28.12.2012 Aufrufe

Gedanken zur Fehler- und Sicherheitskultur in deutschen - Medical ...

Gedanken zur Fehler- und Sicherheitskultur in deutschen - Medical ...

Gedanken zur Fehler- und Sicherheitskultur in deutschen - Medical ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Notfall Rettungsmed 2011<br />

DOI 10.1007/s10049-011-1439-7<br />

© Spr<strong>in</strong>ger-Verlag 2011<br />

Fallpräsentation<br />

Anfang Januar wurde e<strong>in</strong>e 63-jährige Patient<strong>in</strong><br />

am frühen Vormittag durch den<br />

Hausarzt wegen Verdachts auf e<strong>in</strong> Schädel-Hirn-Trauma<br />

nach Synkope <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

chirurgische Notaufnahme e<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Die Patient<strong>in</strong> verspürte seit zwei Tagen<br />

Gliederschmerzen <strong>und</strong> Übelkeit. Am Tag<br />

der Aufnahme hatte sie sich, um Erbrechen<br />

auszulösen, den F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> den Rachen<br />

gesteckt, wurde kurzzeitig bewusstlos<br />

<strong>und</strong> stürzte auf den Kopf <strong>und</strong> die rechte<br />

Schulter. Zum Aufnahmezeitpunkt war<br />

die Patient<strong>in</strong> bezüglich Ort, Zeit <strong>und</strong> Person<br />

orientiert (Glasgow Coma Scale 15),<br />

die erhobenen Vitalparameter zeigten sich<br />

unauffällig (Herzfrequenz 88/m<strong>in</strong>; Blutdruck<br />

145/75 mmHg, O2-Sättigung 100%<br />

bei Raumluft). Vorerkrankungen <strong>und</strong> die<br />

regelmäßige E<strong>in</strong>nahme von Medikamenten<br />

wurden verne<strong>in</strong>t. Am Vortag hatte sie<br />

wegen Kopfschmerzen e<strong>in</strong>malig Aspir<strong>in</strong><br />

ohne Besserung der Beschwerdesymptomatik<br />

e<strong>in</strong>genommen. Im Aufnahmebef<strong>und</strong><br />

wurde e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>fleckiges, nicht juckendes<br />

Exanthem am Rumpf dokumentiert,<br />

dessen Auftreten nicht konkretisiert<br />

werden konnte. Die weiteren körperlichen<br />

<strong>und</strong> neurologischen Untersuchungen waren<br />

unauffällig.<br />

In der Blutuntersuchung ergaben sich<br />

Normalwerte für Hämoglob<strong>in</strong>, Elektrolyte<br />

<strong>und</strong> Nierenretentionsparameter. Auffällig<br />

waren e<strong>in</strong>e Leukozytose (14.100/µl) <strong>und</strong><br />

Leitthema<br />

S. Güldner 1, 2 · H. Mang 1 · S. Popp 2 · D. Heuser 3 · M. Krause 4 · M. Christ 2<br />

1 Masterstudiengang MSc <strong>Medical</strong> Process Management,<br />

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen<br />

2 Kl<strong>in</strong>ik für Notfall- <strong>und</strong> Internistische Intensivmediz<strong>in</strong>, Kl<strong>in</strong>ikum Nürnberg, Nürnberg<br />

3 Kl<strong>in</strong>ik für Anästhesiologie <strong>und</strong> Operative Intensivmediz<strong>in</strong>,<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Nürnberg, Nürnberg<br />

4 Geschäftsleitung, Kl<strong>in</strong>ikum Nürnberg, Nürnberg<br />

<strong>Gedanken</strong> <strong>zur</strong> <strong>Fehler</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Sicherheitskultur</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>deutschen</strong> Notaufnahmen<br />

erhöhte Entzündungsparameter (CRP<br />

7,8 mg/dl). Die Körpertemperatur wurde<br />

nicht erfasst. Im 12-Kanal-EKG zeigten<br />

sich S<strong>in</strong>usrhythmus <strong>und</strong> term<strong>in</strong>al negative<br />

