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Stagione #2 - Theater an der Wien

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Das Neue operNhaus<br />

<strong>Stagione</strong> <strong>#2</strong><br />

November/Dezember 2011<br />

Ein Unternehmen <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> Holding<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-magazin<br />

In Kooperation mit<br />

2. ausgabe 2011/12


Was das Schönste <strong>an</strong> Begeisterung ist? Sie wächst, wenn m<strong>an</strong> sie teilt. ŠKODA ist Partner des<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />

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Verbrauch: 3,4–10,2 l/100 km. CO 2-Emission: 89–237 g/km.<br />

eDITorIaL<br />

Liebe Leserin, lieber Leser!<br />

mit Lera auerbachs Gogol und Claudio monteverdis L ’ Orfeo grenzen wir in den kommenden<br />

beiden premieren das breite spektrum von <strong>der</strong> ersten oper <strong>der</strong> Geschichte<br />

bis zur zeitgenössischen uraufführung im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> exemplarisch ab. mit<br />

dem auftragswerk <strong>an</strong> die junge Komponistin und Dichterin Lera auerbach bieten wir<br />

Ihnen ein premierenereignis, auf das ich mich persönlich sehr freue. Nach großen<br />

symphonischen Werken und balletten für John Neumeier hat die – in den vereinigten<br />

staaten lebende Komponistin – ihre russische seele in ihrer ersten großen oper Gogol<br />

mit großer empathie abgebildet.<br />

auerbach versucht für den bis heute verstörenden Tod des Dichters eine eigene poetische<br />

sowie musikalische sprache zu finden und konfrontiert in ihrem Libretto Gogol<br />

mit personen aus seinem eigenen Werk. Nach vielen Jahren kehrt Christine mielitz zurück<br />

<strong>an</strong>s <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> und wird die Inszenierung dieses faszinierenden opernwerkes<br />

übernehmen. Die musikalische Leitung obliegt vladimir Fedoseyev, dem Gr<strong>an</strong>d<br />

seigneur <strong>der</strong> russischen Dirigentenelite.<br />

Claus Guth, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> ersten szenischen aufführung von händels Messiah einen<br />

großen erfolg im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> feierte, wird in den kommenden saisonen eine<br />

neue sicht auf monteverdis opern präsentieren, vor Weihnachten wird L’Orfeo den<br />

chronologisch gereihten zyklus eröffnen.<br />

John mark ainsley, einer <strong>der</strong> außergewöhnlichsten Darsteller-Tenöre unserer zeit, reist<br />

als orfeo in das reich <strong>der</strong> schatten, um seine geliebte euridice zurück zu den Lebenden<br />

zu geleiten. als euridice wird es ein Wie<strong>der</strong>sehen mit mari eriksmoen geben,<br />

die als zerbinetta in Ariadne auf Naxos für Furore gesorgt hat. Ivor bolton leitet die<br />

spezialisten des Freiburger barockorchesters und des monteverdi Continuo ensembles.<br />

von <strong>der</strong> Initialzündung für das Genre oper bis zur weltweit beachteten uraufführung<br />

verdeutlichen die beiden kommenden premieren, wie zeitlos wirkungsvoll oper ist und<br />

wie aktuell sie in mo<strong>der</strong>nen Inszenierungen sein k<strong>an</strong>n. Ich wünsche Ihnen mit diesen<br />

beiden produktionen wie<strong>der</strong>um bewegende und unvergessliche stunden im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />

herzlichst Ihr<br />

Intend<strong>an</strong>t rol<strong>an</strong>d Geyer<br />

Wir freuen uns auf Ihre Anregungen: magazin@theater-wien.at<br />

Wo Kristalle und<br />

nicht Bretter<br />

die Welt bedeuten.<br />

Hauptsponsor des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>.<br />

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inhalt<br />

4 Lera auerbaCh<br />

Komponistin, poetin, pi<strong>an</strong>istin<br />

7 GoGoL<br />

Christine mielitz inszeniert Gogol<br />

8 L’orFeo<br />

Frühes meisterwerk <strong>der</strong> operngeschichte<br />

9 CLaus GuTh<br />

Der regisseur im Interview<br />

12<br />

voGeL, herzoG, IDIoT<br />

rupert bergm<strong>an</strong>n in drei mini-opern<br />

15 JephTha<br />

William Christie dirigiert händel<br />

16 GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />

händels Dramma per musica<br />

17<br />

CaToNe IN uTICa<br />

opernrarität von vivaldi<br />

18 parTNersChaFT<br />

Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />

20 FreuNDesKreIs<br />

präsident siegfried menz im Gespräch<br />

22 eNsembLe<br />

Die Künstlerinnen und Künstler<br />

im November und Dezember<br />

Sta|gio|ne, [sta’dʒo’nə] die, -, -n: „Jahreszeit“<br />

1. spielzeit eines operntheaters 2. ensemble eines<br />

operntheaters. Kennzeichnend für den stagionebetrieb ist,<br />

dass ein stück über eine längere zeit gespielt wird.<br />

Je eine Inszenierung wird über mehrere abende o<strong>der</strong><br />

Wochen hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong> <strong>an</strong>gesetzt, es kommen nur frisch<br />

geprobte Inszenierungen zur aufführung.<br />

hauptsponsor<br />

3


oper Im November<br />

<strong>an</strong>gstfrei<br />

Lera auerbach ist Komponistin, schriftstellerin und pi<strong>an</strong>istin.<br />

In ihrer oper Gogol nähert sie sich dem großen russischen Dichter.<br />

4<br />

„Ich k<strong>an</strong>n mich nicht mehr <strong>an</strong> die zeit<br />

erinnern, in <strong>der</strong> ich keine musikerin war“,<br />

sagt Lera auerbach im Gespräch mit burkhard<br />

schäfer für das magazin für klassische<br />

musik crescendo. „schon im alter<br />

von vier Jahren habe ich mit dem Komponieren<br />

begonnen, also zur selben zeit,<br />

als ich auch das Lesen gelernt habe. Im<br />

Nachhinein betrachtet, war es wichtig, sehr<br />

früh musikalische Ged<strong>an</strong>ken und strukturen<br />

festhalten zu können.“ Lera auerbach<br />

war eine Frühvollendete. Für ihr alter verfügt<br />

sie über ein erstaunlich umf<strong>an</strong>greiches<br />

Werkverzeichnis, in dem sich nahezu<br />

alle Gattungen finden.<br />

Geboren wurde die Komponistin 1973 als<br />

Walerija Lwowna auerbach in Tscheljabinsk<br />

am r<strong>an</strong>de sibiriens. Die millionenstadt am<br />

ural, nördlich von Kasachst<strong>an</strong> gelegen, ist<br />

im Westen nahezu unbek<strong>an</strong>nt und wird<br />

von schwerindustrie geprägt. Die stadt ist<br />

hauptort einer region etwa halb so groß<br />

wie Deutschl<strong>an</strong>d, liegt geografisch in asien<br />

und doch wirkt die bevölkerung europäischer<br />

als in vielen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gegenden des<br />

urals. Die meisten berühmten persönlichkeiten<br />

<strong>der</strong> stadt sind eishockeyspieler des<br />

Traditionsvereins Traktor Tscheljabinsk.<br />

Doch im zentrum <strong>der</strong> stadt befinden sich<br />

auch das bek<strong>an</strong>nte <strong>Theater</strong> am revolutionsplatz,<br />

ein opernhaus mit eigenem ballett<br />

und ein puppentheater.<br />

In frühen Jahren beg<strong>an</strong>n auerbach Klavier<br />

zu spielen, trat mit sechs erstmals öffentlich<br />

auf, debütierte mit acht als solistin<br />

mit orchester und komponierte mit zwölf<br />

Jahren eine erste oper. Während ihrer ersten<br />

Tournee in New York entschied sich<br />

die 17-jährige pi<strong>an</strong>istin spont<strong>an</strong> im Westen<br />

zu bleiben und aus Lwowna wurde Lera.<br />

auerbach studierte <strong>an</strong> <strong>der</strong> New Yorker<br />

Juilliard school Klavier sowie Komposition<br />

und absolvierte <strong>an</strong>schließend ein Klavierstudium<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> hochschule für musik in<br />

h<strong>an</strong>nover.<br />

Lera auerbach lebt in New York, hat einen<br />

zweitwohnsitz in hamburg, debütierte bereits<br />

2002 in <strong>der</strong> Carnegie hall, wurde 2007<br />

beim Weltwirtschaftsforum in Davos in das<br />

Young Global Lea<strong>der</strong>s Forum aufgenommen<br />

und ist 2011 Composer-in-residence<br />

bei <strong>der</strong> Dresdner staatskapelle. auf ihrer<br />

homepage listet sie fein säuberlich ihre<br />

Werke auf und in ihrem blog gibt sie poetische<br />

einblicke in ihre Ged<strong>an</strong>ken o<strong>der</strong><br />

wünscht mit einem Gedicht von Leonard<br />

Cohen ein glückliches neues Jahr.<br />

Die Kosmopolitin auerbach ist dennoch<br />

tief verwurzelt mit <strong>der</strong> Kultur ihrer heimat.<br />

Ihr spielpl<strong>an</strong> besteht vielfach aus Werken<br />

russischer Klassiker und als Komponistin<br />

steht sie in <strong>der</strong> Tradition von sergej<br />

rachm<strong>an</strong>inow und alfred schnittke. Werke<br />

wie das 90-minütige Russische Requiem,<br />

das liturgische Texte <strong>der</strong> russisch-orthodoxen<br />

Kirche ebenso enthält wie zitate <strong>der</strong><br />

meister weltlicher poesie wie alex<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

puschkin o<strong>der</strong> boris pasternak, zeigen den<br />

stellenwert ihrer heimat in ihrem künstlerischen<br />

schaffen.<br />

Lera auerbach ist Komponistin und Literatin<br />

auf gleichem Niveau, ihre künstlerische<br />

Tätigkeit beschränkt sich nicht auf die<br />

musik. Die Internationale puschkin Gesellschaft<br />

ern<strong>an</strong>nte sie 1996 im alter von 23<br />

Jahren zur „Dichterin des Jahres“ und die<br />

größte russische zeitung des Westens Novoje<br />

Russkoje Slowo zeichnete sie mit ihrem<br />

poesie-preis aus. Fünf bände mit Gedichten<br />

und prosa, zwei Novellen und eine<br />

vielzahl von artikeln umfasst ihr literarisches<br />

Werk. sie schreibe ständig Lyrik und<br />

prosa in russisch, wird sie im magazin<br />

ihres verlages sikorski zitiert. russl<strong>an</strong>d habe<br />

sich ihrer musik gegenüber stets gleichgültig<br />

verhalten, meinte auerbach 2009:<br />

„Dies ist eine Quelle <strong>der</strong> Trauer für mich.“<br />

obwohl sie ihr halbes Leben im Westen<br />

verbracht habe, seien russische Kultur und<br />

musik Teil ihrer DNa, meint auerbach.<br />

GOGOL<br />

oper in drei akten (ua)<br />

Musik und Libretto nach dem<br />

gleichnamigen Stück von Lera Auerbach<br />

In russischer sprache mit deutschen Übertiteln<br />

Musikalische Leitung vladimir Fedoseyev<br />

Inszenierung Christine mielitz<br />

Bühne Joh<strong>an</strong>nes Leiacker<br />

Kostüme Kaspar Glarner<br />

Dramaturgie Christi<strong>an</strong> baier<br />

Licht stef<strong>an</strong> bolliger<br />

Choreografie arila siegert<br />

Nikolai Gogol martin Winkler<br />

Nikolai Gogol otto Katzameier<br />

Bes Ladislav elgr<br />

Poshlust Natalya ushakova<br />

Tod stella Grigori<strong>an</strong><br />

Nikolka sebasti<strong>an</strong> schaffer<br />

Flori<strong>an</strong> Lienhart<br />

Maria / Gogols Mutter / Braut Nr. 1<br />

Tati<strong>an</strong>a plotnikova<br />

Priester / Herr Doktor / Viys Stimme<br />

Dej<strong>an</strong> vatchkov<br />

Braut Nr. 2 / Stimme <strong>der</strong> Nymphe<br />

<strong>an</strong>na Gorbachyova<br />

Staats<strong>an</strong>walt / Verteidiger<br />

Falko hönisch<br />

Richter Tim severloh<br />

Braut Nr. 3 Iwona sakowicz<br />

orF radio-symphonieorchester <strong>Wien</strong><br />

arnold schoenberg Chor (Ltg. erwin ortner)<br />

Grazer Kapellknaben & mozart Knabenchor <strong>Wien</strong><br />

auftragswerk des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

urauFFÜhruNG:<br />

Dienstag, 15. November 2011, 19.30 Uhr<br />

auFFÜhruNGeN:<br />

18. / 21. / 24. / 26. November 2011, 19.30 Uhr,<br />

eINFÜhruNGsmaTINee:<br />

Sonntag, 13. November 2011, 11.00 Uhr<br />

Lera Auerbach<br />

Im Interview mit burkhard schäfer mit <strong>der</strong><br />

ZEIT online erzählt Lera auerbach, dass sie<br />

einmal gebeten worden sei, ihre musik in<br />

einem Wort zusammenzufassen. „zuerst<br />

dachte ich, das sei eine verrückte bitte.<br />

als ich aber d<strong>an</strong>n darüber nachdachte, fiel<br />

mir das Wort ein: <strong>an</strong>gstfrei.“ sie möchte<br />

mit ihrer musik einen raum schaffen, in<br />

dem sich die menschen ohne <strong>an</strong>gst bewegen<br />

können.<br />

In ihrer neuen oper nähert sich auerbach<br />

als Komponistin und Librettistin einem <strong>der</strong><br />

größten russischen Dichter, <strong>der</strong> am ende<br />

seines Lebens verängstigt und verstört<br />

gestorben ist. Gogol von Lera auerbach<br />

ist keine musikalische biografie, son<strong>der</strong>n<br />

eine poetische bis satirische <strong>an</strong>näherung<br />

<strong>an</strong> den Dichter, <strong>der</strong> sich in seiner letzten<br />

