Stagione #2 - Theater an der Wien
Stagione #2 - Theater an der Wien
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oper KoNzerTaNT<br />
imperator ihres Herzens<br />
händels Giulio Cesare in Egitto mit al<strong>an</strong> Curtis und Il complesso barocco.<br />
Al<strong>an</strong> Curtis<br />
Julius Caesar hat seinen politischen Gegner<br />
pompejus in Griechenl<strong>an</strong>d geschlagen<br />
und bis nach Ägypten verfolgt. Dort lässt<br />
<strong>der</strong> junge herrscher ptolemäus Caesar das<br />
haupt von pompejus als Gastgeschenk<br />
überreichen. seine schwester Cleopatra<br />
indessen will den Thron für sich alleine<br />
und muss dazu ptolemäus beseitigen. es<br />
gelingt ihr, Caesar auf ihre seite zu ziehen.<br />
Nach einem attentat auf Caesar lässt<br />
ptolemäus auch Cleopatra gef<strong>an</strong>gen nehmen.<br />
Doch Caesar hat überlebt, befreit die<br />
Geliebte und krönt sie zur Königin von<br />
Ägypten. sie aber will auch als regentin<br />
dem beherrscher roms und ihres herzens<br />
untert<strong>an</strong> sein.<br />
Die Liebe zwischen Cleopatra und Caesar,<br />
<strong>der</strong> ägyptischen Königin und dem römischen<br />
Imperator, hat über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
hinweg darstellende wie bildende Künste<br />
gleichermaßen inspiriert. statt einer historischen<br />
Deutung st<strong>an</strong>d aber mehrheitlich<br />
die Charakterisierung <strong>der</strong> Figuren im sinne<br />
<strong>der</strong> zeit im mittelpunkt. Librettist Niccolò<br />
Fr<strong>an</strong>cesco haym bearbeitete für seine<br />
Dichtung ein 1677 von Giacomo Fr<strong>an</strong>cesco<br />
buss<strong>an</strong>i für venedig verfasstes, gleichnamiges<br />
Libretto. Doch haym ging weit über<br />
die vorlage hinaus, dichtete schlachten dazu,<br />
schrieb neue sterbeszenen und ließ<br />
die Feinde Caesars auf offener bühne erstechen.<br />
händel und haym gingen mit<br />
Giulio Cesare in Egitto <strong>an</strong> die Grenzen<br />
dessen, was zu ihrer zeit überhaupt noch<br />
aufführbar war. bühnenspektakel und musikalische<br />
Gl<strong>an</strong>zlichter boten optische wie<br />
akustische sp<strong>an</strong>nung bis zur scena ultima.<br />
Georg Friedrich händel wurde 1719 zum<br />
Direktor <strong>der</strong> royal academy of music ern<strong>an</strong>nt,<br />
einem privaten opernunternehmen<br />
englischer adeliger. um das Interesse des<br />
publikums zu schüren, luden die aktionäre<br />
Giov<strong>an</strong>ni bononcini nach London ein,<br />
dessen eingängige opern in g<strong>an</strong>z europa<br />
erfolg hatten. händel wurde in diesem<br />
musikalischen Wettstreit vom königlichen<br />
hof bevorzugt, <strong>der</strong> Italiener st<strong>an</strong>d in <strong>der</strong><br />
Gunst <strong>der</strong> adeligen rund um den herzog<br />
von marlborough. Dass <strong>der</strong> Kampf zugunsten<br />
händels ausging, ist auf den glänzenden<br />
erfolg von Giulio Cesare in Egitto<br />
zurückzuführen, die zu seiner erfolgreichsten<br />
und in <strong>der</strong> Gegenwart meistgespielten<br />
oper av<strong>an</strong>cierte.<br />
Der amerik<strong>an</strong>ische Dirigent, Cembalist und<br />
musikwissenschafter al<strong>an</strong> Curtis hat sich<br />
bereits als student in den 1950er Jahren<br />
zur verwendung von barocken Instrumenten<br />
und zur historischen aufführungspraxis<br />
bek<strong>an</strong>nt. er studierte bei Gustav Leonhardt<br />
in amsterdam und promovierte nach seiner<br />
rückkehr in die usa im Fach musikwissenschaft<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> university of Illinois.<br />