T-Wellen <strong>in</strong> den Ableitungen I, aVL<br />

<strong>und</strong> V1 bis V4. In der radiologischen Diagnostik<br />

ergab sich ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis für e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>trakranielle Blutung bzw. e<strong>in</strong>e Fraktur<br />

im Schulterbereich. Die Patient<strong>in</strong> wurde<br />

nach der ambulanten Abklärung mit den<br />

Arbeitsdiagnosen situative (vasovagale)<br />

Synkope bei Würgen sowie Schädelprellung,<br />

Prellung der rechten Schulter <strong>und</strong><br />

Distorsion der Halswirbelsäule <strong>in</strong> die weitere<br />

Betreuung des Hausarztes entlassen.<br />

Sie stellte sich <strong>in</strong> den Folgetagen wegen<br />

e<strong>in</strong>er weiteren Verschlechterung ihres Zustands<br />

beim Hausarzt vor <strong>und</strong> wurde des-<br />

Abb. 1 7 Hauteffloreszenzen<br />

e<strong>in</strong>er 63-jährigenIntensivpatient<strong>in</strong><br />

mit schwerer Sepsis<br />

aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe-A-Streptokokken-<br />

Infektion. Vier Tage zuvor<br />

hatte sie sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Notaufnahme <strong>zur</strong><br />

Versorgung e<strong>in</strong>er Kopfplatzw<strong>und</strong>e<br />

nach situativer<br />

Synkope vorgestellt.<br />

Trotz leitl<strong>in</strong>iengerechter<br />

Therapie verstarb<br />

sie <strong>in</strong>nerhalb von<br />

24 h an e<strong>in</strong>em Toxic-<br />

Shock-Syndrom<br />

halb 3 Tage später <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Krankenhaus der<br />

Regelversorgung <strong>zur</strong> weiteren Diagnostik<br />

<strong>und</strong> Therapie e<strong>in</strong>gewiesen. Von dort<br />

wurde sie mit der Diagnose e<strong>in</strong>er schweren<br />

Sepsis auf die <strong>in</strong>ternistische Intensivstation<br />

e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik mit höherer Versorgungsstufe<br />

verlegt. Trotz leitl<strong>in</strong>iengerechter<br />

Therapie e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er empirisch<br />

kalkulierten Antibiotikatherapie,<br />

welche die Differenzialdiagnose der später<br />

nachgewiesenen Streptokokken<strong>in</strong>fektion<br />

Gruppe A e<strong>in</strong>bezog, verstarb die Patient<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>nerhalb von 24 h auf Intensivstation<br />

an e<strong>in</strong>em streptokokken<strong>in</strong>duzierten<br />

toxischen Schocksyndrom (. Abb. 1).<br />

In der Nachanamnese ergab sich, dass die<br />

Patient<strong>in</strong> ihren Silvesterurlaub mit ihren<br />

Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011 |<br />

1


Tab. 1 Häufige Ursachen von <strong>Fehler</strong>n<br />

<strong>in</strong> der Notaufnahme: 4 Muster, die mit<br />

e<strong>in</strong>er erhöhten Inzidenz mediz<strong>in</strong>ischer<br />

<strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> dem ungünstigen Outcome<br />

„Tod nach Entlassung aus der Notaufnahme<br />

<strong>in</strong>nerhalb von 7 Tagen“ e<strong>in</strong>hergehen.<br />

(Mod. nach [25])<br />

Vitalzeichen pathologisch (83%)<br />

– Herzfrequenz >99/m<strong>in</strong> oder 179 mmHg oder<br />

109 mmHg<br />

– Atemfrequenz >24/m<strong>in</strong> oder


werden [26], da die apparative Diagnostik<br />

zielgerichteter erfolgen kann bzw. unnötige<br />

Untersuchungen vermieden werden.<br />

> E<strong>in</strong>e vollständige<br />

Anamnese verbessert die<br />

Qualität der Diagnose<br />

In unserem Fallbeispiel traten die von<br />

Sklar et al. [25] identifizierten Muster auf.<br />

Die Patient<strong>in</strong> wurde mit pathologisch veränderten<br />

Entzündungswerten <strong>und</strong> auffälligem<br />

EKG ohne Verlaufskontrolle bzw.<br />

weitere Diagnostik aus der Notaufnahme<br />

entlassen. Pathologische Laborwerte wurden<br />

ke<strong>in</strong>er weiteren Bewertung unterzogen.<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich spielte auch die atypische<br />

