2207_dorfgeschichten_beckenried_2022
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Dorfgschichtä<br />
VON EINEM, DER AUSZOG UND EINE BANK GRÜNDETE<br />
PATER THEODOR AMSTAD AUS BECKENRIED<br />
Ohne ihn gäbe es sie nicht – die Sicredi, das grosse Kreditinstitut<br />
in Brasilien mit heute rund 2100 Filialen landesweit,<br />
gut 30.000 Beschäftigten, mehr als 5,5 Millionen Mitgliedern<br />
und ihrem Credo: made from people for people. Zu deutsch:<br />
gemacht von Menschen für Menschen. In diesem Jahr feiert<br />
die Sicredi ihr 120-jähriges Bestehen.<br />
UNERMÜDLICHES WIRKEN ZUM WOHLE DER<br />
MENSCHEN<br />
Geboren 1851 in Beckenried trat er nach seiner Matura am<br />
Kollegium in Feldkirch 1870 im Kloster Gorheim bei Sigmaringen<br />
ins Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Teilweise<br />
unfreiwillig führte ihn sein Weg u.a. nach Ditton Hall in<br />
England, wo er 1883 die Priesterweihe erhielt. Seine Vorgesetzten<br />
entsprachen seinem Wunsch, nach Brasilien<br />
gehen zu dürfen und so kam er im September 1885 in Porto<br />
Alegre an, Hauptstadt des brasilianischen Südstaats Rio<br />
Grande do Sul. Der tüchtige, pragmatische Pater, für den<br />
lebensnahe Religion wichtiger war als theologisch-philosophisches<br />
Wissen, übernahm ein 552 km² grosses Pastoralgebiet<br />
mit 12 Kapellen. Stundenlange Ritte zu Pferd oder<br />
Maultier brachten den geübten Reiter zu den katholischen<br />
Familien, darunter viele deutschsprachige. Er hielt Gottesdienste<br />
ab, gab Unterricht, spendete Sakramente, widmete<br />
sich Fragen der Besiedlung, Rodung und Aufforstung,<br />
Ackerbau, Tierzucht, Schule, Gesundheit und der Geldbeschaffung.<br />
Er gründete einen interkonfessionellen Bauernverein,<br />
dem sofort 400 reformierte und katholische Kolonisten<br />
beitraten, und 1902 nach dem Prinzip «Raiffeisen»<br />
die erste Kreditgenossenschaft Lateinamerikas.<br />
Unternehmen der Zeitschrift Exame aufgenommen und<br />
2020 das zweitgrösste Kreditinstitut im ländlichen Raum.<br />
Chapeau, Pater Theodor Amstad!<br />
UNZERTRENNLICH<br />
Bis zuletzt unermüdlich tätig verstarb Pater Amstad im<br />
November 1938. Er ruht bei der Pfarrkirche Hl. Laurentius<br />
von Linha Imperial. Unzählige Briefe an seine Familie zeugen<br />
davon, dass er seiner Heimat immer tief verbunden<br />
blieb. Die Bankgenossenschaft, die heutige Sicredi, ehrte<br />
ihren Gründer zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2002<br />
mit einer symbolträchtigen Bronzeplastik ganz in der Nähe<br />
seiner Ruhestätte. Zur feierlichen Enthüllung war Pater<br />
Amstads Urgrossnichte aus Beckenried, Christine Amstad<br />
Zeier, mit ihrem Mann René Zeier-Amstad angereist. Die<br />
heutigen Eltern dreier Kinder hatten dabei ganz bestimmt<br />
allerbeste Grüsse von zu Hause im Gepäck.<br />
Bianca Kemke<br />
DIE SICREDI HEUTE<br />
Von der Zeitschrift Você S/A zum neunten Mal in Folge als<br />
eines der besten Arbeitsunternehmen ausgezeichnet. Zum<br />
siebten Mal in Folge in die Liste der besten und grössten<br />
Mehrere Männer heben gemeinsam einen riesigen Stein (Christine<br />
Amstad Zeier – rechts und René Zeier-Amstad – links)<br />
Erstes Bankgebäude der Caixa de Nova Petropolis<br />
P. Theodor Amstad zunehmend gelähmt, doch unermüdlich am Schreibtisch