130_Ausgabe Mai 2014
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Beharren im Wandel. Der Adel Schlesiens<br />
und der Oberlausitz seit dem 18. Jahrhundert.<br />
Sonderausstellung vom 25.5. bis 9.11.<strong>2014</strong><br />
Saganer Schloss vom Südosten<br />
Freimaurerloge „Zur gekrönten Schlange“
Vorwort<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
es ist recht lange her, da sangen wir als Kinder<br />
das frische Wanderlied: „Alles neu macht<br />
der <strong>Mai</strong>, macht die Seele frisch und frei...“<br />
Auch heute bei uns alles neu? Schön wär´s.<br />
Gut, in Görlitz freuen wir uns über mühevoll,<br />
kostspielig und zweckmäßig sanierte Schulgebäude<br />
auf dem Klosterplatz und am Wilhelmsplatz,<br />
über das neue Landratsamt am<br />
Bahnhof, über die sichtbaren Baufortschritte<br />
an der Jakobuskirche und die Aussicht auf<br />
ein wiederbelebtes Kaufhaus am Demianiplatz,<br />
über den Goldfischteich im Stadtpark<br />
und den Grünstreifen an der Uferstraße, über<br />
sanierte Innenstadtstraßen und Gründerzeit-<br />
Wohnhäuser. Dazu gehört auch die längst<br />
fällige und nun kurzfristig beschlossene Notsicherung<br />
der Stadthalle. Die nun anstehenden<br />
Kommunalwahlen brauchen auch solche<br />
sichtbaren Beweise, dass sich einiges bewegt<br />
hat. Denn es genügt nicht, dass die Kandidaten<br />
vor den Wahlterminen mehr oder weniger<br />
konkrete, notwendige und machbare Vorhaben<br />
für die nächste Zukunft benennen. Bevor<br />
eine Wahlperiode endet, gehört es zu einem<br />
soliden Demokratieverständnis, dass die bisherigen<br />
Abgeordneten vor ihren Wählern<br />
Rechenschaft ablegen über Erfolge und Versäumnisse.<br />
Das wäre nicht nur für die Wahlentscheidung<br />
der Bürger, sondern auch für die<br />
künftigen Vertretungen von Nutzen – für die<br />
erfahrenen Abgeordneten, die sich wieder zur<br />
Wahl stellen, und insbesondere für die mutigen<br />
neuen Abgeordneten, die Verantwortung<br />
für das Ganze übernehmen wollen. Es gibt<br />
eine ganze Menge unerledigter Vorhaben und<br />
nicht erfüllter früherer Wahlversprechen. Legt<br />
man den Finger auf manchen Posten, erntet<br />
man leider oft den Vorwurf des „Populismus“.<br />
Dabei ist es schon schlimm genug, dass das<br />
lateinische wort „populus“ (Volk) von etablierten<br />
Parteien zum Schimpfwort gemacht<br />
wird. Sind denn den Politikern, die sich mitunter<br />
Volksvertreter nennen, die Wünsche,<br />
Meinungen und Vorbehalte des Volkes lästig,<br />
unerwünscht und gleichgültig? Kein Wunder,<br />
dass Volksabstimmungen über entscheidende<br />
nationale Belange abgelehnt und verhindert<br />
werden. Ärger bereitet auch, dass sichtbare<br />
Mißstände im Stadtbild seit Jahrzenten (!)<br />
nicht behoben wurden, etwa im Jakobstunnel,<br />
für Ankömmlinge das Tor zur Innenstadt.<br />
Die Stadtspitze behauptet, sie könne nichts<br />
gegen die widerwärtigen Schmierereien unternehmen,<br />
aber als vor einiger Zeit eine politisch<br />
unerwünschte Losung (erst nach Tagen<br />
wahrgenommen) dort auftauchte, wurde sie<br />
rasch ausgekratzt. Es ging also. Und von der<br />
Freitreppe Sattigstraße wurden dreimal hintereinander<br />
zur Freude der Görlitzer widerwärtige<br />
Graffiti-Schmierereien entfernt. Man<br />
muss nur wollen. Den neuen Abgeordneten<br />
wünschen wir Wähler Wagemut, Sachverstand<br />
und Wirklichkeitssinn. Und dass sich<br />
alle unserer Leser an den Wahlentscheidungen<br />
beteiligen, wünscht sich<br />
Ihr Ernst Kretzschmar<br />
anzeige<br />
Einleitung<br />
3
Der<br />
Beharren<br />
Adel<br />
im Wandel. Der Adel Schlesiens<br />
Anzeige<br />
Traumwelt des Adels<br />
Jagdrast schlesischer Adliger von Ernst Resch, 1841 (Foto: Janos Stekovics)<br />
Erstmals vereinen Museen in Polen,<br />
Deutschland und Tschechien ihre Bestände<br />
zu einer Gesamtschau über ein zentrales<br />
Thema der gemeinsamen schlesischen<br />
Geschichte. Die Ausstellungen in Breslau,<br />
Liegnitz, Görlitz und Troppau zeigen Kunstwerke<br />
aus 700 Jahren: Kleinodien und<br />
Kirchenschätze, Bücher und Manuskripte,<br />
Waffen und Gegenstände aus adligen<br />
Haushalten. Es entsteht ein lebendiges<br />
Bild vom adligen Landleben und seinen<br />
wirtschaftlichen Grundlagen, von Fürstendienst<br />
und Kriegen, Jagden und Festen.<br />
Thema ist aber auch die Herausforderung<br />
der adligen Lebensform durch die bürgerliche<br />
Gesellschaft seit dem Ende des 18.<br />
anzeige<br />
4<br />
Ausblick
Anzeige<br />
Der<br />
und der<br />
Adel<br />
Oberlausitz<br />
Schlesiens<br />
seit dem 18. Jahrhundert<br />
Der Urkundenschatz auf dem Güterbahnhof - was es damit auf sich hat, erfahren Sie in der Ausstellung.<br />
Urkunden aus Schloss Carolath, 15. - 18. Jahrhundert (Foto: René Pech)<br />
Jahrhunderts und in den Katastrophen des<br />
20. Jahrhunderts. Die grenzübergreifenden<br />
Netzwerke des Adels waren Entwicklungsstufen<br />
auf dem Weg zum modernen Europa.<br />
Darauf haben Forschungen der letzten<br />
Jahre aufmerksam gemacht, zuletzt das<br />
große deutsch-polnische Forschungsprojekt<br />
„Adel in Schlesien“. Die Ausstellungen<br />
schließen an dieses Projekt an. Beteiligt<br />
sind das Kupfermuseum in Liegnitz, das<br />
