Stagione #2 - Theater an der Wien
Stagione #2 - Theater an der Wien
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Von <strong>der</strong> Leiste auf die Bühne<br />
Die <strong>Wien</strong>er schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter und das <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong><br />
setzen ihre partnerschaftliche Kooperation in dieser saison fort.<br />
mit gr<strong>an</strong>dioser stärke setzte véronique<br />
Gens neue maßstäbe für die Gestaltung<br />
<strong>der</strong> Titelrolle von Christoph Willibald<br />
Glucks Iphigénie en Tauride. mit darstellerischer<br />
präsenz und präziser stimmführung<br />
begeisterte die fr<strong>an</strong>zösische sopr<strong>an</strong>istin<br />
publikum und Kritik. Neu interpretiert und<br />
zeitgemäß umgesetzt, wurde aus einer<br />
oper mit <strong>an</strong>tikem Thema aus dem Jahr<br />
1779 ein tiefer blick in die menschliche<br />
seele <strong>der</strong> Gegenwart und ein Wegweiser in<br />
die zukunft. Jede opernaufführung besteht<br />
aus einer komplexen vielzahl von einzelnen<br />
elementen und nur, wenn in allen abteilungen<br />
auf höchstem Niveau gearbeitet<br />
wird, k<strong>an</strong>n eine künstlerisch erfolgreiche<br />
produktion entstehen. Neben musik und<br />
Inszenierung ist es die ausstattung, die<br />
die Ästhetik eines opernhauses in allen<br />
Details entscheidend mitprägt. véronique<br />
Gens trug als Iphigénie ein beson<strong>der</strong>es<br />
paar schuhe, <strong>an</strong>gefertigt von <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>er<br />
schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter. von den<br />
Leisten bis zum fertigen schuh wurde das<br />
modell für véronique Gens in <strong>der</strong> letzten<br />
m<strong>an</strong>ufaktur für rahmengenähte schuhe<br />
in mitteleuropa h<strong>an</strong>dgefertigt. „Die Leisten<br />
für die schuhe <strong>der</strong> Iphigénie stammen<br />
noch aus <strong>der</strong> zwischenkriegszeit“, erläutert<br />
<strong>der</strong> geschäftsführende Gesellschafter des<br />
Familienbetriebs Till reiter. „Nach meiner<br />
urgroßmutter wurden sie <strong>an</strong>na ben<strong>an</strong>nt.“<br />
mit <strong>der</strong> unterstützung <strong>der</strong> opernproduktion<br />
Der Prinz von Homburg im November<br />
2009 beg<strong>an</strong>n die zusammenarbeit zwi-<br />
schen <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur Ludwig reiter<br />
und dem <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong>. Die Kooperation<br />
wurde bei Il mondo della luna sowie<br />
<strong>der</strong> uraufführung von Die Besessenen fort-<br />
gesetzt, und in Der Freischütz spielten<br />
schuhmodelle von Ludwig reiter eine<br />
tragende rolle. Karl markovics als samiel<br />
entfaltete seine teuflische Wirkung in <strong>der</strong><br />
Wolfsschlucht in einem eigens <strong>an</strong>gefertigten<br />
paar schwarzer Lackstiefeletten. Die<br />
auswahl <strong>der</strong> schuhe erfolgt in enger zusammenarbeit<br />
zwischen den Kostümbildnern<br />
<strong>der</strong> Inszenierungen und <strong>der</strong> schuhm<strong>an</strong>ufaktur.<br />
vom klassischen reitstiefel<br />
über zugstiefeletten bis zum husarenstiefel,<br />
vom halbschuh für herren bis zum<br />
eleg<strong>an</strong>ten abendschuh für Damen: rund<br />
200 paar werden für eine saison von Ludwig<br />
reiter hergestellt und den im <strong>Theater</strong><br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auftretenden solisten und<br />
Choristen in passen<strong>der</strong> <strong>an</strong>zahl und Größe<br />
zur verfügung gestellt. Till reiter, in vierter<br />
Generation mit seinen Geschwistern für die<br />
<strong>Wien</strong>er Traditionsmarke ver<strong>an</strong>twortlich,<br />
freut sich als opernkenner über die ent-<br />
wicklung sowie den erfolg des neuen<br />
opernhauses und bekräftigt die partner-<br />
schaftliche zusammenarbeit.<br />
Die Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur wurde<br />
1885 als h<strong>an</strong>dwerksbetrieb gegründet. Der<br />
betrieb bef<strong>an</strong>d sich bis 1998 im 17. <strong>Wien</strong>er<br />
Gemeindebezirk und wurde aufgrund <strong>der</strong><br />
beengten räumlichen verhältnisse nach<br />
<strong>Wien</strong>er Neudorf verlegt. als <strong>Wien</strong>er unternehmen<br />
fiel 2008 die entscheidung, wie<strong>der</strong><br />
