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Verehrte Gäste und Freunde - DIE LINKE. Kreisverband ...

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Zum Tag der Erinnerung <strong>und</strong> Mahnung in Naumburg am 12. September 2010 1<br />

<strong>Verehrte</strong> <strong>Gäste</strong>, liebe Fre<strong>und</strong>e!<br />

In unserer Stadt bemühen sich Bürger mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen <strong>und</strong><br />

politischen Standpunkten um die Pflege einer Kultur gegen Gewaltherrschaft, Krieg <strong>und</strong><br />

Nationalsozialismus.<br />

Im Spechsart 5 erinnern jetzt zwei Stolpersteine an die Ermordung von Peter<br />

(26.10.1941) <strong>und</strong> Johannes Holländer (3.4.1942) durch die Nationalsozialisten. Ihr Vater<br />

Otto Hollaender (1888-1937) war der bekannte Naumburger Rechtsanwalt. Als<br />

Mitglied der Demokratischen Partei Deutschlands widersetzte er sich den<br />

Nationalsozialisten energisch.<br />

In der Parkstraße mahnt ein Stolperstein an das Schicksal von Rechtsanwalt Artur<br />

Samter (1886-1943). Couragiert vertrat er Mandanten der Rote Hilfe. Im Tscheka-<br />

Prozess von 1926 ringt er um die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen <strong>und</strong> schreibt sich<br />

damit in die deutsche Rechtsgeschichte ein.<br />

Im März konnte nach Sanierung <strong>und</strong> Kultivierung das Denkmal der Gefallenen gegen<br />

den Kapp-Putsch 1920 in einer bewegenden Feierst<strong>und</strong>e neu eingeweiht werden. Dies<br />

verdanken wir dem Engagement der Alternativen Jugend Sachsen-Anhalt Süd <strong>und</strong><br />

Frau Misch (VVN-BdA Naumburg).<br />

Von Oktober bis Dezember 2009 fand am Oberlandesgericht Naumburg die Ausstellung<br />

Justiz im Nationalsozialismus statt. Gewürdigt wurde der politische Widerstand gegen<br />

den Nationalsozialismus in Naumburg. Oberlandesgerichtspräsident Winfried Schubert<br />

prägte zur Eröffnung den Satz: Wir brauchen „keine Rechtfertigungsmaschinen für das<br />

Unrecht“. Richter des Oberlandesgerichts Naumburg, Amtsrichter aus Weißenfels <strong>und</strong><br />

angesehene Politiker der Stadt Naumburg gestalteten den regionalen Teil dieser<br />

Ausstellung. Ein erfreuliches Beispiel, wie unser Wissen von der Geschichte vertieft,<br />

korrigiert <strong>und</strong> erweitert werden kann - ohne in obstrusen Debatten zu enden, wie wir es<br />

nach 1990 in Ostdeutschland leider oft erleben mussten.<br />

Seit vielen Monaten arbeiten Schüler vom Domgymnasium mit großem Eifer unter<br />

Anleitung einer Geschichtslehrerin <strong>und</strong> mit Unterstützung durch Herrn Matthias Ludwig<br />

vom Domstiftsarchiv an den Biografien der Domschüler, die im ersten Weltkrieg gefallen<br />

sind. Die Ergebnisse werden sie in einer öffentlichen Veranstaltung am<br />

Oberlandesgericht wahrscheinlich schon im Herbst vorstellen.<br />

Für unsere kleine Stadt sind dies beachtliche Aktivitäten für eine Erinnerungskultur, für<br />

eine Zukunft ohne Krieg <strong>und</strong> Gewalt.<br />

Trotzdem, wir sind in Sorge um eine friedliche Zukunft Europas!<br />

Immanuel Kant versprach mit der durch das Recht regierten bürgerlichen Gesellschaft<br />

den Ewigen Frieden. Gekommen sind Gaskrieg <strong>und</strong> Konzentrationslager.<br />

Ein Häftling in Buchenwald war der Arbeiter Richard Kanzler (1897-1959) aus Bad<br />

Kösen. Als Kapo half er seinen Mithäftlingen, in dem gefürchteten <strong>und</strong> berüchtigten<br />

Steinbruch - darunter übrigens prominente Politiker - zu überleben.