Universitätsmuseum in Breslau, das Schlesische<br />
Museum zu Görlitz, das Kulturhistorische<br />
Museum Görlitz und das Schlesische<br />
Landesmuseum in Troppau, das 2015 eine<br />
Zusammenfassung der Ausstellungen des<br />
Vorjahres zeigen wird.<br />
anzeige<br />
Ausblick<br />
5
Der<br />
Beharren<br />
Adel<br />
im Wandel. Der Adel Schlesiens<br />
Anzeige<br />
Aufstieg und Fall zwischen St. Petersburg, Warschau und<br />
Dresden<br />
Pokal des Ernst Johann von Biron, Herzog von Kurland, um<br />
1725, Privatbesitz (Foto: René Pech)<br />
Spieglein, Spieglein … ein Beispiel für adlige Sammelleidenschaft<br />
Hohlspiegel eines unbekannten Herstellers, 17. Jahrhundert<br />
Leihgabe Museum Bautzen, Sammlung der Gersdorff-Weichaischen<br />
Stiftung (Foto: René Pech)<br />
anzeige<br />
6<br />
Ausblick
Anzeige<br />
Der<br />
und der<br />
Adel<br />
Oberlausitz<br />
Schlesiens<br />
seit dem 18. Jahrhundert<br />
Die Ausstellung Beharren im Wandel.<br />
Der Adel Schlesiens und der Oberlausitz<br />
seit dem 18. Jahrhundert im<br />
Görlitzer Kaisertrutz widmet sich der Geschichte<br />
des Adels seit der Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts. In der aufziehenden Moderne<br />
fiel es der alten gesellschaftlichen<br />
Oberschicht schwer, ihre bis dahin unangefochtene<br />
Vormachtstellung zu wahren.<br />
Die Besucher lernen Persönlichkeiten<br />
kennen, die auf unterschiedliche Weise<br />
den Herausforderungen des bürgerlichen<br />
Zeitalters begegneten: Industrielle und<br />
„Krautjunker“, Demokraten und Reaktionäre,<br />
selbstverliebte Snobs und kunstverständige<br />
Mäzene. Deutlich werden die<br />
besonderen Rechtsverhältnisse und Traditionen<br />
in der zwischen Sachsen und Preußen<br />
geteilten Oberlausitz. Die Ausstellung<br />
fragt auch nach der Haltung von Angehörigen<br />
des Adels in Zeiten der Revolutionen<br />
1848 und 1918 und in den Jahren des Nationalsozialismus.<br />
Die Schlösser, Herrenhäuser, Gärten und<br />
Grablegen adliger Familien prägen vielfach<br />
noch immer die Landschaften an Spree,<br />
Neiße und Oder. Wie erleben die Nach-<br />
Porzellan aus Schloss Schedlau bei Oppeln, 18./19. Jahrhundert<br />
Fundstück aus Schedlau: Orpheus und Eurydike, 19. Jahrhundert,<br />
Muzeum Śląska Opolskiego, Oppeln (Foto: SMG)<br />
anzeige<br />
Ausblick<br />
7
Der<br />
Beharren<br />
Adel<br />
im Wandel. Der Adel Schlesiens<br />
Handprothese<br />
Kirschau, Burg Körse, vor 1359<br />
Burgmuseum Kirschau<br />
Rüstung eines berittenen Stadtsoldaten<br />
Görlitz, Anfang 17. Jahrhundert<br />
Kulturhistorisches Museum Görlitz (Foto: René Pech)<br />
anzeige<br />
8<br />
Ausblick
Der<br />
und der<br />
Adel<br />
Oberlausitz<br />
Schlesiens<br />
seit dem 18. Jahrhundert<br />
fahren heute, 70 Jahre nach Enteignung<br />
und Vertreibung, die Begegnung mit den<br />
ehemaligen Wohnsitzen ihrer Familien<br />
und den dort lebenden Menschen? Auch<br />
hierauf versucht die Ausstellung eine Antwort.<br />
Das Schlesische Museum zu Görlitz und<br />
das Kulturhistorische Museum Görlitz richten<br />
die Ausstellung gemeinsam aus.<br />
Eine zweite Ausstellung des Kulturhistorischen<br />
Museums im Schönhof steht unter<br />
dem Titel „Ritter, Junker, Edelleute. Der<br />
Adel der Oberlausitz in Mittelalter und Früher<br />
Neuzeit“. Sie blickt auf die Geschichte<br />
des Adels, der ab Mitte des 12. Jahrhunderts<br />
in die Oberlausitz kam, sowie<br />
die wechselnden Standes- und Gutsherrschaften.<br />
Sonderausstellung vom 25. <strong>Mai</strong> bis 9. November<br />
<strong>2014</strong>, Dienstag - Sonntag 10:00 - 17:00 Uhr<br />
Ausstellungsorte in Görlitz:<br />
Schlesisches Museum zu Görlitz,<br />
Schönhof/Brüderstraße 8<br />
Kulturhistorisches Museum Görlitz, Kaisertrutz,<br />
Platz des 17. Juni 1<br />
Informationen zur Ausstellung<br />
www.adelinschlesien.de<br />
Abendmahlskelch eines Nürnberger Meisters, vergoldet, 1613<br />
Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde St. Georg Daubitz<br />
(Foto: René Pech)<br />
anzeige<br />
Ausblick<br />
9
Klaus König,<br />
König<br />
ein Tenor aus Oberschlesien<br />
Klaus König, Helga Thiede und Wolfgang Wagner bei der Probe 1985, Foto: ©Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden,<br />
Erwin Döring<br />
Vom Handwerksmeister zum Meistersinger<br />
des Kulturraums Oberlausitz- Niederschlesien<br />
– so ist die Vita des Kammersängers<br />
Klaus König aus Krauschwitz, einer kleinen<br />
Gemeinde in Niederschlesien, westlich<br />
der Neiße gelegen, zu beschreiben. Als<br />
gefragter lyrischer Heldentenor machte<br />
er sich in vier Kontinenten bekannt. Kam-<br />
anzeige<br />
10<br />
Persönlichkeiten
Klaus<br />
Zum 80. Geburtstag<br />
König<br />
Klaus König und Peter Schreier, 1985 Foto: ©Archiv der<br />
Sächsischen Staatsoper Dresden, Erwin Döring<br />
mersänger Klaus König wurde am 26. <strong>Mai</strong><br />
1934 in Beuthen/Oberschlesien als Sohn<br />
eines Malermeisters geboren. Bereits als<br />
Schulkind stand er dem Vater handwerklich<br />
zur Seite. Einberufung des Vaters zum<br />
Militär, Flucht und Vertreibung aus Schlesien,<br />
Hungersnot prägten bereits seine<br />
Persönlichkeit in der Kindheit. Nach einer<br />
