Stagione #2 - Theater an der Wien
Stagione #2 - Theater an der Wien
Stagione #2 - Theater an der Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Neue operNhaus<br />
<strong>Stagione</strong> <strong>#2</strong><br />
November/Dezember 2011<br />
Ein Unternehmen <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> Holding<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-magazin<br />
In Kooperation mit<br />
2. ausgabe 2011/12
Was das Schönste <strong>an</strong> Begeisterung ist? Sie wächst, wenn m<strong>an</strong> sie teilt. ŠKODA ist Partner des<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />
skoda.at<br />
facebook.com/skoda.at<br />
Verbrauch: 3,4–10,2 l/100 km. CO 2-Emission: 89–237 g/km.<br />
eDITorIaL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
mit Lera auerbachs Gogol und Claudio monteverdis L ’ Orfeo grenzen wir in den kommenden<br />
beiden premieren das breite spektrum von <strong>der</strong> ersten oper <strong>der</strong> Geschichte<br />
bis zur zeitgenössischen uraufführung im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> exemplarisch ab. mit<br />
dem auftragswerk <strong>an</strong> die junge Komponistin und Dichterin Lera auerbach bieten wir<br />
Ihnen ein premierenereignis, auf das ich mich persönlich sehr freue. Nach großen<br />
symphonischen Werken und balletten für John Neumeier hat die – in den vereinigten<br />
staaten lebende Komponistin – ihre russische seele in ihrer ersten großen oper Gogol<br />
mit großer empathie abgebildet.<br />
auerbach versucht für den bis heute verstörenden Tod des Dichters eine eigene poetische<br />
sowie musikalische sprache zu finden und konfrontiert in ihrem Libretto Gogol<br />
mit personen aus seinem eigenen Werk. Nach vielen Jahren kehrt Christine mielitz zurück<br />
<strong>an</strong>s <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> und wird die Inszenierung dieses faszinierenden opernwerkes<br />
übernehmen. Die musikalische Leitung obliegt vladimir Fedoseyev, dem Gr<strong>an</strong>d<br />
seigneur <strong>der</strong> russischen Dirigentenelite.<br />
Claus Guth, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> ersten szenischen aufführung von händels Messiah einen<br />
großen erfolg im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> feierte, wird in den kommenden saisonen eine<br />
neue sicht auf monteverdis opern präsentieren, vor Weihnachten wird L’Orfeo den<br />
chronologisch gereihten zyklus eröffnen.<br />
John mark ainsley, einer <strong>der</strong> außergewöhnlichsten Darsteller-Tenöre unserer zeit, reist<br />
als orfeo in das reich <strong>der</strong> schatten, um seine geliebte euridice zurück zu den Lebenden<br />
zu geleiten. als euridice wird es ein Wie<strong>der</strong>sehen mit mari eriksmoen geben,<br />
die als zerbinetta in Ariadne auf Naxos für Furore gesorgt hat. Ivor bolton leitet die<br />
spezialisten des Freiburger barockorchesters und des monteverdi Continuo ensembles.<br />
von <strong>der</strong> Initialzündung für das Genre oper bis zur weltweit beachteten uraufführung<br />
verdeutlichen die beiden kommenden premieren, wie zeitlos wirkungsvoll oper ist und<br />
wie aktuell sie in mo<strong>der</strong>nen Inszenierungen sein k<strong>an</strong>n. Ich wünsche Ihnen mit diesen<br />
beiden produktionen wie<strong>der</strong>um bewegende und unvergessliche stunden im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />
herzlichst Ihr<br />
Intend<strong>an</strong>t rol<strong>an</strong>d Geyer<br />
Wir freuen uns auf Ihre Anregungen: magazin@theater-wien.at<br />
Wo Kristalle und<br />
nicht Bretter<br />
die Welt bedeuten.<br />
Hauptsponsor des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />
zu09057_AZ_Kultur_127x60ssp.indd 4 03.03.2010 10:31:52 Uhr<br />
inhalt<br />
4 Lera auerbaCh<br />
Komponistin, poetin, pi<strong>an</strong>istin<br />
7 GoGoL<br />
Christine mielitz inszeniert Gogol<br />
8 L’orFeo<br />
Frühes meisterwerk <strong>der</strong> operngeschichte<br />
9 CLaus GuTh<br />
Der regisseur im Interview<br />
12<br />
voGeL, herzoG, IDIoT<br />
rupert bergm<strong>an</strong>n in drei mini-opern<br />
15 JephTha<br />
William Christie dirigiert händel<br />
16 GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />
händels Dramma per musica<br />
17<br />
CaToNe IN uTICa<br />
opernrarität von vivaldi<br />
18 parTNersChaFT<br />
Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
20 FreuNDesKreIs<br />
präsident siegfried menz im Gespräch<br />
22 eNsembLe<br />
Die Künstlerinnen und Künstler<br />
im November und Dezember<br />
Sta|gio|ne, [sta’dʒo’nə] die, -, -n: „Jahreszeit“<br />
1. spielzeit eines operntheaters 2. ensemble eines<br />
operntheaters. Kennzeichnend für den stagionebetrieb ist,<br />
dass ein stück über eine längere zeit gespielt wird.<br />
Je eine Inszenierung wird über mehrere abende o<strong>der</strong><br />
Wochen hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong> <strong>an</strong>gesetzt, es kommen nur frisch<br />
geprobte Inszenierungen zur aufführung.<br />
hauptsponsor<br />
3
oper Im November<br />
<strong>an</strong>gstfrei<br />
Lera auerbach ist Komponistin, schriftstellerin und pi<strong>an</strong>istin.<br />
In ihrer oper Gogol nähert sie sich dem großen russischen Dichter.<br />
4<br />
„Ich k<strong>an</strong>n mich nicht mehr <strong>an</strong> die zeit<br />
erinnern, in <strong>der</strong> ich keine musikerin war“,<br />
sagt Lera auerbach im Gespräch mit burkhard<br />
schäfer für das magazin für klassische<br />
musik crescendo. „schon im alter<br />
von vier Jahren habe ich mit dem Komponieren<br />
begonnen, also zur selben zeit,<br />
als ich auch das Lesen gelernt habe. Im<br />
Nachhinein betrachtet, war es wichtig, sehr<br />
früh musikalische Ged<strong>an</strong>ken und strukturen<br />
festhalten zu können.“ Lera auerbach<br />
war eine Frühvollendete. Für ihr alter verfügt<br />
sie über ein erstaunlich umf<strong>an</strong>greiches<br />
Werkverzeichnis, in dem sich nahezu<br />
alle Gattungen finden.<br />
Geboren wurde die Komponistin 1973 als<br />
Walerija Lwowna auerbach in Tscheljabinsk<br />
am r<strong>an</strong>de sibiriens. Die millionenstadt am<br />
ural, nördlich von Kasachst<strong>an</strong> gelegen, ist<br />
im Westen nahezu unbek<strong>an</strong>nt und wird<br />
von schwerindustrie geprägt. Die stadt ist<br />
hauptort einer region etwa halb so groß<br />
wie Deutschl<strong>an</strong>d, liegt geografisch in asien<br />
und doch wirkt die bevölkerung europäischer<br />
als in vielen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gegenden des<br />
urals. Die meisten berühmten persönlichkeiten<br />
<strong>der</strong> stadt sind eishockeyspieler des<br />
Traditionsvereins Traktor Tscheljabinsk.<br />
Doch im zentrum <strong>der</strong> stadt befinden sich<br />
auch das bek<strong>an</strong>nte <strong>Theater</strong> am revolutionsplatz,<br />
ein opernhaus mit eigenem ballett<br />
und ein puppentheater.<br />
In frühen Jahren beg<strong>an</strong>n auerbach Klavier<br />
zu spielen, trat mit sechs erstmals öffentlich<br />
auf, debütierte mit acht als solistin<br />
mit orchester und komponierte mit zwölf<br />
Jahren eine erste oper. Während ihrer ersten<br />
Tournee in New York entschied sich<br />
die 17-jährige pi<strong>an</strong>istin spont<strong>an</strong> im Westen<br />
zu bleiben und aus Lwowna wurde Lera.<br />
auerbach studierte <strong>an</strong> <strong>der</strong> New Yorker<br />
Juilliard school Klavier sowie Komposition<br />
und absolvierte <strong>an</strong>schließend ein Klavierstudium<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> hochschule für musik in<br />
h<strong>an</strong>nover.<br />
Lera auerbach lebt in New York, hat einen<br />
zweitwohnsitz in hamburg, debütierte bereits<br />
2002 in <strong>der</strong> Carnegie hall, wurde 2007<br />
beim Weltwirtschaftsforum in Davos in das<br />
Young Global Lea<strong>der</strong>s Forum aufgenommen<br />
und ist 2011 Composer-in-residence<br />
bei <strong>der</strong> Dresdner staatskapelle. auf ihrer<br />
homepage listet sie fein säuberlich ihre<br />
Werke auf und in ihrem blog gibt sie poetische<br />
einblicke in ihre Ged<strong>an</strong>ken o<strong>der</strong><br />
wünscht mit einem Gedicht von Leonard<br />
Cohen ein glückliches neues Jahr.<br />
Die Kosmopolitin auerbach ist dennoch<br />
tief verwurzelt mit <strong>der</strong> Kultur ihrer heimat.<br />
Ihr spielpl<strong>an</strong> besteht vielfach aus Werken<br />
russischer Klassiker und als Komponistin<br />
steht sie in <strong>der</strong> Tradition von sergej<br />
rachm<strong>an</strong>inow und alfred schnittke. Werke<br />
wie das 90-minütige Russische Requiem,<br />
das liturgische Texte <strong>der</strong> russisch-orthodoxen<br />
Kirche ebenso enthält wie zitate <strong>der</strong><br />
meister weltlicher poesie wie alex<strong>an</strong><strong>der</strong><br />
puschkin o<strong>der</strong> boris pasternak, zeigen den<br />
stellenwert ihrer heimat in ihrem künstlerischen<br />
schaffen.<br />
Lera auerbach ist Komponistin und Literatin<br />
auf gleichem Niveau, ihre künstlerische<br />
Tätigkeit beschränkt sich nicht auf die<br />
musik. Die Internationale puschkin Gesellschaft<br />
ern<strong>an</strong>nte sie 1996 im alter von 23<br />
Jahren zur „Dichterin des Jahres“ und die<br />
größte russische zeitung des Westens Novoje<br />
Russkoje Slowo zeichnete sie mit ihrem<br />
poesie-preis aus. Fünf bände mit Gedichten<br />
und prosa, zwei Novellen und eine<br />
vielzahl von artikeln umfasst ihr literarisches<br />
Werk. sie schreibe ständig Lyrik und<br />
prosa in russisch, wird sie im magazin<br />
ihres verlages sikorski zitiert. russl<strong>an</strong>d habe<br />
sich ihrer musik gegenüber stets gleichgültig<br />
verhalten, meinte auerbach 2009:<br />
„Dies ist eine Quelle <strong>der</strong> Trauer für mich.“<br />
obwohl sie ihr halbes Leben im Westen<br />
verbracht habe, seien russische Kultur und<br />
musik Teil ihrer DNa, meint auerbach.<br />
GOGOL<br />
oper in drei akten (ua)<br />
Musik und Libretto nach dem<br />
gleichnamigen Stück von Lera Auerbach<br />
In russischer sprache mit deutschen Übertiteln<br />
Musikalische Leitung vladimir Fedoseyev<br />
Inszenierung Christine mielitz<br />
Bühne Joh<strong>an</strong>nes Leiacker<br />
Kostüme Kaspar Glarner<br />
Dramaturgie Christi<strong>an</strong> baier<br />
Licht stef<strong>an</strong> bolliger<br />
Choreografie arila siegert<br />
Nikolai Gogol martin Winkler<br />
Nikolai Gogol otto Katzameier<br />
Bes Ladislav elgr<br />
Poshlust Natalya ushakova<br />
Tod stella Grigori<strong>an</strong><br />
Nikolka sebasti<strong>an</strong> schaffer<br />
Flori<strong>an</strong> Lienhart<br />
Maria / Gogols Mutter / Braut Nr. 1<br />
Tati<strong>an</strong>a plotnikova<br />
Priester / Herr Doktor / Viys Stimme<br />
Dej<strong>an</strong> vatchkov<br />
Braut Nr. 2 / Stimme <strong>der</strong> Nymphe<br />
<strong>an</strong>na Gorbachyova<br />
Staats<strong>an</strong>walt / Verteidiger<br />
Falko hönisch<br />
Richter Tim severloh<br />
Braut Nr. 3 Iwona sakowicz<br />
orF radio-symphonieorchester <strong>Wien</strong><br />
arnold schoenberg Chor (Ltg. erwin ortner)<br />
Grazer Kapellknaben & mozart Knabenchor <strong>Wien</strong><br />
auftragswerk des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
urauFFÜhruNG:<br />
Dienstag, 15. November 2011, 19.30 Uhr<br />
auFFÜhruNGeN:<br />
18. / 21. / 24. / 26. November 2011, 19.30 Uhr,<br />
eINFÜhruNGsmaTINee:<br />
Sonntag, 13. November 2011, 11.00 Uhr<br />
Lera Auerbach<br />
Im Interview mit burkhard schäfer mit <strong>der</strong><br />
ZEIT online erzählt Lera auerbach, dass sie<br />
einmal gebeten worden sei, ihre musik in<br />
einem Wort zusammenzufassen. „zuerst<br />
dachte ich, das sei eine verrückte bitte.<br />
als ich aber d<strong>an</strong>n darüber nachdachte, fiel<br />
mir das Wort ein: <strong>an</strong>gstfrei.“ sie möchte<br />
mit ihrer musik einen raum schaffen, in<br />
dem sich die menschen ohne <strong>an</strong>gst bewegen<br />
können.<br />
In ihrer neuen oper nähert sich auerbach<br />
als Komponistin und Librettistin einem <strong>der</strong><br />
größten russischen Dichter, <strong>der</strong> am ende<br />
seines Lebens verängstigt und verstört<br />
gestorben ist. Gogol von Lera auerbach<br />
ist keine musikalische biografie, son<strong>der</strong>n<br />
eine poetische bis satirische <strong>an</strong>näherung<br />
<strong>an</strong> den Dichter, <strong>der</strong> sich in seiner letzten<br />
Lebensphase in einen religiösen Wahn hineingesteigert<br />
hat. er verbr<strong>an</strong>nte den zweiten<br />