Präsentation e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> diesem Alter<br />

seltenen Krankheitsverlaufs (Gruppe-A-<br />

Streptokokken-Infektion) bei der fehlerhaften<br />

Entlassung der Patient<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Die im Fallbeispiel vorliegende Infektion<br />

hätte bereits zum Zeitpunkt der Erstvorstellung<br />

<strong>in</strong> der Notfallaufnahme erkannt<br />

werden können. Sowohl Anamnese<br />

als auch körperliche Untersuchung waren<br />

lückenhaft dokumentiert. Diese s<strong>in</strong>d damit<br />

vermutlich nicht vollständig durchgeführt<br />

worden (ke<strong>in</strong>e dokumentierte Temperaturmessung<br />

<strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Information<br />

über die Erkrankung der Angehörigen).<br />

Zusammenfassend wurde möglicherweise<br />

im konkreten Fall durch e<strong>in</strong>en symptom-<br />

<strong>und</strong> fachlimitierten Tunnelblick<br />

die Komplexität dieses sche<strong>in</strong>bar banalen<br />

Falls verkannt. Neben den genannten<br />

latenten <strong>Fehler</strong>n unterstreicht dieser Fall<br />

die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er breiten, <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Notfallkompetenz auf Seiten<br />

der Behandelnden. Hier könnten spezifische<br />

Weiterbildungscurricula für die Notaufnahme<br />

nach <strong>in</strong>ternationalem Vorbild<br />

hilfreich se<strong>in</strong>.<br />

Bei Symptomen wie der Synkope<br />

(s. Fallbeispiel) mit begleitendem Sturz<br />

auf den Kopf wird häufig e<strong>in</strong>e Computertomographie<br />

(CT) des Schädels durchgeführt.<br />

Dies b<strong>in</strong>det personelle <strong>und</strong> ökonomische<br />

Ressourcen <strong>und</strong> sche<strong>in</strong>t im E<strong>in</strong>zelfall<br />

durch Verwendung von evidenzbasierten<br />

Algorithmen durchaus vermeidbar<br />

[14]. Die diagnostische Aussagekraft<br />

e<strong>in</strong>es Schädel-CT bei banalem Sturz auf<br />

den Kopf im Rahmen e<strong>in</strong>er Synkope ist<br />

ger<strong>in</strong>g [8]. Wird h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e vollständige<br />

<strong>und</strong> gründliche Anamnese durchge-<br />

Zusammenfassung · Abstract<br />

Notfall Rettungsmed 2011 · [jvn]:[afp]–[alp] DOI 10.1007/s10049-011-1439-7<br />

© Spr<strong>in</strong>ger-Verlag 2011<br />

S. Güldner · H. Mang · S. Popp · D. Heuser · M. Krause · M. Christ<br />

<strong>Gedanken</strong> <strong>zur</strong> <strong>Fehler</strong>- <strong>und</strong> <strong>Sicherheitskultur</strong> <strong>in</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Notaufnahmen<br />

Zusammenfassung<br />

E<strong>in</strong>e Patient<strong>in</strong> wird bei vasovagaler Synkope<br />

mit Sturz auf den Kopf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e chirurgische<br />

Notaufnahme e<strong>in</strong>gewiesen <strong>und</strong> nach<br />

kurzer Abklärung zunächst <strong>in</strong> die ambulante<br />

Weiterbehandlung entlassen. Wenige Tage<br />

später verstirbt sie auf der Intensivstation an<br />

e<strong>in</strong>em Toxic-Shock-Syndrom. Nach e<strong>in</strong>er systematischen<br />

Literaturrecherche wird an diesem<br />

Fallbeispiel die Thematik „mediz<strong>in</strong>ischer<br />

<strong>Fehler</strong>“ im Kontext der <strong>deutschen</strong> Notaufnahmestrukturen<br />

diskutiert, die momentan<br />

meist dezentral organisiert s<strong>in</strong>d. Nachfolgend<br />

werden die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen von<br />

<strong>Fehler</strong>n im Allgeme<strong>in</strong>en sowohl anhand der<br />

Arbeiten von James Reason als auch <strong>in</strong> Bezug<br />

auf das Fallbeispiel dargestellt. Wir plädieren<br />

für e<strong>in</strong>en Wandel h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er systematischen<br />