Odyssee gemeinsam mit seiner Mutter<br />
und seinem Bruder fand er in Niederschlesien<br />
westlich der Neiße in Muskau eine<br />
neue Heimat. Nach erfolgreichem Schulabschluss<br />
schloss sich die Lehrausbildung<br />
im Malerhandwerk an. Danach folgte eine<br />
Tätigkeit als Schlosser, Maler und Schweißer<br />
bei der Reichsbahn. Zur Freizeitgestaltung<br />
gehörte aktiver Sport wie Fußballspielen,<br />
Leichtathletik und Turnen. In Bad<br />
Muskau und Umgebung wusste man stets,<br />
wo Klaus König und sein Vater, nachdem<br />
dieser aus der Gefangenschaft zurückgekehrt<br />
war, arbeiteten, da ihr gemeinsamer<br />
Gesang unüberhörbar war. Nach erfolgreicher<br />
Meisterprüfung eröffnete Klaus König<br />
einen Meisterbetrieb in Krauschwitz. Seine<br />
Sängerlaufbahn begann im Kirchenchor in<br />
Bad Muskau, in dem er bereits kleine solistische<br />
Aufgaben übernahm. Er, seine Ehefrau<br />
Marianne, seine Mutter und sein Vater<br />
gehörten dem gemischten Chor „Eintracht“<br />
in Bad Muskau an. In diesem Chor war er<br />
anzeige<br />
Persönlichkeiten<br />
11
Klaus König,<br />
König<br />
ein Tenor aus Oberschlesien<br />
Der fliegende Holländer, Klaus König und Lia Frey-Rabine, 1988<br />
Foto: ©Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden, Erwin Döring<br />
primus inter pares und stand ihm auch als<br />
Solist zur Verfügung. Seine Gesangsausbildung<br />
begann an der Volksmusikschule<br />
in Cottbus. Nach zweimaliger Ablehnung<br />
durch die Musikhochschule Dresden folgte<br />
neben seiner praktischen Tätigkeit als<br />
Malermeister am Montag und Freitag im<br />
Abendstudium eine private Gesangsausbildung<br />
von 1965 bis 1970 bei Johannes<br />
Kemter. Dieser lehrte ihn die Grundlagen<br />
des meisterlichen Gesangs, die Atemstütze<br />
und das „Singen in die Maske“. Diese<br />
Gesangsausbildung wurde jäh durch eine<br />
Stimmbandoperation unterbrochen. Mit 35<br />
Jahren schloss Kammersänger Klaus König<br />
eine Gesangsausbildung ab. Seine Bühnenlaufbahn<br />
begann am Theater Cottbus,<br />
wo er das „Laufen“ auf der Bühne lernte.<br />
Sein Engagement am Landestheater Dessau<br />
wurde für ihn zum Sprungbrett, um<br />
als lyrischer Tenor am Theater Leipzig und<br />
an der Semperoper Dresden zu wirken.<br />
Bei der Wiedereröffnung der Semperoper<br />
sang er die Partie des Max im „Freischütz“.<br />
Es verbanden sich Gastspiele unter weltbekannten<br />
Dirigenten wie Masur. Haitink,<br />
Bernstein in bekannten Konzertsälen oder<br />
an weltbekannten Opernbühnen, z.B. in<br />
Wien, London, Paris, <strong>Mai</strong>länder Scala,<br />
Zürich, Buenos Aires und MET New York.<br />
Zur Wagner-Ehrung 1983 sang z.B. Kam-<br />
anzeige<br />
12<br />
Persönlichkeiten
Klaus<br />
Zum 80. Geburtstag<br />
König<br />
mersänger Klaus König innerhalb von 12<br />
Tagen unterschiedliche große Partien. Zu<br />
seinem Repertoire gehörten die großen<br />
Partien in „Lohengrin“, „Tannhäuser“, „Parsifal“,<br />
„Tristan und Isolde“ und „Meistersinger<br />
von Nürnberg“. Ebenso war es für<br />
Kammersänger Klaus König eine Selbstverständlichkeit,<br />
sich wiederholt als Solist<br />
uneigennützig für die 1996 wiederbelebten<br />
Schlesischen Musikfeste im Niederschlesischen<br />
Kultur- Kongress- und Messezentrum,<br />
der Stadthalle in Görlitz, ein<br />
Benefizkonzert zur Existenzsicherung des<br />
Musiktheaters Oberlausitz – Niederschlesien<br />
in Görlitz und für die traditionellen<br />
Musikfesttage Hoyerwerda als Solist zur<br />
Verfügung zu stellen. Gelegentlich übernahm<br />
er im Ruhestand noch kleinere Gesangspartien<br />
an der Semperoper in Dresden.<br />
Der gewiss wohlverdiente Ruhestand<br />
ist für Klaus König kein Lebensabschnitt<br />
der Untätigkeit. Gelegentlich macht er<br />
sich gegenwärtig noch in jener Lackiererei<br />
nützlich, die er gründete und die jetzt sein<br />
Sohn führt. Ein namhafter Kritiker machte<br />
in einer Rezension über Kammersänger<br />
Klaus König die Aussage, dass ohne<br />
Klaus König und W. Vogel, 1991 Foto: ©Archiv der<br />
Sächsischen Staatsoper Dresden, Erwin Döring<br />
ihn eine anspruchsvolle Umsetzung der<br />
Opernliteratur von Wagner nicht möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Dr. Jürgen Wenske, Görlitz<br />
anzeige<br />
Persönlichkeiten<br />
13
Freimaurerloge<br />
Einer der ältesten Vereine von Görlitz –<br />
Logenabzeichen mit gekrönter Schlange (Bijou)<br />
Über 100 Gäste – Vertreter des öffentlichen<br />
Lebens der Stadt, Nachfahren<br />
verstorbener Logenmitglieder und befreundete<br />
Freimaurer aus verschiedenen<br />
deutschen Städten - waren der<br />
Einladung des Logenvorstandes gefolgt,<br />
der am 4.4.1764 erfolgten Gründung<br />
der Freimaurerloge „Zur gekrönten<br />
Schlange“ zu gedenken. Die Görlitzer<br />
Freimaurer schätzten die Gelegenheit,<br />
die Festveranstaltung im Großen Saal<br />
der „Wartburg“ (Johannes-Wüsten-Str.<br />
21) durchführen zu können. Das durch<br />
den Freimaurer und Baumeister Gustav<br />
Kießler errichtete Haus diente von 1864<br />
bis zum Verbot 1934 als Logenhaus.<br />
Über der großen Eingangstür, die in diesen<br />
Saal führt, befindet sich eine Tafel,<br />
auf der man früher lesen konnte:<br />