Teil seines großen rom<strong>an</strong>s Die toten<br />
Seelen und starb <strong>an</strong> den Folgen strengen<br />
Fastens im alter von 42 Jahren.<br />
Gogol, als ukrainischer Kosake geboren,<br />
werde oft als vater <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen russischen<br />
Literatur bezeichnet, sagt Lera auerbach.<br />
„er war ein schriftsteller mit einem<br />
reichen und konfliktbeladenen innerem Leben,<br />
<strong>der</strong> es in den lebhaftesten Formen<br />
verst<strong>an</strong>d, die Tragik <strong>der</strong> menschlichen existenz<br />
<strong>an</strong>s Licht zu bringen.“ seine schriften<br />
sind für auerbach heute relev<strong>an</strong>ter als sie<br />
es zu Gogols Lebzeiten waren.<br />
„bevor ich mit <strong>der</strong> arbeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> oper begonnen<br />
habe, las ich noch einmal die gesammelten<br />
Werke von Gogol und mehr als<br />
zw<strong>an</strong>zig bücher, die über ihn geschrieben<br />
wurden.“ auerbach hat aber keine historische<br />
Darstellung einer Lebensgeschichte<br />
<strong>an</strong>gestrebt, son<strong>der</strong>n wollte eine traumhafte<br />
vision <strong>der</strong> inneren Leidenschaften, des<br />
Wahnsinns und des Genies von Gogol auf<br />
die bühne bringen. opern, die wie mussorgskis<br />
Boris Godunov auf historischen<br />
stoffen basieren, können auch als „tragische<br />
märchen für erwachsene“ betrachtet<br />
werden, sagt auerbach. „Gogol ist eindeutig<br />
eine russische oper und die russische<br />
Geschichte ist ein alptraumhaftes märchen,<br />
aus dem dieses L<strong>an</strong>d vielleicht nie<br />
erwachen wird.“<br />
Der Dichter Gogol war für Lera auerbach<br />
„ein zutiefst verstörter m<strong>an</strong>n, von<br />
Ängsten besessen“, dessen Leben selbst<br />
zum alptraum wurde. „In religiöser besessenheit<br />
beg<strong>an</strong>n er zu glauben, dass er<br />
5
durch seine schriften das absolut böse in<br />
die Welt gebracht hat. ein priester, dem<br />
Gogol vertraute, heizte diese Überzeugung<br />
<strong>an</strong> und ermutigte den Dichter den zweiten<br />
und dritten b<strong>an</strong>d von Die toten Seelen<br />
zu verbrennen.“ Doch gerade Gogols<br />
tiefer ernst habe es ihm ermöglicht, ein<br />
großartiger satiriker zu werden, meint die<br />
Komponistin und setzt diesen zweideutigen<br />
<strong>an</strong>satz auch in <strong>der</strong> oper um. „Diese<br />
oper ist letztlich tragisch, hat aber dunkle<br />
humorvolle untertöne.“<br />
auerbach hat das Libretto nach ihrem eigenen<br />
<strong>Theater</strong>stück verfasst. „Das stück<br />
und das Libretto sind zwei getrennte einheiten.<br />
Das <strong>Theater</strong>stück kommt gänzlich<br />
ohne musik aus.“ Das Libretto sei eine<br />
adaption des stücks, „speziell zusammengestellt,<br />
um partner <strong>der</strong> musik zu sein“.<br />
„oper ist eine <strong>der</strong> komplettesten Kunstformen:<br />
musik, Text, Inszenierung und<br />
schauspiel sind alle Teil des G<strong>an</strong>zen.“<br />
Nicht ohne Ironie schätzt die Komponistin<br />
auerbach die zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />
autorin auerbach: „als Librettistin meiner<br />
eigenen Werke k<strong>an</strong>n ich ideal mit <strong>der</strong><br />
Komponistin zusammenarbeiten.“<br />
Die musik soll direkt auf die zuhörer<br />
wirken, wünscht sich Lera auerbach, unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Komponistin.<br />
Ihre aufgabe sei es, aus einer<br />
riesigen enzyklopädie <strong>an</strong> möglichkeiten ihr<br />
eigenes Werk zu tr<strong>an</strong>skribieren. Das paradies<br />
hat sich <strong>der</strong> argentinische schriftsteller<br />
Jorge Luis borges, den Lera auerbach<br />
ebenso verehrt wie sie ihn gerne zitiert,<br />
immer als eine art bibliothek vorgestellt.<br />
auerbachs paradies scheint eine riesige<br />
Notenbibliothek zu sein. „meine aufgabe<br />
als Komponistin ist es, in berührung mit<br />
dem urbild des Werkes und seiner imaginären<br />
energie zu kommen.“<br />
oper Im November<br />
Unglückseliger atlas<br />
Christine mielitz inszeniert die uraufführung von Lera auerbachs Gogol.<br />
Im rahmen des Kl<strong>an</strong>gbogens inszenierte<br />
Christine mielitz 2001 im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wien</strong> verdis Luisa Miller. von 2002 bis 2010<br />
war die in Chemnitz geborene regisseurin<br />
Intend<strong>an</strong>tin des Dortmun<strong>der</strong> opernhauses<br />
und <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>zeile hat sich viel verän<strong>der</strong>t:<br />
seit 2006 ist das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
wie<strong>der</strong> ein reines opernhaus und mielitz<br />
findet es schlicht „toll“, dass es dem haus<br />
gel<strong>an</strong>g, in dieser kurzen zeitsp<strong>an</strong>ne „so<br />
viel publikum zu aktivieren“. auch wenn<br />
es gerne nach „verkaufsbil<strong>an</strong>z“ klinge, sei<br />
es letzten endes notwendig, Faszination<br />
auszustrahlen, um das publikum dazu zu<br />
bringen, musikalische Geschichten von <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />
menschen zu verfolgen. „umso erstaunter<br />
bin ich, dass es junge Leute gibt,<br />
die sich mit passion und obsession dem<br />
musiktheater widmen. Lera auerbach ist<br />
eine solche besessene. Ihr vehikel, wenn<br />
m<strong>an</strong> das so nennen darf, ist Gogol.“<br />
bei <strong>der</strong> präsentation des saisonprogrammes<br />
gab ehrengast Christine mielitz einen<br />
ersten einblick in ihre regiearbeit.<br />
mielitz hätte sich nie gedacht, dass eine<br />
junge russische Komponistin ausgerechnet<br />
Gogol als Thema für eine große, abendfüllende<br />
oper wählt. vielmehr hätte sie mit<br />
Tolstoi o<strong>der</strong> Dostojewski gerechnet. In <strong>der</strong><br />
DDr habe sie „Gogol mit <strong>der</strong> schulbildung<br />
inhaliert“ und ihn als Gesellschaftskritiker<br />
und als verhöhner des beamtentums kennengelernt.<br />
„aber jetzt entdecke ich durch<br />
Lera auerbach neue züge und bin fasziniert.“<br />
auerbach ist für Christine mielitz<br />
selbst eine große poetin und Dichterin.<br />
Diese Doppelbegabung sei zwar toll, aber<br />
gleichzeitig Komponistin und Librettistin<br />
einer oper dieses ausmaßes zu sein, stellt<br />
sich die regisseurin schwer vor. „es fehlt<br />
ihr <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>part, <strong>der</strong> sagt, das ist unsinn,<br />
was du da tust. sie muss alles mit<br />
sich alleine ausmachen. Darin ähnelt sie<br />
Gogol.“<br />
Der Dichter markiere in <strong>der</strong> russischen<br />
Literaturgeschichte den zeitpunkt, <strong>an</strong> dem<br />
das große poem von puschkin vorbei ist,<br />
und er zur in seinen augen unsauberen<br />
Literatur in prosa übergehen musste. „er<br />
selbst hat das ein Leben l<strong>an</strong>g als makel<br />
empfunden und sehr darunter gelitten,<br />
Christine Mielitz<br />
dass er das große poem nicht mehr erschaffen<br />
hat.“ Dafür haben ihn die kleinen<br />
Dinge, die b<strong>an</strong>alität, die vulgarität und die<br />
Gemeinheit des Lebens regelrecht künstlerisch<br />
<strong>an</strong>gesprungen: Der orden eines<br />
stadthauptm<strong>an</strong>ns, ein misthaufen in einer<br />
stadt o<strong>der</strong> die Nase eines menschen. Gegenstände<br />
wurden ihm immer wichtiger,<br />
mielitz: „Der endpunkt ist Kafkas Käfer.“<br />
Gogols Geschichte sei eng verbunden<br />
mit russl<strong>an</strong>d, einem „<strong>der</strong> riesigsten Län<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> erde“, mit einer „völkerschar von<br />
asien nach europa“. „Wie ist es möglich,<br />
dieses L<strong>an</strong>d <strong>an</strong><strong>der</strong>s zusammenzuhalten als<br />
mit <strong>der</strong> Knute? Der zusammenhalt <strong>der</strong><br />
russen ist immer auch mit Gewalt, mit<br />
drastischer strafe, mit fürchterlichen Lagern<br />
erkauft.“ all dies kenne Gogol und<br />
es spiegle sich in seiner großen Lebens<strong>an</strong>gst<br />
wie<strong>der</strong>.<br />
es habe in russl<strong>an</strong>d über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
hinweg keine Wahlen, kein freies parlament,<br />
generell keine Diskussionen über<br />
Kultur und Wissenschaft gegeben. Wünsche<br />
nach mitsprache und nach Identität<br />
haben sich in die Kunst verlagert. „alle<br />
russischen Dichter haben empfunden,<br />
dass sie diejenigen sind, die für ihr volk<br />
ein Nationalbewusstsein kreieren müssen.<br />
Das führt zu einem bedeutungsdruck.“<br />
auch Gogol habe am ende seines<br />
Lebens gesagt, niem<strong>an</strong>d dürfe seinem<br />
Wort wi<strong>der</strong>sprechen: „Ich bin <strong>der</strong> russische<br />
Dichter, nicht einmal ich selbst, Gott,<br />
darf mir wi<strong>der</strong>sprechen. Wir schöpfen uns<br />
immer neu. Wir kreieren russl<strong>an</strong>d immer<br />
neu.“ „Ich unglückseliger atlas“ ist für<br />
Christine mielitz <strong>der</strong> mindeste ausdruck<br />
dafür. „alle russischen Künstler, egal ob<br />
sie russl<strong>an</strong>d verlassen haben o<strong>der</strong> nicht,<br />
haben gesagt, wir sind russl<strong>an</strong>d. Immer<br />
sind sie in eine g<strong>an</strong>z große innere bewegung<br />
gekommen, sie gestatten niem<strong>an</strong>dem,<br />
russl<strong>an</strong>d zu kritisieren.“<br />
Lera auerbach kenne diese unausgesprochenen<br />
Ängste und das passe wun<strong>der</strong>bar<br />
zum Dichter. „Gogol kommt aus dem Dorf,<br />
aus dem ukrainischen bauerntheater und<br />
aus dem Gespenstertheater. Damit sage<br />
ich bereits etwas über Gogol, über auerbach<br />
und über ihr stück. es ist ein<br />
buntes, wildes stück. alle Figuren spielen<br />
mehrere rollen. Die gen<strong>an</strong>nte Gemeinheit,<br />
b<strong>an</strong>alität, vulgarität ist überhaupt eine<br />
eigene Figur, unübersetzbar poshlust<br />
gen<strong>an</strong>nt.“ Für die produktion aktiviert<br />
Christine mielitz ihr schulrussisch und<br />
kündigt einen ereignisreichen abend <strong>an</strong>.<br />
„uraufführung ist einfach immer feurig,<br />
und ich bin glücklich mit einem im wahrsten<br />
sinne des Wortes experiment zurückkehren<br />
zu dürfen <strong>an</strong> die <strong>Wien</strong>zeile.“<br />
6 7
oper Im Dezember<br />
im Himmel vereint<br />
Initialzündung für das Genre oper: monteverdis L’Orfeo. Von Konrad Kuhn<br />
als sich die mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Florentiner<br />
Camerata, einem Kreis hum<strong>an</strong>istisch gebildeter<br />
adeliger, um 1600 mit dem verhältnis<br />
von (deklamierter) sprache und<br />
musik beschäftigten, war ihr ziel, die<br />
<strong>an</strong>tike Tragödie wie<strong>der</strong> zum Leben zu<br />
erwecken. sie hatten also nichts weniger<br />
im sinn als die entwicklung einer neuen<br />
musikalischen Gattung. so blieben die<br />
ersten versuche, Dramentexte mit musik<br />
zu unterlegen, denn auch blutleer; m<strong>an</strong><br />
muss Jacopo peris Euridice ebenso wie<br />
Giulio Caccinis gleichnamiges Werk als<br />
rein akademisches experiment bezeichnen.<br />
erst als das m<strong>an</strong>tu<strong>an</strong>er Gegenstück<br />
zur Florentiner Camerata, die academia<br />
degli invaghiti, den Komponisten Claudio<br />
monteverdi (1567-1643), <strong>der</strong> im Dienste<br />
<strong>der</strong> Fürsten von m<strong>an</strong>tua st<strong>an</strong>d, 1607 damit<br />
beauftragte, <strong>an</strong>knüpfend <strong>an</strong> peri und<br />
Caccini ein musikalisches orpheus-Drama<br />
zu schaffen, entst<strong>an</strong>d ein Werk, das m<strong>an</strong><br />
nach 400 Jahren operngeschichte mit Fug<br />
und recht als Initialzündung für das Genre<br />
oper bezeichnen k<strong>an</strong>n.<br />
Dabei stellte auch monteverdi das primat<br />
<strong>der</strong> sprache gegenüber <strong>der</strong> musik nicht<br />
infrage. In <strong>der</strong> beh<strong>an</strong>dlung des monodischen<br />
Ges<strong>an</strong>gs, <strong>der</strong> damals gerade dabei<br />
war, die zuvor alles beherrschende polyphonie<br />
als neue stilrichtung abzulösen,<br />
griff er jedoch auf die im (mehrstimmigen)<br />
madrigal gebräuchliche Technik zurück,<br />
einzelne begriffe als schlüsselworte mit<br />
musikalischen mitteln affektiv aufzuladen.<br />
so wird die musik in monteverdis L’Orfeo<br />
nicht nur zur verstärkenden untermalung<br />
eines im vor<strong>der</strong>grund stehenden Textes,<br />
son<strong>der</strong>n zum mittel, diesen Text auszudeuten<br />
