladen?“<br />
Rachel nickte.<br />
„Und wenn ich schon mit dir sprechen“,<br />
sagte Sara weiter. „Können wir eine Zeit<br />
abmachen, um heute Abend zusammen die<br />
Rechenaufgaben zu machen? Ich meine, wenn<br />
keine andere Schwester von Dina sich heute<br />
Abend verlobt!“<br />
Rachel lachte und atmete dann erleichterte<br />
auf. Das bedeutete, dass Sara zwei und zwei<br />
zusammen gezählt hatte und nun wusste,<br />
weshalb Rachel sie im Stich gelassen hatte.<br />
Und sie war nicht einmal wütend deswegen.<br />
„Rachel“, Sara schaute Rachel bittend an,<br />
„bitte sag es niemandem, doch ich bin eine<br />
Niete in Rechnen. Es brauche Stunden, um<br />
nur von der Führung Haschems. Er fragte<br />
Haschem: „Was werde ich den Bne Jisrael<br />
sagen können, wenn sie von mir wissen<br />
wollen, wie Haschem sie aus Mizrajim führen<br />
wird.“ Und hier sind wir wieder bei unserer<br />
ersten Frage angelangt. <strong>Die</strong> Bne Jisrael würden<br />
Mosche fragen, was die Zukunft bringen<br />
würde. Nachdem Mosche ihnen die Botschaft<br />
der Erlösung überbringen wird, werden sie<br />
daran glauben, aber wissen wollen, wie sie<br />
erlöst werden.<br />
<strong>Die</strong> Antwort von Haschem lautete, dass die<br />
Zukunft unbestimmt ist, und es vom Benehmen<br />
des Klall Jisraels abhängig war, wie sich<br />
Haschem ihnen gegenüber verhalten würde!<br />
Sicher ist es schlussendlich so, dass Haschem<br />
dem Klall Jisrael ans Herz legen wird, wie sie<br />
sich verhalten sollen, aber das geht schon über<br />
unser Verständnis hinaus, wie der Passuk uns<br />
sagt: „Denn Meine (Haschems) Gedanken<br />
sind nicht wie eure Gedanken…“.<br />
Das ist auch die Bedeutung der Worte ‚Ich<br />
werde sein, was Ich sein werde!’ <strong>Die</strong> Führung<br />
von Haschem ist vom zukünftigen Benehmen<br />
des Klall Jisraels abhängig. Haschem wird<br />
sich auf gleiche Weise verhalten, wie sich der<br />
Klall Jisrael Ihm gegenüber verhalten wird!<br />
Momentan ist es aber - soweit wir es auffassen<br />
können - noch unbestimmt, was die Zukunft<br />
mit sich bringen wird. Und obwohl wir vollständig<br />
unter der Führung G“ttes stehen, liegt<br />
die Zukunft voll und ganz in unserer Hand und<br />
ist von unserem Verhalten abhängig!<br />
Ch. B.<br />
die Aufgaben zu machen, und dann habe<br />
ich trotzdem unzählige Fehler. Der Grund<br />
weshalb ich unbedingt die Aufgaben mit dir<br />
machen will, ist weil ich denke, dass du mir<br />
wirklich helfen kannst. Bis jetzt hatte ich<br />
Angst, um Hilfe zu bitten. Ich hatte Angst,<br />
was die anderen Mädchen der Klasse von mir<br />
denken würden. Doch wegen der Geschichte<br />
mit Dinas Schwester weiss ich, dass ich dir<br />
trauen kann. Ich kann sicher sein, dass du mir<br />
helfen wirst und es trotzdem ein Geheimnis<br />
bleiben wird.“<br />
Rachel nickte. Sie konnte nicht glauben,<br />
dass alles so gut herausgekommen war. Sie<br />
schaute die wunderschöne Einladung zu Saras<br />
Pyjama-Party an.<br />
„Ich habe auch Dina und Sissi eingeladen“,<br />
sagte Sara.<br />
„Ich kann nicht mehr warten“, rief Rachel<br />
aufgeregt. „Wir werden so viel Spass haben!“
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Nr. <strong>51</strong>, 17. Tewes 5771 / 24. Dezember 2010<br />
Ein Midrosch zur Haftoro<br />
„Deshalb, so sagte Haschem zu Bejs Jakoiw, der Awrohom ausgelöst hat usw.“.<br />
Im S‘chus von Jakoiw besteht die Welt. Und willst du fragen, dass es im S‘chus<br />
von Awrohom sei, so wie der Possuk es andeutet: „Das sind Erzeugnisse des<br />
Himmels und der Erde, die in ihrer Erschaffung... (Behibor‘om = Beawrohom)?<br />
Es ist im S‘chus von demjenigen, bei dem steht „der Awrohom ausgelöst hat“.<br />
Wo finden wir aber, dass Jakoiw Awrohom ausgelöst hat? Sagt Raw Jehudo: Er<br />
hat ihn von der Mühe des Kinder-Grossziehens erlöst (die Schmerzen von Joisef<br />
und seinen Brüdern und das Hinuntergehen nach Mizrajim). Das ist es, was der<br />
Possuk weiter sagt: „Jetzt muss sich Jakoiw nicht schämen“ - vor seinem Vater,<br />
„und sein Gesicht wird jetzt nicht bleich“ - vor seinem Grossvater.