Stagione #2 - Theater an der Wien

oper Im November
angstfrei
Lera auerbach ist Komponistin, schriftstellerin und pianistin.
In ihrer oper Gogol nähert sie sich dem großen russischen Dichter.
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„Ich kann mich nicht mehr an die zeit
erinnern, in der ich keine musikerin war“,
sagt Lera auerbach im Gespräch mit burkhard
schäfer für das magazin für klassische
musik crescendo. „schon im alter
von vier Jahren habe ich mit dem Komponieren
begonnen, also zur selben zeit,
als ich auch das Lesen gelernt habe. Im
Nachhinein betrachtet, war es wichtig, sehr
früh musikalische Gedanken und strukturen
festhalten zu können.“ Lera auerbach
war eine Frühvollendete. Für ihr alter verfügt
sie über ein erstaunlich umfangreiches
Werkverzeichnis, in dem sich nahezu
alle Gattungen finden.
Geboren wurde die Komponistin 1973 als
Walerija Lwowna auerbach in Tscheljabinsk
am rande sibiriens. Die millionenstadt am
ural, nördlich von Kasachstan gelegen, ist
im Westen nahezu unbekannt und wird
von schwerindustrie geprägt. Die stadt ist
hauptort einer region etwa halb so groß
wie Deutschland, liegt geografisch in asien
und doch wirkt die bevölkerung europäischer
als in vielen anderen Gegenden des
urals. Die meisten berühmten persönlichkeiten
der stadt sind eishockeyspieler des
Traditionsvereins Traktor Tscheljabinsk.
Doch im zentrum der stadt befinden sich
auch das bekannte Theater am revolutionsplatz,
ein opernhaus mit eigenem ballett
und ein puppentheater.
In frühen Jahren begann auerbach Klavier
zu spielen, trat mit sechs erstmals öffentlich
auf, debütierte mit acht als solistin
mit orchester und komponierte mit zwölf
Jahren eine erste oper. Während ihrer ersten
Tournee in New York entschied sich
die 17-jährige pianistin spontan im Westen
zu bleiben und aus Lwowna wurde Lera.
auerbach studierte an der New Yorker
Juilliard school Klavier sowie Komposition
und absolvierte anschließend ein Klavierstudium
an der hochschule für musik in
hannover.
Lera auerbach lebt in New York, hat einen
zweitwohnsitz in hamburg, debütierte bereits
2002 in der Carnegie hall, wurde 2007
beim Weltwirtschaftsforum in Davos in das
Young Global Leaders Forum aufgenommen
und ist 2011 Composer-in-residence
bei der Dresdner staatskapelle. auf ihrer
homepage listet sie fein säuberlich ihre
Werke auf und in ihrem blog gibt sie poetische
einblicke in ihre Gedanken oder
wünscht mit einem Gedicht von Leonard
Cohen ein glückliches neues Jahr.
Die Kosmopolitin auerbach ist dennoch
tief verwurzelt mit der Kultur ihrer heimat.
Ihr spielplan besteht vielfach aus Werken
russischer Klassiker und als Komponistin
steht sie in der Tradition von sergej
rachmaninow und alfred schnittke. Werke
wie das 90-minütige Russische Requiem,
das liturgische Texte der russisch-orthodoxen
Kirche ebenso enthält wie zitate der
meister weltlicher poesie wie alexander
puschkin oder boris pasternak, zeigen den
stellenwert ihrer heimat in ihrem künstlerischen
schaffen.
Lera auerbach ist Komponistin und Literatin
auf gleichem Niveau, ihre künstlerische
Tätigkeit beschränkt sich nicht auf die
musik. Die Internationale puschkin Gesellschaft
ernannte sie 1996 im alter von 23
Jahren zur „Dichterin des Jahres“ und die
größte russische zeitung des Westens Novoje
Russkoje Slowo zeichnete sie mit ihrem
poesie-preis aus. Fünf bände mit Gedichten
und prosa, zwei Novellen und eine
vielzahl von artikeln umfasst ihr literarisches
Werk. sie schreibe ständig Lyrik und
prosa in russisch, wird sie im magazin
ihres verlages sikorski zitiert. russland habe
sich ihrer musik gegenüber stets gleichgültig
verhalten, meinte auerbach 2009:
„Dies ist eine Quelle der Trauer für mich.“
obwohl sie ihr halbes Leben im Westen
verbracht habe, seien russische Kultur und
musik Teil ihrer DNa, meint auerbach.
