Das Magazin NR. 3 / 2023

Alexandre Kantorow
Das Klavier war sein Instrument. Es war ihm
seit der Kindheit vertraut. Nie war es ihm ein
Arbeitsgerät, sondern vielmehr ein Sprachrohr.
Er wollte kein Virtuose werden, sondern
Herbert Schuch und Gülru Ensai
Anderszewski eröffnet in der Saison 2023/24
eine Reihe mit acht außergewöhnlichen
Klavier-Recitals, die der diesjährige Porträt-
Künstler Alexander Melnikov mit einem reinen
Rachmaninow-Programm beschließen
wird. Zu den meistgefeierten Pianisten der
Gegenwart zählt Bruce Liu, ein junger Mann
auf der Überholspur. Seit der Nacht vom
20. Oktober 2021 hat sich sein Leben grundam
Klavier seine Überzeugung ausbilden,
dass er dazu berufen war, allein der Kunst
zu dienen. Bis heute gilt Karol Szymanowski
als Geheimtipp und als Außenseiter, den
man stilistisch nirgends so richtig verorten
kann. Das zeigen auch seine Mazurken, ein
außergewöhnlicher Zyklus, der sich nicht
hinter den ungleich bekannteren Werken
von Frédéric Chopin zu verstecken braucht.
Der Pianist Piotr Anderszewski hat aus seiner
tiefen Zuneigung zur Musik seines
polnischen Landsmannes nie einen Hehl
gemacht. Jetzt bietet er dem Publikum in
der Kölner Philharmonie die Gelegenheit,
live in Szymanowskis Mazurken-Kosmos
einzutauchen, flankiert von Musik von Bach
und Bartók.
legend gewandelt. Damals konnte er den
Internationalen Chopin-Klavierwettbewerb
von Warschau für sich entscheiden und reist
seither im Marathontempo durch die bedeutendsten
Konzertsäle rund um den Globus.
Schon als Kind habe er immer davon
geträumt, »vor Menschen aus der ganzen
Welt« zu spielen, aber er habe sich »nie vorstellen
können, wie diese Karriere wirklich
gelingen« könne. Heute weiß er es. Liu, als
Sohn chinesischer Eltern in Paris geboren,
ist in Montreal aufgewachsen und hat zunächst
mit dem Keyboard begonnen. Diese
Momente haben ihn geprägt. Es folgte der
Wechsel ans Klavier. Es war die Keimzelle
einer noch frischen Weltkarriere.
Auch die Französin Nathalia Milstein zählt
zur Generation junger Tastenvirtuosinnen
und -virtuosen, die ein Versprechen für die
Zukunft bilden. Sie selbst nennt die großen
Meister des 20. Jahrhunderts als ihre Vorbilder,
Cortot und Horowitz, Rubinstein und
Richter. Auch in ihrer eigenen Familie gibt
es eine Reihe bekannter Musikergrößen. Der
Großvater unterrichtete in Moskau, ihr Vater
am Konservatorium in Genf. Bei ihrem
Kölner Auftritt paart Nathalia Milstein beide
Kulturwelten, die sie geprägt haben: die russische
mit Musik von Rachmaninow und die
französische mit Werken von Rameau, Fauré
und Debussy. Ein ideales Terrain für eine Pianistin,
die der musikalischen Melancholie
ebenso gern nachspürt wie den gesanglichen
Linien.
Auch Alexandre Kantorow stammt aus
Frankreich und aus einer namhaften Musikerfamilie:
Vater Jean-Jacques ist ein
bekannter Geiger und Dirigent. Mit nur 22
Jahren hat Alexandre Kantorow 2019 den
berühmten Tschaikowsky-Wettbewerb in
Moskau gewonnen. Wo andere abheben,
bleibt Kantorow jedoch bodenständig. »Meine
Eltern haben es früh geschafft, Druck von
mir fernzuhalten.« Daher wirkt er am Klavier
immer wohltuend entspannt. In Köln präsentiert
Kantorow ein ungewöhnliches, aufregendes
Programm mit Werken von Bach
bis Bartók und der selten zu hörenden ersten
Klaviersonate von Johannes Brahms im
Mittelpunkt.
Bruce Liu
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