Lebensphase in einen religiösen Wahn hineingesteigert<br />

hat. er verbr<strong>an</strong>nte den zweiten<br />

Teil seines großen rom<strong>an</strong>s Die toten<br />

Seelen und starb <strong>an</strong> den Folgen strengen<br />

Fastens im alter von 42 Jahren.<br />

Gogol, als ukrainischer Kosake geboren,<br />

werde oft als vater <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen russischen<br />

Literatur bezeichnet, sagt Lera auerbach.<br />

„er war ein schriftsteller mit einem<br />

reichen und konfliktbeladenen innerem Leben,<br />

<strong>der</strong> es in den lebhaftesten Formen<br />

verst<strong>an</strong>d, die Tragik <strong>der</strong> menschlichen existenz<br />

<strong>an</strong>s Licht zu bringen.“ seine schriften<br />

sind für auerbach heute relev<strong>an</strong>ter als sie<br />

es zu Gogols Lebzeiten waren.<br />

„bevor ich mit <strong>der</strong> arbeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> oper begonnen<br />

habe, las ich noch einmal die gesammelten<br />

Werke von Gogol und mehr als<br />

zw<strong>an</strong>zig bücher, die über ihn geschrieben<br />

wurden.“ auerbach hat aber keine historische<br />

Darstellung einer Lebensgeschichte<br />

<strong>an</strong>gestrebt, son<strong>der</strong>n wollte eine traumhafte<br />

vision <strong>der</strong> inneren Leidenschaften, des<br />

Wahnsinns und des Genies von Gogol auf<br />

die bühne bringen. opern, die wie mussorgskis<br />

Boris Godunov auf historischen<br />

stoffen basieren, können auch als „tragische<br />

märchen für erwachsene“ betrachtet<br />

werden, sagt auerbach. „Gogol ist eindeutig<br />

eine russische oper und die russische<br />

Geschichte ist ein alptraumhaftes märchen,<br />

aus dem dieses L<strong>an</strong>d vielleicht nie<br />

erwachen wird.“<br />

Der Dichter Gogol war für Lera auerbach<br />

„ein zutiefst verstörter m<strong>an</strong>n, von<br />

Ängsten besessen“, dessen Leben selbst<br />

zum alptraum wurde. „In religiöser besessenheit<br />

beg<strong>an</strong>n er zu glauben, dass er<br />

5


durch seine schriften das absolut böse in<br />

die Welt gebracht hat. ein priester, dem<br />

Gogol vertraute, heizte diese Überzeugung<br />

<strong>an</strong> und ermutigte den Dichter den zweiten<br />

und dritten b<strong>an</strong>d von Die toten Seelen<br />

zu verbrennen.“ Doch gerade Gogols<br />

tiefer ernst habe es ihm ermöglicht, ein<br />

großartiger satiriker zu werden, meint die<br />

Komponistin und setzt diesen zweideutigen<br />

<strong>an</strong>satz auch in <strong>der</strong> oper um. „Diese<br />

oper ist letztlich tragisch, hat aber dunkle<br />

humorvolle untertöne.“<br />

auerbach hat das Libretto nach ihrem eigenen<br />

<strong>Theater</strong>stück verfasst. „Das stück<br />

und das Libretto sind zwei getrennte einheiten.<br />

Das <strong>Theater</strong>stück kommt gänzlich<br />

ohne musik aus.“ Das Libretto sei eine<br />

adaption des stücks, „speziell zusammengestellt,<br />

um partner <strong>der</strong> musik zu sein“.<br />

„oper ist eine <strong>der</strong> komplettesten Kunstformen:<br />

musik, Text, Inszenierung und<br />

schauspiel sind alle Teil des G<strong>an</strong>zen.“<br />

Nicht ohne Ironie schätzt die Komponistin<br />

auerbach die zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />

autorin auerbach: „als Librettistin meiner<br />

eigenen Werke k<strong>an</strong>n ich ideal mit <strong>der</strong><br />

Komponistin zusammenarbeiten.“<br />

Die musik soll direkt auf die zuhörer<br />

wirken, wünscht sich Lera auerbach, unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Komponistin.<br />

Ihre aufgabe sei es, aus einer<br />

riesigen enzyklopädie <strong>an</strong> möglichkeiten ihr<br />

eigenes Werk zu tr<strong>an</strong>skribieren. Das paradies<br />

hat sich <strong>der</strong> argentinische schriftsteller<br />

Jorge Luis borges, den Lera auerbach<br />

ebenso verehrt wie sie ihn gerne zitiert,<br />

immer als eine art bibliothek vorgestellt.<br />

auerbachs paradies scheint eine riesige<br />

Notenbibliothek zu sein. „meine aufgabe<br />

als Komponistin ist es, in berührung mit<br />

dem urbild des Werkes und seiner imaginären<br />

energie zu kommen.“<br />

oper Im November<br />

Unglückseliger atlas<br />

Christine mielitz inszeniert die uraufführung von Lera auerbachs Gogol.<br />

Im rahmen des Kl<strong>an</strong>gbogens inszenierte<br />

Christine mielitz 2001 im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wien</strong> verdis Luisa Miller. von 2002 bis 2010<br />

war die in Chemnitz geborene regisseurin<br />

Intend<strong>an</strong>tin des Dortmun<strong>der</strong> opernhauses<br />

und <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>zeile hat sich viel verän<strong>der</strong>t:<br />

seit 2006 ist das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

wie<strong>der</strong> ein reines opernhaus und mielitz<br />

findet es schlicht „toll“, dass es dem haus<br />

gel<strong>an</strong>g, in dieser kurzen zeitsp<strong>an</strong>ne „so<br />

viel publikum zu aktivieren“. auch wenn<br />

es gerne nach „verkaufsbil<strong>an</strong>z“ klinge, sei<br />

es letzten endes notwendig, Faszination<br />

auszustrahlen, um das publikum dazu zu<br />

bringen, musikalische Geschichten von <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

menschen zu verfolgen. „umso erstaunter<br />

bin ich, dass es junge Leute gibt,<br />

die sich mit passion und obsession dem<br />

musiktheater widmen. Lera auerbach ist<br />

eine solche besessene. Ihr vehikel, wenn<br />

m<strong>an</strong> das so nennen darf, ist Gogol.“<br />

bei <strong>der</strong> präsentation des saisonprogrammes<br />

gab ehrengast Christine mielitz einen<br />

ersten einblick in ihre regiearbeit.<br />

mielitz hätte sich nie gedacht, dass eine<br />

junge russische Komponistin ausgerechnet<br />

Gogol als Thema für eine große, abendfüllende<br />

oper wählt. vielmehr hätte sie mit<br />

Tolstoi o<strong>der</strong> Dostojewski gerechnet. In <strong>der</strong><br />

DDr habe sie „Gogol mit <strong>der</strong> schulbildung<br />

inhaliert“ und ihn als Gesellschaftskritiker<br />

und als verhöhner des beamtentums kennengelernt.<br />

„aber jetzt entdecke ich durch<br />

Lera auerbach neue züge und bin fasziniert.“<br />

auerbach ist für Christine mielitz<br />

selbst eine große poetin und Dichterin.<br />

Diese Doppelbegabung sei zwar toll, aber<br />

gleichzeitig Komponistin und Librettistin<br />

einer oper dieses ausmaßes zu sein, stellt<br />

sich die regisseurin schwer vor. „es fehlt<br />

ihr <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>part, <strong>der</strong> sagt, das ist unsinn,<br />

was du da tust. sie muss alles mit<br />

sich alleine ausmachen. Darin ähnelt sie<br />

Gogol.“<br />

Der Dichter markiere in <strong>der</strong> russischen<br />

Literaturgeschichte den zeitpunkt, <strong>an</strong> dem<br />

das große poem von puschkin vorbei ist,<br />

und er zur in seinen augen unsauberen<br />

Literatur in prosa übergehen musste. „er<br />

selbst hat das ein Leben l<strong>an</strong>g als makel<br />

empfunden und sehr darunter gelitten,<br />

Christine Mielitz<br />

dass er das große poem nicht mehr erschaffen<br />

hat.“ Dafür haben ihn die kleinen<br />

Dinge, die b<strong>an</strong>alität, die vulgarität und die<br />

Gemeinheit des Lebens regelrecht künstlerisch<br />

<strong>an</strong>gesprungen: Der orden eines<br />

stadthauptm<strong>an</strong>ns, ein misthaufen in einer<br />

stadt o<strong>der</strong> die Nase eines menschen. Gegenstände<br />

wurden ihm immer wichtiger,<br />

mielitz: „Der endpunkt ist Kafkas Käfer.“<br />

Gogols Geschichte sei eng verbunden<br />

mit russl<strong>an</strong>d, einem „<strong>der</strong> riesigsten Län<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> erde“, mit einer „völkerschar von<br />

asien nach europa“. „Wie ist es möglich,<br />

dieses L<strong>an</strong>d <strong>an</strong><strong>der</strong>s zusammenzuhalten als<br />

mit <strong>der</strong> Knute? Der zusammenhalt <strong>der</strong><br />

russen ist immer auch mit Gewalt, mit<br />

drastischer strafe, mit fürchterlichen Lagern<br />

erkauft.“ all dies kenne Gogol und<br />

es spiegle sich in seiner großen Lebens<strong>an</strong>gst<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

es habe in russl<strong>an</strong>d über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

hinweg keine Wahlen, kein freies parlament,<br />

generell keine Diskussionen über<br />

Kultur und Wissenschaft gegeben. Wünsche<br />

nach mitsprache und nach Identität<br />

haben sich in die Kunst verlagert. „alle<br />

russischen Dichter haben empfunden,<br />

dass sie diejenigen sind, die für ihr volk<br />

ein Nationalbewusstsein kreieren müssen.<br />

Das führt zu einem bedeutungsdruck.“<br />

auch Gogol habe am ende seines<br />

Lebens gesagt, niem<strong>an</strong>d dürfe seinem<br />

Wort wi<strong>der</strong>sprechen: „Ich bin <strong>der</strong> russische<br />

Dichter, nicht einmal ich selbst, Gott,<br />

darf mir wi<strong>der</strong>sprechen. Wir schöpfen uns<br />

immer neu. Wir kreieren russl<strong>an</strong>d immer<br />

neu.“ „Ich unglückseliger atlas“ ist für<br />

Christine mielitz <strong>der</strong> mindeste ausdruck<br />

dafür. „alle russischen Künstler, egal ob<br />

sie russl<strong>an</strong>d verlassen haben o<strong>der</strong> nicht,<br />

haben gesagt, wir sind russl<strong>an</strong>d. Immer<br />

sind sie in eine g<strong>an</strong>z große innere bewegung<br />

gekommen, sie gestatten niem<strong>an</strong>dem,<br />

russl<strong>an</strong>d zu kritisieren.“<br />

Lera auerbach kenne diese unausgesprochenen<br />

Ängste und das passe wun<strong>der</strong>bar<br />

zum Dichter. „Gogol kommt aus dem Dorf,<br />

aus dem ukrainischen bauerntheater und<br />

aus dem Gespenstertheater. Damit sage<br />

ich bereits etwas über Gogol, über auerbach<br />

und über ihr stück. es ist ein<br />

buntes, wildes stück. alle Figuren spielen<br />

mehrere rollen. Die gen<strong>an</strong>nte Gemeinheit,<br />

b<strong>an</strong>alität, vulgarität ist überhaupt eine<br />

eigene Figur, unübersetzbar poshlust<br />

gen<strong>an</strong>nt.“ Für die produktion aktiviert<br />

Christine mielitz ihr schulrussisch und<br />

kündigt einen ereignisreichen abend <strong>an</strong>.<br />

„uraufführung ist einfach immer feurig,<br />

und ich bin glücklich mit einem im wahrsten<br />

sinne des Wortes experiment zurückkehren<br />

zu dürfen <strong>an</strong> die <strong>Wien</strong>zeile.“<br />

6 7


oper Im Dezember<br />

im Himmel vereint<br />

Initialzündung für das Genre oper: monteverdis L’Orfeo. Von Konrad Kuhn<br />

als sich die mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Florentiner<br />

Camerata, einem Kreis hum<strong>an</strong>istisch gebildeter<br />

adeliger, um 1600 mit dem verhältnis<br />

von (deklamierter) sprache und<br />

musik beschäftigten, war ihr ziel, die<br />

<strong>an</strong>tike Tragödie wie<strong>der</strong> zum Leben zu<br />

erwecken. sie hatten also nichts weniger<br />

im sinn als die entwicklung einer neuen<br />

musikalischen Gattung. so blieben die<br />

ersten versuche, Dramentexte mit musik<br />

zu unterlegen, denn auch blutleer; m<strong>an</strong><br />

muss Jacopo peris Euridice ebenso wie<br />

Giulio Caccinis gleichnamiges Werk als<br />

rein akademisches experiment bezeichnen.<br />

erst als das m<strong>an</strong>tu<strong>an</strong>er Gegenstück<br />

zur Florentiner Camerata, die academia<br />

degli invaghiti, den Komponisten Claudio<br />

monteverdi (1567-1643), <strong>der</strong> im Dienste<br />

<strong>der</strong> Fürsten von m<strong>an</strong>tua st<strong>an</strong>d, 1607 damit<br />

beauftragte, <strong>an</strong>knüpfend <strong>an</strong> peri und<br />

Caccini ein musikalisches orpheus-Drama<br />

zu schaffen, entst<strong>an</strong>d ein Werk, das m<strong>an</strong><br />

nach 400 Jahren operngeschichte mit Fug<br />

und recht als Initialzündung für das Genre<br />

oper bezeichnen k<strong>an</strong>n.<br />

Dabei stellte auch monteverdi das primat<br />

<strong>der</strong> sprache gegenüber <strong>der</strong> musik nicht<br />

infrage. In <strong>der</strong> beh<strong>an</strong>dlung des monodischen<br />