„Dieses Haus wurde erbaut im Jahre<br />
1863. Riß und Plan und inneren Schmuck<br />
ersann der in der Baukunst wohl erfahrene<br />
Br. Gustav Kießler. Ehre ihm und<br />
Dank!“<br />
Nach den Begrüßungsworten des amtieren<br />
Logenvorsitzenden Harald Wenske,<br />
den Grußworten des Oberbürgermeisters<br />
Siegfried Deinege und des Vorsitzenden<br />
des Trägervereins des Jugendhauses<br />
„Wartburg“ Ulrich Warnatsch<br />
wurde in der Festrede die Frage nach<br />
dem Sinn der Gründung und der Existenz<br />
einer Freimaurerloge gestellt.<br />
anzeige<br />
14<br />
Jubiläum
Freimaurerloge<br />
200 Jahre Loge „Zur gekrönten Schlange“<br />
„Wohin wollte man, als man die 1751<br />
in Kittlitz bei Löbau gegründete Loge<br />
am 4.4.1764 nach Görlitz auf die Brüdergasse<br />
9, neben den „schönen Schönhof“,<br />
verlegte? Wohin wollen überhaupt<br />
die Freimaurer oder wohin will die Freimaurerei<br />
– oder doch besser: die Freimaurer?<br />
Der Maler und Nichtfreimaurer Fritz<br />
Neumann-Hegenberg, der bis 1924 in<br />
Görlitz lebte und wirkte, der ein Schüler<br />
des Malers und Freimaurers Lovis Corinth<br />
war, schrieb 1921:<br />
„Dem Menschendasein sind nicht nur<br />
Täler beschieden, der wahrhaftige<br />
Mensch soll auch auf Höhen wandern<br />
und dort im Reiche der Kunst dem Heiligtum<br />
seiner Seele Tempel bauen. Aber,<br />
um in diesen Tempeln sich zu versenken<br />
in innerste Heiligtümer, bedarf es mehr<br />
als der Blickschärfe des Intellekts – bedarf<br />
es der Schauenskraft der Intuition.<br />
Diese allein wird ihm die Pfade in die<br />
fernste Erkenntnis öffnen und ihm wiederum<br />
Tiefen offenbar machen, deren<br />
Abgründe ihn erschüttern und in heiligem<br />
Staunen erheben lassen werden.“<br />
Jedesmal, wenn von 1864 bis 1934 in<br />
den über uns sich befindenden Logenfeierräumen<br />
– auch „Tempeln“ genannt<br />
– das Bundeslied mit ineinander verschlungenen<br />
Händen durch die Brüder<br />
angestimmt wurde, wurde damit der<br />
Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass<br />
„diese schöne Feierstunde führ uns hin<br />
zu lichten Höhn“, und somit dem Neumann-Hegenbergschen<br />
„Wandern auf<br />
den Höhen“ Ausdruck verliehen.<br />
„Im Reiche der Kunst (die Freimaurerei<br />
wird oft in der Literatur als die „Königliche<br />
Kunst“ bezeichnet) dem Heiligtum<br />
seiner Seele Tempel zu bauen, - und<br />
dies durchaus auch in Gemeinschaft, in<br />
der Gemeinschaft der politisch und religiös<br />
Ungleichgesinnten, die sich Brüder<br />
nennen und so behandeln – in jeder<br />
Hinsicht, ist das der erklärte Auftrag –<br />
Tempel bauen - individuell und kollektiv<br />
– ist das der erklärte Auftrag des Freimaurerbundes<br />
an seine Anhänger?<br />
Bedurften die Wegbereiter der Görlitzer<br />
Freimaurerei (Wissenschaftler und Offiziere)<br />
„mehr als der Blickschärfe des<br />
Intellekts“?<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
15
Freimaurerloge<br />
Einer der ältesten Vereine von Görlitz –<br />
Vorraum zum Freimaurertempel bis 1934<br />
Dieses Betonen der „Schauenskraft der<br />
Intuition“ – war das das, was Gelehrte<br />
wie Karl Gottlob von Anton, den Begründer<br />
der Oberlausitzschen Gesellschaft<br />
der Wissenschaften und späteren Logenvorsitzenden,<br />
so an der Freimaurerei<br />
faszinierte?<br />
Wollten und wollen die oft sehr rationalorientierten<br />
Männer in der Loge eventuelle<br />
Emotionsmängel kompensieren?<br />
Waren die früher in diesem Haus vorhandene<br />
respektable Kegelbahn, das<br />
hier nebenan gelegene Billardzimmer<br />
und die Theateraufführungen der Fami-<br />
anzeige<br />
16<br />
Jubiläum
Freimaurerloge<br />
200 Jahre Loge „Zur gekrönten Schlange“<br />
lien der Logenmitglieder in diesem Saal<br />
nicht nur beredter, nein, „bespielter“<br />
Ausdruck von „Geselligkeit“, von „Verein“,<br />
von Geselligkeitsverein?<br />
Wollte man mit zahlreichen hoch dotierten<br />
freimaurerischen Stiftungen nicht<br />
nur das soziale Gewissen - und Unwissen<br />
- beruhigen (z.B. die Br.-Guido-Hagspihl-<br />
Stiftung, die Br.-Ewald-Schneider-Stiftung,<br />
die Br.-Oskar-Meißner-Stiftung)?<br />
Oder war die Loge nicht nur ein bloßer<br />
Debattierklub und ein Abbild des von<br />
Rechtsextremen als „Quatschbude“ bezeichneten<br />
Reichstages?<br />
Georg Snay war 21 Jahre lang Oberbürgermeister<br />
der Stadt Görlitz. Was<br />
war das Motiv von Georg Snay, sich im<br />
Magistrat mit Brüdern aus seiner Loge<br />
zu umgeben: genannt seien der nicht<br />
vergessene Stadtschulrat Dr. Otto Mayrhofer,<br />
der nicht vergessene Stadtmedizinalrat<br />
Dr. Max Herford, der nicht ganz<br />
vergessene Stadtpolizeirat Theodor Viebeg<br />
und Vorsitzende der Görlitzer linksliberalen<br />
DDP (Deutsche Demokratische<br />
Partei), später von den Nationalsozialisten<br />
als Stadtkämmerer gelitten (Pecunia<br />
non olet), der zum Glück nicht vergessene<br />
Stadtrechtsrat Alfred Fehler, später<br />
von den Kommunisten als Oberbürgermeister<br />
gelitten?<br />
Was war das Motiv von Georg Snay,<br />
sich mit diesen Männern zu umgeben?<br />
Postenschacherei? Klüngelaufbau? Wiederwahlabsicherung?<br />
Erfahrene, ihm<br />