<strong>Fehler</strong>kultur, <strong>in</strong> der nicht alle<strong>in</strong> die per-<br />

sönliche Verantwortlichkeit des Handelnden<br />

am Ende der Handlungskette im Vordergr<strong>und</strong><br />

steht, sondern <strong>Fehler</strong> <strong>in</strong> der Notaufnahme<br />

durch systematische Aufarbeitung der zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Mechanismen vermieden<br />

werden. Dabei wäre es nützlich, wenn Maßnahmenbündel<br />

aus verschiedenen qualitätsrelevanten<br />

Bereichen (Qualitätsmessung, Prozessstruktur,<br />

Arbeitskultur) <strong>in</strong> der Notaufnahme<br />

e<strong>in</strong>geführt würden. Abschließend werden<br />

ausgewählte Elemente dieser Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> der Arbeit diskutiert.<br />

Schlüsselwörter<br />

Notaufnahme · Mediz<strong>in</strong>ische <strong>Fehler</strong> ·<br />

Unerwünschte Ereignisse · <strong>Fehler</strong>kultur ·<br />

Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren<br />

Thoughts on the error and safety culture <strong>in</strong> German emergency<br />

departments<br />

Abstract<br />

A female patient with vasovagal syncope was<br />

admitted to a trauma unit. After short evaluation,<br />

the patient was discharged to outpatient<br />

care and was readmitted to the ICU<br />

a few days later. Shortly after ICU admission,<br />

she died due to toxic shock syndrome. This<br />

example <strong>in</strong> the context of a review of the literature<br />

is used to illustrate the importance<br />

of medical errors <strong>in</strong> German emergency departments,<br />

which are currently not managed<br />

<strong>in</strong> a central unit. Subsequently, with the help<br />

of James Reason’s theories on error, this paper<br />

describes the theoretic backgro<strong>und</strong> of errors<br />

and correlates them to the case example.<br />

We plead for a change to a systematic safety<br />

culture <strong>in</strong> which errors are not seen as <strong>in</strong>dividual<br />

failures but as endpo<strong>in</strong>ts of subse-<br />

quent events where systematic workup of<br />

<strong>und</strong>erly<strong>in</strong>g mechanisms can improve patient<br />

safety. We suggest the implementation<br />

of“<strong>in</strong>tervention b<strong>und</strong>les” that conta<strong>in</strong> elements<br />

of different quality categories: measur<strong>in</strong>g<br />

quality, structur<strong>in</strong>g processes and improv<strong>in</strong>g<br />

work culture. F<strong>in</strong>ally, this work discusses<br />

examples of these elements with their<br />

advantages and disadvantages and the aim<br />

to transform emergency medical care <strong>in</strong> Germany<br />

to a systematic error and safety culture.<br />

Keywords<br />

Emergency service, hospital · <strong>Medical</strong> errors ·<br />

Quality of healthcare · Guidel<strong>in</strong>e adherence ·<br />

Quality <strong>in</strong>dicators, healthcare<br />

Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011 |<br />

3


Behandlungsfehler<br />

(Sorgfalt verletzt!)<br />

Behandlungsergebnis<br />

Negativ<br />

Ereignis<br />

Unerwünschtes Ereignis<br />

(Behandlungsbed<strong>in</strong>gt)<br />

Vermeidbar?<br />

Vermeidbares<br />

unerwünschtes Ereignis<br />

(Schaden!)<br />

Sorgfalt verletzt?<br />

führt, so können mit hoher Treffsicherheit<br />

vasovagale Synkopen oder Synkopen<br />

benigner Ätiologie identifiziert [24] <strong>und</strong><br />

durch Nutzung von Entscheidungsalgorithmen<br />

bei „m<strong>in</strong>or head <strong>in</strong>jury“ unnötige<br />

Großgeräteuntersuchungen vermieden<br />

werden [14]. Dies entb<strong>in</strong>det den Mediz<strong>in</strong>er<br />

selbstverständlich nicht von der<br />

Pflicht, bei neurologischen Symptomen<br />

oder e<strong>in</strong>em Verdacht auf z. B. e<strong>in</strong>e kranielle<br />

Blutung die entsprechend <strong>in</strong>dizierte<br />

bildgebende Diagnostik durchzuführen.<br />

Neben der Kostenersparnis wird die<br />

nicht zu vernachlässigende Strahlenbelastung<br />

reduziert.<br />

Wie unser Fallbeispiel zeigen auch<br />

die genannten Studien, dass mediz<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Fehler</strong> sowohl aus organisatorischen<br />