und ihm dadurch eine neue ausdrucksebene<br />
zu verleihen, die erst durch<br />
das hinzutreten <strong>der</strong> musik entsteht. Die<br />
dabei <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dten musikalischen Formen<br />
sind vielfältig; T<strong>an</strong>zsätze und strophenlie<strong>der</strong><br />
kommen ebenso vor wie immer<br />
wie<strong>der</strong>kehrende, rein instrumentale zwischenspiele,<br />
„ritornell“ o<strong>der</strong> „sinfonia“<br />
gen<strong>an</strong>nt. Den größten Teil des Textes vertonte<br />
monteverdi jedoch als rezitativ. und<br />
hier erreicht <strong>der</strong> Komponist eine psychologische<br />
Wahrhaftigkeit, die seinen Orfeo<br />
bis heute zu einem <strong>der</strong> meisterwerke <strong>der</strong><br />
Gattung macht.<br />
Die b<strong>an</strong>dbreite <strong>der</strong> musikalisch zur Darstellung<br />
kommenden Gefühlslagen <strong>der</strong><br />
protagonisten ist groß. emotionale extrembereiche<br />
werden erkundet und in kontrastreichen<br />
stimmungen von <strong>der</strong> musik<br />
ausgemalt. Im zentrum steht <strong>der</strong> Titelheld:<br />
von <strong>der</strong> Idylle des vollkommenen<br />
Liebesglücks stürzt er unvermittelt in die<br />
abgrundtiefe verzweiflung über die Nachricht<br />
vom Tod <strong>der</strong> eben erst <strong>an</strong>getrauten<br />
Geliebten euridice. orfeo bäumt sich<br />
auf gegen diesen schicksalsschlag, den er<br />
nicht bereit ist zu akzeptieren. er gerät<br />
in lebensferne bereiche, die monteverdi<br />
in seiner unterweltmusik suggestiv zum<br />
Klingen bringt. und er endet, nachdem er<br />
sich endgültig mit dem verlust euridices<br />
John Mark Ainsley Mari Eriksmoen Ivor Bolton<br />
abfinden muss, in totaler verlassenheit.<br />
eine begegnung mit seinem vater apollo<br />
weist ihm schließlich den Weg <strong>an</strong> jenen<br />
ort, wo er wie<strong>der</strong> mit euridice vereint sein<br />
darf: im himmel.<br />
Ivor bolton, <strong>der</strong> vor zehn Jahren bereits<br />
in münchen mit einem monteverdi-zyklus<br />
große erfolge feiern konnte, erarbeitet mit<br />
dem Freiburger barockorchester den neuen<br />
Orfeo am <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. hinzu<br />
treten das monteverdi Continuo ensemble,<br />
das mit seiner reichen palette historischer<br />
Continuo-Instrumente für eine differenzierte<br />
ausgestaltung <strong>der</strong> rezitativischen<br />
passagen sorgen wird, sowie <strong>der</strong> arnold<br />
schoenberg Chor.<br />
Die erlesene besetzung wird von John<br />
mark ainsley <strong>an</strong>geführt, <strong>der</strong> die ungemein<br />
<strong>an</strong>spruchsvolle partie des orfeo<br />
seit Jahren im repertoire hat. In weiteren<br />
hauptrollen sind mari eriksmoen, die bezaubernde<br />
zerbinetta <strong>der</strong> letzten spielzeit,<br />
als euridice, Katija Dragojević als messagiera<br />
und sper<strong>an</strong>za sowie in <strong>der</strong> rolle <strong>der</strong><br />
musica, die den prolog bestreitet, suz<strong>an</strong>a<br />
ograjensek als unterweltgöttin proserpina<br />
und als Ninfa, phillip ens als Caronte<br />
und pluto sowie mirko Guadagnini als<br />
apollo zu erleben. Für die Inszenierung<br />
zeichnen <strong>der</strong> regisseur Claus Guth und<br />
<strong>der</strong> bühnen- und Kostümbildner Christi<strong>an</strong><br />
schmidt ver<strong>an</strong>twortlich, die am <strong>Theater</strong> <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wien</strong> zuletzt mit <strong>der</strong> szenischen version<br />
von händels Messiah einen Triumph<br />
feiern konnten.<br />
oper Im Dezember<br />
Reise ins Reich <strong>der</strong> Schatten<br />
regisseur Claus Guth im Gespräch mit Dramaturg Konrad Kuhn zu monteverdis L’Orfeo.<br />
Mit Claudio Monteverdis L’orfeo, uraufgeführt<br />
1607 am Hof des Herzogs von M<strong>an</strong>tua,<br />
beginnt die Entwicklungsgeschichte des Genres<br />
Oper – nach weniger bedeutenden ersten<br />
Versuchen – eigentlich erst richtig. Ein starker<br />
Beginn! Was <strong>an</strong> Operntypischem steckt<br />
schon im L’orfeo? Was fasziniert uns bis<br />
heute <strong>an</strong> diesem Stück?<br />
Wenn m<strong>an</strong> sich mit monteverdis L’Orfeo<br />
beschäftigt, ist es ein bisschen so, als ob<br />
m<strong>an</strong> sich, von etwas sehr weitgehend ausdifferenziertem<br />
kommend, wie<strong>der</strong> zurück<br />
gräbt zu den Wurzeln. Die einfachsten Wirkungsdynamiken<br />
treten auf geradezu minimalistische<br />
Weise zu Tage, so dass einem<br />
klar wird, aus welchen musikdramaturgischen<br />
elementen so ein stück im Grunde<br />
zusammengesetzt ist. Ich empfinde es<br />
als eine art ohrmuschel-reinigung, mich<br />
damit zu beschäftigen. es ist frappierend,<br />
wie wenig es braucht, um ungeheure emotionale<br />
stimmungswechsel auszudrücken.<br />
Wenn ich mich dabei selbst beobachte,<br />
stelle ich fest, dass m<strong>an</strong> den zuschauer<br />
erst einmal dahin führen muss, das aufzunehmen.<br />
Da unsere ohren durch unsere<br />
hörgewohnheiten so voll sind mit eindrücken<br />
und Tönen, muss m<strong>an</strong> die sensation,<br />
die in diesem minimalismus steckt, erst<br />
einmal wahrnehmen lernen. erst nach einer<br />
gewissen zeit <strong>der</strong> beschäftigung bin<br />
ich ins staunen geraten; zu beginn ist<br />
da einiges <strong>an</strong> mir vorbeigerauscht. Das<br />
kommt vielleicht auch daher, weil ich mich<br />
in <strong>der</strong> letzten zeit sehr viel mit strauss<br />
und Wagner beschäftigt habe. abgesehen<br />
von purcells King Arthur und Fairy Queen<br />
ist es meine erste begegnung mit dem<br />
Frühbarock in <strong>der</strong> musik.<br />
bei purcell herrscht zwar ein großer Ideenreichtum,<br />
aber nicht diese dramaturgische<br />
stringenz wie bei monteverdi. es gibt in<br />
L’Orfeo, für den monteverdi auf ein reich<br />
besetztes orchester zurückgreifen konnte,<br />
zwar schon von <strong>der</strong> Instrumentierung her<br />
eine reihe von effekten. aber <strong>der</strong> aufw<strong>an</strong>d<br />
ist ungleich geringer als zum beispiel bei<br />
Komponisten des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die<br />
unterwelt-musik wirkt deshalb so überraschend,<br />
weil plötzlich eine neue Instrumentengruppe<br />
eingesetzt wird, die m<strong>an</strong><br />
bis dahin nicht zu hören bekommen hat.<br />
In <strong>der</strong> späteren entwicklung <strong>der</strong> barockoper,<br />
etwa bei händel, passiert es einem<br />
häufig, dass m<strong>an</strong> die Form als relativ schematisch<br />
empfindet: es gibt bestimmte arientypen,<br />
die immer wie<strong>der</strong> vorkommen;<br />
das prinzip <strong>der</strong> Da capo-arie als solches,<br />
auch wenn es virtuos geh<strong>an</strong>dhabt wird, ist<br />
im vergleich zu monteverdi vorhersehbar.<br />
Dem gegenüber ist L’Orfeo dramaturgisch<br />
absolut zwingend.<br />
Daraus entwickelt sich eine sogwirkung:<br />
Das stück schraubt sich immer tiefer ins<br />
zentrum <strong>der</strong> Geschichte. Da gibt es keinen<br />
Nebenfiguren-schnickschnack nach dem<br />
motto „jetzt kriegt <strong>der</strong> noch seine arie“,<br />
son<strong>der</strong>n es geht in einer aberwitzigen Geradlinigkeit<br />
vorwärts. Nicht umsonst lautet<br />
die von monteverdi und seinem Librettisten<br />
striggio gewählte Gattungsbezeichnung<br />
„una favola in musica“: eine Geschichte<br />
wird durch die musik erzählt.<br />
bei späteren Werken monteverdis ist das<br />
<strong>an</strong><strong>der</strong>s: Während m<strong>an</strong> L’Orfeo als „h<strong>an</strong>dlung“<br />
bezeichnen könnte, ist Il ritorno di<br />
Ulisse in patria für mich eher eine „atmos-<br />
phäre“.<br />
8 9<br />
Claus Guth
Claus Guth bei den Proben von Messiah<br />
auf <strong>der</strong> Probebühne des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
Zuletzt war im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> eine<br />
szenische Version von Händels messiah in<br />
<strong>der</strong> Inszenierung von Ihnen zu erleben. In<br />
diesem Stück gab es einen Toten, <strong>der</strong> für<br />
einzelne Lebende sichtbar wurde und in einigen<br />
Szenen mitspielte. Mit Orfeo geht es<br />
nun wie<strong>der</strong> ins Reich <strong>der</strong> Toten. Gibt es ein<br />
spezielles Interesse <strong>an</strong> diesem Thema?<br />
Der Tod ist ein Thema, das unserem Leben<br />
durch die begrenzung Dimension gibt. es<br />
ist vielleicht kein zufall, dass viele Komponisten<br />
in <strong>der</strong> beschäftigung mit diesem<br />
Thema die größten musiken geschrieben<br />
haben. Ich l<strong>an</strong>de also aus doppeltem<br />
Grund immer wie<strong>der</strong> in diesem Themenfeld.<br />
zugleich ist mit dem G<strong>an</strong>g in die unterwelt<br />
ein bereich <strong>an</strong>gesprochen, <strong>der</strong> die<br />
ph<strong>an</strong>tasie unglaublich <strong>an</strong>regt. schließlich<br />
k<strong>an</strong>n niem<strong>an</strong>d wissen, was uns erwartet.<br />
es ist aufregend, sich szenisch mit diesem<br />
Thema zu beschäftigen. Da k<strong>an</strong>n es<br />
einem, wenn m<strong>an</strong> auf <strong>der</strong> bühne etwas<br />
ausprobiert, passieren, dass m<strong>an</strong> eine situation<br />
erlebt, die einem in die Knochen<br />
fährt – m<strong>an</strong> hat das Gefühl, als sei bei dem<br />
versuch, etwas <strong>an</strong> diesem phänomen zu<br />
beschreiben, tatsächlich eine <strong>an</strong>näherung<br />
<strong>an</strong> das gelungen, was wir nicht wissen<br />
können. Ich interessiere mich schon seit<br />
l<strong>an</strong>gem für die riten, die sich im umg<strong>an</strong>g<br />
mit dem Tod herausgebildet haben – auch<br />
in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kulturen. In Lateinamerika o<strong>der</strong><br />
in bestimmten afrik<strong>an</strong>ischen Kulturen wird<br />
<strong>der</strong> Tod nicht als festgelegter zeitpunkt<br />
dargestellt, son<strong>der</strong>n mehr als eine phase<br />
o<strong>der</strong> eine reise. solche Konzepte haben<br />
für mich eine größere Wahrheit als die<br />
übergenauen Definitionen des Todeszeitpunkts,<br />
die durch die mo<strong>der</strong>ne medizin<br />
entst<strong>an</strong>den sind. Das mag von wissenschaftlichem<br />
Interesse sein, aber es sagt<br />
wenig über das phänomen sterben o<strong>der</strong><br />
Todsein. Die reise ins „reich <strong>der</strong> schatten“,<br />
die orfeo <strong>an</strong>tritt, könnte m<strong>an</strong> auch<br />
als reise zu den extrempunkten <strong>der</strong> eigenen<br />
existenz auffassen.<br />
M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n die mythische Geschichte von Orpheus,<br />
so wie sie in Ovids metamorphosen<br />
erzählt wird, als Beschreibung <strong>der</strong> verschie-<br />
denen Stadien des Trauerns um einen Menschen,<br />
<strong>der</strong> einem nahe st<strong>an</strong>d, interpretieren.<br />
Vom Schock <strong>der</strong> Todesnachricht über das<br />
Sich-Auflehnen und Nicht-akzeptieren-Wollen<br />
bis hin zu Resignation und Todessehnsucht<br />
des Trauernden werden verschiedene<br />
Extremzustände beschrieben. Liegt hier ein<br />
Schlüssel für das Verständnis des Mythos?<br />
Ich glaube schon. In <strong>der</strong> szenischen erzählweise,<br />
die wir für das stück entwickelt<br />
haben, konzentrieren wir uns g<strong>an</strong>z<br />
auf die Figur des orfeo. es ist die Geschichte<br />
eines m<strong>an</strong>nes, <strong>der</strong> im höchsten<br />
Glücksgefühl schwebt und urplötzlich in<br />
die schlimmste Katastrophe gestürzt wird.<br />
Was geht in so jem<strong>an</strong>dem vor, wenn er<br />
nach <strong>der</strong> beerdigung seiner großen Liebe<br />
<strong>an</strong> den ort zurückkehrt, <strong>an</strong> dem er gerade<br />
noch hochzeit gefeiert hat? Das haus,<br />
das zuvor voller menschen war, ist leer.<br />
Die Wärme des geliebten menschen, <strong>der</strong><br />
nun nicht mehr da ist, ist noch spürbar<br />
im bett. Wie geht so ein m<strong>an</strong>n mit dem<br />
alleinsein, mit <strong>der</strong> Tatsache, dass <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />
plötzlich abwesend ist, um? Welche<br />
phasen durchläuft er? vielleicht ertappt er<br />
sich dabei, wie er in ritualen gef<strong>an</strong>gen<br />
ist, die gar keinen sinn mehr ergeben,<br />
weil <strong>der</strong> mensch, mit dem m<strong>an</strong> sie geteilt<br />
hat, nicht mehr da ist. Welche methoden<br />