vertraute und vertrauende Männer um<br />
sich zu haben, die sich der Humanität,<br />
Toleranz, der Freiheit und Gerechtigkeit<br />
explizit verpflichtet hatten, das kann’s<br />
ja nun wohl nicht gewesen sein - oder<br />
doch ?!?“<br />
Ehre und Dank wurde aber auch anderen<br />
Söhnen der Stadt Görlitz gezollt:<br />
Dem Meister vom Stuhl Samuel August<br />
Sohr, der als Bürgermeister die nicht<br />
einfache Aufgabe mit Bravour meisterte,<br />
1815 die sächsische Kommunalverwaltung<br />
auf die preußische umzustellen,<br />
Bruder Walter Freise, Hallenbaderbauer,<br />
Förderer des Kinderheims in Biesnitz,<br />
des Rettungshauses in der Oststadt<br />
und des „Schlesischen Krüppelheimes“<br />
in Rothenburg, Präsident der Naturforschenden<br />
Gesellschaft, dem Begründer<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
17
Freimaurerloge<br />
Einer der ältesten Vereine von Görlitz –<br />
des Görlitzer Waggonbaus, Br. Christoph<br />
Lüders, den Dr. Kretzschmar so treffend<br />
als Industriepionier (=Stärke), Kommunalpolitiker<br />
(=Weisheit) und Kulturförderer<br />
(=Schönheit) bezeichnete – getreu<br />
den 3 Säulen, die früher über uns<br />
im Tempel standen: Weisheit, Stärke,<br />
Schönheit.<br />
Unterstützung fand er bei Br. Conrad<br />
Schiedt mit seiner Eisenwaren- und Maschinenfabrik.<br />
Sein Werk setzten fort Br. Gustav Bock,<br />
Ingenieur und Vorstandsmitglied der<br />
Wumag, Br. Carl Körner, der vergessene<br />
Begründer des Görlitzer Maschinenbaus,<br />
Br. Eduard Schultze, Tuchkaufhausbesitzer,<br />
Erbauer des „Stadtschlosses“ auf<br />
der Nordseite des Postplatzes und ein<br />
Stifter des Muschelminna-Brunnens,<br />
Br. Walter Schmidt, Pfarrer an unserer<br />
Frauenkirche, Mitbegründer und Vorsitzender<br />
der Görlitzer CDU, der Meister<br />
vom Stuhl Emil von Schenckendorff, der<br />
Förderer von Sport- und Werkunterricht<br />
an den deutschen Schulen, Vorsitzender<br />
des Görlitzer Vereins zur Förderung von<br />
Handfertigkeit und Volksspiel, Br. Walter<br />
Scheller, der Landskron-Brauerei-<br />
Direktor, der gemeinsam mit anderen<br />
Freimaurern 1930 zu den Gründungsmitgliedern<br />
des Rotary-Clubs Görlitz gehörte,<br />
Br. Gustav von Moser, der früher<br />
meistgespielte deutsche Lustspielautor,<br />
Br. Carl-Heinz Hütter, der im Dezember<br />
1945 von der SMAD eingesetzte und im<br />
Dezember 1946 wieder von der SMAD<br />
entlassene Direktor des Städtischen<br />
Krankenhauses, Br. Gerhard Röhr, der<br />
als Architekt seine Handschrift mit unzähligen<br />
Wohn- und Geschäftsgebäuden<br />
unserer Stadt hinterlassen hat, Br.<br />
Johann Adam Hiller, geboren vor den<br />
Toren der Stadt in Wendisch-Ossig, 1.<br />
Kapellmeister des Gewandhausorchesters<br />
und späterer Thomaskantor, aufgenommen<br />
in einer Leipziger Loge.<br />
Zum Schluss der Feier wurde derer gedacht,<br />
die den letzten Beamtenrat vor<br />
der dunklen Zeit bildeten; die in diesem<br />
Haus ein und aus gingen; die das<br />
Logenleben der 300 Mitglieder organisierten;<br />
die 1934 endgültig aus diesem<br />
Haus ausziehen mussten und es nicht<br />
in das braune Haus verwandelt sehen<br />
anzeige<br />
18<br />
Jubiläum
Freimaurerloge<br />
200 Jahre Loge „Zur gekrönten Schlange“<br />
Dr. Karl Gottlob von Anton<br />
mussten, sondern es in den Händen<br />
derer wussten, die – in der Mehrheit<br />
- ihrer christlichen, demokratischen, liberalen<br />
und nationalen Einstellung entsprachen.<br />
Der Meister vom Stuhl:<br />
Dr. Alwin Glätzner, RA und Notar<br />
Der Zugeordnete Meister vom Stuhl:<br />
Felix Reiber, Zeitungsverleger und Buchdruckereibesitzer<br />
von „Hoffmann & Reiber“<br />
Der 1. Aufseher: Georg Staar, Konrektor<br />
der Gemeinde-Schule II auf der<br />
Schulstraße, der 2. Aufseher: Dr. Ernst<br />
Heinrich, Arzt, Wilhelmsplatz 9, der Protokollierende<br />
Sekretär: Karl Schiöberg,<br />
Direktor der Gewerblichen Berufsschule<br />
und liberaler Stadtverordneter, der<br />
Korrespondierende Sekretär: Dr. Fritz<br />
Trillmich, Arzt, Schützenstraße, der<br />
Schatzmeister: Georg Filitz, Besitzer der<br />
Mohrenapotheke, Dresdner Platz (heute<br />
Lutherplatz), der Zeremonienmeister:<br />
Dr. Hans Schwidtal, RA und Notar, Vorsitzender<br />
der Görlitzer nationalliberalen<br />
DVP (Deutsche Volkspartei), 1950-1971<br />
Präses der Ev. Synode, der Redner: Dr.<br />
Julius Przyrembel, Studienrat am Lyzeum<br />
und Sprachenlehrer an der EOS, der<br />
Archivar: Hans Hoffmann, Zeitungsverleger<br />
und Buchdruckereibesitzer von<br />
„Hoffmann & Reiber“, der Almosenpfleger:<br />
Willi Finster, Juwelier an der<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
19
Freimaurerloge<br />
Einer der ältesten Vereine von Görlitz –<br />
Freimaurertempel im Haus Kahle 21 (heute Johannes-Wüsten-Straße)<br />
Steinstraße, der Musikmeister: Walter<br />
Honig, Verwaltungsobersekretär im Ev.<br />
Gemeindeamt.<br />
Nach dem „1000jährigen Reich“ mussten<br />
diese eben genannten Männer<br />
schmerzlich feststellen, dass die nächste<br />
Diktatur aufzieht und dass nach dem<br />
„De-jure-Verbot“ ein „De-facto-Verbot“<br />
für ihre geliebte Königliche Kunst folgt.<br />
Der Görlitzer Justizrat Conrad Heese<br />
schreibt in seinem Tagebuch am<br />