4 | Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011<br />

Positiv<br />

(Heilung/<br />

L<strong>in</strong>derung)<br />

Schaden ohne<br />

Sorgfaltsverletzung<br />

Leitthema<br />

Ereignis durch<br />

Krankheitsverlauf<br />

Nicht vermeidbare<br />

Behandlungsfolgen<br />

Abb. 2 9 Systematische<br />

Klassifikation<br />

von Behandlungsfehlern<br />

<strong>und</strong> unerwünschten<br />

Ereignissen auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage der „epidemiologischorientierten<br />

Nomenklatur“ des<br />

Sachverständigenrates<br />

<strong>zur</strong> Begutachtung der<br />

Entwicklung im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

dar.<br />

(Mod. nach [22])<br />

als auch aus <strong>in</strong>dividuellen menschlichen<br />

Schwächen im Alltag der Notaufnahme<br />

vorkommen. Die <strong>Fehler</strong> treten aber häufig<br />

nicht, wie man vermuten könnte, bei<br />

der Anwendung oder Unterlassung moderner<br />

technischer Untersuchungsmethoden<br />

(High-Tech-Mediz<strong>in</strong>), sondern<br />

bei gr<strong>und</strong>legenden ärztlichen Tätigkeiten<br />

wie der Erhebung von Anamnese <strong>und</strong><br />

körperlicher Untersuchung auf.<br />

E Die „basic skills“ der ärztlichen<br />

Diagnostik werden häufig zu Gunsten<br />

von teuren, oftmals nicht <strong>in</strong>dizierten<br />

<strong>und</strong> präventiv durchgeführten Funktionsuntersuchungen<br />

vernachlässigt.<br />

Um die Behandlungsqualität bei Notfallpatienten<br />

zu verbessern, sollte daher e<strong>in</strong><br />

höherer Stellenwert auf gr<strong>und</strong>legende<br />

ärztliche Fähigkeiten, wie die Erhebung<br />

der Krankengeschichte <strong>und</strong> die körperliche<br />

Untersuchung, gelegt werden.<br />

<strong>Fehler</strong> <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

kl<strong>in</strong>ischer Notfallmediz<strong>in</strong><br />

In den USA hat sich die breite Öffentlichkeit<br />

mit dem Thema „mediz<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Fehler</strong>“ ause<strong>in</strong>andergesetzt, nachdem<br />

1999 das Buch „To err is human“ erschienen<br />

war. Basierend auf Daten von 1997<br />

wurde errechnet, dass <strong>in</strong> den USA jährlich<br />

zwischen 44.000 <strong>und</strong> 98.000 Menschen<br />

aufgr<strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>ischer <strong>Fehler</strong> <strong>in</strong><br />

Krankenhäusern sterben. Damit lag der<br />

Tod durch Behandlungsfehler <strong>in</strong> den USA<br />

auf Rang 8 der Todesursachen [11]. Für<br />

Deutschland liegen zwar ke<strong>in</strong>e vergleichbaren<br />

Daten vor, aber bei 17 Mio. stationären<br />

Behandlungen wäre statistisch mit etwa<br />

170.000 Behandlungsfehlern zu rechnen.<br />

Es wird geschätzt, dass jährlich etwa<br />

15.000 Menschen <strong>in</strong> Deutschland direkt<br />

oder <strong>in</strong>direkt aufgr<strong>und</strong> von vermeidbaren<br />

unerwünschten Ereignissen sterben<br />

[22]. Aus diesen Gründen ersche<strong>in</strong>t es legitim,<br />

das Thema „kl<strong>in</strong>isches Risikomanagement“<br />

am Beispiel von US-amerikanischen<br />

Hypothesen <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

zu beleuchten <strong>und</strong> Rückschlüsse auf die<br />

deutsche Situation zu ziehen. Die Agency<br />

for Healthcare Research and Quality hat<br />

den Begriff des mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Fehler</strong>s prägnant<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>iert [17]:<br />

„<strong>Medical</strong> errors happen when someth<strong>in</strong>g<br />

that was planned as a part of medical care<br />

doesn’t work out, or when the wrong plan<br />

was used <strong>in</strong> the first place“<br />

Nach dieser Def<strong>in</strong>ition ist e<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischer<br />

