NFL Journal 2023: Football-Euphorie und Highlights in Deutschland

28 NFL Saison 2023/24
„Es war ein
täglicher
Kampf“
Markus Kuhn über das harte Geschäft NFL
arkus Kuhn fing als erster
deutscher Spieler einen
Touchdown in der NFL. Von
2012 bis 2015 spielte der 37-Jährige
für die New York Giants. Im Interview
spricht er über das Gefühl,
auf 150 Kilo schwere Gegenspieler
zu prallen.
Markus Kuhn, wieso haben Sie
sich in der Jugend für den Football
entschieden?
Mit 14 Jahren war ich das erste Mal
in Amerika und hatte meine ersten
Berührungspunkte mit American
Football. Es lief dauernd im TV,
dazu hast du die riesigen Stadien
gesehen. Eigentlich war ich ein
Outdoor-Sport-Typ – Mountainbike,
Snowboarden und Klettern. Von
einem Klassenkameraden meiner
Schwester wurde ich zum Football-Training
bei den Longhorns in
Mannheim mitgenommen. Da ist
gleich der Groschen gefallen und
ich dachte mir: Geil, das ist genau
mein Ding! Damals war Football
noch eine komplette Randsportart,
man hat höchstens mal den Super
Bowl verfolgen können.
Mit viel Freude verfolgen Sie, wie
viel Aufmerksamkeit Football
mittlerweile erhält?
Das ist unglaublich. Es läuft auf
dem größten Privatsender mit diversen
Formaten auch außerhalb
der Spiele. Das ist noch mal ein
ganz anderes Level, wie der Sport
gerade hier nach vorne katapultiert
wird. Das sieht man auch daran,
was für Mannschaften nach
Deutschland kommen. Letztes Jahr
die Chiefs, dieses Jahr zusätzlich
die Patriots, das sind schon richtige
Hausnummern. Da werden wir ein
richtiges Feuerwerk sehen.
Können Sie sich noch an das Gefühl
erinnern, das erste Mal bei
einem NFL-Spiel starten zu dürfen?
Das war in der Preseason, auswärts
bei den Jaguars. Ich lag beim
Warmmachen auf dem Gras, habe
mich gedehnt und habe mir gedacht:
Was passiert hier eigentlich
gerade mit mir? Ich habe komplett
aus Spaß mit dem Sport angefangen
und auf einmal stehst du mit
dem damals amtierenden Super
Bowl-Champion auf dem Feld. Das
war wie im Film.
Und ein Highlight des Films war,
als sie als erster Deutscher einen
Touchdown in der NFL gefangen
haben.
Das wird natürlich immer mit mir
in Verbindung gebracht. Und das
ist auch was sehr Schönes. Aber für
mich war dieser tägliche Kampf das
Besondere. Es jedes Jahr wieder ins
Team zu schaffen. Als jemand, der
nie damit gerechnet hat, Profi zu
werden. Das geht manchmal ein
bisschen unter.
Die NFL ist ein hartes Business,
auch Sie hatten mit einigen Verletzungen
zu kämpfen. Und die
Konkurrenz ist riesig.
In dieser Liga kommt so viel nach.
Wenn du da mal nicht performst,
ist der Nächste da. Dienstags
kommt ein Bus mit neuen Spielern
an, die dich jederzeit ersetzen können.
Man darf nicht vergessen: Wir
kämpfen wirklich um einen Kaderplatz.
Das ist nicht nur mental, sondern
auch körperlich extrem hart.
Was ist das für ein Gefühl, wenn
man im Training und Spiel auf
150-Kilo-Schränke trifft?
Mein tägliches Brot war es, sich mit
zwei Meter großen und 150 Kilo
schweren Männern zu kloppen.
Das macht am Anfang ein bisschen
Bock und irgendwann denkst du
dir: Puh, das ist schon zermürbend.
Auch mental, wenn du weißt:
Okay, jetzt ist es schon wieder so
weit. Stellen Sie sich vor, Sie müssten
sich jeden Tag mit ihrem Arbeitskollegen
kloppen (lacht). Aber
die Zeit hat trotzdem unheimlich
viel Spaß gemacht, ich würde sie
nie missen wollen. Es war eine unglaubliche
Erfahrung.
Aus deutscher Sicht bereitet
Amon-Ra St. Brown aktuell viel
Freude.
Er liefert richtig ab. Amon-Ra ist
einer der Top-Receiver der Liga und
aktuell Schlüsselspieler bei einem
Team, das richtig gut drauf ist. Ich
habe ihn bei der Saisoneröffnung
in Kansas City live gesehen, konnte
länger mit ihm sprechen. Er ist
außerhalb vom Feld super freundlich.
Wir haben einen richtigen
deutschen Star, das wird dem Sport
ungemein helfen.
Sie sind für die New England Patriots
auch viel hinter den Kulissen
aktiv. Zuletzt hat der DFB die
Patriots besucht.
Fußball nimmt aktuell eine Entwicklung
in Amerika wie Football
in Deutschland. Mit den Patriots
wollen wir in ganz Deutschland aktiv
sein, was gibt es da Besseres als
eine Partnerschaft mit dem DFB?
Die Nationalmannschaft begeistert
immer noch die Massen. Ich konnte
die Spieler kennenlernen, Trainer
Julian Nagelsmann und Rudi Völler.
Das ist echt eine super Truppe, die
Partnerschaft macht sehr viel Spaß.