Ges<strong>an</strong>gs, <strong>der</strong> damals gerade dabei<br />

war, die zuvor alles beherrschende polyphonie<br />

als neue stilrichtung abzulösen,<br />

griff er jedoch auf die im (mehrstimmigen)<br />

madrigal gebräuchliche Technik zurück,<br />

einzelne begriffe als schlüsselworte mit<br />

musikalischen mitteln affektiv aufzuladen.<br />

so wird die musik in monteverdis L’Orfeo<br />

nicht nur zur verstärkenden untermalung<br />

eines im vor<strong>der</strong>grund stehenden Textes,<br />

son<strong>der</strong>n zum mittel, diesen Text auszudeuten<br />

und ihm dadurch eine neue ausdrucksebene<br />

zu verleihen, die erst durch<br />

das hinzutreten <strong>der</strong> musik entsteht. Die<br />

dabei <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dten musikalischen Formen<br />

sind vielfältig; T<strong>an</strong>zsätze und strophenlie<strong>der</strong><br />

kommen ebenso vor wie immer<br />

wie<strong>der</strong>kehrende, rein instrumentale zwischenspiele,<br />

„ritornell“ o<strong>der</strong> „sinfonia“<br />

gen<strong>an</strong>nt. Den größten Teil des Textes vertonte<br />

monteverdi jedoch als rezitativ. und<br />

hier erreicht <strong>der</strong> Komponist eine psychologische<br />

Wahrhaftigkeit, die seinen Orfeo<br />

bis heute zu einem <strong>der</strong> meisterwerke <strong>der</strong><br />

Gattung macht.<br />

Die b<strong>an</strong>dbreite <strong>der</strong> musikalisch zur Darstellung<br />

kommenden Gefühlslagen <strong>der</strong><br />

protagonisten ist groß. emotionale extrembereiche<br />

werden erkundet und in kontrastreichen<br />

stimmungen von <strong>der</strong> musik<br />

ausgemalt. Im zentrum steht <strong>der</strong> Titelheld:<br />

von <strong>der</strong> Idylle des vollkommenen<br />

Liebesglücks stürzt er unvermittelt in die<br />

abgrundtiefe verzweiflung über die Nachricht<br />

vom Tod <strong>der</strong> eben erst <strong>an</strong>getrauten<br />

Geliebten euridice. orfeo bäumt sich<br />

auf gegen diesen schicksalsschlag, den er<br />

nicht bereit ist zu akzeptieren. er gerät<br />

in lebensferne bereiche, die monteverdi<br />

in seiner unterweltmusik suggestiv zum<br />

Klingen bringt. und er endet, nachdem er<br />

sich endgültig mit dem verlust euridices<br />

John Mark Ainsley Mari Eriksmoen Ivor Bolton<br />

abfinden muss, in totaler verlassenheit.<br />

eine begegnung mit seinem vater apollo<br />

weist ihm schließlich den Weg <strong>an</strong> jenen<br />

ort, wo er wie<strong>der</strong> mit euridice vereint sein<br />

darf: im himmel.<br />

Ivor bolton, <strong>der</strong> vor zehn Jahren bereits<br />

in münchen mit einem monteverdi-zyklus<br />

große erfolge feiern konnte, erarbeitet mit<br />

dem Freiburger barockorchester den neuen<br />

Orfeo am <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. hinzu<br />

treten das monteverdi Continuo ensemble,<br />

das mit seiner reichen palette historischer<br />

Continuo-Instrumente für eine differenzierte<br />

ausgestaltung <strong>der</strong> rezitativischen<br />

passagen sorgen wird, sowie <strong>der</strong> arnold<br />

schoenberg Chor.<br />

Die erlesene besetzung wird von John<br />

mark ainsley <strong>an</strong>geführt, <strong>der</strong> die ungemein<br />

<strong>an</strong>spruchsvolle partie des orfeo<br />

seit Jahren im repertoire hat. In weiteren<br />

hauptrollen sind mari eriksmoen, die bezaubernde<br />

zerbinetta <strong>der</strong> letzten spielzeit,<br />

als euridice, Katija Dragojević als messagiera<br />

und sper<strong>an</strong>za sowie in <strong>der</strong> rolle <strong>der</strong><br />

musica, die den prolog bestreitet, suz<strong>an</strong>a<br />

ograjensek als unterweltgöttin proserpina<br />

und als Ninfa, phillip ens als Caronte<br />

und pluto sowie mirko Guadagnini als<br />

apollo zu erleben. Für die Inszenierung<br />

zeichnen <strong>der</strong> regisseur Claus Guth und<br />

<strong>der</strong> bühnen- und Kostümbildner Christi<strong>an</strong><br />

schmidt ver<strong>an</strong>twortlich, die am <strong>Theater</strong> <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wien</strong> zuletzt mit <strong>der</strong> szenischen version<br />

von händels Messiah einen Triumph<br />

feiern konnten.<br />

oper Im Dezember<br />

Reise ins Reich <strong>der</strong> Schatten<br />

regisseur Claus Guth im Gespräch mit Dramaturg Konrad Kuhn zu monteverdis L’Orfeo.<br />

Mit Claudio Monteverdis L’orfeo, uraufgeführt<br />

1607 am Hof des Herzogs von M<strong>an</strong>tua,<br />

beginnt die Entwicklungsgeschichte des Genres<br />

Oper – nach weniger bedeutenden ersten<br />

Versuchen – eigentlich erst richtig. Ein starker<br />

Beginn! Was <strong>an</strong> Operntypischem steckt<br />

schon im L’orfeo? Was fasziniert uns bis<br />

heute <strong>an</strong> diesem Stück?<br />

Wenn m<strong>an</strong> sich mit monteverdis L’Orfeo<br />

beschäftigt, ist es ein bisschen so, als ob<br />

m<strong>an</strong> sich, von etwas sehr weitgehend ausdifferenziertem<br />

kommend, wie<strong>der</strong> zurück<br />

gräbt zu den Wurzeln. Die einfachsten Wirkungsdynamiken<br />

treten auf geradezu minimalistische<br />

Weise zu Tage, so dass einem<br />

klar wird, aus welchen musikdramaturgischen<br />

elementen so ein stück im Grunde<br />

zusammengesetzt ist. Ich empfinde es<br />

als eine art ohrmuschel-reinigung, mich<br />

damit zu beschäftigen. es ist frappierend,<br />

wie wenig es braucht, um ungeheure emotionale<br />

stimmungswechsel auszudrücken.<br />

Wenn ich mich dabei selbst beobachte,<br />

stelle ich fest, dass m<strong>an</strong> den zuschauer<br />

erst einmal dahin führen muss, das aufzunehmen.<br />

Da unsere ohren durch unsere<br />

hörgewohnheiten so voll sind mit eindrücken<br />

und Tönen, muss m<strong>an</strong> die sensation,<br />

die in diesem minimalismus steckt, erst<br />

einmal wahrnehmen lernen. erst nach einer<br />

gewissen zeit <strong>der</strong> beschäftigung bin<br />

ich ins staunen geraten; zu beginn ist<br />

da einiges <strong>an</strong> mir vorbeigerauscht. Das<br />

kommt vielleicht auch daher, weil ich mich<br />

in <strong>der</strong> letzten zeit sehr viel mit strauss<br />

und Wagner beschäftigt habe. abgesehen<br />

von purcells King Arthur und Fairy Queen<br />

ist es meine erste begegnung mit dem<br />

Frühbarock in <strong>der</strong> musik.<br />

bei purcell herrscht zwar ein großer Ideenreichtum,<br />

aber nicht diese dramaturgische<br />

stringenz wie bei monteverdi. es gibt in<br />

L’Orfeo, für den monteverdi auf ein reich<br />

besetztes orchester zurückgreifen konnte,<br />

zwar schon von <strong>der</strong> Instrumentierung her<br />

eine reihe von effekten. aber <strong>der</strong> aufw<strong>an</strong>d<br />

ist ungleich geringer als zum beispiel bei<br />

Komponisten des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die<br />

unterwelt-musik wirkt deshalb so überraschend,<br />

weil plötzlich eine neue Instrumentengruppe<br />

eingesetzt wird, die m<strong>an</strong><br />

bis dahin nicht zu hören bekommen hat.<br />

In <strong>der</strong> späteren entwicklung <strong>der</strong> barockoper,<br />

etwa bei händel, passiert es einem<br />

häufig, dass m<strong>an</strong> die Form als relativ schematisch<br />

empfindet: es gibt bestimmte arientypen,<br />

die immer wie<strong>der</strong> vorkommen;<br />

das prinzip <strong>der</strong> Da capo-arie als solches,<br />

auch wenn es virtuos geh<strong>an</strong>dhabt wird, ist<br />

im vergleich zu monteverdi vorhersehbar.<br />

Dem gegenüber ist L’Orfeo dramaturgisch<br />

absolut zwingend.<br />

Daraus entwickelt sich eine sogwirkung:<br />

Das stück schraubt sich immer tiefer ins<br />

zentrum <strong>der</strong> Geschichte. Da gibt es keinen<br />

Nebenfiguren-schnickschnack nach dem<br />

motto „jetzt kriegt <strong>der</strong> noch seine arie“,<br />

son<strong>der</strong>n es geht in einer aberwitzigen Geradlinigkeit<br />

vorwärts. Nicht umsonst lautet<br />

die von monteverdi und seinem Librettisten<br />

striggio gewählte Gattungsbezeichnung<br />

„una favola in musica“: eine Geschichte<br />

wird durch die musik erzählt.<br />

bei späteren Werken monteverdis ist das<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>s: Während m<strong>an</strong> L’Orfeo als „h<strong>an</strong>dlung“<br />

bezeichnen könnte, ist Il ritorno di<br />

Ulisse in patria für mich eher eine „atmos-<br />

phäre“.<br />

8 9<br />

Claus Guth


Claus Guth bei den Proben von Messiah<br />

auf <strong>der</strong> Probebühne des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

Zuletzt war im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> eine<br />

szenische Version von Händels messiah in<br />

<strong>der</strong> Inszenierung von Ihnen zu erleben. In<br />

diesem Stück gab es einen Toten, <strong>der</strong> für<br />

einzelne Lebende sichtbar wurde und in einigen<br />

Szenen mitspielte. Mit Orfeo geht es<br />

nun wie<strong>der</strong> ins Reich <strong>der</strong> Toten. Gibt es ein<br />

spezielles Interesse <strong>an</strong> diesem Thema?<br />

Der Tod ist ein Thema, das unserem Leben<br />

durch die begrenzung Dimension gibt. es<br />

ist vielleicht kein zufall, dass viele Komponisten<br />

in <strong>der</strong> beschäftigung mit diesem<br />

Thema die größten musiken geschrieben<br />

haben. Ich l<strong>an</strong>de also aus doppeltem<br />

Grund immer wie<strong>der</strong> in diesem Themenfeld.<br />

zugleich ist mit dem G<strong>an</strong>g in die unterwelt<br />

ein bereich <strong>an</strong>gesprochen, <strong>der</strong> die<br />

ph<strong>an</strong>tasie unglaublich <strong>an</strong>regt. schließlich<br />

k<strong>an</strong>n niem<strong>an</strong>d wissen, was uns erwartet.<br />

es ist aufregend, sich szenisch mit diesem<br />

Thema zu beschäftigen. Da k<strong>an</strong>n es<br />

einem, wenn m<strong>an</strong> auf <strong>der</strong> bühne etwas<br />

ausprobiert, passieren, dass m<strong>an</strong> eine situation<br />

erlebt, die einem in die Knochen<br />

fährt – m<strong>an</strong> hat das Gefühl, als sei bei dem<br />

versuch, etwas <strong>an</strong> diesem phänomen zu<br />

beschreiben, tatsächlich eine <strong>an</strong>näherung<br />

<strong>an</strong> das gelungen, was wir nicht wissen<br />

können. Ich interessiere mich schon seit<br />

l<strong>an</strong>gem für die riten, die sich im umg<strong>an</strong>g<br />

mit dem Tod herausgebildet haben – auch<br />

in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kulturen. In Lateinamerika o<strong>der</strong><br />

in bestimmten afrik<strong>an</strong>ischen Kulturen wird<br />

<strong>der</strong> Tod nicht als festgelegter zeitpunkt<br />

dargestellt, son<strong>der</strong>n mehr als eine phase<br />

o<strong>der</strong> eine reise. solche Konzepte haben<br />

für mich eine größere Wahrheit als die<br />

übergenauen Definitionen des Todeszeitpunkts,<br />

die durch die mo<strong>der</strong>ne medizin<br />

entst<strong>an</strong>den sind. Das mag von wissenschaftlichem<br />

Interesse sein, aber es sagt<br />

wenig über das phänomen sterben o<strong>der</strong><br />

Todsein. Die reise ins „reich <strong>der</strong> schatten“,<br />

die orfeo <strong>an</strong>tritt, könnte m<strong>an</strong> auch<br />

als reise zu den extrempunkten <strong>der</strong> eigenen<br />

existenz auffassen.<br />

M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n die mythische Geschichte von Orpheus,<br />