er schlug eine akademischen Laufbahn <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> universität von Kalifornien in berkeley<br />
ein und führte dort eine rekonstruktion<br />
von monteverdis L’incoronazione di Poppea<br />
in <strong>der</strong> ursprünglichen orchestrierung<br />
bereits in den 1960er Jahren auf. Curtis<br />
gründete 1979 das ensemble Il complesso<br />
barocco, mit dem er sich <strong>der</strong> barockmusik<br />
auf historischem Instrumentarium und<br />
<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>entdeckung von selten gespielten<br />
frühen opern widmete.<br />
Dem musiktheatralischen Werk händels<br />
widmete Curtis stets beson<strong>der</strong>e aufmerksamkeit.<br />
er empfinde es als einen Dienst<br />
<strong>an</strong> händel und <strong>an</strong> allen musikliebhabern,<br />
dessen unbek<strong>an</strong>nte Werke wie<strong>der</strong>aufzuführen.<br />
Im <strong>Theater</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Wien</strong> interpretierten<br />
Curtis und sein ensemble bereits die<br />
händel-opern Agrippina, Tolomeo, Berenice<br />
und das pasticcio Giove in Argo. In dieser<br />
saison widmet sich Curtis in konzert<strong>an</strong>ten<br />
aufführungen den beiden bek<strong>an</strong>nten<br />
opern Ariod<strong>an</strong>te und Giulio Cesare in Egitto<br />
sowie händels letzter und selten gespielter<br />
oper Deidamia.<br />
GIuLIo Cesare IN eGITTo<br />
Dramma per musica in drei akten (1724)<br />
Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />
Libretto von Niccolò Fr<strong>an</strong>cesco Haym<br />
Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />
Musikalische Leitung al<strong>an</strong> Curtis<br />
Giulio Cesare marie-Nicole Lemieux<br />
Cleopatra Karina Gauvin<br />
Tolomeo Filippo mineccia<br />
Cornelia romina basso<br />
Sesto emöke baráth<br />
Achilla Joh<strong>an</strong>nes Weisser<br />
Nireno milena storti<br />
Il complesso barocco<br />
Mittwoch, 23. November 2011, 19.00 Uhr<br />
oper KoNzerTaNT<br />
Feind <strong>der</strong> tyr<strong>an</strong>nen,<br />
Freund des Vaterl<strong>an</strong>ds<br />
Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli leitet vivaldis Catone in Utica.<br />
In <strong>der</strong> stadt utica im nördlichen afrika treffen<br />
die Truppen des überzeugten republik<strong>an</strong>ers<br />
Cato und des Diktators Julius Caesar<br />
während des römischen bürgerkrieges<br />
aufein<strong>an</strong><strong>der</strong>. Trotz seiner überwältigenden<br />
militärischen Übermacht versucht Caesar<br />
Cato als Freund zu gewinnen. Doch Cato<br />
ist trotz Caesars entgegenkommen nicht<br />
bereit, das prinzip <strong>der</strong> republik aufzugeben<br />
und unterliegt. Der historische Cato<br />
beging nach Caesars sieg im bürgerkrieg<br />
in einkl<strong>an</strong>g mit seiner stoischen philosophie<br />
selbstmord, da er unter einem Tyr<strong>an</strong>nen<br />
nicht weiter leben konnte.<br />
Die Tragödie des römischen staatsm<strong>an</strong>nes<br />
Cato, <strong>der</strong> von 95 bis 46 vor Christus gelebt<br />
hat und in den Worten shakespeares<br />
als „Feind <strong>der</strong> Tyr<strong>an</strong>nen, Freund des vaterl<strong>an</strong>ds“<br />
in die Literatur eingeg<strong>an</strong>gen ist,<br />
ist einer <strong>der</strong> am häufigsten vertonten stoffe<br />
<strong>der</strong> barockzeit. Für die Karnevalssaison<br />
1737 in verona vertonte <strong>der</strong> 59-jährige vivaldi<br />
das Libretto des berühmten pietro<br />
metastasio. In dessen realistischem Textbuch<br />
stirbt Cato ursprünglich in <strong>der</strong> letzten<br />
szene auf <strong>der</strong> bühne und sagt Caesars<br />