in die stadt <strong>der</strong> Gründung zurückzukehren<br />
und m<strong>an</strong> stieß auf <strong>der</strong> suche nach einem<br />
geeigneten Gelände auf schloss süßenbrunn<br />
im Nordosten des <strong>Wien</strong>er Gemeindegebietes.<br />
Das schloss, ursprünglich ein<br />
erstmals im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t erwähntes<br />
rittergut, wurde im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />
den Freiherrn von L<strong>an</strong>dau zu einem renaiss<strong>an</strong>ce-schloss<br />
ausgebaut. Nach mehreren<br />
besitzerwechseln gestalteten die Freiherrn<br />
von bartenstein das schloss um 1830 im<br />
stil <strong>der</strong> Frührom<strong>an</strong>tik um. seit den 1920er<br />
Jahren waren <strong>der</strong> Gutshof und das schloss<br />
im besitz <strong>der</strong> Theresi<strong>an</strong>ischen akademie.<br />
Im sinne des unternehmerischen Leitmotivs<br />
„Die zukunft <strong>der</strong> Tradition“ wurde die<br />
historische subst<strong>an</strong>z des Gutshofes in abstimmung<br />
mit dem bundesdenkmalamt<br />
<strong>Wien</strong> für die produktion behutsam adaptiert.<br />
Die erhaltung eines Kulturdenkmals<br />
k<strong>an</strong>n somit durch eine neue Nutzung gesichert<br />
werden. Wo ursprünglich pferde und<br />
Kühe untergebracht waren, werden seit mai<br />
dieses Jahres von rund 40 mitarbeitern in<br />
<strong>der</strong> produktion jährlich rund 30.000 paar<br />
schuhe gefertigt. Die meisten davon werden<br />
in rahmengenähter h<strong>an</strong>darbeit nach dem<br />
traditionellen Goodyear-verfahren hergestellt,<br />
das Ludwig reiter II. als junger m<strong>an</strong>n<br />
zu beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in den vereinigten<br />
staaten kennengelernt hat. Das<br />
verwalterhaus wurde zum büro und <strong>der</strong><br />
Getreidespeicher dient als Depot. Die<br />
schlosserei ist im Taubenschlag untergebracht<br />
und in <strong>der</strong> meierei werden Taschen<br />
und Koffer gefertigt. Die verbindungsgänge<br />
aus holz und Glas wurden neu errichtet<br />
und werden als materiallager genutzt.<br />
Die renovierung und adaptierung eines<br />
denkmalgeschützten ensembles benötigt<br />
neben <strong>der</strong> notwendigen arbeit vor allem<br />
zeit. mehr als zwei Jahre wurde gepl<strong>an</strong>t<br />
und renoviert, musste <strong>der</strong> Gutshof <strong>an</strong> die<br />
arbeitsprozesse einer schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
<strong>an</strong>gepasst werden. Für Till reiter ist dieser<br />
umst<strong>an</strong>d kein Thema: „Wir haben uns<br />
Die historische Leiste Anna, nach <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Schuh für Véronique Gens als<br />
Iphigénie in <strong>der</strong> Schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
Ludwig Reiter hergestellt wurde.<br />
freiwillig dieses objekt ausgesucht. aber<br />
ich glaube, dass sich alte Dinge auf l<strong>an</strong>ge<br />
sicht rentieren.“ mit schloss und Gutshof<br />
süßenbrunn habe sich die einmalige<br />
Ch<strong>an</strong>ce ergeben, die schuhm<strong>an</strong>ufaktur<br />
mit allen vor- und nachgelagerten schritten<br />
in einem charm<strong>an</strong>ten ambiente in<br />
<strong>Wien</strong> unterzubringen. Gegenwärtig werden<br />
Fassaden und Garten<strong>an</strong>lagen inst<strong>an</strong>d<br />
gesetzt, längerfristig ist die restaurierung<br />
des hauptgebäudes gepl<strong>an</strong>t. auch<br />
die aufführungen von brittens The Turn<br />
of the Screw und händels Serse wurden<br />
von Ludwig reiter mit den notwendigen<br />
schuhen ausgestattet. beide Neuproduktionen<br />
<strong>der</strong> noch jungen saison bewiesen<br />
erneut, dass sich Tradition und Innovation<br />
gegenseitig beflügeln, sol<strong>an</strong>ge Qualität das<br />
oberste Gebot ist. Diesen Weg werden die<br />
Ludwig reiter schuhm<strong>an</strong>ufaktur und das<br />
<strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> auch in dieser saison<br />
gemeinsam bestreiten.<br />
H<strong>an</strong>dwerkliche Perfektion von<br />
<strong>der</strong> Leiste bis zum fertigen<br />
Produkt: Die Ludwig Reiter<br />
Schuhm<strong>an</strong>ufaktur im Schloss<br />
Süßenbrunn in <strong>Wien</strong>.<br />
Geschäftsführer Till Reiter<br />
mit Tochter Magdalena im<br />
„Rittersaal“ des Gutshofes.<br />
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