29.9.45, dieser Tag war zu einem Opfergedenktag<br />
erklärt worden: „Abgespannt<br />
und missgestimmt folge ich der<br />
anzeige<br />
20<br />
Jubiläum
Freimaurerloge<br />
200 Jahre Loge „Zur gekrönten Schlange“<br />
Einladung zur „Sappho“ (ins Stadttheater).<br />
Der Oberbürgermeister hält eine<br />
Eröffnungsansprache. Dann deklamiert<br />
ein Antifaschist – alles wie einst, nur mit<br />
anderem Vorzeichen…“[Das war übrigens<br />
die Zeit, in der sich der Dresdner<br />
Sprachwissenschaftler Prof. Victor<br />
Klemperer entschied, nach der LTI, seiner<br />
Analyse der Sprache des 3. Reiches,<br />
eine LQI, eine Analyse der Sprache des<br />
4. Reiches hinzuzufügen. Er meinte, die<br />
eine unterscheidet sich von der anderen<br />
nur so wie etwa das Dresdner Sächsische<br />
vom Leipziger Sächsischen!] Justizrat<br />
Heese schreibt weiter:<br />
„Der Anblick der Gesellschaft ist ebenso<br />
wenig erfreulich wie derjenige der Nazigesellschaft.<br />
Die wirklich gute Gesellschaft<br />
der Jahre um 1914, die die solideste<br />
Stütze des deutschen Volkes war,<br />
ist zwischen den beiden von rechts und<br />
links gegeneinander arbeitenden Mühlsteinen<br />
zerrieben worden.“<br />
Johannes Wüsten, der vielseitige Künstler,<br />
konnte von dem Haus schräg gegenüber,<br />
in dem sich sein Atelier in den<br />
Jahren von 1930 bis 1934 befand, hier<br />
in diesen Saal hineinblicken.<br />
Bereits im Pariser Exil schrieb er im Winter<br />
1941 – 2 Jahre vor seinem Tod - folgendes<br />
Gedicht, dessen Zeilen jeweils<br />
mit einem freimaurerischen Postulat<br />
beginnen:<br />
„Licht nach dem Dunkel,<br />
Friede nach Streit,<br />
Sternengefunkel nach Herzeleid,<br />
Kronen nach Ketten,<br />
Rosen nach Schnee -<br />
die uns erretten,<br />
sind frei von Weh.“<br />
Das Streichquartett des Görlitzer Musikschulvereins<br />
„Johann Adam Hiller“ verschönte<br />
die Feier mit Werken u.a. von<br />
Haydn und Telemann.<br />
Die Sammlung an diesem Abend war für<br />
die Arbeit des Jugendhauses „Wartburg“<br />
bestimmt.<br />
Die Görlitzer Freimaurer schätzten die<br />
Anwesenheit ihrer Wiesbadener Brüder,<br />
die 1993 mit der Wiederaufbauarbeit<br />
begannen, die am 4. Oktober 1997 in<br />
der Wiedergründung der Loge gipfelte.<br />
Rolf-Thomas Lehmann, Görlitz<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
21
Sommerfest<br />
Rothenburg lädt am ersten August-Wochende –<br />
Sommerfest, 700-Jahr-Feier Umzug, 1968 (Foto: Rudolf Gienapp)<br />
Sommerfest – Augustschießen –<br />
Neißefest in Rothenburg - ein altes<br />
Fest und viele Namen<br />
Für eine Vielzahl der Menschen in unserer<br />
Oberlausitz hat das erste Wochenende<br />
im August einen festen Platz in<br />
ihrem Terminkalender.<br />
Das viertägige Stadtfest lädt alle zum<br />
ausgelassenen fröhlichen Feiern und<br />
dem Beisammensein mit Freunden ein.<br />
So heißt es: „Auf zum Augustschießen<br />
nach Rothenburg!“<br />
Doch wie alt ist dieses Fest nun wirklich?<br />
Darüber wurde schon viel geschrieben<br />
und heiß diskutiert.<br />
anzeige<br />
22<br />
Ausblick
Sommerfest<br />
zum diesjährigen Sommerfest ein<br />
Festplatz, 1968 (Foto: Rudolf Gienapp)<br />
Die älteste Beschreibung des Festes datiert<br />
aus dem Jahr 1674 und beschreibt<br />
dieses sommerliche Fest.<br />
Der Heimatforscher und Lehrer R. Matheus<br />
berichtet in seinem Buch „Heimatbuch<br />
der Stadt Rothenburg und<br />
Umgebung“ detailliert über dieses sommerliche<br />
Preisschießen mit Volksfestcharakter.<br />
So nennt er einen festlichen Zug der<br />
Rothenburger Schützengilde, angeführt<br />
von Gottlieb Menzel in einer reich dekorierten<br />
Hauptmannsuniform, den<br />
beiden ältesten Ratsherren und dem<br />
vorjährigen Schützenkönig Veit Henne.<br />
Hornbläser spielten heitere Wei-<br />
anzeige<br />
Ausblick<br />
23
Sommerfest<br />
Rothenburg lädt am ersten August-Wochende –<br />
sen, und Scharen von Schaulustigen<br />
umsäumten den Umzug. Der damalige<br />
Schießhauswirt Theobald Mätzig mit<br />
seinen Vorräten an Wein und Bier freute<br />
sich in diesem Jahr auf einen starken<br />
Zuspruch der Gäste, da dieser August<br />
als heiß und sonnig beschrieben wurde.<br />
Puppentheater mit unverblümten,<br />
heiteren Geschichten, Buden mit den<br />
Attraktionen wie „echten Meernixen“<br />
und „Werwölfen“, Quacksalber mit Liebestränken<br />
und lebensverlängernden<br />
Tränken unterhielten die Schaulustigen<br />
ebenso wie der italienische Harfenspieler<br />
Branconi. Anschaulich beschreibt<br />
Matheus das Preisschießen und die<br />
damalige Schießscheibe, einen lebensgroß<br />
geschnitzten Löwen, dessen Zielpunkt<br />
ein rotes Herz war. 1674 errang<br />
der Fleischersohn Lorenz Klein den Titel<br />
des Schützenkönigs.<br />
Ob vor 1673 das Augustschießen gefeiert<br />
wurde, darüber sind keine schriftlichen<br />
Zeugnisse mehr vorhanden. Auch<br />
ist es kaum anzunehmen, dass das Fest<br />
lückenlos jährlich stattfand. Kriege wie<br />
der 7-jährige Krieg von 1756 bis 1763<br />
und Stadtbrände sowie die Notzeiten<br />
zwischen 1784 bis 1811 sprechen dagegen.<br />
Lückenlos sind die Stadtfeste<br />
ab 1946 dokumentiert. Wie bescheiden<br />
