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Doris Knecht<br />
und die Lust<br />
auf Listen<br />
Eine Autorin, die man immer auf dem Zettel haben sollte: Doris Knecht nimmt<br />
in ihrem neuen Roman „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen<br />
habe“ viele kleine Abschiede und entdeckt neue Freiheiten.<br />
Mehrere tausend Kolumnen<br />
und zeitkritische Kommentare<br />
schrieb sie, für Zeitungen in der<br />
Schweiz, in Deutschland und vor allem<br />
für österreichische Medien, ehe<br />
sie einen weiteren Karriere sprung<br />
wagte. Der Name Doris Knecht<br />
war damals längst ein Gütesiegel<br />
für treffsichere Befunde über moralische<br />
oder politische Schnappatmung<br />
oder die frauenfeindliche<br />
Zweiklassengesellschaft. Aber die<br />
gebürtige Vor arlbergerin, die als<br />
knapp Zwanzigjährige nach Wien<br />
übersiedelte, wollte ihrer für die<br />
Leserschaft durchaus erfreulichen<br />
Schreibbesessenheit auch als Roman-Autorin<br />
freien Lauf lassen.<br />
Der Erfolg gab ihr recht. „Gruber<br />
geht“, 2011 veröffentlicht, erntete etliche<br />
Lobeshymnen. Weitere literarische<br />
Volltreffer folgten. Wobei die<br />
Autorin rasch dazu überging, Selbsterlebtes<br />
als Gerüst für ihre zuweilen<br />
tragikomisch, zuweilen melancholischen,<br />
stets aber sehr realistischen<br />
Doris Knecht<br />
Eine vollständige Liste aller<br />
Dinge, die ich vergessen habe<br />
Hanser Berlin, 240 Seiten<br />
Euro 24,70<br />
ISBN 978-3-446-27803-5<br />
E-Book 978-3-446-27868-4<br />
Geschichten zu wählen. Autofiktionales<br />
Schreiben also. Mit Büchern,<br />
in denen sich die Leserschaft nicht<br />
selten wiedererkennen kann wie in<br />
einem Spiegel.<br />
Der neue Roman mit dem paradoxen<br />
Titel „Eine vollständige Liste<br />
aller Dinge, die ich vergessen habe“<br />
vereint Abschied und (natürliche)<br />
Trennung mit daraus resultierenden<br />
Aufräumarbeiten, auch seelischer<br />
Art. Loslassen, neu starten, mit neuen<br />
Freiheiten.<br />
Die Zwillingstöchter der Ich-Erzählerin<br />
beschließen, auszuziehen<br />
– ein Dutzendschicksal, aber durch<br />
die Sprachkünste und die exakte Figurenzeichnung<br />
von Doris Knecht<br />
veredelt. Es ist ein Roman über<br />
Neu-Orientierung, Wahrheitssuche,<br />
Erinnerung und Zuversicht, klug,<br />
selbstironisch, entlarvend. Sollte<br />
man auf dem Zettel haben.<br />
6 Buchmedia <strong>Magazin</strong> 51