<strong>Fehler</strong> als e<strong>in</strong> Ereignis def<strong>in</strong>iert, das<br />

aus falscher Durchführung e<strong>in</strong>es richtigen<br />

Planes oder der Durchführung e<strong>in</strong>es<br />

falschen Plans resultiert. Dieser Begriff<br />

muss von unerwünschten Ereignissen im<br />

mediz<strong>in</strong>ischen S<strong>in</strong>ne getrennt werden,<br />

bei denen immer e<strong>in</strong> Schaden am Patienten<br />

impliziert ist [29]. <strong>Fehler</strong> können<br />

zwar e<strong>in</strong>en Schaden verursachen, sie können<br />

aber ebenso gut folgenlos für den Patienten<br />

bleiben [29]. Der Sachverständigenrat<br />

<strong>zur</strong> Begutachtung der Entwick-


Abb. 3 7 <strong>Fehler</strong>kette <strong>und</strong><br />

Schweizer-Käse-Modell<br />

nach James Reason. Das<br />

Modell zeigt die Flugbahn<br />

e<strong>in</strong>es negativen Ereignisses,<br />

welches unter Berücksichtigung<br />

vorhandener latenter<br />

<strong>Fehler</strong> (Käselöcher)<br />

mehrere Sicherheitsebenen<br />

durchschlagen muss, um<br />

als kritisches Ereignis sichtbar<br />

zu werden. (Adaptiert<br />

nach [19])<br />

Be<strong>in</strong>ahe-Zwischenfall /<br />

M<strong>in</strong>imales Ereignis<br />

lung im Ges<strong>und</strong>heitswesen hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Gutachten „Kooperation <strong>und</strong> Verantwortung<br />

– Voraussetzungen e<strong>in</strong>er zielorientierten<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung“ im Jahr<br />

2007 e<strong>in</strong>e „epidemiologisch-orientierte<br />

Nomenklatur“ vorgestellt, die den Weg<br />

vom Behandlungsergebnis zum Behandlungsfehler<br />

illustriert <strong>und</strong> somit den Zusammenhang<br />

der Begriffe näher def<strong>in</strong>iert<br />

([22]; . Abb. 2).<br />

E <strong>Fehler</strong> sollten nicht als solitäre<br />

Ereignisse <strong>in</strong> der Verantwortlichkeit<br />

von e<strong>in</strong>zelnen Personen gesehen<br />

werden, sondern als das Ende<br />

e<strong>in</strong>er Ereigniskette [20].<br />

Insbesondere bei schweren unerwünschten<br />

Ereignissen („critical <strong>in</strong>cidents“) ist<br />

meist e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von akkumulierten<br />

latenten <strong>und</strong> aktiven <strong>Fehler</strong>n wirksam<br />

[20]. Latente <strong>Fehler</strong> häufen sich <strong>in</strong> komplexen<br />

Systemen wie Notaufnahmen mit vielen<br />

unvorhersehbaren <strong>und</strong> vorhersehbaren<br />

Interaktionen <strong>und</strong> führen dort häufig<br />

zu unerwünschten Ereignissen [16]. Isolierte<br />

latente <strong>Fehler</strong> führen meist alle<strong>in</strong>e<br />

nicht zu e<strong>in</strong>em unerwünschten Ereignis,<br />

sondern sie ebnen diesem den Weg. Daher<br />

werden sie auch als stumpfes Ende der<br />

<strong>Fehler</strong>kette bezeichnet. Sie richten ke<strong>in</strong>en<br />

direkten Schaden an, tragen aber trotzdem<br />

wesentlich zu Katastrophen (Schäden)<br />

bei [20]. Oft beschreiben sie Systemmängel<br />

wie z. B. Konstruktionsfehler,<br />

schlechte E<strong>in</strong>richtung (von Systemen), organisatorische<br />

Mängel <strong>und</strong> Schwächen <strong>in</strong><br />

der Personalausstattung e<strong>in</strong>er Abteilung<br />

oder an Schnittstellen. In der Mediz<strong>in</strong> ist<br />

die gleichzeitige oder sukzessive Zusammenarbeit<br />

verschiedener Ges<strong>und</strong>heits-<br />

Unsichere<br />

Handlungen<br />

Latente <strong>Fehler</strong><br />

berufe am Patienten e<strong>in</strong>e häufige <strong>Fehler</strong>quelle,<br />