entwickelt er, um damit fertig zu werden,<br />
dass er nun auf sich selbst zurückgeworfen<br />
ist? vielleicht gibt es augenblicke, in denen<br />
er sich den <strong>an</strong><strong>der</strong>en als Geist herbei<br />
denkt – was ihn d<strong>an</strong>n erschrecken lässt,<br />
weil damit zwei realitätsformen o<strong>der</strong> bewusstseinsebenen<br />
aufein<strong>an</strong><strong>der</strong>treffen. Das<br />
k<strong>an</strong>n so weit gehen, dass er das zusammenleben<br />
mit einem unsichtbaren für eine<br />
bestimmte zeit sogar genießt, woraus<br />
es d<strong>an</strong>n wie<strong>der</strong> ein böses erwachen gibt.<br />
vielleicht endet es damit, dass er endgültig<br />
in die <strong>an</strong><strong>der</strong>e realität hinüberwechseln<br />
will, in <strong>der</strong> seine verstorbene Frau nun<br />
existiert.<br />
Stichwort verschiedene Realitäten: Ist es vielleicht<br />
gerade bei einem mythischen Stoff wie<br />
L’orfeo, zu dem Götter, Geister und Nymphen<br />
gehören, sp<strong>an</strong>nend, wenn m<strong>an</strong> eine<br />
g<strong>an</strong>z realistische Erzählweise bis hin zu filmischen<br />
Mitteln wählt?<br />
Durch die Jahrhun<strong>der</strong>te haben sich immer<br />
wie<strong>der</strong> Künstler mit diesem stoff beschäftigt<br />
und ihn auf ihre eigene Lebenswelt<br />
übertragen. auch im Kino gibt es die Tradition,<br />
diese Geschichte immer wie<strong>der</strong> neu<br />
zu erzählen (m<strong>an</strong> denke <strong>an</strong> Orphée von<br />
Je<strong>an</strong> Cocteau). In <strong>der</strong> oper sowieso – sogar<br />
in <strong>der</strong> operette. m<strong>an</strong> lässt den stoff<br />
auf die eigene realität reagieren. Wir machen<br />
in unserer Inszenierung nichts <strong>an</strong><strong>der</strong>es:<br />
Wir versuchen, uns diesen orfeo<br />
als einen menschen zu denken, den wir<br />
kennen könnten. Die archaische Wucht des<br />
mythos trifft auf die uns umgebende Lebenswirklichkeit.<br />
Wenn m<strong>an</strong> das so emotional<br />
wie möglich erlebbar machen will,<br />
darf m<strong>an</strong> es nicht als eine ferne Fabel aus<br />
verg<strong>an</strong>genen zeiten betrachten, son<strong>der</strong>n<br />
m<strong>an</strong> muss es als Geschichte erzählen, die<br />
jedem von uns morgen o<strong>der</strong> übermorgen<br />
auch wi<strong>der</strong>fahren könnte.<br />
Favola in musica (1607)<br />
Musik von Claudio Monteverdi<br />
Libretto von Aless<strong>an</strong>dro Striggio d. j.<br />
In italienischer sprache mit deutschen Übertiteln<br />
Musikalische Leitung Ivor bolton<br />
Inszenierung Claus Guth<br />
Ausstattung Christi<strong>an</strong> schmidt<br />
Videodesign ari<strong>an</strong> <strong>an</strong>diel<br />
Dramaturgie Konrad Kuhn<br />
Licht olaf Winter<br />
Orfeo John mark ainsley<br />
Euridice<br />
La Musica / Sper<strong>an</strong>za<br />
mari eriksmoen<br />
Messaggiera Katija Dragojević<br />
Caronte / Plutone phillip ens<br />
Proserpina / Ninfa suz<strong>an</strong>a ograjensek<br />
Apollo mirko Guadagnini<br />
Pastori / Spiriti Cyril auvity<br />
Jeroen de vaal<br />
maciej Idziorek<br />
Jakob huppm<strong>an</strong>n<br />
Freiburger barockorchester<br />
monteverdi Continuo ensemble<br />
arnold schoenberg Chor (Ltg. erwin ortner)<br />
Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
premIere:<br />
Mittwoch, 14. Dezember 2011, 19.30 Uhr<br />
auFFÜhruNGeN:<br />
17. / 20. / 22. / 29. Dezember 2011, 19.30 Uhr,<br />
31. Dezember 2011, 20.00 Uhr<br />
eINFÜhruNGsmaTINee:<br />
Sonntag, 11. Dezember 2011, 11.00 Uhr<br />
10 11<br />
L’ORFEO
mINIaTuroper<br />
Boris, Blaubart, Papageno<br />
bassbariton rupert bergm<strong>an</strong>n gibt mit Vogel Herzog Idiot in drei<br />
mini-mono-opern einblicke in die seele und die Wünsche eines sängers.<br />
boris Godunow, blaubart und papageno:<br />
Diese drei bek<strong>an</strong>nten Figuren <strong>der</strong> opernliteratur<br />
stehen auch auf <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong><br />
Wunschrollen von rupert bergm<strong>an</strong>n. Die<br />
drei Figuren haben den bassbariton darüber<br />
hinaus zur Idee <strong>an</strong>geregt, sie in drei<br />
kurzen opern für bassbariton und Kammer-<br />
ensemble neu zu deuten. „Die Klammer<br />
für den abend bin ich“, beschreibt rupert<br />
bergm<strong>an</strong>n die Dramaturgie des abends:<br />
„In Vogel Herzog Idiot steckt einiges aus<br />
meiner biografie, da will ich ehrlich sein.<br />
Das war schon ein wichtiger Grund, dieses<br />
projekt zu betreiben. es interessiert mich<br />
<strong>an</strong> meinem beruf, rollen zu spielen, die für<br />
mich genau passen.“<br />
Für Vogel Herzog Idiot wählte bergm<strong>an</strong>n<br />
rollen, „die ich gerne einmal gesungen hätte<br />
und die bisl<strong>an</strong>g <strong>an</strong> mir vorüber geg<strong>an</strong>gen<br />
sind“: „zu boris Godunow, von dem ich als<br />
sänger vom stimmfach her gesehen wohl<br />
etwas entfernter bin, gesellte sich d<strong>an</strong>n<br />
bartóks Blaubart, den ich einmal gerne<br />
singen würde.“ sich g<strong>an</strong>z auf die Figur zu<br />
konzentrieren, war die einzige vorgabe, die<br />
bergm<strong>an</strong>n den Komponisten auferlegte:<br />
„Was sie daraus machen, habe ich ihnen<br />
überlassen.“<br />
rupert bergm<strong>an</strong>n verfügt über ein breit<br />
gestreutes repertoire. „Die operette ist<br />
das eine wichtige st<strong>an</strong>dbein, und ich trete<br />
jährlich in ein bis zwei großen produktionen<br />
auf. Der Kontrapunkt dazu ist das<br />
zeitgenössische musiktheater.“ Im <strong>Theater</strong><br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> war er bisher in produktionen<br />
von zeitgenössischem musiktheater zu sehen<br />
und s<strong>an</strong>g in den uraufführungen von<br />
bernhard L<strong>an</strong>gs I Hate Mozart und Joh<strong>an</strong>nes<br />
Kalitzkes Die Besessenen sowie in h<strong>an</strong>s<br />
Werner henzes Der Prinz von Homburg. In<br />
Vogel Herzog Idiot wollte bergm<strong>an</strong>n beide<br />
richtungen einfließen lassen. „Wenn ich<br />
im sommer eine intensive operetten-produktion<br />
absolviere, d<strong>an</strong>n freue ich mich<br />
d<strong>an</strong>ach darauf, zeitgenössisches musiktheater<br />
machen zu können. Diese art, mit unterschiedlichen<br />
Inhalten und verschiedener<br />
Ästhetik zu arbeiten und in völlig verschiedene<br />
rollen zu springen, gefällt mir.“ zwei<br />
Komponistinnen und einen Komponisten<br />
unterschiedlicher Generation und herkunft<br />
hat bergm<strong>an</strong>n ausgesucht, um die drei sujets<br />
in verschiedenen musikalischen und<br />
ästhetischen zugängen zu den mini-monoopern<br />
Heute Abend Boris Godunow von<br />
Karmella Tsepkolenko, Blaubarts von samu<br />
Gryllus und Papagenono von Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />
zu vereinen.<br />
„seit mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre habe ich durch<br />
meinen arbeitsschwerpunkt zeitgenössisches<br />
musiktheater Kontakte nach odessa“,<br />
sagt bergm<strong>an</strong>n. „Die ukrainische Komponistin<br />
und musikprofessorin Karmella<br />
Tsepkolenko hat mich 2007 wie<strong>der</strong> zu ihrem<br />
Festival Two Days <strong>an</strong>d Two Nights of<br />
New music eingeladen. bei diesem Festival<br />
ist die Idee entst<strong>an</strong>den, ein gemeinsames<br />
musiktheater zu realisieren.“ Karmella Tsepkolenko,<br />
für bergm<strong>an</strong>n <strong>der</strong> klassischen<br />
mo<strong>der</strong>ne zuzuordnen, för<strong>der</strong>e bei ihrem<br />
Festival in odessa seit l<strong>an</strong>gem die ukrainische<br />
musikszene <strong>der</strong> Gegenwart. beson<strong>der</strong>s<br />
interess<strong>an</strong>t f<strong>an</strong>d bergm<strong>an</strong>n immer die<br />
<strong>an</strong>zahl junger Komponistinnen in <strong>der</strong> ukraine:<br />
„Karmella Tsepkolenko ist sicher die<br />
mentorin dieser jungen Generation.“<br />
In Heute Abend Boris Godunow gibt bergm<strong>an</strong>n<br />
einblick in die Welt hinter <strong>der</strong> bühne.<br />
„ein sänger sitzt in seiner Gar<strong>der</strong>obe und<br />
wartet auf seinen auftritt in Boris Godunow.<br />
er probiert das Kostüm des boris, aber das<br />
Kostüm ist ihm zu eng. seine Krone ist<br />
nicht aus Gold und ohne goldene Krone<br />
tritt er nicht auf. er entscheidet: ‚heute trete<br />
ich nicht als boris auf, ich muss eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />
rolle singen.‘ er probiert das Kostüm<br />
des schuiski, aber dessen stiefel sind ihm<br />
viel zu eng. außerdem hat diese rolle keine<br />
große arie und ohne große arie macht<br />
m<strong>an</strong> keine Karriere. Daher will er auch nicht<br />
den schuiski singen. es bleibt ihm noch die<br />
rolle des Narren und er zieht das Kostüm<br />
des Narren <strong>an</strong>. aber d<strong>an</strong>n fällt ihm ein,<br />
dass <strong>der</strong> regisseur den Narren ohne bart<br />
will und er sich den bart nicht abrasieren<br />
lassen möchte. er redet sich <strong>der</strong>art in rage,<br />
dass er schlussendlich sagt, <strong>der</strong> regisseur<br />
soll die rolle doch selber singen: ‚Ich mache<br />
mich nicht für einen regisseur zum Idioten.‘<br />
Kein boris, kein schuiski, kein Narr:<br />
er tritt heute nicht auf und macht es sich<br />
lieber zu hause vor dem Fernseher und bei<br />
einem guten essen gemütlich.“<br />
„Ich finde es gut, wenn m<strong>an</strong> sich in diesem<br />
metier ab und zu auf die schaufel nimmt“,<br />
meint rupert bergm<strong>an</strong>n zum <strong>an</strong>satz von<br />
Karmella Tsepkolenko und Librettistin Kristine<br />
Tornquist, die Vogel Herzog Idiot auch<br />
inszenieren wird. „Das reine schauspiel ist<br />
<strong>an</strong>fällig für abgehobenheit und selbstinszenierung.<br />
Im musiktheater muss m<strong>an</strong> als<br />
Darsteller immer dem musikalischen Faden<br />
folgen. Daher sind wir als sänger ein bisschen<br />
dist<strong>an</strong>zierter. es ist mir aber wichtig,<br />
diese situation humorvoll zu porträtieren.<br />
In <strong>Wien</strong> herrscht ein großes Interesse <strong>an</strong><br />
dieser Kunstform und daher gefällt mir die<br />
Idee, die rollen einmal umgedreht zu präsentieren.“<br />
Den aus ungarn stammenden Komponisten<br />
Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er, Rupert<br />
Bergm<strong>an</strong>n und Rol<strong>an</strong>d Geyer<br />
bei <strong>der</strong> Partitur-Übergabe<br />
voGeL herzoG IDIoT<br />
Drei mini-mono-opern für<br />
bassbariton und Kammerensemble<br />
heuTe abeND<br />
borIs GoDuNoW (2008/11)<br />
Musik von Karmella Tsepkolenko<br />
Libretto von Kristine Tornquist<br />
bLaubarTs (2011)<br />
Musik von Samu Gryllus<br />
Libretto von Zoltán András Bán<br />
papaGeNoNo.<br />
eINe ausFLuChT (2011)<br />
Musik von Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />
Libretto von Fr<strong>an</strong>zobel<br />
Idee und Konzept rupert bergm<strong>an</strong>n &<br />
Jury everhartz<br />
Musikalische Leitung <strong>an</strong>na sushon<br />
Inszenierung Kristine Tornquist<br />
Kostüme markus Kuscher<br />
Bühne rom<strong>an</strong> spiess<br />
Bassbariton rupert bergm<strong>an</strong>n<br />
eine Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
In Kooperation mit mupaTh<br />
urauFFÜhruNG:<br />
Freitag, 4. November 2011, 20.00 Uhr<br />
auFFÜhruNGeN:<br />
6. / 8. / 10. November, 20.00 Uhr<br />
spIeLorT:<br />
Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 <strong>Wien</strong><br />
samu Gryllus, <strong>der</strong> in <strong>Wien</strong> studiert hat, lernte<br />
rupert bergm<strong>an</strong>n bei einer produktion in<br />
berlin kennen. „aus diesem und weiteren<br />
gemeinsamen projekten ist d<strong>an</strong>n die Idee<br />
zur Gründung des vereins mupaTh – music<br />
perform<strong>an</strong>ce art theater entst<strong>an</strong>den.“ Die<br />
Grundidee für Blaubarts, die sich samu<br />
Gryllus mit dem Librettisten zoltán <strong>an</strong>drás<br />
bán überlegt hat, geht davon aus, dass ein<br />
neuer blaubart geboren wird. „es wird die<br />
Geburt des neuen blaubart im mutterleib<br />
geschil<strong>der</strong>t. Das stück schil<strong>der</strong>t die Genese<br />
dieses neuen Wesens, es ist ein eher introvertierter<br />
innerer monolog, und endet mit<br />
<strong>der</strong> Geburt des neuen blaubart, <strong>der</strong> aber<br />
durchaus belastet mit seiner verg<strong>an</strong>genheit<br />
geboren wird. zwischen den beiden komödi<strong>an</strong>tischen<br />