so wie sie in Ovids metamorphosen<br />

erzählt wird, als Beschreibung <strong>der</strong> verschie-<br />

denen Stadien des Trauerns um einen Menschen,<br />

<strong>der</strong> einem nahe st<strong>an</strong>d, interpretieren.<br />

Vom Schock <strong>der</strong> Todesnachricht über das<br />

Sich-Auflehnen und Nicht-akzeptieren-Wollen<br />

bis hin zu Resignation und Todessehnsucht<br />

des Trauernden werden verschiedene<br />

Extremzustände beschrieben. Liegt hier ein<br />

Schlüssel für das Verständnis des Mythos?<br />

Ich glaube schon. In <strong>der</strong> szenischen erzählweise,<br />

die wir für das stück entwickelt<br />

haben, konzentrieren wir uns g<strong>an</strong>z<br />

auf die Figur des orfeo. es ist die Geschichte<br />

eines m<strong>an</strong>nes, <strong>der</strong> im höchsten<br />

Glücksgefühl schwebt und urplötzlich in<br />

die schlimmste Katastrophe gestürzt wird.<br />

Was geht in so jem<strong>an</strong>dem vor, wenn er<br />

nach <strong>der</strong> beerdigung seiner großen Liebe<br />

<strong>an</strong> den ort zurückkehrt, <strong>an</strong> dem er gerade<br />

noch hochzeit gefeiert hat? Das haus,<br />

das zuvor voller menschen war, ist leer.<br />

Die Wärme des geliebten menschen, <strong>der</strong><br />

nun nicht mehr da ist, ist noch spürbar<br />

im bett. Wie geht so ein m<strong>an</strong>n mit dem<br />

alleinsein, mit <strong>der</strong> Tatsache, dass <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

plötzlich abwesend ist, um? Welche<br />

phasen durchläuft er? vielleicht ertappt er<br />

sich dabei, wie er in ritualen gef<strong>an</strong>gen<br />

ist, die gar keinen sinn mehr ergeben,<br />

weil <strong>der</strong> mensch, mit dem m<strong>an</strong> sie geteilt<br />

hat, nicht mehr da ist. Welche methoden<br />

entwickelt er, um damit fertig zu werden,<br />

dass er nun auf sich selbst zurückgeworfen<br />

ist? vielleicht gibt es augenblicke, in denen<br />

er sich den <strong>an</strong><strong>der</strong>en als Geist herbei<br />

denkt – was ihn d<strong>an</strong>n erschrecken lässt,<br />

weil damit zwei realitätsformen o<strong>der</strong> bewusstseinsebenen<br />

aufein<strong>an</strong><strong>der</strong>treffen. Das<br />

k<strong>an</strong>n so weit gehen, dass er das zusammenleben<br />

mit einem unsichtbaren für eine<br />

bestimmte zeit sogar genießt, woraus<br />

es d<strong>an</strong>n wie<strong>der</strong> ein böses erwachen gibt.<br />

vielleicht endet es damit, dass er endgültig<br />

in die <strong>an</strong><strong>der</strong>e realität hinüberwechseln<br />

will, in <strong>der</strong> seine verstorbene Frau nun<br />

existiert.<br />

Stichwort verschiedene Realitäten: Ist es vielleicht<br />

gerade bei einem mythischen Stoff wie<br />

L’orfeo, zu dem Götter, Geister und Nymphen<br />

gehören, sp<strong>an</strong>nend, wenn m<strong>an</strong> eine<br />

g<strong>an</strong>z realistische Erzählweise bis hin zu filmischen<br />

Mitteln wählt?<br />

Durch die Jahrhun<strong>der</strong>te haben sich immer<br />

wie<strong>der</strong> Künstler mit diesem stoff beschäftigt<br />

und ihn auf ihre eigene Lebenswelt<br />

übertragen. auch im Kino gibt es die Tradition,<br />

diese Geschichte immer wie<strong>der</strong> neu<br />

zu erzählen (m<strong>an</strong> denke <strong>an</strong> Orphée von<br />

Je<strong>an</strong> Cocteau). In <strong>der</strong> oper sowieso – sogar<br />

in <strong>der</strong> operette. m<strong>an</strong> lässt den stoff<br />

auf die eigene realität reagieren. Wir machen<br />

in unserer Inszenierung nichts <strong>an</strong><strong>der</strong>es:<br />

Wir versuchen, uns diesen orfeo<br />

als einen menschen zu denken, den wir<br />

kennen könnten. Die archaische Wucht des<br />

mythos trifft auf die uns umgebende Lebenswirklichkeit.<br />

Wenn m<strong>an</strong> das so emotional<br />

wie möglich erlebbar machen will,<br />

darf m<strong>an</strong> es nicht als eine ferne Fabel aus<br />

verg<strong>an</strong>genen zeiten betrachten, son<strong>der</strong>n<br />

m<strong>an</strong> muss es als Geschichte erzählen, die<br />

jedem von uns morgen o<strong>der</strong> übermorgen<br />

auch wi<strong>der</strong>fahren könnte.<br />

Favola in musica (1607)<br />

Musik von Claudio Monteverdi<br />

Libretto von Aless<strong>an</strong>dro Striggio d. j.<br />

In italienischer sprache mit deutschen Übertiteln<br />

Musikalische Leitung Ivor bolton<br />

Inszenierung Claus Guth<br />

Ausstattung Christi<strong>an</strong> schmidt<br />

Videodesign ari<strong>an</strong> <strong>an</strong>diel<br />

Dramaturgie Konrad Kuhn<br />

Licht olaf Winter<br />

Orfeo John mark ainsley<br />

Euridice<br />

La Musica / Sper<strong>an</strong>za<br />

mari eriksmoen<br />

Messaggiera Katija Dragojević<br />

Caronte / Plutone phillip ens<br />

Proserpina / Ninfa suz<strong>an</strong>a ograjensek<br />

Apollo mirko Guadagnini<br />

Pastori / Spiriti Cyril auvity<br />

Jeroen de vaal<br />

maciej Idziorek<br />

Jakob huppm<strong>an</strong>n<br />

Freiburger barockorchester<br />

monteverdi Continuo ensemble<br />

arnold schoenberg Chor (Ltg. erwin ortner)<br />

Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

premIere:<br />

Mittwoch, 14. Dezember 2011, 19.30 Uhr<br />

auFFÜhruNGeN:<br />

17. / 20. / 22. / 29. Dezember 2011, 19.30 Uhr,<br />

31. Dezember 2011, 20.00 Uhr<br />

eINFÜhruNGsmaTINee:<br />

Sonntag, 11. Dezember 2011, 11.00 Uhr<br />

10 11<br />

L’ORFEO


mINIaTuroper<br />

Boris, Blaubart, Papageno<br />

bassbariton rupert bergm<strong>an</strong>n gibt mit Vogel Herzog Idiot in drei<br />

mini-mono-opern einblicke in die seele und die Wünsche eines sängers.<br />

boris Godunow, blaubart und papageno:<br />

Diese drei bek<strong>an</strong>nten Figuren <strong>der</strong> opernliteratur<br />

stehen auch auf <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong><br />

Wunschrollen von rupert bergm<strong>an</strong>n. Die<br />

drei Figuren haben den bassbariton darüber<br />

hinaus zur Idee <strong>an</strong>geregt, sie in drei<br />

kurzen opern für bassbariton und Kammer-<br />

ensemble neu zu deuten. „Die Klammer<br />

für den abend bin ich“, beschreibt rupert<br />

bergm<strong>an</strong>n die Dramaturgie des abends:<br />

„In Vogel Herzog Idiot steckt einiges aus<br />

meiner biografie, da will ich ehrlich sein.<br />

Das war schon ein wichtiger Grund, dieses<br />

projekt zu betreiben. es interessiert mich<br />

<strong>an</strong> meinem beruf, rollen zu spielen, die für<br />

mich genau passen.“<br />

Für Vogel Herzog Idiot wählte bergm<strong>an</strong>n<br />

rollen, „die ich gerne einmal gesungen hätte<br />

und die bisl<strong>an</strong>g <strong>an</strong> mir vorüber geg<strong>an</strong>gen<br />

sind“: „zu boris Godunow, von dem ich als<br />

sänger vom stimmfach her gesehen wohl<br />

etwas entfernter bin, gesellte sich d<strong>an</strong>n<br />

bartóks Blaubart, den ich einmal gerne<br />

singen würde.“ sich g<strong>an</strong>z auf die Figur zu<br />

konzentrieren, war die einzige vorgabe, die<br />

bergm<strong>an</strong>n den Komponisten auferlegte:<br />

„Was sie daraus machen, habe ich ihnen<br />

überlassen.“<br />

rupert bergm<strong>an</strong>n verfügt über ein breit<br />

gestreutes repertoire. „Die operette ist<br />

das eine wichtige st<strong>an</strong>dbein, und ich trete<br />

jährlich in ein bis zwei großen produktionen<br />

auf. Der Kontrapunkt dazu ist das<br />

zeitgenössische musiktheater.“ Im <strong>Theater</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> war er bisher in produktionen<br />

von zeitgenössischem musiktheater zu sehen<br />

und s<strong>an</strong>g in den uraufführungen von<br />

bernhard L<strong>an</strong>gs I Hate Mozart und Joh<strong>an</strong>nes<br />

Kalitzkes Die Besessenen sowie in h<strong>an</strong>s<br />

Werner henzes Der Prinz von Homburg. In<br />

Vogel Herzog Idiot wollte bergm<strong>an</strong>n beide<br />

richtungen einfließen lassen. „Wenn ich<br />

im sommer eine intensive operetten-produktion<br />

absolviere, d<strong>an</strong>n freue ich mich<br />

d<strong>an</strong>ach darauf, zeitgenössisches musiktheater<br />

machen zu können. Diese art, mit unterschiedlichen<br />

Inhalten und verschiedener<br />

Ästhetik zu arbeiten und in völlig verschiedene<br />

rollen zu springen, gefällt mir.“ zwei<br />

Komponistinnen und einen Komponisten<br />

unterschiedlicher Generation und herkunft<br />

hat bergm<strong>an</strong>n ausgesucht, um die drei sujets<br />

in verschiedenen musikalischen und<br />

ästhetischen zugängen zu den mini-monoopern<br />

Heute Abend Boris Godunow von<br />

Karmella Tsepkolenko, Blaubarts von samu<br />

Gryllus und Papagenono von Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />

zu vereinen.<br />

„seit mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre habe ich durch<br />

meinen arbeitsschwerpunkt zeitgenössisches<br />

musiktheater Kontakte nach odessa“,<br />

sagt bergm<strong>an</strong>n. „Die ukrainische Komponistin<br />

und musikprofessorin Karmella<br />

Tsepkolenko hat mich 2007 wie<strong>der</strong> zu ihrem<br />

Festival Two Days <strong>an</strong>d Two Nights of<br />

New music eingeladen. bei diesem Festival<br />

ist die Idee entst<strong>an</strong>den, ein gemeinsames<br />

musiktheater zu realisieren.“ Karmella Tsepkolenko,<br />

für bergm<strong>an</strong>n <strong>der</strong> klassischen<br />

mo<strong>der</strong>ne zuzuordnen, för<strong>der</strong>e bei ihrem<br />

Festival in odessa seit l<strong>an</strong>gem die ukrainische<br />

musikszene <strong>der</strong> Gegenwart. beson<strong>der</strong>s<br />

interess<strong>an</strong>t f<strong>an</strong>d bergm<strong>an</strong>n immer die<br />

<strong>an</strong>zahl junger Komponistinnen in <strong>der</strong> ukraine:<br />

„Karmella Tsepkolenko ist sicher die<br />

mentorin dieser jungen Generation.“<br />

In Heute Abend Boris Godunow gibt bergm<strong>an</strong>n<br />

einblick in die Welt hinter <strong>der</strong> bühne.<br />

„ein sänger sitzt in seiner Gar<strong>der</strong>obe und<br />

wartet auf seinen auftritt in Boris Godunow.<br />

er probiert das Kostüm des boris, aber das<br />

Kostüm ist ihm zu eng. seine Krone ist<br />

nicht aus Gold und ohne goldene Krone<br />

tritt er nicht auf. er entscheidet: ‚heute trete<br />

ich nicht als boris auf, ich muss eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

rolle singen.‘ er probiert das Kostüm<br />

des schuiski, aber dessen stiefel sind ihm<br />

viel zu eng. außerdem hat diese rolle keine<br />

große arie und ohne große arie macht<br />

m<strong>an</strong> keine Karriere. Daher will er auch nicht<br />

den schuiski singen. es bleibt ihm noch die<br />

rolle des Narren und er zieht das Kostüm<br />

des Narren <strong>an</strong>. aber d<strong>an</strong>n fällt ihm ein,<br />

dass <strong>der</strong> regisseur den Narren ohne bart<br />

will und er sich den bart nicht abrasieren<br />

lassen möchte. er redet sich <strong>der</strong>art in rage,<br />

dass er schlussendlich sagt, <strong>der</strong> regisseur<br />

soll die rolle doch selber singen: ‚Ich mache<br />

mich nicht für einen regisseur zum Idioten.‘<br />

Kein boris, kein schuiski, kein Narr:<br />

er tritt heute nicht auf und macht es sich<br />

lieber zu hause vor dem Fernseher und bei<br />

einem guten essen gemütlich.“<br />

„Ich finde es gut, wenn m<strong>an</strong> sich in diesem<br />

metier ab und zu auf die schaufel nimmt“,<br />

meint rupert bergm<strong>an</strong>n zum <strong>an</strong>satz von<br />

Karmella Tsepkolenko und Librettistin Kristine<br />

Tornquist, die Vogel Herzog Idiot auch<br />

inszenieren wird. „Das reine schauspiel ist<br />

<strong>an</strong>fällig für abgehobenheit und selbstinszenierung.<br />

Im musiktheater muss m<strong>an</strong> als<br />

Darsteller immer dem musikalischen Faden<br />

folgen. Daher sind wir als sänger ein bisschen<br />

dist<strong>an</strong>zierter. es ist mir aber wichtig,<br />

diese situation humorvoll zu porträtieren.<br />

In <strong>Wien</strong> herrscht ein großes Interesse <strong>an</strong><br />

dieser Kunstform und daher gefällt mir die<br />

Idee, die rollen einmal umgedreht zu präsentieren.“<br />

Den aus ungarn stammenden Komponisten<br />

Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er, Rupert<br />

Bergm<strong>an</strong>n und Rol<strong>an</strong>d Geyer<br />

bei <strong>der</strong> Partitur-Übergabe<br />

voGeL herzoG IDIoT<br />

Drei mini-mono-opern für<br />

bassbariton und Kammerensemble<br />

heuTe abeND<br />

borIs GoDuNoW (2008/11)<br />

Musik von Karmella Tsepkolenko<br />

Libretto von Kristine Tornquist<br />

bLaubarTs (2011)<br />

Musik von Samu Gryllus<br />

Libretto von Zoltán András Bán<br />

papaGeNoNo.<br />

eINe ausFLuChT (2011)<br />

Musik von Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />

Libretto von Fr<strong>an</strong>zobel<br />

Idee und Konzept rupert bergm<strong>an</strong>n &<br />

Jury everhartz<br />

Musikalische Leitung <strong>an</strong>na sushon<br />

Inszenierung Kristine Tornquist<br />

Kostüme markus Kuscher<br />

Bühne rom<strong>an</strong> spiess<br />

Bassbariton rupert bergm<strong>an</strong>n<br />

eine Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

In Kooperation mit mupaTh<br />

urauFFÜhruNG:<br />

Freitag, 4. November 2011, 20.00 Uhr<br />

auFFÜhruNGeN:<br />

6. / 8. / 10. November, 20.00 Uhr<br />

spIeLorT:<br />

Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 <strong>Wien</strong><br />