dieser Neuanfang war, lässt sich nur erahnen.<br />
So „hamsterten“ alle Gastwirte<br />
Kartoffeln, Gemüse in den umliegenden<br />
Ortschaften. Nur dank guter Beziehungen,<br />
dem „Vitamin B“, mit der Fleischerei<br />
Eichler kam eine ausreichende Menge<br />
zustande.<br />
Sogar Fleisch für den Eintopf, ein geschlachtetes<br />
Pferd, konnte aufgetrieben<br />
werden.<br />
1968 war das Sommerfest etwas ganz<br />
Besonderes. Rothenburg bejubelte 700<br />
Jahre Stadtbestehen. Ein riesengroßer<br />
Festumzug mit historische Elementen<br />
wurde unter der Regie des Lehrers<br />
Bernd Donner auf die Beine gestellt.<br />
In den siebziger Jahren organisierten<br />
bis zu 40 Angestellte der Stadtverwaltung<br />
dieses Stadtfest, ein riesengroßer<br />
Aufwand, den heut kaum einer nachvollziehen<br />
kann. Inzwischen entwickelte<br />
sich die gesamte Innenstadt zu einem<br />
riesigen Festplatz für jung und alt.<br />
anzeige<br />
24<br />
Ausblick
Sommerfest<br />
zum diesjährigen Sommerfest ein<br />
Rothenburger Sommerfest<br />
1990 gründete sich der Rothenburger<br />
Schützenverein neu. Ab 2000 engagierte<br />
sich der Verein mit der Planung und<br />
Durchführung des inzwischen legendären<br />
Augustschießens. Neben dem ganzen<br />
Festgetümmel werden nach wie vor<br />
die Schützenmeister und- meisterinnen<br />
ermittelt.<br />
Egal nun zum wievielten Mal das Fest<br />
stattfand, wie es nun genannt wird, das<br />
Rothenburger Sommerfest muss man<br />
einfach nur erleben.<br />
Irina Scheuner,<br />
Stadtmuseum Rothenburg<br />
anzeige<br />
Ausblick<br />
25
Numismatischer Club zu Görlitz e.V.<br />
Club<br />
–<br />
(Fortsetzung aus der StadtBILD-<strong>Ausgabe</strong><br />
128)<br />
Zu besonderen Anlässen wurden Medaillen<br />
von der FG aus unterschiedlichen<br />
Metallen und verschiedenen<br />
Herstellungsarten herauszugeben.<br />
Dies war allerdings bei den staatlich<br />
geforderten Auflagen und dem ständigen<br />
Materialmangel in der DDR recht<br />
schwierig. Doch Schwierigkeiten machen<br />
manches erst reizvoll, und man<br />
achtet das Erreichte mehr. 1971 wurde<br />
eine Silbermedaille geprägt. Der Anlass<br />
waren drei Jubiläen der Stadt Görlitz:<br />
900 Jahre Ersterwähnung, 750 Jahre<br />
Stadtgründung und 625 Jahre Gründung<br />
des Sechsstädtebundes. Wer eine<br />
solche Medaille erhalten wollte, musste<br />
eine Silberabgabe leisten. Die Stadt<br />
Görlitz trat danach an die FG heran,<br />
damit durch sie Medaillen entworfen<br />
und hergestellt wurden. Insbesondere<br />
die Bundesfreunde Rüdiger Petzold und<br />
Egon Müller waren bei der Erarbeitung<br />
und Herstellung vieler Medaillen tätig.<br />
1986 traf Siegfried Hoffmann mit dem<br />
Dresdener Architekten Peter Götz Güttler<br />
zusammen, der als Hobby selbst<br />
entworfene Medaillen goss. Güttler war<br />
bereit, eine Medaille für die FG herzustellen,<br />
wenn das Metall ihm zur Verfügung<br />
gestellt wird. Ein Bundesfreund<br />
arbeitete im Görlitzer Maschinenbau<br />
und konnte nach entsprechendem<br />
Papierkrieg das passende Metall aus<br />
Überplanbeständen gegen Bezahlung<br />
und ein Päckchen Kaffee erhalten. Damit<br />
war die Grundlage gelegt, dass im<br />
selben Jahr die Gussmedaille „20 Jahre<br />
Fachgruppe“ entstand. Mittlerweile ist<br />
Güttler in ganz Deutschland bekannt<br />
und hat viele Auszeichnungen für sein<br />
Schaffen erhalten.<br />
Höhepunkte waren die Teilnahmen an<br />
lokalen und an Bezirks- und Zentralen<br />
Münzausstellungen der DDR. Die erste<br />
Ausstellung wurde Juni 1967 in der<br />
Stadt- und Kreissparkasse Görlitz durchgeführt.<br />
Auch außerhalb der FG waren<br />
Mitglieder aktiv. Oberstufenlehrer Heinz<br />
Schnabel gründete im Januar 1973 an<br />
der 15. Polytechnischen Oberschule eine<br />
anzeige<br />
26<br />
Jubiläum
Numismatischer<br />
zum 110. Jubiläum<br />
Club<br />
Kinder- und Jugendgruppe mit Schülern<br />
der 5. bis 10. Klassen. Ihr Interesse am<br />
Sammeln von Münzen, Medaillen und<br />
Geldscheinen wurde so gelenkt, dass<br />
sie nicht nur Freude am Vervollständigen<br />
ihrer Sammlungen hatten, sondern<br />
auch am Forschen und Gestalten. Diese<br />
junge Interessengruppe hat sich im<br />
Laufe ihres 15-jährigen Bestehens an<br />
vielen Ausstellungen der FG mit Erfolg<br />
beteiligt. Einige Mitglieder der FG unterstützten<br />
seit 1983 die Denkmalpflege<br />
in unserer Stadt tatkräftig mit regelmäßigen<br />
Arbeiten auf dem Nikolaifriedhof,<br />
um ihn in einen ansehnlichen Zustand<br />
zu bringen. Besondere Pflege erhielt<br />
schon seit 1979 das Grab des Görlitzer<br />
Schuhmachers, Philosophen und Mystikers<br />
Jacob Böhme (1575-1624). An der<br />
Aufarbeitung der in der Oberlausitzschen<br />
Bibliothek der Wissenschaften<br />
vorhandenen numismatischen Literatur<br />
waren 1985 und 1986 zwei Mitglieder in<br />
ihrer Freizeit tätig.<br />
Walther Haupt (1895 - 1990)<br />
Zu den schaffensfreudigsten Mitarbeitern<br />
gehörte unser Nestor und Ehrenmitglied<br />
sowie Kunstpreisträger der<br />
Stadt Görlitz, Walther Haupt. Als Autor<br />
vieler numismatischer Beiträge in Zeitungen<br />
und der zwei Bände „Sächsische<br />
Münzkunde“ war er ein anerkannter<br />
