27.12.2012 Aufrufe

Der Nationale Integrationsplan als ... - Bibliotheksportal

Der Nationale Integrationsplan als ... - Bibliotheksportal

Der Nationale Integrationsplan als ... - Bibliotheksportal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5 Beispiele aus der Praxis 56<br />

ausgegangen bin, dass wir hier jede Menge Menschen treffen, die diese Bildung haben<br />

und Arabisch schreiben können. Aber das ist nicht so. Eine Gruppe Migrantinnen-<br />

Mütter erzählt von Gärten in ihren Heimatländern. Gärten, die nur Reiche hatten.<br />

Unerreichbare Gärten. Aus der Ferne bewunderte Gärten. Diese Frauen hatten alle nur<br />

<strong>als</strong> Kinder für wenige Jahre die Schule besucht. Lesen und Schreiben blieb für sie <strong>als</strong><br />

Erwachsene fremd. Wie sollen sie vor diesem Bildungshintergrund ihre Kinder, zum<br />

Beispiel die Kinder aus der Fichtelgebirge-Grundschule, unterstützen?<br />

Ich beschließe, eine Führung durch das Museum für Islamische Kunst für die<br />

Schulklasse der Fichtelgebirge-Grundschule zu organisieren, um den Kindern neben der<br />

Betrachtung ihres eigenen Bauches oder besser dem, was sich dort auf ihrer Kleidung<br />

schriftlich-gestalterisch im modisch globalisierten Stil betrachten lässt, Zugang zu den<br />

wundervollen kulturellen Höchstleistungen ihrer Ursprungskulturen zu verschaffen. Zu<br />

meiner großen Freude bietet der Museumspädagogische Dienst kostenlose Führungen<br />

an. Das ermöglicht es, auch mit den – wie es so schön heißt – bildungsfernen Kindern<br />

ins Museum zu gehen und nicht nur mit denen, die das ohnehin mit ihren Eltern tun.<br />

Durch das Betrachten der Museumsstücke erhoffe ich mir, dass die Kinder zwischen<br />

den islamisch aufgeladenen Gegenständen bei ihnen zuhause, den verramschten<br />

Folkloreimitaten in Dönerläden und den Meisterwerken im Museum Querverbindungen<br />

herstellen. Den Schätzen, die ja im 19. Jahrhundert oft auf dubiose Art und Weise hier<br />

im Museum gelandet sind, auch wenn manches durch den musealen Schutz vielleicht<br />

auch gerettet wurde. <strong>Der</strong> Gedankengang geht auf. Die Kinder fühlen sich wie Fische im<br />

Wasser.<br />

Im Museum<br />

Die freudige Neugier der Kinder täuscht aber auch hier im Museum nicht über ihre, fast<br />

möchte man sagen, Sprachlosigkeit hinweg. Pubertierende mit schönen glänzenden<br />

langen Haaren, freundlich aufgeschlossenen Gesichtern und munter plappernd – ich<br />

beobachte mich, wie ich rätselnd an ihren Lippen hänge, die Stirn in Runzeln, in der<br />

Hoffnung, doch noch einen Sinnzusammenhang zu erhaschen. Was für ein<br />

undefinierbares Kauderwelsch aus Deutschbruchstücken und Türkisch! Zum Heulen.<br />

Im Museum werden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Wir haben Pech – unser Begleiter<br />

ist ein junger ambitionierter Wissenschaftler, der keine Erfahrung mit Kindern aus<br />

diesem Bildungshintergrund hat. Er behandelt die Kinder wie Kinder aus ambitionierten<br />

Bildungselternhäuser und macht das F<strong>als</strong>cheste vom F<strong>als</strong>chen, indem er sich Autorität<br />

zu verschaffen versucht, indem er die Kinder streng anmahnt, nur zu sprechen, nachdem<br />

sie sich gemeldet und er sie aufgerufen hat. Das funktioniert überhaupt nicht. Die<br />

Kinder verstummen, fragen und antworten nicht mehr. Sie koppeln sich innerlich<br />

vollkommen von der Veranstaltung ab und suchen das Gespräch unter sich. Dabei sind

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!