samu Gryllus, <strong>der</strong> in <strong>Wien</strong> studiert hat, lernte<br />

rupert bergm<strong>an</strong>n bei einer produktion in<br />

berlin kennen. „aus diesem und weiteren<br />

gemeinsamen projekten ist d<strong>an</strong>n die Idee<br />

zur Gründung des vereins mupaTh – music<br />

perform<strong>an</strong>ce art theater entst<strong>an</strong>den.“ Die<br />

Grundidee für Blaubarts, die sich samu<br />

Gryllus mit dem Librettisten zoltán <strong>an</strong>drás<br />

bán überlegt hat, geht davon aus, dass ein<br />

neuer blaubart geboren wird. „es wird die<br />

Geburt des neuen blaubart im mutterleib<br />

geschil<strong>der</strong>t. Das stück schil<strong>der</strong>t die Genese<br />

dieses neuen Wesens, es ist ein eher introvertierter<br />

innerer monolog, und endet mit<br />

<strong>der</strong> Geburt des neuen blaubart, <strong>der</strong> aber<br />

durchaus belastet mit seiner verg<strong>an</strong>genheit<br />

geboren wird. zwischen den beiden komödi<strong>an</strong>tischen<br />

stücken am <strong>an</strong>f<strong>an</strong>g und am<br />

ende stellt Blaubarts den ruhigeren mittelteil<br />

des abends dar.“<br />

In Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>ers Papagenono. Eine Ausflucht<br />

erzählt Librettist Fr<strong>an</strong>zobel die Geschichte<br />

von schik<strong>an</strong>e<strong>der</strong>s vogelfänger im<br />

österreichisch-wienerischen Dialekt weiter.<br />

„Wir sehen papageno einige zeit nach dem<br />

ende <strong>der</strong> Zauberflöte. papageno hat seine<br />

vögel mit Wein und zucker gefüttert, dar<strong>an</strong><br />

sind sie krepiert und jetzt sitzt er inmitten<br />

seiner toten vögel und singt ‚I w<strong>an</strong> vü‘.<br />

auch die papagena ist ihm weggelaufen,<br />

wahrscheinlich hat er sie vertrieben und er<br />

ist völlig frustriert und wie<strong>der</strong> eine bemit-<br />

leidenswerte Kreatur geworden. er glaubt,<br />

in ein Loch zu fallen und fasst am ende<br />

doch wie<strong>der</strong> mut.“<br />

Für rupert bergm<strong>an</strong>n gehört Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />

zu den Komponistinnen, die zur Tonalität<br />

ein gutes verhältnis haben: „Ich wollte<br />

das als dritten musikästhetischen <strong>an</strong>satz in<br />

diesem abend vertreten haben. es ist ein<br />

witziges und rasches stück geworden. Ich<br />

singe ja gerne operette sowie harmonische<br />

Werke und in diesem sinn ist Papagenono<br />

ein schöner Kontrast in diesem abend.“<br />

Die besetzung des fünfköpfigen Kammerensembles<br />

folgt <strong>der</strong> Instrumentierung<br />

von Heute Abend Boris Godunow,<br />

das als erstes Werk entst<strong>an</strong>den ist und<br />

somit für die beiden <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kompositionen<br />

eine auswahl <strong>an</strong> Instrumenten<br />

vorgab. „Ich habe d<strong>an</strong>n mit allen drei<br />

Komponisten gesprochen“, sagt rupert<br />

bergm<strong>an</strong>n. „herausgekommen ist ein<br />

Klaviertrio mit einer Klarinette und einem<br />

percussionisten, <strong>der</strong> die marimba als haupt-<br />

instrument neben kleineren schlagwerken<br />

spielt. Das war die vorgabe <strong>an</strong> die Komponisten,<br />

bei samu Gryllus kommt noch eine<br />

soundeinspielung dazu und bei Joh<strong>an</strong>na<br />

Do<strong>der</strong>er könnte auch das Klaviertrio die<br />

partitur alleine spielen.“ Die musikalische<br />

Leitung <strong>der</strong> ästhetisch unterschiedlichen<br />

Werke obliegt <strong>der</strong> in Novosibirsk geborenen<br />

israelischen Dirigentin <strong>an</strong>na sushon.<br />

12 13


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Il Giustino (a. vivaldi, 21. 2., konzert<strong>an</strong>t), Telemaco (Chr. W. Gluck, 29. 2.), Les contes d’Hoffm<strong>an</strong>n<br />

(J. offenbach, 2. 4.), Svatební Koˇsile (a. Dvoˇrák, 27. 4., konzert<strong>an</strong>t), Hamlet (a. Thomas, 2. 5.),<br />

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preiskategorien möglich)<br />

szenenfoto aus Intermezzo 2008 © armin bardel<br />

oper KoNzerTaNT<br />

Was immer ist, ist richtig<br />

William Christie und Les arts Floriss<strong>an</strong>ts interpretieren händels letztes oratorium Jephtha.<br />

mit dem Chor „Wie düster, oh herr, sind<br />

Deine Dekrete!“ endet <strong>der</strong> zweite akt von<br />

händels oratorium Jephtha. In eine dunkle<br />

zeit fiel für händel die Komposition des<br />

Werkes. zeitlebens komponierte händel<br />

zügig und präzise. mit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schrift<br />

von Jephtha beg<strong>an</strong>n er am 21. Jänner 1751<br />

und vollendete den ersten akt am 2. Februar.<br />

Nach dem großen Chor des zweiten<br />

aktes, <strong>der</strong> das geistige zentrum des Werkes<br />

bildet, notierte händel: „biß hierher komen<br />

den 13 Febr“. zur entsp<strong>an</strong>nung „des<br />

gesichts meines linken auges“ musste<br />

händel die arbeit abbrechen, nahm sie<br />

vorübergehend wie<strong>der</strong> auf und legte am<br />

27. Februar die Fe<strong>der</strong> endgültig für vier<br />

monate nie<strong>der</strong>. um sein augenleiden zu<br />

kurieren, besuchte er vergeblich die bä<strong>der</strong><br />

in bath und Cheltenham. als er mit <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>schrift des dritten aktes beg<strong>an</strong>n,<br />

ließ seine sehkraft immer mehr nach. auf<br />

dem linken auge dürfte er bereits erblindet<br />

gewesen sein. Die arbeit ging dementsprechend<br />

nur l<strong>an</strong>gsam vor<strong>an</strong>.<br />

Die Geschichte stammt aus dem buch<br />

<strong>der</strong> richter des alten Testaments. Wegen<br />

seiner unehelichen herkunft wird Jephtha<br />

von seinen halbbrü<strong>der</strong>n aus Gilead verstoßen.<br />

In <strong>der</strong> verb<strong>an</strong>nung wächst er zu<br />

einem gottesfürchtigen und stolzen Krieger<br />

her<strong>an</strong>. Das zwischenzeitlich von den<br />

ammonitern okkupierte Gilead bittet den<br />

verstoßenen sohn um hilfe und wählt ihn<br />

JephTha<br />

oratorium in drei akten (1752)<br />

Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />

Libretto von Thomas Morell<br />

Konzert<strong>an</strong>te aufführung in englischer sprache<br />

Musikalische Leitung William Christie<br />

Jephtha Kurt streit<br />

Iphis Katherine Watson<br />

Hamor David D. Q. Lee<br />

Zebul Neal Davies<br />

Storge Kristina hammarström<br />

Engel rachel redmond<br />

Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />

Donnerstag, 17. November 2011, 19.00 Uhr<br />

William Christie und Les Arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />

zum heerführer. er soll die alte heimat<br />

von <strong>der</strong> besatzungsmacht befreien. bevor<br />

Jephtha in den Kampf gegen die ammoniter<br />

zieht, legt er ein Gelübde ab. Was o<strong>der</strong><br />

wer immer als erstes aus seinem haus<br />

kommt, will er dem herrn als br<strong>an</strong>dopfer<br />

darbringen. es ist seine Tochter und Jephtha<br />

vollstreckt das opfer <strong>an</strong> seiner Tochter.<br />

Dem aufgeklärten Textdichter reverend<br />

Thomas morell, den händel selbst um<br />

ein Libretto gebeten hatte, erschien diese<br />

Geschichte zu barbarisch. In Übereinstimmung<br />

mit <strong>der</strong> <strong>an</strong>glik<strong>an</strong>ischen Theologie ersetzte<br />

er den rächenden Gott des alten<br />

Testaments durch einen gütigen Gott und<br />

gab <strong>der</strong> namenlosen Tochter <strong>der</strong> biblischen<br />

vorlage den Namen Iphis. morell<br />

erf<strong>an</strong>d neue personen, dichtete eine Liebesgeschichte<br />

hinzu und lässt die auf das<br />

schicksal <strong>der</strong> Iphigenie <strong>an</strong>spielende Iphis<br />

am ende auf Geheiß eines engels überleben.<br />

Fort<strong>an</strong> soll sie als jungfräuliche priesterin<br />

im Tempel dienen.<br />

Die uraufführung f<strong>an</strong>d mehr als ein<br />

Jahr nach arbeitsbeginn am 26. Februar<br />

1752 statt, sechs weitere aufführungen<br />

folgten. Das Werk war zwar kein misserfolg<br />

wie das von händel geschätzte<br />

oratorium Theodora, konnte sich aber<br />

ebenfalls nicht wirklich durchsetzen. zu<br />

ungewöhnlich war <strong>der</strong> introvertierte und<br />

nach innen blickende altersstil händels für<br />

das Londoner publikum. Die erstaufführung<br />

blieb die letzte premiere eines neu<br />

komponierten Werkes, die händel selbst<br />

dirigierte.<br />

Für William Christie und Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />

eröffnet Jephtha die möglichkeit, die<br />

immensen dramatischen Fähigkeiten des<br />

in ihren Worten „<strong>an</strong>spruchsvollsten Komponisten<br />

des barocken europas“ musikalisch<br />

darzustellen. ob in den dramatischen<br />

o<strong>der</strong> kontemplativen momenten <strong>der</strong> h<strong>an</strong>dlung,<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Chor übernimmt in<br />

händels oratorium eine domin<strong>an</strong>te rolle.<br />

Für William Christie und sein renommiertes<br />

ensemble enthält das biblische Werk<br />

eine Fülle <strong>an</strong> erstaunlichen Chorpassagen,<br />

wie die beeindruckende reflexion über die<br />

sterblichkeit „how dark, o Lord, are thy<br />

decrees!“: „all unsere Freuden werden sich<br />

in sorgen w<strong>an</strong>deln und unser erfolg in<br />

Trauer, sowie die Nacht dem Tag folgt.<br />

Kein dauerhaftes Glück, keinen sicheren<br />

Frieden werden wir sterblichen auf erden<br />

erfahren. Doch gehorcht diesem obersten<br />

Gebot: Was immer ist, ist richtig.“ Noch im<br />

Jahr <strong>der</strong> uraufführung erblindete händel<br />

völlig und Jephtha blieb sein letztes oratorium.<br />

15


oper KoNzerTaNT<br />

imperator ihres Herzens<br />

händels Giulio Cesare in Egitto mit al<strong>an</strong> Curtis und Il complesso barocco.<br />

Al<strong>an</strong> Curtis<br />

Julius Caesar hat seinen politischen Gegner<br />

pompejus in Griechenl<strong>an</strong>d geschlagen<br />

und bis nach Ägypten verfolgt. Dort lässt<br />

<strong>der</strong> junge herrscher ptolemäus Caesar das<br />

haupt von pompejus als Gastgeschenk<br />

überreichen. seine schwester Cleopatra<br />

indessen will den Thron für sich alleine<br />

und muss dazu ptolemäus beseitigen. es<br />

gelingt ihr, Caesar auf ihre seite zu ziehen.<br />

Nach einem attentat auf Caesar lässt<br />

ptolemäus auch Cleopatra gef<strong>an</strong>gen nehmen.<br />

Doch Caesar hat überlebt, befreit die<br />

Geliebte und krönt sie zur Königin von<br />

Ägypten. sie aber will auch als regentin<br />

dem beherrscher roms und ihres herzens<br />

untert<strong>an</strong> sein.<br />

Die Liebe zwischen Cleopatra und Caesar,<br />

<strong>der</strong> ägyptischen Königin und dem römischen<br />

Imperator, hat über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

hinweg darstellende wie bildende Künste<br />

gleichermaßen inspiriert. statt einer historischen<br />

Deutung st<strong>an</strong>d aber mehrheitlich<br />

die Charakterisierung <strong>der</strong> Figuren im sinne<br />

<strong>der</strong> zeit im mittelpunkt. Librettist Niccolò<br />

Fr<strong>an</strong>cesco haym bearbeitete für seine<br />

Dichtung ein 1677 von Giacomo Fr<strong>an</strong>cesco<br />

buss<strong>an</strong>i für venedig verfasstes, gleichnamiges<br />

Libretto. Doch haym ging weit über<br />

die vorlage hinaus, dichtete schlachten dazu,<br />

schrieb neue sterbeszenen und ließ<br />

die Feinde Caesars auf offener bühne erstechen.<br />

händel und haym gingen mit<br />

Giulio Cesare in Egitto <strong>an</strong> die Grenzen<br />

dessen, was zu ihrer zeit überhaupt noch<br />

aufführbar war. bühnenspektakel und musikalische<br />

Gl<strong>an</strong>zlichter boten optische wie<br />

akustische sp<strong>an</strong>nung bis zur scena ultima.<br />

Georg Friedrich händel wurde 1719 zum<br />

Direktor <strong>der</strong> royal academy of music ern<strong>an</strong>nt,<br />

einem privaten opernunternehmen<br />

englischer adeliger. um das Interesse des<br />

publikums zu schüren, luden die aktionäre<br />

Giov<strong>an</strong>ni bononcini nach London ein,<br />

dessen eingängige opern in g<strong>an</strong>z europa<br />

erfolg hatten. händel wurde in diesem<br />

musikalischen Wettstreit vom königlichen<br />

hof bevorzugt, <strong>der</strong> Italiener st<strong>an</strong>d in <strong>der</strong><br />

