DGCM176FischervonErlach
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AUS DEN FACHKREISEN<br />
stammen aus dem späten 19. Jahrhundert, vielleicht<br />
von der Renovierung der Kirchenfront und<br />
der Türme in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts?<br />
15 Die Turmuhren laufen jetzt elektrisch/<br />
elektronisch (Abb. 3).<br />
Maria Kirchental – eine frühe Turmuhr<br />
Der Grundstein für die Wallfahrtskirche Maria<br />
Kirchental (Abb. 4) im Salzburger Pinzgau<br />
wurde 1694 gelegt, die Weihe erfolgte 1701.<br />
Es ist ungewiß, ob die Fassade auf Kupferstich<br />
und Radierung nach Johann Friedrich Pereth<br />
(Abb. 16), vor 1699 geschaffen, einem Entwurf<br />
Fischers entspricht. 1705 beschloss Erzbischof<br />
Johann Ernst von Thun, das „Kirchengebey<br />
durch Aufsatz der Toren-(Turm-)Faciata und<br />
Anderes In Vollständigkeit zu bringen“. 16 Lorenz<br />
Hübner beschrieb 1796 „zwei viereckichte<br />
sehr hohe, mit Uhrschilden, und ihren Uhren<br />
versehene Kuppelthürme“. 17<br />
Eine Besonderheit an der Fassade ist die seltene<br />
Darstellung im Giebelfeld der Fassade: Es<br />
handelt sich bei dem Fresko mit dem Gnadenbild<br />
nicht um eine Sonnenuhr, sondern um eine<br />
Zeitvergleichsleiste mit den zeitgenössischen<br />
Ortszeiten von Rom, Jerusalem und Santiago de<br />
Compostela.<br />
Mit der Ergänzung der Türme auf Anordnung<br />
des Erzbischofs kam auch eine Turmuhr in das<br />
Kirchental, 1708 geliefert von Jeremias Sauter,<br />
Salzburg, um 250 Gulden. 18 In der Uhrstube ist<br />
eine Kreideinschrift erhalten, mit der sich der<br />
um 1741 im Allgäu geborene Johann Bentele<br />
sen., Neffe des Jacob Bentele, wohl bei einer<br />
Wartung des Sauter-Werks verewigte: „Johann<br />
Bentele… 1761“? Johann Bentele sen. wurde<br />
1769 nach Jacob Hof-Großuhrmacher in Salzburg<br />
und lieferte schon davor 1765 die (erhaltene)<br />
Turmuhr für Lofer.<br />
1767 lieferte Johann Bentele dann ein zweites<br />
Werk nach Kirchental 19 . Dieses dürfte Grund für<br />
eine Eintragung in der Kirchenrechnung 1768<br />
sein: „Jacob Penterle, Hof-Groß Uhrmacher in<br />
Salzburg“ erhielt 5 Gulden für „Ausbuzung der<br />
Kürchen-Uhr lauth Conto“. 20 Der um 1700 ebenfalls<br />
im Allgäu geborene Onkel half also noch im<br />
Betrieb des Neffen mit.<br />
Das heute im südlichen Turm erhaltene dritte<br />
Turmuhrwerk der Wallfahrtskirche (Abb. 5) stammt<br />
aus der Turmuhrenfabrik Philipp Hörz in Ulm und<br />
wurde 1940 wahrscheinlich vom Saalfeldener Uhrmacher<br />
Thomas Fauner geliefert, der mit Hörz einen<br />
Vertrag als Generalimporteur hatte. Es handelt<br />
sich um ein Werk mit Grahamgang und „konstanter<br />
Kraft“ (Typ ähnlich einem Differentialgetriebe)<br />
sowie Viertel- und Stundenschlagwerk, es ist Typ<br />
230c mit der Werksnummer 4390. 21<br />
Abb. 4 (links): Die<br />
Wallfahrtskirche Maria<br />
Kirchental im Salzburger<br />
Pinzgau. (© horologium,<br />
Michael Neureiter)<br />
Abb. 5 (oben): Das<br />
Turmuhrwerk Hörz im<br />
Südturm der Wallfahrtskirche,<br />
geliefert erst 1940.<br />
(© horologium, Michael<br />
Neureiter)<br />
Abb. 6 (unten): Der Prospekt<br />
der Kollegienkirche,<br />
gezeichnet von Fischer<br />
von Erlach. (Graphische<br />
Sammlung der Nationalund<br />
Universitätsbibliothek<br />
Zagreb, GZAS 61<br />
fis 47)<br />
WINTER 2023 43 Mitteilungen Nr. 176