Trash und 90ties-Look als Stilmittel - Björn Kowalski
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production spotlight<br />
höchste stützenfreie Halle der Welt beherbergt neben mehreren<br />
Badelandschaften auch den größten Regenwald Europas.<br />
Der Drehort war gef<strong>und</strong>en, nun wurde in den Vorbesprechungen<br />
ausführlich über die Drehtechnik diskutiert. Der eigentliche Plan,<br />
tatsächlich mit einer aus den 90iger-Jahren stammenden NTSC-<br />
Kamera zu drehen, wurde aus Sicherheitsgründen verworfen. Die<br />
einzig ausleihbare NTSC-Kamera war seit längerem nicht mehr im<br />
Einsatz. Hätte sie beim Dreh versagt, wäre kein Backup verfügbar<br />
gewesen. Und das Keyen <strong>und</strong> Tracken wäre mit NTSC-Material<br />
sehr mühsam geworden, denn der Standard besitzt im Gegensatz<br />
zu PAL eine deutlich geringere Zeilenanzahl (525 statt 625 Zeilen)<br />
<strong>und</strong> einen kleineren Farbraum. Beides Faktoren, die gerade beim<br />
Keying <strong>und</strong> Tracking eine wichtige Rolle spielen. Statt in NTSC mit<br />
16-mm-Optik zu drehen, wäre jedoch wiederum zu filmisch gewesen,<br />
Digi Beta hingegen zu clean. Die Wahl viel schließlich auf eine<br />
Beta-SP-Kamera, die im Gegensatz zu Digi Beta eine eher analoge<br />
Bildcharakteristik aufweist.<br />
Nun gab es noch zwei Möglichkeiten, den gewünschten NTSC-<strong>Look</strong><br />
zu erreichen. Einmal digital in der Postproduktion mithilfe von<br />
Farbkorrektur, Filtern <strong>und</strong> Frameblending, um den Unterschied<br />
zwischen den 29,97 Bildern von NTSC <strong>und</strong> den 25 Bildern von PAL<br />
<strong>und</strong> damit den charakteristischen <strong>Look</strong> zu erreichen. Die zweite<br />
Möglichkeit bestand in der Echtzeit-Hardware-Konvertierung von<br />
PAL auf NTSC <strong>und</strong> wieder zurück. Diese Variante bekam vor allem<br />
aus Zeitgründen den Zuschlag. Schließlich handelte es sich letztlich<br />
nur um das Kopieren des PAL-Bandes zu NTSC <strong>und</strong> zurück<br />
– <strong>und</strong> bei einer Videolänge von 3 Minuten ist das schnell erledigt.<br />
Dennoch fielen die Aufgaben der Postproduktion umfangreich <strong>und</strong><br />
vielseitig aus. Bei gut 20 Einstellungen wurde der vor Blau gedrehte<br />
Kopf des Deichkind-Sängers auf den Körper eines Bodybuilders<br />
getrackt, 3D-Schriften mussten integriert <strong>und</strong> schwebende, von<br />
zuckenden Blitzen umgebene Eier animiert werden. Eine Hauptaufgabe<br />
der Post bestand darin, die Gedankenwelt in Sarahs Kopf<br />
umzusetzen. Hierfür sollte man in einigen Einstellungen direkt in<br />
ihren Kopf schauen <strong>und</strong> einmal in einer nahtlosen Kamerafahrt in<br />
den Kopf respektive in die Halle fliegen.<br />
hALLeN-ReKONsTRUKTION IN 3D<br />
40 : 02 : 07 : DIGITAL PRODUCTION<br />
Das 3D-Modell entstand in Cinema 4D – die Hallengeometrie war binnen<br />
weniger St<strong>und</strong>en maßstabsgetreu erstellt. Auf einen hohen Detailgrad<br />
konnte das Team wegen schneller Kamerabewegungen mit viel Motionblur<br />
verzichten<br />
Gr<strong>und</strong>lage der digitalisierten „Tropical Islands“ waren Originalfotos. Sie wurden in Photoshop perspektivisch entzerrt, angepasst <strong>und</strong> zu einer<br />
großen Bodentextur kombiniert. Bump- <strong>und</strong> Displacement-Mapping verliehen dem Terrain feinere Strukturen<br />
Eine Kamerafahrt von außen durch die Decke in die Halle ließ sich<br />
in Tropical Islands verständlicherweise aber nicht realisieren. Die<br />
Lösung bestand darin, die ehemalige Cargolifter-Halle mit Cinema<br />
4D R9.6 in 3D nachzubauen. Als Vorlage dienten Pressefotos von der<br />
offiziellen Website der Freizeitwelt (www.my-tropical-islands.com).<br />
Aus Timing- <strong>und</strong> Budgetgründen war es nicht möglich, die Halle<br />
tagelang zu modellieren. Es ging aber auch ohne, weil sich durch<br />
die geplanten schnellen Kamerabewegungen viele Details ohnehin<br />
im Motionblur verloren. Das Hallenmodell wurde daher getreu dem<br />
Motto „So schnell wie möglich, so detailiert wie nötig“ gebaut.<br />
In wenigen St<strong>und</strong>en war die Hallengeometrie maßstabsgetreu erstellt.<br />
Sie besteht aus einem Ober- <strong>und</strong> Unterteil. Der obere Teil<br />
setzt sich aus vielen miteinander kombinierten Array-Objekten zusammen,<br />
die den Mantel <strong>und</strong> die verzweigten Gerüste im Inneren<br />
der Kuppel bilden. Array-Objekte bieten den Vorteil, dass man sie<br />
radial um einen Mittelpunkt herum platzieren kann, gleichzeitig<br />
jedoch nur mit Instanzen eines Objekts arbeitet. Deshalb mussten<br />
Änderungen an der Geometrie nur an einem Objekt vorgenommen<br />
werden, <strong>und</strong> die gesamte Konstruktion veränderte sich entsprechend.<br />
Der innere untere Teil – der Kuppelboden – bildet eine Ebene, deren<br />
Form an die Kuppel angepasst wurde. Grobe Details wie starke<br />
Erhebungen (etwa der künstliche Berg in der Hallenmitte) modelte<br />
das Team von Hand. Mit diversen Pressefotos <strong>als</strong> Ausgangsmaterial<br />
malte es danach die Bodentextur. Die erhältlichen Fotos waren<br />
allerdings nicht wirklich senkrecht von oben geschossen worden<br />
<strong>und</strong> deckten auch immer nur einen Teil der Halle ab. Weil sie jedoch<br />
hochaufgelöst vorlagen, ließen sie sich in Photoshop perspektivisch<br />
entzerren, farblich aneinander anpassen <strong>und</strong> zu einer großen<br />
Textur zusammenfügen. Auf diese Weise entstand eine entzerrte,<br />
planare Bodentextur.<br />
Im nächste Schritt wurde eine Displacement Map generiert, um<br />
dem Terrain feinere Details zu verleihen. Sie wurde auf die polygonal<br />
hoch aufgelöste Bodenfläche gemappt <strong>und</strong> bildete somit