Gunst <strong>der</strong> adeligen rund um den herzog<br />

von marlborough. Dass <strong>der</strong> Kampf zugunsten<br />

händels ausging, ist auf den glänzenden<br />

erfolg von Giulio Cesare in Egitto<br />

zurückzuführen, die zu seiner erfolgreichsten<br />

und in <strong>der</strong> Gegenwart meistgespielten<br />

oper av<strong>an</strong>cierte.<br />

Der amerik<strong>an</strong>ische Dirigent, Cembalist und<br />

musikwissenschafter al<strong>an</strong> Curtis hat sich<br />

bereits als student in den 1950er Jahren<br />

zur verwendung von barocken Instrumenten<br />

und zur historischen aufführungspraxis<br />

bek<strong>an</strong>nt. er studierte bei Gustav Leonhardt<br />

in amsterdam und promovierte nach seiner<br />

rückkehr in die usa im Fach musikwissenschaft<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> university of Illinois.<br />

er schlug eine akademischen Laufbahn <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> universität von Kalifornien in berkeley<br />

ein und führte dort eine rekonstruktion<br />

von monteverdis L’incoronazione di Poppea<br />

in <strong>der</strong> ursprünglichen orchestrierung<br />

bereits in den 1960er Jahren auf. Curtis<br />

gründete 1979 das ensemble Il complesso<br />

barocco, mit dem er sich <strong>der</strong> barockmusik<br />

auf historischem Instrumentarium und<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>entdeckung von selten gespielten<br />

frühen opern widmete.<br />

Dem musiktheatralischen Werk händels<br />

widmete Curtis stets beson<strong>der</strong>e aufmerksamkeit.<br />

er empfinde es als einen Dienst<br />

<strong>an</strong> händel und <strong>an</strong> allen musikliebhabern,<br />

dessen unbek<strong>an</strong>nte Werke wie<strong>der</strong>aufzuführen.<br />

Im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> interpretierten<br />

Curtis und sein ensemble bereits die<br />

händel-opern Agrippina, Tolomeo, Berenice<br />

und das pasticcio Giove in Argo. In dieser<br />

saison widmet sich Curtis in konzert<strong>an</strong>ten<br />

aufführungen den beiden bek<strong>an</strong>nten<br />

opern Ariod<strong>an</strong>te und Giulio Cesare in Egitto<br />

sowie händels letzter und selten gespielter<br />

oper Deidamia.<br />

GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />

Dramma per musica in drei akten (1724)<br />

Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />

Libretto von Niccolò Fr<strong>an</strong>cesco Haym<br />

Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />

Musikalische Leitung al<strong>an</strong> Curtis<br />

Giulio Cesare marie-Nicole Lemieux<br />

Cleopatra Karina Gauvin<br />

Tolomeo Filippo mineccia<br />

Cornelia romina basso<br />

Sesto emöke baráth<br />

Achilla Joh<strong>an</strong>nes Weisser<br />

Nireno milena storti<br />

Il complesso barocco<br />

Mittwoch, 23. November 2011, 19.00 Uhr<br />

oper KoNzerTaNT<br />

Feind <strong>der</strong> tyr<strong>an</strong>nen,<br />

Freund des Vaterl<strong>an</strong>ds<br />

Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli leitet vivaldis Catone in Utica.<br />

In <strong>der</strong> stadt utica im nördlichen afrika treffen<br />

die Truppen des überzeugten republik<strong>an</strong>ers<br />

Cato und des Diktators Julius Caesar<br />

während des römischen bürgerkrieges<br />

aufein<strong>an</strong><strong>der</strong>. Trotz seiner überwältigenden<br />

militärischen Übermacht versucht Caesar<br />

Cato als Freund zu gewinnen. Doch Cato<br />

ist trotz Caesars entgegenkommen nicht<br />

bereit, das prinzip <strong>der</strong> republik aufzugeben<br />

und unterliegt. Der historische Cato<br />

beging nach Caesars sieg im bürgerkrieg<br />

in einkl<strong>an</strong>g mit seiner stoischen philosophie<br />

selbstmord, da er unter einem Tyr<strong>an</strong>nen<br />

nicht weiter leben konnte.<br />

Die Tragödie des römischen staatsm<strong>an</strong>nes<br />

Cato, <strong>der</strong> von 95 bis 46 vor Christus gelebt<br />

hat und in den Worten shakespeares<br />

als „Feind <strong>der</strong> Tyr<strong>an</strong>nen, Freund des vaterl<strong>an</strong>ds“<br />

in die Literatur eingeg<strong>an</strong>gen ist,<br />

ist einer <strong>der</strong> am häufigsten vertonten stoffe<br />

<strong>der</strong> barockzeit. Für die Karnevalssaison<br />

1737 in verona vertonte <strong>der</strong> 59-jährige vivaldi<br />

das Libretto des berühmten pietro<br />

metastasio. In dessen realistischem Textbuch<br />

stirbt Cato ursprünglich in <strong>der</strong> letzten<br />

szene auf <strong>der</strong> bühne und sagt Caesars<br />

sturz voraus. zeitgenössischer Geschmack<br />

und Konvention zw<strong>an</strong>gen metastasio, den<br />

schluss zu än<strong>der</strong>n, damit Cato wenigstens<br />

nicht auf <strong>der</strong> bühne stirbt. vivaldi, wohl<br />

mit hilfe eines <strong>an</strong>onymen autors, musste<br />

selbst noch diesen schluss entschärfen.<br />

In seiner Fassung kapituliert Cato in aller<br />

Form vor dem tyr<strong>an</strong>nischen Caesar und<br />

darf weiter leben.<br />

vivaldi leitete die premiere von Catone in<br />

Utica unter mitwirkung <strong>der</strong> sängerin <strong>an</strong>na<br />

Girò im Teatro Filarmonico in verona<br />

sowie vermutlich auch die folgenden fünf<br />

vorstellungen. Das Dramma per musica<br />

in drei akten ist ein groß<strong>an</strong>gelegtes, aber<br />

für die verhältnisse <strong>der</strong> zeit kurzes Werk<br />

mit 13 arien, das ursprünglich auch mit<br />

Tänzern aufgeführt wurde, und einer orchesterbesetzung<br />

mit streichern, Continuo,<br />

zwei Trompeten und zwei hörnern.<br />

Die sänger <strong>der</strong> uraufführung dürfte vivaldi<br />

selbst zusammengestellt haben. „Wir haben<br />

nur sechs aufführungen gemacht,<br />

nach den abrechnungen glaube ich, nicht<br />

zu verlieren, vielmehr, wenn Gott uns bis<br />

zum ende begünstigt, ist uns ein verdienst<br />

g<strong>an</strong>z sicher und vielleicht kein geringer“,<br />

schrieb vivaldi aus verona und hoffte, dass<br />

eine ähnliche oper auch höchste Nachsicht<br />

in Ferrara haben könnte. vivaldi war<br />

bereit, das fin<strong>an</strong>zielle risiko dafür selbst<br />

zu tragen: „Ich bin in ähnlichen Fällen<br />

ein freier unternehmer, und ich begleiche<br />

aus meiner Tasche und nicht mit<br />

geliehenem Geld.“ Doch dazu sollte es<br />

nicht kommen, <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara<br />

Fe<strong>der</strong>ico Maria Sardelli<br />

verweigerte vivaldi die einreise, weil „ich<br />

priester bin, ohne messe zu lesen, und<br />

weil ich eine amicizia mit <strong>der</strong> sängerin<br />

Girò habe“, notierte vivaldi und sah in <strong>der</strong><br />

absage „ein meer von unglück“. ein Jahr<br />

später wird <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara in<br />

<strong>der</strong> Tat ein edikt erlassen, das allen Geistlichen<br />

die Teilnahme <strong>an</strong> karnevalistischen<br />

ver<strong>an</strong>staltungen untersagt. priester hätten<br />

sich <strong>der</strong> oper von Ferrara fernzuhalten.<br />

Der italienische Dirigent und Komponist<br />

Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli hat sich intensiv<br />

mit dem Werk vivaldis beschäftigt. als<br />

mitglied des wissenschaftlichen Komitees<br />

des Istituto Itali<strong>an</strong>o <strong>an</strong>tonio vivaldi<br />

hat er mehrere musikwissenschaftliche<br />

studien zum Thema veröffentlicht. 1984<br />

gründete er modo <strong>an</strong>tiquo, das sich auf<br />

mittelalterliche wie barocke musik spezialisiert<br />

und einen entscheidenden beitrag<br />

zur Wie<strong>der</strong>entdeckung von vivaldi als<br />

opernkomponist in den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />

geleistet hat.<br />

CaToNe IN uTICa<br />

Dramma per musica in drei akten (1737)<br />

Musik von Antonio Vivaldi (1678-1741)<br />

Libretto von Pietro Metastasio<br />

Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />

Musikalische Leitung Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli<br />

Catone magnus stavel<strong>an</strong>d<br />

Marzia sonia prina<br />

Emilia Lori<strong>an</strong>a Castell<strong>an</strong>o<br />

Arbace Nicki Kennedy<br />

16 17<br />

modo <strong>an</strong>tiquo<br />

Freitag, 16. Dezember 2011, 19.00 Uhr


parTNersChaFT<br />

Von <strong>der</strong> Leiste auf die Bühne<br />

Die <strong>Wien</strong>er schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter und das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

setzen ihre partnerschaftliche Kooperation in dieser saison fort.<br />

mit gr<strong>an</strong>dioser stärke setzte véronique<br />

Gens neue maßstäbe für die Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Titelrolle von Christoph Willibald<br />

Glucks Iphigénie en Tauride. mit darstellerischer<br />

präsenz und präziser stimmführung<br />

begeisterte die fr<strong>an</strong>zösische sopr<strong>an</strong>istin<br />

publikum und Kritik. Neu interpretiert und<br />

zeitgemäß umgesetzt, wurde aus einer<br />

oper mit <strong>an</strong>tikem Thema aus dem Jahr<br />

1779 ein tiefer blick in die menschliche<br />

seele <strong>der</strong> Gegenwart und ein Wegweiser in<br />

die zukunft. Jede opernaufführung besteht<br />

aus einer komplexen vielzahl von einzelnen<br />

elementen und nur, wenn in allen abteilungen<br />

auf höchstem Niveau gearbeitet<br />

wird, k<strong>an</strong>n eine künstlerisch erfolgreiche<br />

produktion entstehen. Neben musik und<br />

Inszenierung ist es die ausstattung, die<br />

die Ästhetik eines opernhauses in allen<br />

Details entscheidend mitprägt. véronique<br />

Gens trug als Iphigénie ein beson<strong>der</strong>es<br />

paar schuhe, <strong>an</strong>gefertigt von <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>er<br />

schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter. von den<br />

Leisten bis zum fertigen schuh wurde das<br />

modell für véronique Gens in <strong>der</strong> letzten<br />

m<strong>an</strong>ufaktur für rahmengenähte schuhe<br />

in mitteleuropa h<strong>an</strong>dgefertigt. „Die Leisten<br />

für die schuhe <strong>der</strong> Iphigénie stammen<br />

noch aus <strong>der</strong> zwischenkriegszeit“, erläutert<br />

<strong>der</strong> geschäftsführende Gesellschafter des<br />

Familienbetriebs Till reiter. „Nach meiner<br />

urgroßmutter wurden sie <strong>an</strong>na ben<strong>an</strong>nt.“<br />

mit <strong>der</strong> unterstützung <strong>der</strong> opernproduktion<br />

Der Prinz von Homburg im November<br />

2009 beg<strong>an</strong>n die zusammenarbeit zwi-<br />

schen <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter<br />

und dem <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. Die Kooperation<br />

wurde bei Il mondo della luna sowie<br />

<strong>der</strong> uraufführung von Die Besessenen fort-<br />

gesetzt, und in Der Freischütz spielten<br />

schuhmodelle von Ludwig reiter eine<br />

tragende rolle. Karl markovics als samiel<br />

entfaltete seine teuflische Wirkung in <strong>der</strong><br />

Wolfsschlucht in einem eigens <strong>an</strong>gefertigten<br />

paar schwarzer Lackstiefeletten. Die<br />

auswahl <strong>der</strong> schuhe erfolgt in enger zusammenarbeit<br />

zwischen den Kostümbildnern<br />

<strong>der</strong> Inszenierungen und <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur.<br />

vom klassischen reitstiefel<br />

über zugstiefeletten bis zum husarenstiefel,<br />

vom halbschuh für herren bis zum<br />

eleg<strong>an</strong>ten abendschuh für Damen: rund<br />

200 paar werden für eine saison von Ludwig<br />

reiter hergestellt und den im <strong>Theater</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auftretenden solisten und<br />