stücken am <strong>an</strong>f<strong>an</strong>g und am<br />
ende stellt Blaubarts den ruhigeren mittelteil<br />
des abends dar.“<br />
In Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>ers Papagenono. Eine Ausflucht<br />
erzählt Librettist Fr<strong>an</strong>zobel die Geschichte<br />
von schik<strong>an</strong>e<strong>der</strong>s vogelfänger im<br />
österreichisch-wienerischen Dialekt weiter.<br />
„Wir sehen papageno einige zeit nach dem<br />
ende <strong>der</strong> Zauberflöte. papageno hat seine<br />
vögel mit Wein und zucker gefüttert, dar<strong>an</strong><br />
sind sie krepiert und jetzt sitzt er inmitten<br />
seiner toten vögel und singt ‚I w<strong>an</strong> vü‘.<br />
auch die papagena ist ihm weggelaufen,<br />
wahrscheinlich hat er sie vertrieben und er<br />
ist völlig frustriert und wie<strong>der</strong> eine bemit-<br />
leidenswerte Kreatur geworden. er glaubt,<br />
in ein Loch zu fallen und fasst am ende<br />
doch wie<strong>der</strong> mut.“<br />
Für rupert bergm<strong>an</strong>n gehört Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />
zu den Komponistinnen, die zur Tonalität<br />
ein gutes verhältnis haben: „Ich wollte<br />
das als dritten musikästhetischen <strong>an</strong>satz in<br />
diesem abend vertreten haben. es ist ein<br />
witziges und rasches stück geworden. Ich<br />
singe ja gerne operette sowie harmonische<br />
Werke und in diesem sinn ist Papagenono<br />
ein schöner Kontrast in diesem abend.“<br />
Die besetzung des fünfköpfigen Kammerensembles<br />
folgt <strong>der</strong> Instrumentierung<br />
von Heute Abend Boris Godunow,<br />
das als erstes Werk entst<strong>an</strong>den ist und<br />
somit für die beiden <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kompositionen<br />
eine auswahl <strong>an</strong> Instrumenten<br />
vorgab. „Ich habe d<strong>an</strong>n mit allen drei<br />
Komponisten gesprochen“, sagt rupert<br />
bergm<strong>an</strong>n. „herausgekommen ist ein<br />
Klaviertrio mit einer Klarinette und einem<br />
percussionisten, <strong>der</strong> die marimba als haupt-<br />
instrument neben kleineren schlagwerken<br />
spielt. Das war die vorgabe <strong>an</strong> die Komponisten,<br />
bei samu Gryllus kommt noch eine<br />
soundeinspielung dazu und bei Joh<strong>an</strong>na<br />
Do<strong>der</strong>er könnte auch das Klaviertrio die<br />
partitur alleine spielen.“ Die musikalische<br />
Leitung <strong>der</strong> ästhetisch unterschiedlichen<br />
Werke obliegt <strong>der</strong> in Novosibirsk geborenen<br />
israelischen Dirigentin <strong>an</strong>na sushon.<br />
12 13
WeiHnaCHtSaBoS<br />
operngenuss zu Weihnachten schenken!<br />
bereiten sie Ihrer Familie und FreundInnen eine beson<strong>der</strong>e Freude –<br />
mit einem exklusiven Weihnachtsabonnement des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>!<br />
ABO „KöNiGLiCH“<br />
schenken sie drei außergewöhnliche musikerlebnisse und sichern sie sich 20% ermäßigung.<br />
Iol<strong>an</strong>ta / Fr<strong>an</strong>cesca da Rimini (p. Tschaikowski / s. rachm<strong>an</strong>inow, 31. 1.),<br />
The Fairy Queen (h. purcell, 1. 3., konzert<strong>an</strong>t), Hamlet (a. Thomas, 30. 4.)<br />
WAHLABO „3 AUS 7“<br />
Gestalten sie Ihr Geschenk selbst:<br />
Wählen sie drei Termine in den gewünschten preiskategorien und sparen sie 20%.<br />
Iol<strong>an</strong>ta / Fr<strong>an</strong>cesca da Rimini (p. Tschaikowski / s. rachm<strong>an</strong>inow, 29. 1.), Deidamia (G. F. händel, 30. 1., konzert<strong>an</strong>t),<br />
Il Giustino (a. vivaldi, 21. 2., konzert<strong>an</strong>t), Telemaco (Chr. W. Gluck, 29. 2.), Les contes d’Hoffm<strong>an</strong>n<br />
(J. offenbach, 2. 4.), Svatební Koˇsile (a. Dvoˇrák, 27. 4., konzert<strong>an</strong>t), Hamlet (a. Thomas, 2. 5.),<br />
THEATER AN DER WiEN-GUTSCHEiNE BEREiTS AB ¤ 20,-<br />
Die beliebten Geschenk-Gutscheine sind in unserem Webshop o<strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Tageskasse<br />
des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> erhältlich.<br />
Bestellungen bis 15. Jänner 2012 per bestellschein (zum Download unter www.theater-wien.at),<br />
per e-mail abonnement@theater-wien.at o<strong>der</strong> <strong>an</strong> unserer Tageskasse im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
(Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong>, tägl. 10-19 uhr)<br />
Weihnachtsgewinnspiel: unter allen bestellungen verlosen wir eine exklusive Führung<br />
für 2 personen durch das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. einfach <strong>an</strong>kreuzen und am Gewinnspiel teilnehmen.<br />
einsendeschluss: 15. Jänner 2012<br />
(Die verlosung findet unter ausschluss des rechtsweges statt. Die GewinnerInnen werden schriftlich verständigt.)<br />
Das Neue operNhaus<br />
PREiSE<br />
ABO „KöNiGLiCH“<br />
¤ 284 | 246 | 196 | 156 | 122 | 78 | 43<br />
(abo-preise – bereits 20 % ermäßigt)<br />
WAHLABO „3 AUS 7“<br />
Les contes d’Hoffm<strong>an</strong>n<br />
Hamlet<br />
¤ 150 | 135 | 115 | 90 | 75 | 45 | 25<br />
Iol<strong>an</strong>ta / Fr<strong>an</strong>cesca da Rimini<br />
Telemaco<br />
¤ 135 | 115 | 85 | 70 | 52 | 35 | 18<br />
Deidamia<br />
Il Giustino<br />
Svatební Koˇsile<br />
¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />
(vollpreise – 20 % abo-ermäßigung noch<br />
nicht berücksichtigt, Kombination unterschiedlicher<br />
preiskategorien möglich)<br />
szenenfoto aus Intermezzo 2008 © armin bardel<br />
oper KoNzerTaNT<br />
Was immer ist, ist richtig<br />
William Christie und Les arts Floriss<strong>an</strong>ts interpretieren händels letztes oratorium Jephtha.<br />
mit dem Chor „Wie düster, oh herr, sind<br />
Deine Dekrete!“ endet <strong>der</strong> zweite akt von<br />
händels oratorium Jephtha. In eine dunkle<br />
zeit fiel für händel die Komposition des<br />
Werkes. zeitlebens komponierte händel<br />
zügig und präzise. mit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schrift<br />
von Jephtha beg<strong>an</strong>n er am 21. Jänner 1751<br />
und vollendete den ersten akt am 2. Februar.<br />
Nach dem großen Chor des zweiten<br />
aktes, <strong>der</strong> das geistige zentrum des Werkes<br />
bildet, notierte händel: „biß hierher komen<br />
den 13 Febr“. zur entsp<strong>an</strong>nung „des<br />
gesichts meines linken auges“ musste<br />
händel die arbeit abbrechen, nahm sie<br />
vorübergehend wie<strong>der</strong> auf und legte am<br />
27. Februar die Fe<strong>der</strong> endgültig für vier<br />
monate nie<strong>der</strong>. um sein augenleiden zu<br />
kurieren, besuchte er vergeblich die bä<strong>der</strong><br />
in bath und Cheltenham. als er mit <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>schrift des dritten aktes beg<strong>an</strong>n,<br />
ließ seine sehkraft immer mehr nach. auf<br />
dem linken auge dürfte er bereits erblindet<br />
gewesen sein. Die arbeit ging dementsprechend<br />
nur l<strong>an</strong>gsam vor<strong>an</strong>.<br />
Die Geschichte stammt aus dem buch<br />
<strong>der</strong> richter des alten Testaments. Wegen<br />
seiner unehelichen herkunft wird Jephtha<br />
von seinen halbbrü<strong>der</strong>n aus Gilead verstoßen.<br />
In <strong>der</strong> verb<strong>an</strong>nung wächst er zu<br />
einem gottesfürchtigen und stolzen Krieger<br />
her<strong>an</strong>. Das zwischenzeitlich von den<br />
ammonitern okkupierte Gilead bittet den<br />
verstoßenen sohn um hilfe und wählt ihn<br />
JephTha<br />
oratorium in drei akten (1752)<br />
Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />
Libretto von Thomas Morell<br />
Konzert<strong>an</strong>te aufführung in englischer sprache<br />
Musikalische Leitung William Christie<br />
Jephtha Kurt streit<br />
Iphis Katherine Watson<br />
Hamor David D. Q. Lee<br />
Zebul Neal Davies<br />
Storge Kristina hammarström<br />
Engel rachel redmond<br />
Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />
Donnerstag, 17. November 2011, 19.00 Uhr<br />
William Christie und Les Arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />
zum heerführer. er soll die alte heimat<br />
von <strong>der</strong> besatzungsmacht befreien. bevor<br />
Jephtha in den Kampf gegen die ammoniter<br />
zieht, legt er ein Gelübde ab. Was o<strong>der</strong><br />
wer immer als erstes aus seinem haus<br />
kommt, will er dem herrn als br<strong>an</strong>dopfer<br />
darbringen. es ist seine Tochter und Jephtha<br />
vollstreckt das opfer <strong>an</strong> seiner Tochter.<br />
Dem aufgeklärten Textdichter reverend<br />
Thomas morell, den händel selbst um<br />
ein Libretto gebeten hatte, erschien diese<br />
Geschichte zu barbarisch. In Übereinstimmung<br />
mit <strong>der</strong> <strong>an</strong>glik<strong>an</strong>ischen Theologie ersetzte<br />
er den rächenden Gott des alten<br />
Testaments durch einen gütigen Gott und<br />
gab <strong>der</strong> namenlosen Tochter <strong>der</strong> biblischen<br />
vorlage den Namen Iphis. morell<br />
erf<strong>an</strong>d neue personen, dichtete eine Liebesgeschichte<br />
hinzu und lässt die auf das<br />
schicksal <strong>der</strong> Iphigenie <strong>an</strong>spielende Iphis<br />
am ende auf Geheiß eines engels überleben.<br />
Fort<strong>an</strong> soll sie als jungfräuliche priesterin<br />
im Tempel dienen.<br />
Die uraufführung f<strong>an</strong>d mehr als ein<br />
Jahr nach arbeitsbeginn am 26. Februar<br />
1752 statt, sechs weitere aufführungen<br />
folgten. Das Werk war zwar kein misserfolg<br />
wie das von händel geschätzte<br />
oratorium Theodora, konnte sich aber<br />
ebenfalls nicht wirklich durchsetzen. zu<br />
ungewöhnlich war <strong>der</strong> introvertierte und<br />
nach innen blickende altersstil händels für<br />
das Londoner publikum. Die erstaufführung<br />
blieb die letzte premiere eines neu<br />
komponierten Werkes, die händel selbst<br />
dirigierte.<br />
Für William Christie und Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />
eröffnet Jephtha die möglichkeit, die<br />
immensen dramatischen Fähigkeiten des<br />
in ihren Worten „<strong>an</strong>spruchsvollsten Komponisten<br />
des barocken europas“ musikalisch<br />
darzustellen. ob in den dramatischen<br />
o<strong>der</strong> kontemplativen momenten <strong>der</strong> h<strong>an</strong>dlung,<br />
beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Chor übernimmt in<br />
händels oratorium eine domin<strong>an</strong>te rolle.<br />
Für William Christie und sein renommiertes<br />
ensemble enthält das biblische Werk<br />
eine Fülle <strong>an</strong> erstaunlichen Chorpassagen,<br />
wie die beeindruckende reflexion über die<br />
sterblichkeit „how dark, o Lord, are thy<br />
decrees!“: „all unsere Freuden werden sich<br />
in sorgen w<strong>an</strong>deln und unser erfolg in<br />
Trauer, sowie die Nacht dem Tag folgt.<br />
Kein dauerhaftes Glück, keinen sicheren<br />
Frieden werden wir sterblichen auf erden<br />
erfahren. Doch gehorcht diesem obersten<br />
Gebot: Was immer ist, ist richtig.“ Noch im<br />
Jahr <strong>der</strong> uraufführung erblindete händel<br />
völlig und Jephtha blieb sein letztes oratorium.<br />
15
oper KoNzerTaNT<br />
imperator ihres Herzens<br />
händels Giulio Cesare in Egitto mit al<strong>an</strong> Curtis und Il complesso barocco.<br />
Al<strong>an</strong> Curtis<br />
Julius Caesar hat seinen politischen Gegner<br />
pompejus in Griechenl<strong>an</strong>d geschlagen<br />
und bis nach Ägypten verfolgt. Dort lässt<br />
<strong>der</strong> junge herrscher ptolemäus Caesar das<br />
haupt von pompejus als Gastgeschenk<br />
überreichen. seine schwester Cleopatra<br />
indessen will den Thron für sich alleine<br />
und muss dazu ptolemäus beseitigen. es<br />
gelingt ihr, Caesar auf ihre seite zu ziehen.<br />
Nach einem attentat auf Caesar lässt<br />
ptolemäus auch Cleopatra gef<strong>an</strong>gen nehmen.<br />
Doch Caesar hat überlebt, befreit die<br />
Geliebte und krönt sie zur Königin von<br />
Ägypten. sie aber will auch als regentin<br />
dem beherrscher roms und ihres herzens<br />
untert<strong>an</strong> sein.<br />
Die Liebe zwischen Cleopatra und Caesar,<br />
<strong>der</strong> ägyptischen Königin und dem römischen<br />
Imperator, hat über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
hinweg darstellende wie bildende Künste<br />
gleichermaßen inspiriert. statt einer historischen<br />
Deutung st<strong>an</strong>d aber mehrheitlich<br />
die Charakterisierung <strong>der</strong> Figuren im sinne<br />
<strong>der</strong> zeit im mittelpunkt. Librettist Niccolò<br />
