Logistik ABENTEUER STEILHANG 38 HARVEST MAGAZIN 5/08
Kettenlaufwerke machen in solchen Steillagen das mechanisierte Fällen und die Aufarbeitung der Bäume überhaupt erst möglich. Wiesbauer reagiert binnen einer Woche und delegiert seine Maschinen in das betroffene Gebiet. Gemeinsam mit dem Waldbesitzer trifft man sich im Einsatzgebiet, um das Vorgehen zu besprechen: Ablauf, Erntemengen und Vertragsbestimmungen. Dabei werden der dynamische <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong>-Einkäufer und der Jungunternehmer meist schnell handelseinig. Rigler schätzt Wiesbauers Qualitäten – „das funktioniert per Handschlag“ – und dessen Flexibilität. „Als der Windwurf war, reichte ein Anruf, am nächsten Tag war er da. In der Zeit, in der wirklich jeder ihn und seine Maschine gebraucht hätte, war es keine Frage für ihn, dass er <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong> hilft, die Windwurfmengen aufzuarbeiten.“ Wiesbauer lobt im Gegenzug Riglers Verlässlichkeit. Schließlich liegt die Abholung des aufgearbeiteten Holzes von der Forststraße im Verantwortungsbereich von <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong>. Da gibt es nichts zu beanstanden: Das Holz wird just in time abgefahren, die im Sägewerk ankommenden Mengen stimmen mit den Angaben des Harvester-PCs überein. Der Harvester Valmet Snake 911.3 und der Rückezug Valmet 860.1 schaffen am Tag durchschnittlich 120 bis 140 Festmeter aufgearbeitet und gerückt an die Waldstraße. Das Timing macht’s, die Erfahrung und die Ausrüstung. Was Wiesbauers Maschine auszeichnet: Der Rückezug verfügt über eine Seilwinde und über acht Räder mit jeweils montierten Ketten. 35 Tonnen können geladen werden. Das Seil wiederum dient in erster Linie der Sicherheit, sorgt aber auch dafür, dass der Waldboden weitestgehend geschont wird. Sollte das Seil reißen und der Rückezug ins Rutschen kommen, dann wird es heikel, gelinde gesagt. Kein Zweifel, Rigler und Wiesbauer <strong>sind</strong> sich möglicher Gefahren bewusst. Nur wer schon im Vorfeld sämtliche Risiken abwägt, bei Beachtung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen, meistert auch – im Fall der Fälle – brenzlige Situationen. In der normalen Durchforstung trennt das Harvesteraggregat die Bäume vom Stock. Bei einem Windwurf hingegen <strong>sind</strong> die Bäume meist schon entwurzelt, und der Harvester könnte einen Trennschnitt zwischen Stamm und Wurzel nicht ohne Oben: Einsatzort Gloggnitz im Bezirk Neunkirchen in Niederösterreich. Unten: <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong>-Einkäufer Stefan Rigler (li.) mit Waldbesitzer. hohen Materialverschleiß vornehmen. Deshalb ist die motormanuelle Vorarbeit des sogenannten „Abstockens“ notwendig: Das geht in die Knochen. Die Arbeit des Abstockers sieht körperlich anstrengend aus, bedeutet aber in erster Linie volle Konzentration. „Es kann ganz schön gefährlich sein, wenn man da von der falschen Seite reinsägt.“ Wenn ein Wurzelteller mit einem Durchschnittsgewicht von 2.000 Kilogramm umkippt – man mag es sich lieber nicht vorstellen. Auch hier gilt: Professionalität und Erfahrung mindern die Risiken. Wiesbauer weiß, dass er sich auf seine Arbeiter verlassen kann. <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong>-Mann Rigler kommt während der Arbeiten alle zwei, drei Tage vorbei, lässt sich von Waldarbeitern und dem Waldbesitzer auf den aktuellen Stand der Dinge bringen. Sturmholz bedeutet eine Herausforderung in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist da das außergewöhnliche Ernteverfahren wie hier am Steilhang. Vor allem aber stellt es hohe logistische Herausforderungen dar: Wie viel Holz können die Sägewerke verarbeiten, wie viel kann verkauft werden? Gerade vor dem Hintergrund, dass infolge von Kyrill die Lager noch relativ gut gefüllt <strong>sind</strong>. Hier gilt – Prioritäten setzen: Flächen mit Holz, welches überwiegend vom Sturm gebrochen wurde, haben Vorrang vor Flächen mit Stämmen, die noch großenteils an der Wurzel hängen und deren Aufarbeitung nach hinten verschoben werden kann. Weil auch die jüngsten Windwürfe ein eingespieltes Team nicht erschüttern konnten, geht das Holz aus Erwin Rasners Forst, zum Großteil Fichten-, aber auch Kiefernrundholz, in die <strong>Stora</strong> <strong>Enso</strong>-Sägewerke, schließlich und endlich in Form von Schnittholz auf den australischen und japanischen Markt. Schon bald kümmert man sich um die Wiederaufforstung der Hanglagen. Denn für Rasner, Rigler und Wiesbauer gilt: Bloß keine Angst vor steilen Hängen. 39