sturz voraus. zeitgenössischer Geschmack<br />
und Konvention zw<strong>an</strong>gen metastasio, den<br />
schluss zu än<strong>der</strong>n, damit Cato wenigstens<br />
nicht auf <strong>der</strong> bühne stirbt. vivaldi, wohl<br />
mit hilfe eines <strong>an</strong>onymen autors, musste<br />
selbst noch diesen schluss entschärfen.<br />
In seiner Fassung kapituliert Cato in aller<br />
Form vor dem tyr<strong>an</strong>nischen Caesar und<br />
darf weiter leben.<br />
vivaldi leitete die premiere von Catone in<br />
Utica unter mitwirkung <strong>der</strong> sängerin <strong>an</strong>na<br />
Girò im Teatro Filarmonico in verona<br />
sowie vermutlich auch die folgenden fünf<br />
vorstellungen. Das Dramma per musica<br />
in drei akten ist ein groß<strong>an</strong>gelegtes, aber<br />
für die verhältnisse <strong>der</strong> zeit kurzes Werk<br />
mit 13 arien, das ursprünglich auch mit<br />
Tänzern aufgeführt wurde, und einer orchesterbesetzung<br />
mit streichern, Continuo,<br />
zwei Trompeten und zwei hörnern.<br />
Die sänger <strong>der</strong> uraufführung dürfte vivaldi<br />
selbst zusammengestellt haben. „Wir haben<br />
nur sechs aufführungen gemacht,<br />
nach den abrechnungen glaube ich, nicht<br />
zu verlieren, vielmehr, wenn Gott uns bis<br />
zum ende begünstigt, ist uns ein verdienst<br />
g<strong>an</strong>z sicher und vielleicht kein geringer“,<br />
schrieb vivaldi aus verona und hoffte, dass<br />
eine ähnliche oper auch höchste Nachsicht<br />
in Ferrara haben könnte. vivaldi war<br />
bereit, das fin<strong>an</strong>zielle risiko dafür selbst<br />
zu tragen: „Ich bin in ähnlichen Fällen<br />
ein freier unternehmer, und ich begleiche<br />
aus meiner Tasche und nicht mit<br />
geliehenem Geld.“ Doch dazu sollte es<br />
nicht kommen, <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara<br />
Fe<strong>der</strong>ico Maria Sardelli<br />
verweigerte vivaldi die einreise, weil „ich<br />
priester bin, ohne messe zu lesen, und<br />
weil ich eine amicizia mit <strong>der</strong> sängerin<br />
Girò habe“, notierte vivaldi und sah in <strong>der</strong><br />
absage „ein meer von unglück“. ein Jahr<br />
später wird <strong>der</strong> erzbischof von Ferrara in<br />
<strong>der</strong> Tat ein edikt erlassen, das allen Geistlichen<br />
die Teilnahme <strong>an</strong> karnevalistischen<br />
ver<strong>an</strong>staltungen untersagt. priester hätten<br />
sich <strong>der</strong> oper von Ferrara fernzuhalten.<br />
Der italienische Dirigent und Komponist<br />
Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli hat sich intensiv<br />
mit dem Werk vivaldis beschäftigt. als<br />
mitglied des wissenschaftlichen Komitees<br />
des Istituto Itali<strong>an</strong>o <strong>an</strong>tonio vivaldi<br />
hat er mehrere musikwissenschaftliche<br />
studien zum Thema veröffentlicht. 1984<br />
gründete er modo <strong>an</strong>tiquo, das sich auf<br />
mittelalterliche wie barocke musik spezialisiert<br />
und einen entscheidenden beitrag<br />
zur Wie<strong>der</strong>entdeckung von vivaldi als<br />
opernkomponist in den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />
geleistet hat.<br />
CaToNe IN uTICa<br />
Dramma per musica in drei akten (1737)<br />
Musik von Antonio Vivaldi (1678-1741)<br />
Libretto von Pietro Metastasio<br />
Konzert<strong>an</strong>te aufführung in italienischer sprache<br />
Musikalische Leitung Fe<strong>der</strong>ico maria sardelli<br />
Catone magnus stavel<strong>an</strong>d<br />
Marzia sonia prina<br />
Emilia Lori<strong>an</strong>a Castell<strong>an</strong>o<br />
Arbace Nicki Kennedy<br />
16 17<br />
modo <strong>an</strong>tiquo<br />
Freitag, 16. Dezember 2011, 19.00 Uhr