MÄA-01-24 online
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TITELTHEMA<br />
Münchner Ärztliche Anzeigen<br />
V.l.n.r.: Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Sebastian Helber, Prof. Dr. Victoria Bogner-Flatz und Dr.<br />
Dominik Hinzmann. Foto: Ina Koker<br />
Christof Constantin Chwojka. Foto: Flickr<br />
Am Tresen in der Notaufnahme<br />
oder in der Bereitschaftspraxis werde<br />
derzeit zudem das System SmED<br />
plus eingeführt, das zusätzlich die<br />
Kriterien des Manchester-Triage-<br />
Systems (MTS) nutze. Dass dies gut<br />
funktioniere sei in zwei Studien am<br />
Klinikum Rosenheim festgestellt<br />
worden. Immerhin rund ein Viertel<br />
der Besucher*innen in der Notaufnahme<br />
seien so in den ambulanten<br />
Bereich zurückgesteuert worden –<br />
und auch die Patient*innen seien<br />
damit sehr zufrieden. Im neuen Jahr<br />
20<strong>24</strong> werde das System „SmED Patient“<br />
zur persönlichen Selbsteinschätzung<br />
mit dem Smartphone<br />
ausgerollt. Dabei erhielten Patient*innen<br />
ein Feedback zu Hausmitteln<br />
und dazu, ob und wann es Zeit<br />
sei, die 112 oder die 116117 anzurufen<br />
bwz. die Hausarztpraxis aufzusuchen.<br />
Die technische Vernetzung der<br />
116117 und der 112 sei bereits in<br />
mehreren Regionen in Pilotprojekten<br />
getestet worden und ab Dezember<br />
2023 bayernweit möglich. Wer bei<br />
der 116117 anrufe, könne per Knopfdruck<br />
mit der 112 verbunden werden<br />
– und umgekehrt. Daten und Anamnese<br />
würden mitgeliefert. „Vieles,<br />
was wir eben beim Vortrag gesehen<br />
haben, geht auch bei uns. Es ist nur<br />
die Frage, wieweit man den Service<br />
ausbaut“, sagte Pfeiffer. Derzeit werde<br />
alles von der KVB selbst finanziert.<br />
Bei der Einbeziehung von Sozialdiensten<br />
und der Nutzung in<br />
großem Stil sei dies nicht mehr möglich<br />
und müsse von der Politik mitfinanziert<br />
werden.<br />
Auch Chwojka bescheinigte dem<br />
SmED-System gute Noten. Er riet<br />
aber zu noch mehr „Points of Service“.<br />
Noch fehlten zu oft Alternativen<br />
zum Rettungsdienst 112. Helber<br />
lobte das niederösterreichische System<br />
als „sehr charmant“, weil es<br />
damit möglich sei, die Patient*innen<br />
sehr niederschwellig und schnell<br />
aufzuklären. Er sprach sich für eine<br />
bessere Steuerung des Zugangs zu<br />
den Notaufnahmen aus. Wenn Patient*innen<br />
nach längerer Zeit in der<br />
Warteschleife bei der 116117 niemanden<br />
erreichten, hängten verständlicherweise<br />
viele ein und gingen<br />
lieber direkt in die Klinik. Bogner-Flatz<br />
lobte das SmED-System<br />
und die Möglichkeit, damit immerhin<br />
fast ein Viertel der Patient*innen aus<br />
den Notaufnahmen abzuleiten als<br />
„sensationell“ – auch, weil die Patient*innen<br />
damit zufriedener seien.<br />
Wer sitze schon gern mehrere Stunden<br />
in der Notaufnahme, um auf die<br />
Triage zu warten. Zur Treffsicherheit<br />
in der Anamnese beim niederösterreichischen<br />
System konnte Chwojka<br />
keine Studienergebnisse nennen.<br />
Hinzmann hinterfragte die standardisierte<br />
Notrufabfrage beim Telefonkontakt.<br />
Untersuchungen in Nürnberg<br />
hätten ergeben, dass eine<br />
Standardisierung zu mehr, nicht<br />
weniger, Notarzteinsätzen geführt<br />
habe. Erste Berichte über die Verwendung<br />
des SmED-Systems in Rettungsfahrzeugen<br />
seien allerdings extrem<br />
gut. Chwojka betonte, in Niederösterreich<br />
werde eine international<br />
anerkannte und qualitätsgesicherte<br />
Standardisierung angewendet, die in<br />
Deutschland nur an sehr wenigen<br />
Standorten verwendet werde. Leider<br />
gebe es am Markt auch weniger gute<br />
Standardisierungsprogramme. Dass<br />
ein Notruf von verschiedenen Menschen<br />
unterschiedlich beantwortet<br />
werde oder dass die Antwort davon<br />
abhänge, ob die Person am Telefon<br />
gerade gute oder schlechte Laune<br />
habe, dürfe nicht sein.<br />
Ein Delegierter wollte wissen, wie<br />
das Thema Datenschutz beim Notruf<br />
Niederösterreich angesichts der Verwendung<br />
sozialer Medien gelöst<br />
werde. „Deutschland hat den<br />
unfassbaren Drang, aus jeder<br />
Lösung ein Problem zu machen“,<br />
war Chwojkas lakonische Antwort.<br />
Datenschutz sei europäisches<br />
Recht, aber nur in Deutschland würden<br />
noch Faxgeräte zum Datenschutz<br />
eingesetzt. Die europäische<br />
Datenschutzgrundverordnung erlaube<br />
die Speicherung von Daten<br />
grundsätzlich immer, wenn es einen<br />
Grund dafür gebe, und diesen gebe<br />
es hier. Natürlich müsse man aber<br />
besonders auf Cybersicherheit achten,<br />
wenn man Daten in einer Cloud<br />
speichere.<br />
Stephanie Hügler