Fr<strong>an</strong>cesco haym bearbeitete für seine<br />
Dichtung ein 1677 von Giacomo Fr<strong>an</strong>cesco<br />
buss<strong>an</strong>i für venedig verfasstes, gleichnamiges<br />
Libretto. Doch haym ging weit über<br />
die vorlage hinaus, dichtete schlachten dazu,<br />
schrieb neue sterbeszenen und ließ<br />
die Feinde Caesars auf offener bühne erstechen.<br />
händel und haym gingen mit<br />
Giulio Cesare in Egitto <strong>an</strong> die Grenzen<br />
dessen, was zu ihrer zeit überhaupt noch<br />
aufführbar war. bühnenspektakel und musikalische<br />
Gl<strong>an</strong>zlichter boten optische wie<br />
akustische sp<strong>an</strong>nung bis zur scena ultima.<br />
Georg Friedrich händel wurde 1719 zum<br />
Direktor <strong>der</strong> royal academy of music ern<strong>an</strong>nt,<br />
einem privaten opernunternehmen<br />
englischer adeliger. um das Interesse des<br />
publikums zu schüren, luden die aktionäre<br />
Giov<strong>an</strong>ni bononcini nach London ein,<br />
dessen eingängige opern in g<strong>an</strong>z europa<br />
erfolg hatten. händel wurde in diesem<br />
musikalischen Wettstreit vom königlichen<br />
hof bevorzugt, <strong>der</strong> Italiener st<strong>an</strong>d in <strong>der</strong><br />
Gunst <strong>der</strong> adeligen rund um den herzog<br />
von marlborough. Dass <strong>der</strong> Kampf zugunsten<br />
händels ausging, ist auf den glänzenden<br />
erfolg von Giulio Cesare in Egitto<br />
zurückzuführen, die zu seiner erfolgreichsten<br />
und in <strong>der</strong> Gegenwart meistgespielten<br />
oper av<strong>an</strong>cierte.<br />
Der amerik<strong>an</strong>ische Dirigent, Cembalist und<br />
musikwissenschafter al<strong>an</strong> Curtis hat sich<br />
bereits als student in den 1950er Jahren<br />
zur verwendung von barocken Instrumenten<br />
und zur historischen aufführungspraxis<br />
bek<strong>an</strong>nt. er studierte bei Gustav Leonhardt<br />
in amsterdam und promovierte nach seiner<br />
rückkehr in die usa im Fach musikwissenschaft<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> university of Illinois.<br />
er schlug eine akademischen Laufbahn <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> universität von Kalifornien in berkeley<br />
ein und führte dort eine rekonstruktion<br />
von monteverdis L’incoronazione di Poppea<br />
in <strong>der</strong> ursprünglichen orchestrierung<br />
bereits in den 1960er Jahren auf. Curtis<br />
gründete 1979 das ensemble Il complesso<br />
barocco, mit dem er sich <strong>der</strong> barockmusik<br />
auf historischem Instrumentarium und<br />
<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>entdeckung von selten gespielten<br />
frühen opern widmete.<br />
Dem musiktheatralischen Werk händels<br />
widmete Curtis stets beson<strong>der</strong>e aufmerksamkeit.<br />
er empfinde es als einen Dienst<br />
<strong>an</strong> händel und <strong>an</strong> allen musikliebhabern,<br />
dessen unbek<strong>an</strong>nte Werke wie<strong>der</strong>aufzuführen.<br />
Im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> interpretierten<br />
Curtis und sein ensemble bereits die<br />
händel-opern Agrippina, Tolomeo, Berenice<br />
und das pasticcio Giove in Argo. In dieser<br />
saison widmet sich Curtis in konzert<strong>an</strong>ten<br />
aufführungen den beiden bek<strong>an</strong>nten<br />
opern Ariod<strong>an</strong>te und Giulio Cesare in Egitto<br />
sowie händels letzter und selten gespielter<br />
oper Deidamia.<br />
GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />
Dramma per musica in drei akten (1724)<br />
Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />
Libretto von Niccolò Fr<strong>an</strong>cesco Haym<br />
Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />
Musikalische Leitung al<strong>an</strong> Curtis<br />
Giulio Cesare marie-Nicole Lemieux<br />
Cleopatra Karina Gauvin<br />
Tolomeo Filippo mineccia<br />
Cornelia romina basso<br />
Sesto emöke baráth<br />
Achilla Joh<strong>an</strong>nes Weisser<br />
Nireno milena storti<br />
Il complesso barocco<br />
Mittwoch, 23. November 2011, 19.00 Uhr<br />
oper KoNzerTaNT<br />
Feind <strong>der</strong> tyr<strong>an</strong>nen,<br />
Freund des Vaterl<strong>an</strong>ds<br />
Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli leitet vivaldis Catone in Utica.<br />
In <strong>der</strong> stadt utica im nördlichen afrika treffen<br />
die Truppen des überzeugten republik<strong>an</strong>ers<br />
Cato und des Diktators Julius Caesar<br />
während des römischen bürgerkrieges<br />
aufein<strong>an</strong><strong>der</strong>. Trotz seiner überwältigenden<br />
militärischen Übermacht versucht Caesar<br />
Cato als Freund zu gewinnen. Doch Cato<br />
ist trotz Caesars entgegenkommen nicht<br />
bereit, das prinzip <strong>der</strong> republik aufzugeben<br />
und unterliegt. Der historische Cato<br />
beging nach Caesars sieg im bürgerkrieg<br />
in einkl<strong>an</strong>g mit seiner stoischen philosophie<br />
selbstmord, da er unter einem Tyr<strong>an</strong>nen<br />
nicht weiter leben konnte.<br />
Die Tragödie des römischen staatsm<strong>an</strong>nes<br />
Cato, <strong>der</strong> von 95 bis 46 vor Christus gelebt<br />
hat und in den Worten shakespeares<br />
als „Feind <strong>der</strong> Tyr<strong>an</strong>nen, Freund des vaterl<strong>an</strong>ds“<br />
in die Literatur eingeg<strong>an</strong>gen ist,<br />
ist einer <strong>der</strong> am häufigsten vertonten stoffe<br />
<strong>der</strong> barockzeit. Für die Karnevalssaison<br />
1737 in verona vertonte <strong>der</strong> 59-jährige vivaldi<br />
das Libretto des berühmten pietro<br />
metastasio. In dessen realistischem Textbuch<br />
stirbt Cato ursprünglich in <strong>der</strong> letzten<br />
szene auf <strong>der</strong> bühne und sagt Caesars<br />
sturz voraus. zeitgenössischer Geschmack<br />
und Konvention zw<strong>an</strong>gen metastasio, den<br />
schluss zu än<strong>der</strong>n, damit Cato wenigstens<br />
nicht auf <strong>der</strong> bühne stirbt. vivaldi, wohl<br />
mit hilfe eines <strong>an</strong>onymen autors, musste<br />
selbst noch diesen schluss entschärfen.<br />
In seiner Fassung kapituliert Cato in aller<br />
Form vor dem tyr<strong>an</strong>nischen Caesar und<br />
darf weiter leben.<br />
vivaldi leitete die premiere von Catone in<br />
Utica unter mitwirkung <strong>der</strong> sängerin <strong>an</strong>na<br />
Girò im Teatro Filarmonico in verona<br />
sowie vermutlich auch die folgenden fünf<br />
vorstellungen. Das Dramma per musica<br />
in drei akten ist ein groß<strong>an</strong>gelegtes, aber<br />
für die verhältnisse <strong>der</strong> zeit kurzes Werk<br />
mit 13 arien, das ursprünglich auch mit<br />
Tänzern aufgeführt wurde, und einer orchesterbesetzung<br />
mit streichern, Continuo,<br />
zwei Trompeten und zwei hörnern.<br />
Die sänger <strong>der</strong> uraufführung dürfte vivaldi<br />
selbst zusammengestellt haben. „Wir haben<br />
nur sechs aufführungen gemacht,<br />
nach den abrechnungen glaube ich, nicht<br />
zu verlieren, vielmehr, wenn Gott uns bis<br />
zum ende begünstigt, ist uns ein verdienst<br />
g<strong>an</strong>z sicher und vielleicht kein geringer“,<br />
schrieb vivaldi aus verona und hoffte, dass<br />
eine ähnliche oper auch höchste Nachsicht<br />
in Ferrara haben könnte. vivaldi war<br />
bereit, das fin<strong>an</strong>zielle risiko dafür selbst<br />
zu tragen: „Ich bin in ähnlichen Fällen<br />
ein freier unternehmer, und ich begleiche<br />
aus meiner Tasche und nicht mit<br />
geliehenem Geld.“ Doch dazu sollte es<br />
nicht kommen, <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara<br />
Fe<strong>der</strong>ico Maria Sardelli<br />
verweigerte vivaldi die einreise, weil „ich<br />
priester bin, ohne messe zu lesen, und<br />
weil ich eine amicizia mit <strong>der</strong> sängerin<br />
Girò habe“, notierte vivaldi und sah in <strong>der</strong><br />
absage „ein meer von unglück“. ein Jahr<br />
später wird <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara in<br />
<strong>der</strong> Tat ein edikt erlassen, das allen Geistlichen<br />
die Teilnahme <strong>an</strong> karnevalistischen<br />
ver<strong>an</strong>staltungen untersagt. priester hätten<br />
sich <strong>der</strong> oper von Ferrara fernzuhalten.<br />
Der italienische Dirigent und Komponist<br />
Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli hat sich intensiv<br />
mit dem Werk vivaldis beschäftigt. als<br />
mitglied des wissenschaftlichen Komitees<br />
des Istituto Itali<strong>an</strong>o <strong>an</strong>tonio vivaldi<br />
hat er mehrere musikwissenschaftliche<br />
studien zum Thema veröffentlicht. 1984<br />
gründete er modo <strong>an</strong>tiquo, das sich auf<br />
mittelalterliche wie barocke musik spezialisiert<br />
und einen entscheidenden beitrag<br />
zur Wie<strong>der</strong>entdeckung von vivaldi als<br />
opernkomponist in den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />
geleistet hat.<br />
CaToNe IN uTICa<br />
Dramma per musica in drei akten (1737)<br />
Musik von Antonio Vivaldi (1678-1741)<br />
Libretto von Pietro Metastasio<br />
Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />
Musikalische Leitung Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli<br />
Catone magnus stavel<strong>an</strong>d<br />
Marzia sonia prina<br />
Emilia Lori<strong>an</strong>a Castell<strong>an</strong>o<br />
Arbace Nicki Kennedy<br />
16 17<br />
modo <strong>an</strong>tiquo<br />
Freitag, 16. Dezember 2011, 19.00 Uhr
parTNersChaFT<br />
Von <strong>der</strong> Leiste auf die Bühne<br />
Die <strong>Wien</strong>er schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter und das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
setzen ihre partnerschaftliche Kooperation in dieser saison fort.<br />
mit gr<strong>an</strong>dioser stärke setzte véronique<br />
Gens neue maßstäbe für die Gestaltung<br />
<strong>der</strong> Titelrolle von Christoph Willibald<br />
Glucks Iphigénie en Tauride. mit darstellerischer<br />
präsenz und präziser stimmführung<br />
begeisterte die fr<strong>an</strong>zösische sopr<strong>an</strong>istin<br />
publikum und Kritik. Neu interpretiert und<br />
zeitgemäß umgesetzt, wurde aus einer<br />
oper mit <strong>an</strong>tikem Thema aus dem Jahr<br />
1779 ein tiefer blick in die menschliche<br />
seele <strong>der</strong> Gegenwart und ein Wegweiser in<br />
die zukunft. Jede opernaufführung besteht<br />
aus einer komplexen vielzahl von einzelnen<br />
elementen und nur, wenn in allen abteilungen<br />
auf höchstem Niveau gearbeitet<br />
wird, k<strong>an</strong>n eine künstlerisch erfolgreiche<br />
produktion entstehen. Neben musik und<br />
Inszenierung ist es die ausstattung, die<br />
die Ästhetik eines opernhauses in allen<br />
Details entscheidend mitprägt. véronique<br />
Gens trug als Iphigénie ein beson<strong>der</strong>es<br />
paar schuhe, <strong>an</strong>gefertigt von <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>er<br />
schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter. von den<br />
Leisten bis zum fertigen schuh wurde das<br />
modell für véronique Gens in <strong>der</strong> letzten<br />
m<strong>an</strong>ufaktur für rahmengenähte schuhe<br />
in mitteleuropa h<strong>an</strong>dgefertigt. „Die Leisten<br />
für die schuhe <strong>der</strong> Iphigénie stammen<br />
noch aus <strong>der</strong> zwischenkriegszeit“, erläutert<br />
<strong>der</strong> geschäftsführende Gesellschafter des<br />
Familienbetriebs Till reiter. „Nach meiner<br />
urgroßmutter wurden sie <strong>an</strong>na ben<strong>an</strong>nt.“<br />
mit <strong>der</strong> unterstützung <strong>der</strong> opernproduktion<br />
Der Prinz von Homburg im November<br />
2009 beg<strong>an</strong>n die zusammenarbeit zwi-<br />
schen <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter<br />
und dem <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. Die Kooperation<br />
wurde bei Il mondo della luna sowie<br />
<strong>der</strong> uraufführung von Die Besessenen fort-<br />
gesetzt, und in Der Freischütz spielten<br />
schuhmodelle von Ludwig reiter eine<br />
tragende rolle. Karl markovics als samiel<br />
entfaltete seine teuflische Wirkung in <strong>der</strong><br />
Wolfsschlucht in einem eigens <strong>an</strong>gefertigten<br />
paar schwarzer Lackstiefeletten. Die<br />
auswahl <strong>der</strong> schuhe erfolgt in enger zusammenarbeit<br />
zwischen den Kostümbildnern<br />
<strong>der</strong> Inszenierungen und <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur.<br />
vom klassischen reitstiefel<br />