und geachteter Numismatiker in ganz<br />
Deutschland.<br />
Das Ende der DDR war auch das Ende<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
27
Numismatischer Club zu Görlitz e.V.<br />
Club<br />
–<br />
Münzausstellung Januar <strong>2014</strong> im Kaisertrutz<br />
der Reglementierung der Vereine. Mitglieder<br />
der Fachgruppe Numismatik<br />
haben bei ihrer Hauptversammlung am<br />
30. Juni 1990 beschlossen, sich vom<br />
Kulturbund zu lösen und ihren Verein<br />
am 1. Juli 1990 in Numismatischen Club<br />
zu Görlitz e.V. umzubenennen. An der<br />
Gründung der Sächsischen Numismatischen<br />
Gesellschaft (SNG) am 23. Juli<br />
1990 war der Görlitzer Club beteiligt.<br />
Gemeinsam mit der SNG wurden die<br />
Stände der Gesellschaft zum „Tag der<br />
Sachsen“ in Görlitz 1993 und in Zittau<br />
2001 betreut.<br />
anzeige<br />
28<br />
Jubiläum
Numismatischer<br />
zum 110. Jubiläum<br />
Club<br />
Münzausstellung Januar <strong>2014</strong> im Kaisertrutz<br />
Als 1996 Görlitz 925 Jahre alt wurde<br />
und der Numismatische Club 30 Jahre<br />
alt nach seiner Gründung als AG im<br />
Kulturbund, wurde eine weitere Güttler-<br />
Medaille hergestellt. Ab demselben Jahr<br />
wird jährlich eine Münzbörse in den<br />
Räumen der Niederschlesischen Sparkasse<br />
durchgeführt. Februar 2013 legte<br />
Siegfried Hoffmann den Vorsitz aus<br />
Gesundheitsgründen nieder. Für seine<br />
jahrzehntelange Arbeit wurde er von allen<br />
Mitgliedern zum Ehrenvorsitzenden<br />
ernannt. Ulrich Schubert wurde zum<br />
Vorsitzenden des Clubs gewählt.<br />
anzeige<br />
Jubiläum<br />
29
Numismatischer Club zu Görlitz e.V.<br />
Club<br />
Anlässlich der der Gründung des Numismatischen<br />
Clubs vor 110 Jahren, konnte<br />
dankenswerter Weise in der Etage<br />
der Görlitzer Bastion Kaisertrutz vom 9.<br />
bis 24. Januar <strong>2014</strong> die 12. Münzausstellung<br />
seit 1966 durchgeführt werden.<br />
Um eine möglichst interessante<br />
Ausstellung anzubieten, wurden außer<br />
Münzen, Medaillen, Görlitzer Abzeichen<br />
und Autoplaketten auch postalische<br />
Sammlungen, Görlitz betreffend, von<br />
den Görlitzern Briefmarkenfreunden<br />
gezeigt. Diese vielseitige Ausstellung<br />
und die an verschiedenen Tagen angebotenen<br />
Vorträge wurden von 354<br />
Besuchern gern angenommen. Ein Teil<br />
dieser Ausstellung wird noch einmal<br />
bei einer gemeinsamen Ausstellung der<br />
Oberlausitzer Münzvereine im Schloss<br />
Krobnitz vom 31.08. bis 5.10.<strong>2014</strong> zu<br />
sehen sein. Dabei werden erstmalig die<br />
in einer Friedhofsmauer von Nieder Seifersdorf<br />
gefundenen Taler und Dukaten<br />
ausgestellt. Dieser Fund von 2008 wird<br />
vom Sächsischen Münzkabinett Dresden<br />
aufbereitet und ausgeliehen.<br />
Die Mitglieder des Numismatischen<br />
Clubs treffen sich jeden ersten Mittwoch<br />
im Monat, außer im Juli und August,<br />
im Hotel „Silesia“. Vorträge werden<br />
von den Clubmitgliedern oder von<br />
Gästen gehalten. Zu ihnen gehört seit<br />
vielen Jahren der Historiker Dr. Ernst<br />
Kretzschmar. Die Themen entsprechen<br />
einerseits den persönlichen Sammelinteressen,<br />
andererseits werden lokale<br />
wie auch weitläufige Sammlerthemen<br />
besprochen. Am 7. <strong>Mai</strong> <strong>2014</strong>, um 18.00<br />
Uhr, wird Lars-Gunter Schier im Hotel<br />
„Silesia“, Biesnitzer Straße 11, seinen<br />
Vortrag „Das Wasserschlebensche<br />
Münzkabinett zu Görlitz – Das Schicksal<br />
einer vergessenen Sammlung“ zu Gehör<br />
bringen. Damit soll diese hervorragende<br />
Sammlung wieder in Erinnerung<br />
gebracht werden. Interessierte Gäste<br />
sind wie schon vor 110 Jahren gern gesehen.<br />
Peter Gärtig, Görlitz<br />
anzeige<br />
30<br />
Impressum:<br />
Herausgeber (V.i.S.d.P.):<br />
incaming media GmbH<br />
Geschäftsführer:<br />
Andreas Ch. de Morales Roque<br />
Carl-von-Ossietzky Str. 45<br />
02826 Görlitz<br />
Ruf: (03581) 87 87 87<br />
Fax: (03581) 40 13 41<br />
info@stadtbild-verlag.de<br />
www.stadtbild-verlag.de<br />
Geschäftszeiten:<br />
Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr<br />
Druck:<br />
Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />
Verantw. Redakteur:<br />
Andreas Ch. de Morales Roque<br />
(Mitglied im Deutschen<br />
Fachjournalistenverband)<br />
Redaktion:<br />
Dr. Ernst Kretzschmar,<br />
Dipl. - Ing. Eberhard Oertel,<br />
Dr. Ingrid Oertel<br />
Anzeigen verantw.:<br />
Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />
Mobil: 0174 - 31 93 525<br />
Teile der Auflage werden auch kostenlos<br />
verteilt, um eine größere Verbreitungsdichte<br />
zu gewährleisten. Für eingesandte<br />
Texte & Fotos übernimmt der Herausgeber<br />
keine Haftung. Artikel, die namentlich<br />
gekennzeichnet sind, spiegeln nicht die<br />
Auffassung des Herausgebers wider. Anzeigen<br />
und redaktionelle Texte können<br />
nur nach schriftlicher Genehmigung des<br />
Herausgebers verwendet werden<br />
Anzeigenschluss für die Juni-<strong>Ausgabe</strong>:<br />
15. <strong>Mai</strong> <strong>2014</strong><br />
Redaktionsschluss: 20. <strong>Mai</strong> <strong>2014</strong><br />
Wir arbeiten mit<br />
Stadtwerke Görlitz AG<br />
Immer.Näher.Dran<br />
Jubiläum
GWZ