GOGOL
oper in drei akten (ua)
Musik und Libretto nach dem
gleichnamigen Stück von Lera Auerbach
In russischer sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung vladimir Fedoseyev
Inszenierung Christine mielitz
Bühne Johannes Leiacker
Kostüme Kaspar Glarner
Dramaturgie Christian baier
Licht stefan bolliger
Choreografie arila siegert
Nikolai Gogol martin Winkler
Nikolai Gogol otto Katzameier
Bes Ladislav elgr
Poshlust Natalya ushakova
Tod stella Grigorian
Nikolka sebastian schaffer
Florian Lienhart
Maria / Gogols Mutter / Braut Nr. 1
Tatiana plotnikova
Priester / Herr Doktor / Viys Stimme
Dejan vatchkov
Braut Nr. 2 / Stimme der Nymphe
anna Gorbachyova
Staatsanwalt / Verteidiger
Falko hönisch
Richter Tim severloh
Braut Nr. 3 Iwona sakowicz
orF radio-symphonieorchester Wien
arnold schoenberg Chor (Ltg. erwin ortner)
Grazer Kapellknaben & mozart Knabenchor Wien
auftragswerk des Theater an der Wien
urauFFÜhruNG:
Dienstag, 15. November 2011, 19.30 Uhr
auFFÜhruNGeN:
18. / 21. / 24. / 26. November 2011, 19.30 Uhr,
eINFÜhruNGsmaTINee:
Sonntag, 13. November 2011, 11.00 Uhr
Lera Auerbach
Im Interview mit burkhard schäfer mit der
ZEIT online erzählt Lera auerbach, dass sie
einmal gebeten worden sei, ihre musik in
einem Wort zusammenzufassen. „zuerst
dachte ich, das sei eine verrückte bitte.
als ich aber dann darüber nachdachte, fiel
mir das Wort ein: angstfrei.“ sie möchte
mit ihrer musik einen raum schaffen, in
dem sich die menschen ohne angst bewegen
können.
In ihrer neuen oper nähert sich auerbach
als Komponistin und Librettistin einem der
größten russischen Dichter, der am ende
seines Lebens verängstigt und verstört
gestorben ist. Gogol von Lera auerbach
ist keine musikalische biografie, sondern
eine poetische bis satirische annäherung
an den Dichter, der sich in seiner letzten
Lebensphase in einen religiösen Wahn hineingesteigert
hat. er verbrannte den zweiten
Teil seines großen romans Die toten
Seelen und starb an den Folgen strengen
Fastens im alter von 42 Jahren.
Gogol, als ukrainischer Kosake geboren,
werde oft als vater der modernen russischen
Literatur bezeichnet, sagt Lera auerbach.
„er war ein schriftsteller mit einem
reichen und konfliktbeladenen innerem Leben,
der es in den lebhaftesten Formen
verstand, die Tragik der menschlichen existenz
ans Licht zu bringen.“ seine schriften
sind für auerbach heute relevanter als sie
es zu Gogols Lebzeiten waren.
„bevor ich mit der arbeit an der oper begonnen
habe, las ich noch einmal die gesammelten
Werke von Gogol und mehr als
zwanzig bücher, die über ihn geschrieben
wurden.“ auerbach hat aber keine historische
Darstellung einer Lebensgeschichte
angestrebt, sondern wollte eine traumhafte
vision der inneren Leidenschaften, des
Wahnsinns und des Genies von Gogol auf
die bühne bringen. opern, die wie mussorgskis
Boris Godunov auf historischen
stoffen basieren, können auch als „tragische
märchen für erwachsene“ betrachtet
werden, sagt auerbach. „Gogol ist eindeutig
eine russische oper und die russische
Geschichte ist ein alptraumhaftes märchen,
aus dem dieses Land vielleicht nie
erwachen wird.“
Der Dichter Gogol war für Lera auerbach
„ein zutiefst verstörter mann, von
Ängsten besessen“, dessen Leben selbst
zum alptraum wurde. „In religiöser besessenheit
begann er zu glauben, dass er
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