Zum Tag der Erinnerung <strong>und</strong> Mahnung in Naumburg am 12. September 2010 2<br />

Adolf Scholze (1913-1983) ist den älteren Naumburgern noch als<br />

Gewerkschaftsfunktionär in Erinnerung. Er organisierte aus den Gustloff-Werken auf dem<br />

Ettersberg eine Drehbank für das KZ-Buchenwald. Er bringt sie unerkannt durch die<br />

Kontrolle am Haupteingang <strong>und</strong> am stellvertretenden Lagerleiter Max Schobert vorbei<br />

zum Block 11. Mit der Maschine fertigen die Häftlinge Rohlinge für Handgranaten.<br />

Unvergesslich bleibt ihr Mut zum Widerstand gegen ein unmenschliches System.<br />

Zum 64. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald im Jahr 2009 sagte der ehemalige<br />

polnische Buchenwaldhäftling Alojzy Maciak in einer Festrede:<br />

„Der verbrecherische Krieg hat die Welt an den Rand des Abgr<strong>und</strong>s gebracht <strong>und</strong><br />

eine schreckliche Bilanz hinterlassen.“<br />

Wie deutlich unterscheidet sich diese Sprache von der einer Erika Steinbach, die nun<br />

Ambitionen zeigt, eine Partei rechts von der CDU zu gründen. Die Werte der Steinbach-<br />

Partei sind die des Geschichtsrevisionismus! Dagegen protestieren wir. Wir wollen<br />

Geschichte, die Menschen zusammen führt, dem wissenschaftlichen Streit <strong>und</strong> der<br />

Wahrheit verpflichtet. Gewiss, das ist nicht einfach: Aber Geschichte soll <strong>und</strong> kann<br />

versöhnen, den Weg in eine friedliche Zukunft freigeben.<br />

Alojzy Maciak beklagt aber in seiner Ansprache in Buchenwald am 5. April 2009:<br />

„Mit Bedauern stellen wir, die ehemaligen Häftlinge, fest, dass die Welt nicht die<br />

nötigen Lehren aus unserer Geschichte gezogen hat.“<br />

Am 16. April 2010 wird ein 17-jähriger gebürtiger Israeli in der Stadt Laucha<br />

geschlagen, getreten <strong>und</strong> als Judenschwein beschimpft. Sechs Menschen schauen zu.<br />

Warum werden die Hintermänner von vielen Menschen im Ort gedeckt, fragt das<br />

Hamburger Wochenmagazin Die Zeit am 10. Juni 2010.<br />

Uns tut leid, was dem Jungen von Frau Tsipi Lev aus Laucha widerfahren ist <strong>und</strong> wir<br />

verurteilen diese Tat. Wir sehen darin nicht allein eine kriminelle Handlung, sondern eine<br />

p o l i t i s c h e T a t, die gegen die humanistischen Werte unseres Zusammenlebens<br />

gerichtet ist.<br />

Aber wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen, habe ich aus<br />

den Schriften von Max Horkheimer gelernt. Selbstverständlich hat diese Tat in Laucha<br />

s o z i a l e Ursachen. Darüber spricht die politische Klasse nicht gern öffentlich, nicht<br />

die Mitteldeutsche Zeitung, nicht Die Zeit. Die Verwerfungen <strong>und</strong> Friktionen der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung des Burgenlandkreises nach einer nicht gelungenen<br />

Privatisierung der Industrie <strong>und</strong> ihre Folgen für die Menschen werden tabuisiert,<br />

marginalisiert oder schön geredet.<br />

Nichtsdestotrotz halten wir es mit Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner VVN-BdA:<br />

Wir treten „für ein friedliches <strong>und</strong> gleichberechtigtes Miteinander von Menschen<br />

ein, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sozialem Status <strong>und</strong><br />

Religionszugehörigkeit“.

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