K1 Magazin Juni 2023
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KIWANIS | ÖSTERREICH
KINDERSCHUTZ / KINDERRECHTE
Kinderschutz geht uns alle an
Schutz vor Gewalt ist eines der zentralen
Kinderrechte. Junge Menschen
haben das – auch in der Bundesverfassung
über die Rechte von Kindern verankerte
- Grundrecht auf gewaltfreies
Aufwachsen. Das gilt für sämtliche Lebensbereiche:
für die Familie und das
soziale Umfeld sowie für alle Einrichtungen,
die für und mit Kindern und
Jugendlichen arbeiten, also den gesamten
Bildungs-, Betreuungs-, Gesundheits-
und Freizeitbereich. Gewalt an
Kindern, ob körperliche, sexualisierte
oder die häufig unterschätzte psychische
Gewalt, hat weitreichende negative
Langzeitfolgen auf die Entwicklung
von Kindern und ist verboten:
„Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie
Erziehung. Körperliche Bestrafungen,
die Zufügung seelischen Leides,
sexueller Missbrauch und andere
Misshandlungen sind verboten.“ (Artikel
5 BVG Kinderrechte)
Ähnlich lautet seit 1989 (!) auch die
entsprechende Formulierung im österreichischen
Familienrecht: „Die
Anwendung jeglicher Gewalt und die
Zufügung körperlichen oder seelischen
Leides sind unzulässig“ (§ 137 ABGB).
Die Realität ist leider eine andere und
Ohrfeigen, Schläge, Drohungen, Herabwürdigung
oder Vernachlässigung
sind für viele Kinder und Jugendliche
Teil des Alltags. Längst ist erwiesen,
dass sämtliche Formen von Gewalt
krank machen und es keine „g´sunde
Watschn“ gibt! Alarmierend sind - trotz
des über 30-jährigen Gewaltverbots in
der Erziehung - nach wie vor die Einstellungen
dazu: So erachtet laut einer
Studie aus dem Jahr 2020 jede/jeder
Fünfte in Österreich leichte körperliche
Bestrafungen als unbedenklich
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und etwa gleich viele sehen drastischere
Maßnahmen als notwendige Erziehungsmittel.[1]
Seit einigen Monaten stehen aufgrund
medial berichteter Fälle strukturell
bedingte Defizite im institutionellen
Kinderschutz im besonderen Fokus.
Ein wichtiges Instrument, um diesen
zu gewährleisten, sind Kinderschutzkonzepte
in Organisationen wie z. B.
Kindergärten, Schulen, Sportvereine,
Jugendzentren, kirchliche Einrichtungen
etc. Damit sollen strukturelle Risiken
bewusst gemacht, Maßnahmen zur
Minimierung festgelegt, interne Kinderschutzbeauftragte
bestellt, konkrete
Handlungspläne für den Verdachtsfall
ausgearbeitet, ein Beschwerdesystem
installiert und vor allem Kinder und
Jugendliche durch die Vermittlung
ihrer Rechte gestärkt werden: denn sie
haben ein Recht darauf, sich in einer
Einrichtung wohl und sicher zu fühlen
und vor Übergriffen jeglicher Art geschützt
zu sein.
Doch Kinderschutzkonzepte alleine
sind nicht genug! Kinderschutz ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe und
erfordert eine Gesamtstrategie und damit
ein Bündel an koordinierten Maßnahmen.
So wie es zuletzt auch der
UN-Kinderrechtsausschuss im letzten
Staatenprüfprozess 2020 Österreich
empfohlen hat. In seinen Concluding
Observations zeigte sich der Ausschuss
besorgt, dass das gesetzliche Verbot bestimmter
Formen von Gewalt einem
beträchtlichen Anteil der Bevölkerung
immer noch nicht bekannt ist
und die psychische Gewalt zunimmt.
Er forderte eine umfassende Strategie
zur Prävention und Bekämpfung von
Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt,
Bewusstseins-Bildungsprogramme,
die Schaffung von bundesweit
einheitlichen Qualitätsstandards für
die Betreuung von Kindern in Einrichtungen
sowie ausreichende Ressourcen
für Kinderschutzorganisationen und
Präventivmaßnahmen.[2]
Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaften
(kija) Österreichs haben
mehrmals und zuletzt im Jänner 2023
gemeinsam mit weiteren namhaften
Kinderschutzorganisationen ein bundesweites
Rahmengesetz gefordert
und umfassende Empfehlungen für
ein Kinderschutz-Paket-Neu auf institutioneller,
rechtlicher, fachlicher und
gesamtgesellschaftlicher Ebene erarbeitet.[3]
Dazu zählen neben der Verpflichtung
der Organisationen, Kinderschutzkonzepte
nach einheitlichen
Qualitätsstandards zu entwickeln oder
verbindlichen Kooperationsstrukturen
sämtlicher Akteur*innen, vor allem
auch der Ausbau ausreichender externer
professioneller Unterstützung, die
bei Grenzverletzungen, Übergriffen
und Kinderschutzfällen verpflichtend
beigezogen werden muss.
Von der Bundesregierung wurden Anfang
d.J. etliche Verbesserungen, insbesondere
in Zusammenhang mit der
Einführung von Kinderschutzkonzepten,
auf den Weg gebracht und eine
Gesetzesnovellierung zum § 207 a
StGB (Änderung des Begriffs Kinderpornografie
in bildliche Darstellung
sexualbezogenen Kindesmissbrauchs
sowie eine Erhöhung des Strafrahmens)
vorgelegt. Zweifelsohne sind alle
ernsthaften Bestrebungen zu begrüßen,
die das Bewusstsein für Gewalt stärken
und Übergriffe verhindern. Die kijas
Österreichs haben dazu in ihrer Stel-