über zugstiefeletten bis zum husarenstiefel,<br />
vom halbschuh für herren bis zum<br />
eleg<strong>an</strong>ten abendschuh für Damen: rund<br />
200 paar werden für eine saison von Ludwig<br />
reiter hergestellt und den im <strong>Theater</strong><br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auftretenden solisten und<br />
Choristen in passen<strong>der</strong> <strong>an</strong>zahl und Größe<br />
zur verfügung gestellt. Till reiter, in vierter<br />
Generation mit seinen Geschwistern für die<br />
<strong>Wien</strong>er Traditionsmarke ver<strong>an</strong>twortlich,<br />
freut sich als opernkenner über die ent-<br />
wicklung sowie den erfolg des neuen<br />
opernhauses und bekräftigt die partner-<br />
schaftliche zusammenarbeit.<br />
Die Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur wurde<br />
1885 als h<strong>an</strong>dwerksbetrieb gegründet. Der<br />
betrieb bef<strong>an</strong>d sich bis 1998 im 17. <strong>Wien</strong>er<br />
Gemeindebezirk und wurde aufgrund <strong>der</strong><br />
beengten räumlichen verhältnisse nach<br />
<strong>Wien</strong>er Neudorf verlegt. als <strong>Wien</strong>er unternehmen<br />
fiel 2008 die entscheidung, wie<strong>der</strong><br />
in die stadt <strong>der</strong> Gründung zurückzukehren<br />
und m<strong>an</strong> stieß auf <strong>der</strong> suche nach einem<br />
geeigneten Gelände auf schloss süßenbrunn<br />
im Nordosten des <strong>Wien</strong>er Gemeindegebietes.<br />
Das schloss, ursprünglich ein<br />
erstmals im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t erwähntes<br />
rittergut, wurde im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />
den Freiherrn von L<strong>an</strong>dau zu einem renaiss<strong>an</strong>ce-schloss<br />
ausgebaut. Nach mehreren<br />
besitzerwechseln gestalteten die Freiherrn<br />
von bartenstein das schloss um 1830 im<br />
stil <strong>der</strong> Frührom<strong>an</strong>tik um. seit den 1920er<br />
Jahren waren <strong>der</strong> Gutshof und das schloss<br />
im besitz <strong>der</strong> Theresi<strong>an</strong>ischen akademie.<br />
Im sinne des unternehmerischen Leitmotivs<br />
„Die zukunft <strong>der</strong> Tradition“ wurde die<br />
historische subst<strong>an</strong>z des Gutshofes in abstimmung<br />
mit dem bundesdenkmalamt<br />
<strong>Wien</strong> für die produktion behutsam adaptiert.<br />
Die erhaltung eines Kulturdenkmals<br />
k<strong>an</strong>n somit durch eine neue Nutzung gesichert<br />
werden. Wo ursprünglich pferde und<br />
Kühe untergebracht waren, werden seit mai<br />
dieses Jahres von rund 40 mitarbeitern in<br />
<strong>der</strong> produktion jährlich rund 30.000 paar<br />
schuhe gefertigt. Die meisten davon werden<br />
in rahmengenähter h<strong>an</strong>darbeit nach dem<br />
traditionellen Goodyear-verfahren hergestellt,<br />
das Ludwig reiter II. als junger m<strong>an</strong>n<br />
zu beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in den vereinigten<br />
staaten kennengelernt hat. Das<br />
verwalterhaus wurde zum büro und <strong>der</strong><br />
Getreidespeicher dient als Depot. Die<br />
schlosserei ist im Taubenschlag untergebracht<br />
und in <strong>der</strong> meierei werden Taschen<br />
und Koffer gefertigt. Die verbindungsgänge<br />
aus holz und Glas wurden neu errichtet<br />
und werden als materiallager genutzt.<br />
Die renovierung und adaptierung eines<br />
denkmalgeschützten ensembles benötigt<br />
neben <strong>der</strong> notwendigen arbeit vor allem<br />
zeit. mehr als zwei Jahre wurde gepl<strong>an</strong>t<br />
und renoviert, musste <strong>der</strong> Gutshof <strong>an</strong> die<br />
arbeitsprozesse einer schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
<strong>an</strong>gepasst werden. Für Till reiter ist dieser<br />
umst<strong>an</strong>d kein Thema: „Wir haben uns<br />
Die historische Leiste Anna, nach <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Schuh für Véronique Gens als<br />
Iphigénie in <strong>der</strong> Schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
Ludwig Reiter hergestellt wurde.<br />
freiwillig dieses objekt ausgesucht. aber<br />
ich glaube, dass sich alte Dinge auf l<strong>an</strong>ge<br />
sicht rentieren.“ mit schloss und Gutshof<br />
süßenbrunn habe sich die einmalige<br />
Ch<strong>an</strong>ce ergeben, die schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
mit allen vor- und nachgelagerten schritten<br />
in einem charm<strong>an</strong>ten ambiente in<br />
<strong>Wien</strong> unterzubringen. Gegenwärtig werden<br />
Fassaden und Garten<strong>an</strong>lagen inst<strong>an</strong>d<br />
gesetzt, längerfristig ist die restaurierung<br />
des hauptgebäudes gepl<strong>an</strong>t. auch<br />
die aufführungen von brittens The Turn<br />
of the Screw und händels Serse wurden<br />
von Ludwig reiter mit den notwendigen<br />
schuhen ausgestattet. beide Neuproduktionen<br />
<strong>der</strong> noch jungen saison bewiesen<br />
erneut, dass sich Tradition und Innovation<br />
gegenseitig beflügeln, sol<strong>an</strong>ge Qualität das<br />
oberste Gebot ist. Diesen Weg werden die<br />
Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur und das<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auch in dieser saison<br />
gemeinsam bestreiten.<br />
H<strong>an</strong>dwerkliche Perfektion von<br />
<strong>der</strong> Leiste bis zum fertigen<br />
Produkt: Die Ludwig Reiter<br />
Schuhm<strong>an</strong>ufaktur im Schloss<br />
Süßenbrunn in <strong>Wien</strong>.<br />
Geschäftsführer Till Reiter<br />
mit Tochter Magdalena im<br />
„Rittersaal“ des Gutshofes.<br />
18 19
Im Jahr 2007 hat sich eine Gruppe von<br />
opern-begeisterten zusammengeschlossen<br />
und den verein Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wien</strong> ins Leben gerufen.<br />
ziel des vereines ist es, die schwerpunkte<br />
des hauses zu unterstützen und dadurch<br />
den stellenwert des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
als außergewöhnliche Kulturinstitution zu<br />
unterstreichen. In <strong>der</strong> kurzen zeit seines<br />
bestehens wurde <strong>der</strong> verein eine plattform<br />
für alle Liebhaber des neuen, innovativen<br />
musiktheaters und bietet ein vielfältiges<br />
<strong>an</strong>gebot <strong>an</strong> Diskussions- und Informationsmöglichkeiten.<br />
ein beson<strong>der</strong>es augenmerk<br />
legen die Freunde des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wien</strong> darauf, Jugendlichen den zug<strong>an</strong>g zur<br />
opernwelt zu ermöglichen. Daher ist es ein<br />
beson<strong>der</strong>es ziel des vereines, die erfolgreichen<br />
Jugendprojekte auch fin<strong>an</strong>ziell zu unterstützen.<br />
siegfried menz, vorst<strong>an</strong>dsvorsitzen<strong>der</strong> von<br />
ottakringer, gibt im Gespräch einblick über<br />
seine Leidenschaft für oper und klassische<br />
musik.<br />
Wissen Sie noch, welches Werk Sie in die Welt<br />
<strong>der</strong> Oper eingeführt hat?<br />
als gebürtiger vorarlberger wurde mein<br />
Interesse <strong>an</strong> klassischer musik und oper<br />
vor allem durch besuche <strong>der</strong> bregenzer<br />
Festspiele geweckt. Das kulturelle <strong>an</strong>gebot<br />
während meiner Jugend- und schulzeit war<br />
aber doch recht begrenzt, um nicht zu sagen<br />
überschaubar. In erinnerung geblieben<br />
ist mir aber eine aufführung von Schw<strong>an</strong>ensee.<br />
vielleicht war das auch das Initiationswerk,<br />
das mein Interesse am musiktheater<br />
schließlich geweckt hat.<br />
Wie haben Sie d<strong>an</strong>n Ihren Wechsel nach <strong>Wien</strong><br />
wahrgenommen?<br />
Der Wechsel nach <strong>Wien</strong> erfolgte aufgrund<br />
meines studiums. von <strong>der</strong> messe- und<br />
Gartenstadt Dornbirn im rheintal kommend,<br />
empf<strong>an</strong>d ich den unterschied zu<br />
<strong>Wien</strong> schon gewaltig. ausgehungert nach<br />
Kultur bedeutete diese verän<strong>der</strong>ung die<br />
einkehr ins paradies, denn diese stadt<br />
war und ist für jem<strong>an</strong>den wie mich, <strong>der</strong> <strong>an</strong><br />
Siegfried Menz,<br />
Ottakringer-Vorst<strong>an</strong>dsvorsitzen<strong>der</strong><br />
und Präsident des Vereines<br />
Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
FreuNDesKreIs<br />
einkehr ins Paradies<br />
siegfried menz, präsident des Freundeskreises, über sein engagement für das neue opernhaus.<br />
musik, oper, <strong>Theater</strong> und bilden<strong>der</strong> Kunst<br />
gleichermaßen interessiert ist, das reinste<br />
schlaraffenl<strong>an</strong>d.<br />
Was hat Sie dazu bewogen, dem Freundeskreis<br />
als dessen Präsident vorzustehen und<br />
sich für das neue Opernhaus <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> zu<br />
engagieren?<br />
meine grundsätzliche Neugier und die<br />
Überzeugung, dass es die einzig richtige<br />
entscheidung <strong>der</strong> stadt <strong>Wien</strong> war, dieses<br />
historische Juwel wie<strong>der</strong> seiner ursprünglichen<br />
bestimmung als opernhaus zurückzuführen.<br />
außerdem bietet kaum ein <strong>an</strong><strong>der</strong>er<br />
bereich wie die Kunst so viele verschiedene<br />
möglichkeiten, Themen und Dinge, die uns<br />
bewegen, auf vielfältige Weise wahrzunehmen.<br />
vor allem finde ich auch, dass <strong>der</strong> kreative<br />
zug<strong>an</strong>g das entdecken von Kunst so<br />
interess<strong>an</strong>t macht. und schließlich: Überzeugt<br />
von einer sache möchte ich immer<br />
etwas bewegen und mich einbringen.<br />
Welche beson<strong>der</strong>en Ziele verfolgt <strong>der</strong> Freun-<br />
beITrITTserKLÄruNG<br />
verein FreuNDe TheaTer aN Der WIeN<br />
Ich trete hiermit dem Verein FREUNDE THEATER AN DER WIEN bei.<br />
Bitte senden Sie mir weitere Informationen <strong>an</strong> folgende Adresse:<br />
Name: _____________________________________________________________________________________________<br />
adresse: ____________________________________________________________________________________________<br />
Tel: ___________________________________________________ Fax:_________________________________________<br />
e-mail: _____________________________________________________________________________________________<br />
c mitglied ¤ 50,– p. a.<br />
c Jugendmitglied (bis 26 J.) ¤ 15,– p. a.<br />
c För<strong>der</strong>er ¤ 350,– p. a.<br />
Zutreffendes bitte <strong>an</strong>kreuzen und diesen Abschnitt in einem Kuvert <strong>an</strong><br />
Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> | Linke <strong>Wien</strong>zeile 6 | 1060 <strong>Wien</strong> senden.<br />
Datum: ___________________ unterschrift: ______________________________________________________________<br />
deskreis und welche Angebote und Möglichkeiten<br />
bieten Sie Ihren Mitglie<strong>der</strong>n? Welchen<br />
Stellenwert nimmt die Jugendarbeit für den<br />
Freundeskreis ein?<br />
ein beson<strong>der</strong>es <strong>an</strong>liegen des vereins ist<br />
die För<strong>der</strong>ung und unterstützung <strong>der</strong> Jugendarbeit.<br />
hier hat das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wien</strong> während <strong>der</strong> verg<strong>an</strong>genen Jahre mit<br />
außergewöhnlichen projekten wesentliche<br />
maßstäbe gesetzt und damit das Interesse<br />
und die begeisterung vieler Jugendlicher für<br />
das musiktheater geweckt. als ein beispiel<br />
seien die begleitenden Workshops und Gespräche<br />
rund um Jake heggies oper Dead<br />
M<strong>an</strong> Walking gen<strong>an</strong>nt, die das Thema <strong>der</strong><br />
Todesstrafe zum Inhalt hatte. Der verein<br />
soll auch eine plattform darstellen, wo<br />
opernf<strong>an</strong>s sich informieren und mitein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />
kommunizieren können. Freier eintritt<br />
zu den Werkeinführungen, die jährliche<br />
Dokumentations-DvD, einladungen und<br />
ermäßigungen zu speziellen ver<strong>an</strong>staltungen,<br />
<strong>der</strong> besuch einer Generalprobe, eine<br />
eigene Gar<strong>der</strong>obe und das zusammentreffen<br />
mit Künstlerinnen und Künstlern sind<br />
nur einige <strong>der</strong> <strong>an</strong>gebote, die <strong>der</strong> verein seinen<br />
För<strong>der</strong>ern und mitglie<strong>der</strong>n bietet.<br />
Was zeichnet das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> aus<br />
und ist das <strong>Stagione</strong>-System von <strong>Wien</strong>s neuem<br />
Opernhaus zukunftsweisend?<br />