Choristen in passen<strong>der</strong> <strong>an</strong>zahl und Größe<br />

zur verfügung gestellt. Till reiter, in vierter<br />

Generation mit seinen Geschwistern für die<br />

<strong>Wien</strong>er Traditionsmarke ver<strong>an</strong>twortlich,<br />

freut sich als opernkenner über die ent-<br />

wicklung sowie den erfolg des neuen<br />

opernhauses und bekräftigt die partner-<br />

schaftliche zusammenarbeit.<br />

Die Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur wurde<br />

1885 als h<strong>an</strong>dwerksbetrieb gegründet. Der<br />

betrieb bef<strong>an</strong>d sich bis 1998 im 17. <strong>Wien</strong>er<br />

Gemeindebezirk und wurde aufgrund <strong>der</strong><br />

beengten räumlichen verhältnisse nach<br />

<strong>Wien</strong>er Neudorf verlegt. als <strong>Wien</strong>er unternehmen<br />

fiel 2008 die entscheidung, wie<strong>der</strong><br />

in die stadt <strong>der</strong> Gründung zurückzukehren<br />

und m<strong>an</strong> stieß auf <strong>der</strong> suche nach einem<br />

geeigneten Gelände auf schloss süßenbrunn<br />

im Nordosten des <strong>Wien</strong>er Gemeindegebietes.<br />

Das schloss, ursprünglich ein<br />

erstmals im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t erwähntes<br />

rittergut, wurde im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />

den Freiherrn von L<strong>an</strong>dau zu einem renaiss<strong>an</strong>ce-schloss<br />

ausgebaut. Nach mehreren<br />

besitzerwechseln gestalteten die Freiherrn<br />

von bartenstein das schloss um 1830 im<br />

stil <strong>der</strong> Frührom<strong>an</strong>tik um. seit den 1920er<br />

Jahren waren <strong>der</strong> Gutshof und das schloss<br />

im besitz <strong>der</strong> Theresi<strong>an</strong>ischen akademie.<br />

Im sinne des unternehmerischen Leitmotivs<br />

„Die zukunft <strong>der</strong> Tradition“ wurde die<br />

historische subst<strong>an</strong>z des Gutshofes in abstimmung<br />

mit dem bundesdenkmalamt<br />

<strong>Wien</strong> für die produktion behutsam adaptiert.<br />

Die erhaltung eines Kulturdenkmals<br />

k<strong>an</strong>n somit durch eine neue Nutzung gesichert<br />

werden. Wo ursprünglich pferde und<br />

Kühe untergebracht waren, werden seit mai<br />

dieses Jahres von rund 40 mitarbeitern in<br />

<strong>der</strong> produktion jährlich rund 30.000 paar<br />

schuhe gefertigt. Die meisten davon werden<br />

in rahmengenähter h<strong>an</strong>darbeit nach dem<br />

traditionellen Goodyear-verfahren hergestellt,<br />

das Ludwig reiter II. als junger m<strong>an</strong>n<br />

zu beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in den vereinigten<br />

staaten kennengelernt hat. Das<br />

verwalterhaus wurde zum büro und <strong>der</strong><br />

Getreidespeicher dient als Depot. Die<br />

schlosserei ist im Taubenschlag untergebracht<br />

und in <strong>der</strong> meierei werden Taschen<br />

und Koffer gefertigt. Die verbindungsgänge<br />

aus holz und Glas wurden neu errichtet<br />

und werden als materiallager genutzt.<br />

Die renovierung und adaptierung eines<br />

denkmalgeschützten ensembles benötigt<br />

neben <strong>der</strong> notwendigen arbeit vor allem<br />

zeit. mehr als zwei Jahre wurde gepl<strong>an</strong>t<br />

und renoviert, musste <strong>der</strong> Gutshof <strong>an</strong> die<br />

arbeitsprozesse einer schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />

<strong>an</strong>gepasst werden. Für Till reiter ist dieser<br />

umst<strong>an</strong>d kein Thema: „Wir haben uns<br />

Die historische Leiste Anna, nach <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Schuh für Véronique Gens als<br />

Iphigénie in <strong>der</strong> Schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />

Ludwig Reiter hergestellt wurde.<br />

freiwillig dieses objekt ausgesucht. aber<br />

ich glaube, dass sich alte Dinge auf l<strong>an</strong>ge<br />

sicht rentieren.“ mit schloss und Gutshof<br />

süßenbrunn habe sich die einmalige<br />

Ch<strong>an</strong>ce ergeben, die schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />

mit allen vor- und nachgelagerten schritten<br />

in einem charm<strong>an</strong>ten ambiente in<br />

<strong>Wien</strong> unterzubringen. Gegenwärtig werden<br />

Fassaden und Garten<strong>an</strong>lagen inst<strong>an</strong>d<br />

gesetzt, längerfristig ist die restaurierung<br />

des hauptgebäudes gepl<strong>an</strong>t. auch<br />

die aufführungen von brittens The Turn<br />

of the Screw und händels Serse wurden<br />

von Ludwig reiter mit den notwendigen<br />

schuhen ausgestattet. beide Neuproduktionen<br />

<strong>der</strong> noch jungen saison bewiesen<br />

erneut, dass sich Tradition und Innovation<br />

gegenseitig beflügeln, sol<strong>an</strong>ge Qualität das<br />

oberste Gebot ist. Diesen Weg werden die<br />

Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur und das<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auch in dieser saison<br />

gemeinsam bestreiten.<br />

H<strong>an</strong>dwerkliche Perfektion von<br />

<strong>der</strong> Leiste bis zum fertigen<br />

Produkt: Die Ludwig Reiter<br />

Schuhm<strong>an</strong>ufaktur im Schloss<br />

Süßenbrunn in <strong>Wien</strong>.<br />

Geschäftsführer Till Reiter<br />

mit Tochter Magdalena im<br />

„Rittersaal“ des Gutshofes.<br />

18 19


Im Jahr 2007 hat sich eine Gruppe von<br />

opern-begeisterten zusammengeschlossen<br />

und den verein Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wien</strong> ins Leben gerufen.<br />

ziel des vereines ist es, die schwerpunkte<br />

des hauses zu unterstützen und dadurch<br />

den stellenwert des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

als außergewöhnliche Kulturinstitution zu<br />

unterstreichen. In <strong>der</strong> kurzen zeit seines<br />

bestehens wurde <strong>der</strong> verein eine plattform<br />

für alle Liebhaber des neuen, innovativen<br />

musiktheaters und bietet ein vielfältiges<br />

<strong>an</strong>gebot <strong>an</strong> Diskussions- und Informationsmöglichkeiten.<br />

ein beson<strong>der</strong>es augenmerk<br />

legen die Freunde des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wien</strong> darauf, Jugendlichen den zug<strong>an</strong>g zur<br />

opernwelt zu ermöglichen. Daher ist es ein<br />

beson<strong>der</strong>es ziel des vereines, die erfolgreichen<br />

Jugendprojekte auch fin<strong>an</strong>ziell zu unterstützen.<br />

siegfried menz, vorst<strong>an</strong>dsvorsitzen<strong>der</strong> von<br />

ottakringer, gibt im Gespräch einblick über<br />

seine Leidenschaft für oper und klassische<br />

musik.<br />

Wissen Sie noch, welches Werk Sie in die Welt<br />

<strong>der</strong> Oper eingeführt hat?<br />

als gebürtiger vorarlberger wurde mein<br />

Interesse <strong>an</strong> klassischer musik und oper<br />

vor allem durch besuche <strong>der</strong> bregenzer<br />

Festspiele geweckt. Das kulturelle <strong>an</strong>gebot<br />

während meiner Jugend- und schulzeit war<br />

aber doch recht begrenzt, um nicht zu sagen<br />

überschaubar. In erinnerung geblieben<br />

ist mir aber eine aufführung von Schw<strong>an</strong>ensee.<br />

vielleicht war das auch das Initiationswerk,<br />

das mein Interesse am musiktheater<br />

schließlich geweckt hat.<br />

Wie haben Sie d<strong>an</strong>n Ihren Wechsel nach <strong>Wien</strong><br />

wahrgenommen?<br />

Der Wechsel nach <strong>Wien</strong> erfolgte aufgrund<br />

meines studiums. von <strong>der</strong> messe- und<br />

Gartenstadt Dornbirn im rheintal kommend,<br />

empf<strong>an</strong>d ich den unterschied zu<br />

<strong>Wien</strong> schon gewaltig. ausgehungert nach<br />

Kultur bedeutete diese verän<strong>der</strong>ung die<br />

einkehr ins paradies, denn diese stadt<br />

war und ist für jem<strong>an</strong>den wie mich, <strong>der</strong> <strong>an</strong><br />

Siegfried Menz,<br />

Ottakringer-Vorst<strong>an</strong>dsvorsitzen<strong>der</strong><br />

und Präsident des Vereines<br />

Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

FreuNDesKreIs<br />

einkehr ins Paradies<br />

siegfried menz, präsident des Freundeskreises, über sein engagement für das neue opernhaus.<br />

musik, oper, <strong>Theater</strong> und bilden<strong>der</strong> Kunst<br />

gleichermaßen interessiert ist, das reinste<br />

schlaraffenl<strong>an</strong>d.<br />

Was hat Sie dazu bewogen, dem Freundeskreis<br />

als dessen Präsident vorzustehen und<br />

sich für das neue Opernhaus <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> zu<br />

engagieren?<br />

meine grundsätzliche Neugier und die<br />

Überzeugung, dass es die einzig richtige<br />

entscheidung <strong>der</strong> stadt <strong>Wien</strong> war, dieses<br />

historische Juwel wie<strong>der</strong> seiner ursprünglichen<br />

bestimmung als opernhaus zurückzuführen.<br />

außerdem bietet kaum ein <strong>an</strong><strong>der</strong>er<br />

bereich wie die Kunst so viele verschiedene<br />

möglichkeiten, Themen und Dinge, die uns<br />

bewegen, auf vielfältige Weise wahrzunehmen.<br />

vor allem finde ich auch, dass <strong>der</strong> kreative<br />

zug<strong>an</strong>g das entdecken von Kunst so<br />

interess<strong>an</strong>t macht. und schließlich: Überzeugt<br />

von einer sache möchte ich immer<br />

etwas bewegen und mich einbringen.<br />

Welche beson<strong>der</strong>en Ziele verfolgt <strong>der</strong> Freun-<br />

beITrITTserKLÄruNG<br />

verein FreuNDe TheaTer aN Der WIeN<br />

Ich trete hiermit dem Verein FREUNDE THEATER AN DER WIEN bei.<br />

Bitte senden Sie mir weitere Informationen <strong>an</strong> folgende Adresse:<br />

Name: _____________________________________________________________________________________________<br />

adresse: ____________________________________________________________________________________________<br />

Tel: ___________________________________________________ Fax:_________________________________________<br />

e-mail: _____________________________________________________________________________________________<br />

c mitglied ¤ 50,– p. a.<br />

c Jugendmitglied (bis 26 J.) ¤ 15,– p. a.<br />

c För<strong>der</strong>er ¤ 350,– p. a.<br />

Zutreffendes bitte <strong>an</strong>kreuzen und diesen Abschnitt in einem Kuvert <strong>an</strong><br />

Freunde <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> | Linke <strong>Wien</strong>zeile 6 | 1060 <strong>Wien</strong> senden.<br />

Datum: ___________________ unterschrift: ______________________________________________________________<br />

deskreis und welche Angebote und Möglichkeiten<br />

bieten Sie Ihren Mitglie<strong>der</strong>n? Welchen<br />

Stellenwert nimmt die Jugendarbeit für den<br />

Freundeskreis ein?<br />

ein beson<strong>der</strong>es <strong>an</strong>liegen des vereins ist<br />

die För<strong>der</strong>ung und unterstützung <strong>der</strong> Jugendarbeit.<br />

hier hat das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wien</strong> während <strong>der</strong> verg<strong>an</strong>genen Jahre mit<br />

außergewöhnlichen projekten wesentliche<br />

maßstäbe gesetzt und damit das Interesse<br />

und die begeisterung vieler Jugendlicher für<br />

das musiktheater geweckt. als ein beispiel<br />

seien die begleitenden Workshops und Gespräche<br />

rund um Jake heggies oper Dead<br />

M<strong>an</strong> Walking gen<strong>an</strong>nt, die das Thema <strong>der</strong><br />

Todesstrafe zum Inhalt hatte. Der verein<br />

soll auch eine plattform darstellen, wo<br />

opernf<strong>an</strong>s sich informieren und mitein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

kommunizieren können. Freier eintritt<br />

zu den Werkeinführungen, die jährliche<br />

Dokumentations-DvD, einladungen und<br />

ermäßigungen zu speziellen ver<strong>an</strong>staltungen,<br />

<strong>der</strong> besuch einer Generalprobe, eine<br />

eigene Gar<strong>der</strong>obe und das zusammentreffen<br />

mit Künstlerinnen und Künstlern sind<br />

nur einige <strong>der</strong> <strong>an</strong>gebote, die <strong>der</strong> verein seinen<br />

För<strong>der</strong>ern und mitglie<strong>der</strong>n bietet.<br />

Was zeichnet das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> aus<br />

und ist das <strong>Stagione</strong>-System von <strong>Wien</strong>s neuem<br />

Opernhaus zukunftsweisend?<br />

Das vielfältige programm mit seinem über-<br />

iMPReSSUM:<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> – Intend<strong>an</strong>t DI rol<strong>an</strong>d Geyer | medieninhaber und herausgeber: vereinigte bühnen <strong>Wien</strong> Ges.m.b.h.<br />

Generaldirektor mag. Thomas Drozda<br />

ein unternehmen <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> holding | <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>, Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong> | Tel. (+43/1) 588 30-660 | oper@theater-wien.at | www.theater-wien.at<br />

