CVJM Braunschweig e.V. - Nachrichten 2022-04
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Glaube aktuell
Alleine konnte der Gelähmte nichts bewegen,
nicht einmal sich selbst. Aber die vier,
die machten es möglich, dass Bewegung in
seine schier ausweglos erscheinende Situation
kam. Glücklich, wer solche Freunde hat,
zwei, drei oder sieben, es müssen nicht vier
sein, Freunde, die einen tragen, wenn man
nicht mehr kann, Freunde, die für einen glauben
und beten, wenn man selbst dazu nicht
in der Lage ist.
Manchmal, wenn Menschen zum Beten angesichts
dessen, was sie erleben, die Worte
fehlen, wird auch schon mal die Bitte geäußert:
„Beten Sie für mich.“ Geht natürlich.
Das nennt man in der Kirche „Fürbitte“. Wir
beten für andere. Das ist nicht an die Gottesdienstzeit
gebunden. Das kann immer und
überall geschehen. Und das tun wir, bringen
die im Gebet zu Gott und vor Gott, die seine
Hilfe und seinen Beistand brauchen. Und das
ist gut so, dass wir füreinander beten, dass
wir aneinander denken, dass wir einander
vor Gott bringen und uns gegenseitig helfen,
dem zu vertrauen, der es gut mit uns meint.
Nun sind wir selbst nicht immer nur die Starken,
nicht immer nur die, die andere tragen,
die für andere glauben und für sie beten. Ein
ums andere Mal sind wir auch die, für die
andere beten und glauben. Und das ist gut
so, dass wir nicht immer stark sind, stark
sein müssen, dass wir auch mal schwach
sein dürfen, damit andere stark sein können.
Solche Freunde, solche Brüder und Schwestern
im Herrn sollten wir einander in der Gemeinde
sein, wo einer für den anderen da
ist, wo wir einander nicht nur ertragen, sondern
durchtragen, wo einer für den anderen
glaubt und betet, wo wir einander vor Gott
und zu Jesus bringen – in dem festen Zutrauen,
dass er uns helfen kann. In diesem Sinn
wird durch diese Geschichte deutlich, was
wir als Gemeinde sind bzw. sein könnten und
wofür wir Kirche brauchen: um füreinander
und für andere da sein zu können, um füreinander
zu beten und zu glauben, um einander
zu Jesus zu bringen.
Ich weiß: Es ist nicht leicht, sich helfen zu
lassen. Wer ist schon gern auf andere angewiesen?
Wer gibt schon gern zu, dass er nicht
kann, nicht mehr beten kann, nicht mehr
glauben kann? Wer gibt schon gern zu, dass
er sich wie gelähmt, eben bewegungsunfähig
fühlt? Wohl niemand. Aber gerade deshalb
ist es gut und wichtig, dass wir jemanden haben,
wenn wir jemanden brauchen, der oder
die uns beisteht, wo es notwendig ist.
An der heutigen Geschichte wird deutlich:
Die Kirche als Gemeinde kann der Ort sein,
wo für diejenigen geglaubt und gebetet wird,
die im Moment nicht glauben können, die
gelähmt sind vor Angst oder Schuld. Und
selbst dann, wenn auch andere gerade keine
Worte finden, wenn nicht nur wir, sondern
auch viele andere hilflos, ungläubig, gelähmt
oder verzweifelt sind, selbst dann sind da immer
noch welche, die helfen können. Manchmal
sind es die, die lange vor uns lebten, deren
Glaube und deren Gebete uns bis heute
helfen. Manchmal sind es die, die in weiter
Ferne mit uns dem vertrauen, der unser Heil
und unsere Heilung will. Manchmal sind es
die, von denen wir es am allerwenigsten erwartet
hätten. Und immer ist es Gott, der Allmächtige
und Barmherzige, der will, dass wir
leben und uns geholfen wird. Er lasse uns erfahren,
was der Gelähmte und seine Freunde
erfahren haben. Getragen können wir tragen.
Amen.
Predigt von Pfarrer Hans-Jürgen Kopkow
Pfarrverband Braunschweiger Süden