Das vielfältige programm mit seinem über-<br />
iMPReSSUM:<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> – Intend<strong>an</strong>t DI rol<strong>an</strong>d Geyer | medieninhaber und herausgeber: vereinigte bühnen <strong>Wien</strong> Ges.m.b.h.<br />
Generaldirektor mag. Thomas Drozda<br />
ein unternehmen <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> holding | <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>, Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong> | Tel. (+43/1) 588 30-660 | oper@theater-wien.at | www.theater-wien.at<br />
Für den Inhalt ver<strong>an</strong>twortlich: Intend<strong>an</strong>t DI rol<strong>an</strong>d Geyer | redaktion: Joh<strong>an</strong>nes penninger | Gastautor: Konrad Kuhn<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-Team: petra aichinger, Karin bohnert, sylvia hödl, Catherine Leiter, markus schemmel, axel e. schnei<strong>der</strong>, sabine seisenbacher, Claudia stobrawa, philipp Wagner<br />
marketing & produktion: Tina osterauer | Grafik/art Direction: martina heyduk | redaktionsschluss: 17. oktober 2011<br />
herstellung: Nie<strong>der</strong>österreichisches pressehaus, Druck- und verlagsgesellschaft m.b.h., 3100 st. pölten, Gutenbergstraße 12<br />
Än<strong>der</strong>ungen und Irrtümer vorbehalten | Dvr 0518751<br />
aus breiten spektrum von <strong>der</strong> barockoper<br />
bis hin zu zeitgenössischen Werken bildet<br />
eine wertvolle und notwendige ergänzung<br />
zum <strong>an</strong>gebot von staatsoper und<br />
volksoper. Werke kommen wie<strong>der</strong> zur aufführung,<br />
die sehr l<strong>an</strong>ge o<strong>der</strong> überhaupt<br />
noch nie in <strong>Wien</strong> gezeigt wurden, womit<br />
laufend neue akzente gesetzt werden. zur<br />
Frage, ob das stagione- o<strong>der</strong> das repertoire-system<br />
zukunftsweisend ist, meine<br />
ich, dass beide wichtig und – abgestimmt<br />
auf das jeweilige haus – sinnvoll sind. Im<br />
Falle des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> ist die monatliche<br />
bespielung mit jeweils einem stück in<br />
gleich bleiben<strong>der</strong> besetzung und damit in<br />
gleich bleiben<strong>der</strong> Qualität ideal.<br />
BiLdnaCHWeiS:<br />
Coversujet © beyond / michael huber . thomas riegler (grafik: thomas riegler) // s. 3 rol<strong>an</strong>d Geyer © Lukas beck // s. 6 Lera auerbach © Friedrun reinhold // s. 8 Ivor bolton © ben Wright // s.9 Claus Guth © regine Koerner<br />
s. 10 probenfotos Messiah © armin bardel // s.13 Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er, rupert bergm<strong>an</strong>n, rol<strong>an</strong>d Geyer © Karl schöndorfer // s. 15 Les arts Floriss<strong>an</strong>ts © philippe matsas // s. 18/19 Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur © alle peter m. mayr<br />
s. 19 szenenfoto Iphigénie en Tauride © rolf bock // s. 20 siegfried menz © erich reism<strong>an</strong>n // s. 22 mari eriksmoen © s. bjell<strong>an</strong>d<br />
20 21
eNsembLe November / Dezember<br />
Mari eriksmoen<br />
Die junge Norwegerin debütierte im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> 2010 als<br />
zerbinetta in harry Kupfers Inszenierung von Ariadne auf Naxos<br />
unter <strong>der</strong> musikalischen Leitung von bertr<strong>an</strong>d de billy. aufgrund<br />
ihrer schw<strong>an</strong>gerschaft musste Di<strong>an</strong>a Damrau den auftritt als Komödi<strong>an</strong>tin<br />
absagen und mari eriksmoen übernahm kurzfristig die<br />
rolle. Die sopr<strong>an</strong>istin war als phänomenale zerbinetta die entdeckung<br />
des abends, schauspielerisch hinreißend beeindruckte sie<br />
mit lyrischem ausdruck, sicherheit in den Koloraturen und Wortdeutlichkeit<br />
in allen schwierigen passagen.<br />
Geboren in oslo studierte mari eriksmoen in ihrer heimatstadt<br />
sowie am Conservatoire National superieur in paris. Im Jahr 2007<br />
war sie Finalistin beim Queen sonja International Wettbewerb und<br />
2008 beim h<strong>an</strong>s Gabor belve<strong>der</strong>e Wettbewerb in <strong>der</strong> Disziplin<br />
operette. mit 23 Jahren debütierte sie als sus<strong>an</strong>na in Le Nozze di<br />
Figaro und als adele in Die Fle<strong>der</strong>maus in <strong>der</strong> Norwegischen staatsoper.<br />
Nach ihrem auftritt beim silvesterkonzert 2010 in Carmina<br />
Bur<strong>an</strong>a im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> übernimmt eriksmoen die kurze,<br />
aber gewichtige und musikalisch wun<strong>der</strong>schöne partie <strong>der</strong> euridice<br />
in monteverdis L ’ Orfeo.<br />
Der <strong>an</strong>tike mythos vom tragischen Liebespaar orfeo und euridice<br />
eignete sich wie kein <strong>an</strong><strong>der</strong>er als archetyp <strong>der</strong> neuen Gattung. Dem<br />
sänger aus Thrakien gel<strong>an</strong>g es mit seiner musik, Tiere zu besänftigen,<br />
bäume zu bewegen und steine zu erweichen. In ihm f<strong>an</strong>den<br />
die Komponisten um 1600 eine ideale Figur, ihre Idee einer neuen<br />
musikalischen Gattung, in <strong>der</strong> musik und sprache sich gegenseitig<br />
ergänzen, zu verwirklichen. Inspiration findet orfeo in seiner<br />
grenzenlosen Liebe: „Nur deinetwegen, schöne euridice, preise<br />
ich meine Qualen: Denn nach dem Leid wird m<strong>an</strong> glücklicher und<br />
nach den schmerzen fröhlicher.“<br />
euridice erwi<strong>der</strong>t die Gefühle, denn ihr herz weile längst nicht<br />
mehr bei ihr. Der sänger habe es mit seiner Liebe <strong>an</strong> sich gefesselt:<br />
„Frag es, wenn du zu wissen verl<strong>an</strong>gst, wie glücklich es schlägt und<br />
wie es dich liebt.“ Doch orfeo verliert seine <strong>an</strong>gebetete, die ihm in<br />
den Worten ovids aber nicht grämt: „mag sie sterben zum zweiten<br />
mal: sie hat für den Gatten keinerlei Tadel. Was soll sie denn<br />
tadeln, als dass er sie liebe?“<br />
mari eriksmoens repertoire umfasst Koloraturpartien ebenso<br />
wie jene des lyrischen Fachs. Nach rollen in Werken von händel,<br />
haydn und mozart, schönberg, poulenc und strauss wendet sie<br />
sich nun dem beginn <strong>der</strong> Gattung oper zu. Im märz 2012 wird sie<br />
d<strong>an</strong>n die olympia in <strong>der</strong> Neuproduktion von Jacques offenbachs<br />
Les contes d’Hoffm<strong>an</strong>n im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> übernehmen.<br />
vladimir Fedoseyev (Dirigent) · martin Winkler (Gogol) · Ladislav elgr (bes) · stella Grigori<strong>an</strong> (Tod)<br />
Christine mielitz (regie) · otto Katzameier (Gogol) · Natalya ushakova (poshlust)<br />
Tati<strong>an</strong>a plotnikova (maria/mutter/braut) · <strong>an</strong>na Gorbachyova (braut/Nymphe) · Iwona sakowicz (braut) · sebasti<strong>an</strong> schaffer (Nikolka)<br />
Dej<strong>an</strong> vatchkov (priester/Doktor) · Tim severloh (richter) · Falko hönisch (staats<strong>an</strong>walt / verteidiger) · Flori<strong>an</strong> Lienhart (Nikolka)<br />
voGeL herzoG IDIoT<br />
rupert bergm<strong>an</strong>n (bassbariton) · Kristine Tornquist (regie)<br />
<strong>an</strong>na sushon (musikalische Leitung)<br />
22 23<br />
GoGoL<br />
L’orFeo<br />
Ivor bolton (Dirigent) · John mark ainsley (orfeo) · Katija Dragojević (musica/messaggiera/sper<strong>an</strong>za)<br />
Claus Guth (regie) · mari eriksmoen (euridice) · phillip ens (Caronte/plutone)<br />
suz<strong>an</strong>a ograjensek (proserpina/Ninfa) · Cyril auvity (pastore/spirito) · Jakob huppm<strong>an</strong>n (pastore/spirito)<br />
mirko Guadagnini (apollo) · Jeroen de val (pastore/spirito)<br />
JephTha<br />
William Christie (Dirigent) · Kristina hammarström (storge) · Neal Davies (zebul)<br />
Katherine Watson (Iphis) · Kurt streit (Jephtha) · David D. Q. Lee (hamor)<br />
GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />
al<strong>an</strong> Curtis (Dirigent) · Karina Gauvin (Cleopatra) · romina basso (Cornelia) · Joh<strong>an</strong>nes Weisser (achilla)<br />
marie-Nicole Lemieux (Giulio Cesare) · Filippo mineccia (Tolomeo) · emöke baráth (sesto) · milena storti (Nireno)<br />
CaToNe IN uTICa<br />
Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli (Dirigent) · sonia prina (marzia) · Nicki Kennedy (arbace)<br />
magnus stavel<strong>an</strong>d (Catone) · Lori<strong>an</strong>a Castell<strong>an</strong>o (emilia)
4. NOVEMBER BiS 31. DEZEMBER<br />
voGeL herzoG IDIoT<br />
Drei mini-mono-opern für bassbariton und Kammerensemble. musik von Karmella Tsepkolenko, samu Gryllus und Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />
Idee & bassbariton: rupert bergm<strong>an</strong>n | musikal. Ltg: <strong>an</strong>na sushon | Inszenierung: Kristine Tornquist | Kostüme: markus Kuscher | bühne: rom<strong>an</strong> spiess<br />
4. November, 20.00 Uhr (Uraufführung) | 6., 8., 10. November, 20.00 Uhr | Spielort: <strong>Wien</strong>er Kammeroper | Tickets ¤ 20 | In Kooperation mit mupaTh<br />
GoGoL<br />
oper von Lera auerbach | Dirigent: vladimir Fedoseyev | regie: Christine mielitz | bühne: Joh<strong>an</strong>nes Leiacker | Kostüme: Kaspar Glarner<br />
orF radio-symphonieorchester <strong>Wien</strong> | arnold schoenberg Chor | Grazer Kapellknaben & mozart Knabenchor <strong>Wien</strong><br />
15. November, 19.30 Uhr (Uraufführung) | 18., 21., 24. & 26. November, 19.30 Uhr | Einführungsmatinee: 13. November, 11.00 Uhr<br />
Tickets ¤ 135 | 115 | 85 | 70 | 52 | 35 | 18 | Neuproduktion & auftragswerk des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
JephTha<br />
oratorium von Georg Friedrich händel (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: William Christie | Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />
17. November, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />
GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />
oper von Georg Friedrich händel (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: al<strong>an</strong> Curtis | Il complesso barocco<br />
23. November, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />
L’orFeo<br />
oper von Claudio monteverdi | Dirigent: Ivor bolton | regie: Claus Guth | ausstattung: Christi<strong>an</strong> schmidt<br />
Freiburger barockorchester | monteverdi Continuo ensemble | arnold schoenberg Chor<br />
14. Dezember, 19.30 Uhr (Premiere) | 17., 20., 22. & 29. Dezember, 19.30 Uhr; 31. Dezember, 20.00 Uhr | Einführungsmatinee: 11. Dezember, 11.00 Uhr<br />
Tickets ¤ 135 | 115 | 85 | 70 | 52 | 35 | 18 | Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
CaToNe IN uTICa<br />
oper von <strong>an</strong>tonio vivaldi (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli | modo <strong>an</strong>tiquo<br />
16. Dezember, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />
KarTeN<br />
Freier Vorverkauf <strong>an</strong> <strong>der</strong> Tageskasse im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
und am <strong>Wien</strong>-Ticket pavillon sowie per Telefon und Internet.<br />
vorverkaufsbeginn für die vorstellungen ab 1. Jänner 2012 am 1. september 2011.<br />
Schriftliche Bestellungen:<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>, Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong><br />
Tageskassen (täglich 10 bis 19 uhr)<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>: Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong><br />
<strong>Wien</strong>-Ticket Pavillon: Karaj<strong>an</strong>-platz (neben <strong>der</strong> staatsoper)<br />
internet: www.theater-wien.at (online-bestellungen nur mit Kreditkarte)<br />
ö1 Clubmitglie<strong>der</strong> erhalten für hauseigene<br />
produktionen auf maximal zwei Karten pro<br />
vorstellung eine ermäßigung von 10 %.<br />
Abonnement: Das abonnementprogramm senden<br />
wir Ihnen auf bestellung gerne kostenlos zu.<br />
Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> vorstellungszeiten, preise, preiskategorien,<br />
Öffnungszeiten sowie besetzungen vorbehalten.<br />
Kartentelefon:<br />
täglich von 8 bis 20 Uhr<br />
hauptsponsor<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-magazin<br />
2. ausgabe 2011/12<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> | Linke <strong>Wien</strong>zeile 6 | 1060 <strong>Wien</strong><br />
www.theater-wien.at<br />
FÜhruNGeN<br />
21. & 25. 11., 20. & 28. 12., jeweils 16.00 Uhr | Dauer: 1 stunde<br />
preis: ¤ 7 / 5 (ermäßigt) | schulklassen: ¤ 3 | Kin<strong>der</strong> unter 6 Jahren frei<br />
information: +43-1-58830 664 o<strong>der</strong> philipp.wagner@theater-wien.at<br />
Kl<strong>an</strong>gblatt 7/2011 | sponsoring post | verlagspostamt 1060 <strong>Wien</strong> | Dvr 0518751 | Gz 03z034773 s