Für den Inhalt ver<strong>an</strong>twortlich: Intend<strong>an</strong>t DI rol<strong>an</strong>d Geyer | redaktion: Joh<strong>an</strong>nes penninger | Gastautor: Konrad Kuhn<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-Team: petra aichinger, Karin bohnert, sylvia hödl, Catherine Leiter, markus schemmel, axel e. schnei<strong>der</strong>, sabine seisenbacher, Claudia stobrawa, philipp Wagner<br />

marketing & produktion: Tina osterauer | Grafik/art Direction: martina heyduk | redaktionsschluss: 17. oktober 2011<br />

herstellung: Nie<strong>der</strong>österreichisches pressehaus, Druck- und verlagsgesellschaft m.b.h., 3100 st. pölten, Gutenbergstraße 12<br />

Än<strong>der</strong>ungen und Irrtümer vorbehalten | Dvr 0518751<br />

aus breiten spektrum von <strong>der</strong> barockoper<br />

bis hin zu zeitgenössischen Werken bildet<br />

eine wertvolle und notwendige ergänzung<br />

zum <strong>an</strong>gebot von staatsoper und<br />

volksoper. Werke kommen wie<strong>der</strong> zur aufführung,<br />

die sehr l<strong>an</strong>ge o<strong>der</strong> überhaupt<br />

noch nie in <strong>Wien</strong> gezeigt wurden, womit<br />

laufend neue akzente gesetzt werden. zur<br />

Frage, ob das stagione- o<strong>der</strong> das repertoire-system<br />

zukunftsweisend ist, meine<br />

ich, dass beide wichtig und – abgestimmt<br />

auf das jeweilige haus – sinnvoll sind. Im<br />

Falle des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> ist die monatliche<br />

bespielung mit jeweils einem stück in<br />

gleich bleiben<strong>der</strong> besetzung und damit in<br />

gleich bleiben<strong>der</strong> Qualität ideal.<br />

BiLdnaCHWeiS:<br />

Coversujet © beyond / michael huber . thomas riegler (grafik: thomas riegler) // s. 3 rol<strong>an</strong>d Geyer © Lukas beck // s. 6 Lera auerbach © Friedrun reinhold // s. 8 Ivor bolton © ben Wright // s.9 Claus Guth © regine Koerner<br />

s. 10 probenfotos Messiah © armin bardel // s.13 Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er, rupert bergm<strong>an</strong>n, rol<strong>an</strong>d Geyer © Karl schöndorfer // s. 15 Les arts Floriss<strong>an</strong>ts © philippe matsas // s. 18/19 Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur © alle peter m. mayr<br />

s. 19 szenenfoto Iphigénie en Tauride © rolf bock // s. 20 siegfried menz © erich reism<strong>an</strong>n // s. 22 mari eriksmoen © s. bjell<strong>an</strong>d<br />

20 21


eNsembLe November / Dezember<br />

Mari eriksmoen<br />

Die junge Norwegerin debütierte im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> 2010 als<br />

zerbinetta in harry Kupfers Inszenierung von Ariadne auf Naxos<br />

unter <strong>der</strong> musikalischen Leitung von bertr<strong>an</strong>d de billy. aufgrund<br />

ihrer schw<strong>an</strong>gerschaft musste Di<strong>an</strong>a Damrau den auftritt als Komödi<strong>an</strong>tin<br />

absagen und mari eriksmoen übernahm kurzfristig die<br />

rolle. Die sopr<strong>an</strong>istin war als phänomenale zerbinetta die entdeckung<br />

des abends, schauspielerisch hinreißend beeindruckte sie<br />

mit lyrischem ausdruck, sicherheit in den Koloraturen und Wortdeutlichkeit<br />

in allen schwierigen passagen.<br />

Geboren in oslo studierte mari eriksmoen in ihrer heimatstadt<br />

sowie am Conservatoire National superieur in paris. Im Jahr 2007<br />

war sie Finalistin beim Queen sonja International Wettbewerb und<br />

2008 beim h<strong>an</strong>s Gabor belve<strong>der</strong>e Wettbewerb in <strong>der</strong> Disziplin<br />

operette. mit 23 Jahren debütierte sie als sus<strong>an</strong>na in Le Nozze di<br />

Figaro und als adele in Die Fle<strong>der</strong>maus in <strong>der</strong> Norwegischen staatsoper.<br />

Nach ihrem auftritt beim silvesterkonzert 2010 in Carmina<br />

Bur<strong>an</strong>a im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> übernimmt eriksmoen die kurze,<br />

aber gewichtige und musikalisch wun<strong>der</strong>schöne partie <strong>der</strong> euridice<br />

in monteverdis L ’ Orfeo.<br />

Der <strong>an</strong>tike mythos vom tragischen Liebespaar orfeo und euridice<br />

eignete sich wie kein <strong>an</strong><strong>der</strong>er als archetyp <strong>der</strong> neuen Gattung. Dem<br />

sänger aus Thrakien gel<strong>an</strong>g es mit seiner musik, Tiere zu besänftigen,<br />

bäume zu bewegen und steine zu erweichen. In ihm f<strong>an</strong>den<br />

die Komponisten um 1600 eine ideale Figur, ihre Idee einer neuen<br />

musikalischen Gattung, in <strong>der</strong> musik und sprache sich gegenseitig<br />

ergänzen, zu verwirklichen. Inspiration findet orfeo in seiner<br />

grenzenlosen Liebe: „Nur deinetwegen, schöne euridice, preise<br />

ich meine Qualen: Denn nach dem Leid wird m<strong>an</strong> glücklicher und<br />

nach den schmerzen fröhlicher.“<br />

euridice erwi<strong>der</strong>t die Gefühle, denn ihr herz weile längst nicht<br />

mehr bei ihr. Der sänger habe es mit seiner Liebe <strong>an</strong> sich gefesselt:<br />

„Frag es, wenn du zu wissen verl<strong>an</strong>gst, wie glücklich es schlägt und<br />

wie es dich liebt.“ Doch orfeo verliert seine <strong>an</strong>gebetete, die ihm in<br />

den Worten ovids aber nicht grämt: „mag sie sterben zum zweiten<br />

mal: sie hat für den Gatten keinerlei Tadel. Was soll sie denn<br />

tadeln, als dass er sie liebe?“<br />

mari eriksmoens repertoire umfasst Koloraturpartien ebenso<br />

wie jene des lyrischen Fachs. Nach rollen in Werken von händel,<br />

haydn und mozart, schönberg, poulenc und strauss wendet sie<br />

sich nun dem beginn <strong>der</strong> Gattung oper zu. Im märz 2012 wird sie<br />

d<strong>an</strong>n die olympia in <strong>der</strong> Neuproduktion von Jacques offenbachs<br />

Les contes d’Hoffm<strong>an</strong>n im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> übernehmen.<br />

vladimir Fedoseyev (Dirigent) · martin Winkler (Gogol) · Ladislav elgr (bes) · stella Grigori<strong>an</strong> (Tod)<br />

Christine mielitz (regie) · otto Katzameier (Gogol) · Natalya ushakova (poshlust)<br />

Tati<strong>an</strong>a plotnikova (maria/mutter/braut) · <strong>an</strong>na Gorbachyova (braut/Nymphe) · Iwona sakowicz (braut) · sebasti<strong>an</strong> schaffer (Nikolka)<br />

Dej<strong>an</strong> vatchkov (priester/Doktor) · Tim severloh (richter) · Falko hönisch (staats<strong>an</strong>walt / verteidiger) · Flori<strong>an</strong> Lienhart (Nikolka)<br />

voGeL herzoG IDIoT<br />

rupert bergm<strong>an</strong>n (bassbariton) · Kristine Tornquist (regie)<br />

<strong>an</strong>na sushon (musikalische Leitung)<br />

22 23<br />

GoGoL<br />

L’orFeo<br />

Ivor bolton (Dirigent) · John mark ainsley (orfeo) · Katija Dragojević (musica/messaggiera/sper<strong>an</strong>za)<br />

Claus Guth (regie) · mari eriksmoen (euridice) · phillip ens (Caronte/plutone)<br />

suz<strong>an</strong>a ograjensek (proserpina/Ninfa) · Cyril auvity (pastore/spirito) · Jakob huppm<strong>an</strong>n (pastore/spirito)<br />

mirko Guadagnini (apollo) · Jeroen de val (pastore/spirito)<br />

JephTha<br />

William Christie (Dirigent) · Kristina hammarström (storge) · Neal Davies (zebul)<br />

Katherine Watson (Iphis) · Kurt streit (Jephtha) · David D. Q. Lee (hamor)<br />

GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />

al<strong>an</strong> Curtis (Dirigent) · Karina Gauvin (Cleopatra) · romina basso (Cornelia) · Joh<strong>an</strong>nes Weisser (achilla)<br />

marie-Nicole Lemieux (Giulio Cesare) · Filippo mineccia (Tolomeo) · emöke baráth (sesto) · milena storti (Nireno)<br />

CaToNe IN uTICa<br />

Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli (Dirigent) · sonia prina (marzia) · Nicki Kennedy (arbace)<br />

magnus stavel<strong>an</strong>d (Catone) · Lori<strong>an</strong>a Castell<strong>an</strong>o (emilia)


4. NOVEMBER BiS 31. DEZEMBER<br />

voGeL herzoG IDIoT<br />

Drei mini-mono-opern für bassbariton und Kammerensemble. musik von Karmella Tsepkolenko, samu Gryllus und Joh<strong>an</strong>na Do<strong>der</strong>er<br />

Idee & bassbariton: rupert bergm<strong>an</strong>n | musikal. Ltg: <strong>an</strong>na sushon | Inszenierung: Kristine Tornquist | Kostüme: markus Kuscher | bühne: rom<strong>an</strong> spiess<br />

4. November, 20.00 Uhr (Uraufführung) | 6., 8., 10. November, 20.00 Uhr | Spielort: <strong>Wien</strong>er Kammeroper | Tickets ¤ 20 | In Kooperation mit mupaTh<br />

GoGoL<br />

oper von Lera auerbach | Dirigent: vladimir Fedoseyev | regie: Christine mielitz | bühne: Joh<strong>an</strong>nes Leiacker | Kostüme: Kaspar Glarner<br />

orF radio-symphonieorchester <strong>Wien</strong> | arnold schoenberg Chor | Grazer Kapellknaben & mozart Knabenchor <strong>Wien</strong><br />

15. November, 19.30 Uhr (Uraufführung) | 18., 21., 24. & 26. November, 19.30 Uhr | Einführungsmatinee: 13. November, 11.00 Uhr<br />

Tickets ¤ 135 | 115 | 85 | 70 | 52 | 35 | 18 | Neuproduktion & auftragswerk des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

JephTha<br />

oratorium von Georg Friedrich händel (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: William Christie | Les arts Floriss<strong>an</strong>ts<br />

17. November, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />

GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />

oper von Georg Friedrich händel (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: al<strong>an</strong> Curtis | Il complesso barocco<br />

23. November, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />

L’orFeo<br />

oper von Claudio monteverdi | Dirigent: Ivor bolton | regie: Claus Guth | ausstattung: Christi<strong>an</strong> schmidt<br />

Freiburger barockorchester | monteverdi Continuo ensemble | arnold schoenberg Chor<br />

14. Dezember, 19.30 Uhr (Premiere) | 17., 20., 22. & 29. Dezember, 19.30 Uhr; 31. Dezember, 20.00 Uhr | Einführungsmatinee: 11. Dezember, 11.00 Uhr<br />

Tickets ¤ 135 | 115 | 85 | 70 | 52 | 35 | 18 | Neuproduktion des <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

CaToNe IN uTICa<br />

oper von <strong>an</strong>tonio vivaldi (konzert<strong>an</strong>te aufführung) | Dirigent: Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli | modo <strong>an</strong>tiquo<br />

16. Dezember, 19.00 Uhr | Tickets ¤ 70 | 58 | 45 | 35 | 26 | 18 | 11<br />

KarTeN<br />

Freier Vorverkauf <strong>an</strong> <strong>der</strong> Tageskasse im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />

und am <strong>Wien</strong>-Ticket pavillon sowie per Telefon und Internet.<br />

vorverkaufsbeginn für die vorstellungen ab 1. Jänner 2012 am 1. september 2011.<br />

Schriftliche Bestellungen:<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>, Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong><br />

Tageskassen (täglich 10 bis 19 uhr)<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>: Linke <strong>Wien</strong>zeile 6, 1060 <strong>Wien</strong><br />

<strong>Wien</strong>-Ticket Pavillon: Karaj<strong>an</strong>-platz (neben <strong>der</strong> staatsoper)<br />

internet: www.theater-wien.at (online-bestellungen nur mit Kreditkarte)<br />

ö1 Clubmitglie<strong>der</strong> erhalten für hauseigene<br />

produktionen auf maximal zwei Karten pro<br />

vorstellung eine ermäßigung von 10 %.<br />

Abonnement: Das abonnementprogramm senden<br />

wir Ihnen auf bestellung gerne kostenlos zu.<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> vorstellungszeiten, preise, preiskategorien,<br />

Öffnungszeiten sowie besetzungen vorbehalten.<br />

Kartentelefon:<br />

täglich von 8 bis 20 Uhr<br />

hauptsponsor<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>-magazin<br />

2. ausgabe 2011/12<br />

<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> | Linke <strong>Wien</strong>zeile 6 | 1060 <strong>Wien</strong><br />

www.theater-wien.at<br />

FÜhruNGeN<br />

21. & 25. 11., 20. & 28. 12., jeweils 16.00 Uhr | Dauer: 1 stunde<br />

preis: ¤ 7 / 5 (ermäßigt) | schulklassen: ¤ 3 | Kin<strong>der</strong> unter 6 Jahren frei<br />

information: +43-1-58830 664 o<strong>der</strong> philipp.wagner@theater-wien.at<br />

Kl<strong>an</strong>gblatt 7/2011 | sponsoring post | verlagspostamt 1060 <strong>Wien</strong> | Dvr 0518751 | Gz 03z034773 s

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