Schreibkultur 3 2023

SZENE
Die Macht des
geschriebenen Wortes
Roberta Metsola, bekannt für ihre Leidenschaft für das Schreiben mit der Hand, zieht es
vor, ihre Gedanken auf Papier zu bringen, statt sie in einen Computer zu tippen. Im Interview
spricht Sie über die Bedeutung der Handschrift für die europäische Kultur und Identität.
Sie haben einmal in einer Rede über die
Bedeutung der Handschrift für die europäische
Kultur und Identität gesprochen.
Wie ist dazu Ihre persönliche Erfahrung
und Meinung?
Roberta Metsola: Ich betrachte Europa gerne
als einen Schmelztiegel von Kulturen und Identitäten.
Jeder europäische Bürger bringt seine
eigene Persönlichkeit mit ein, und ich denke, das
gilt auch für die Handschrift. Unterschiedliche
Kulturen und Menschen in ganz Europa haben
unterschiedliche Handschriftstile, die alle zur
vielfältigen kulturellen Landschaft und zur Vielfalt
unseres Kontinents beitragen.
Ich persönlich erlebe das, wenn ich auf Englisch
im Vergleich zu Maltesisch schreibe. Obwohl die
Unterschiede im Alphabet nur sehr gering sind,
sind es gerade diese kleinen Details, die wenigen
Buchstaben, die sich unterscheiden, die
die verschiedenen Kulturen repräsentieren. Ich
werde mir dessen immer bewusst, wenn ich mit
der Hand schreibe.
Welche Rolle spielt die Handschrift in Ihrer
täglichen Arbeit als Präsidentin des Europäischen
Parlaments?
Roberta Metsola: Ich betrachte die Handschrift
gerne als eine Form der Kunst, aber das Besondere
an Kunst im Allgemeinen und Handschrift
im Besonderen ist, dass sie Zeit erfordert, von
der wir leider immer weniger zu haben scheinen.
16 SCHREIBKULTUR 3/2023