weil <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Arbeitsanweisungen<br />

oder Übergabeprotokolle fehlen.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel aus der Notfallmediz<strong>in</strong><br />

ist der Verlust von relevanten mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Informationen [3] bei der Übergabe<br />

vom Notarzt an das kl<strong>in</strong>ische Notfallteam.<br />

E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe <strong>in</strong> Großbritannien<br />

identifizierte unter E<strong>in</strong>beziehung des<br />

E<strong>in</strong>dhoven Classification Model organisatorische<br />

Ursachen (beispielsweise Schwierigkeiten<br />

bei der Verlegung von Notfallpatienten<br />

<strong>in</strong> stationäre Betten) <strong>und</strong> fehlerhafte<br />

Steuerung durch das Management<br />

(beispielsweise mangelnde Personalausstattung<br />

<strong>und</strong> -steuerung) als die häufigsten<br />

Gründe für unerwünschte Ereignisse<br />

[30]. Alle organisatorischen Ursachen s<strong>in</strong>d<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die <strong>Fehler</strong>theorie nach<br />

Reason als latente <strong>Fehler</strong> e<strong>in</strong>zustufen [1].<br />

Aktive <strong>Fehler</strong> s<strong>in</strong>d letzte, auslösende<br />

Handlungen, welche unmittelbar zu<br />

e<strong>in</strong>em kritischen (unerwünschten) Ereignis<br />

führen. In der Regel treten diese <strong>Fehler</strong><br />

im direkten Patientenkontakt auf <strong>und</strong> stellen<br />

daher das spitze Ende der Ereigniskette<br />

dar. Diese <strong>Fehler</strong> lösen zwar e<strong>in</strong>en Schaden<br />

aus, s<strong>in</strong>d hierfür jedoch nicht solitär<br />

ursächlich [20]. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist<br />

die Injektion e<strong>in</strong>er falschen Substanz aufgr<strong>und</strong><br />

unklarer Beschriftung der Ampulle.<br />

Hier ist die auslösende Handlung zwar<br />

die Injektion selbst, allerd<strong>in</strong>gs hat die Tatsache,<br />

dass mehrere Ampullen ähnlich beschriftet<br />

s<strong>in</strong>d, maßgeblich <strong>zur</strong> Entstehung<br />

des Schadens beigetragen. Aus juristischer<br />

Sicht handelt es sich hierbei um e<strong>in</strong>en Behandlungsfehler.<br />

Trotzdem sollte bei der<br />

Aufarbeitung ke<strong>in</strong>esfalls nur der aktive<br />

<strong>Fehler</strong> betrachtet werden, da er nur e<strong>in</strong>e<br />

Komponente der Ereigniskette darstellt.<br />

z.B. ähnlich<br />

beschriftete<br />

Ampullen<br />

Sicherheitsschichten<br />

Kritisches Ereignis / Katastrophe<br />

<strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> deren Entstehung werden<br />

häufig modellhaft mit dem Eisbergmodell<br />

bzw. der <strong>Fehler</strong>kette nach James Reason<br />

analysiert. Zur quantitativen Auswertung<br />

von <strong>Fehler</strong>n ist das Eisbergmodell<br />

gut geeignet [27]: Nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil der<br />

negativen Ereignisse wird an der Oberfläche<br />

als Schaden sichtbar. Durch die Identifizierung<br />

<strong>und</strong> Aufarbeitung der unsichtbaren<br />

Ereignisse im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> können<br />

Schäden <strong>in</strong> der Zukunft vermieden werden.<br />

Reason hat die Dynamik von latenten<br />

<strong>Fehler</strong>n zusammen mit aktiven <strong>Fehler</strong>n<br />

<strong>in</strong> Form des Schweizer-Käse-Modells [19]<br />

als <strong>Fehler</strong>kette visualisiert (. Abb. 3).<br />

Die Käsescheiben symbolisieren dabei<br />

Sicherheitsschichten, die von <strong>Fehler</strong>n<br />

durchdrungen werden müssen, damit es<br />

zum Schaden kommt. Die Löcher im Käse<br />

stellen latente <strong>und</strong> aktive <strong>Fehler</strong> <strong>in</strong> den Sicherheitsschichten<br />

von Systemen dar, die<br />

e<strong>in</strong>em Schaden den Weg bereiten.<br />

Die Theorie der <strong>Fehler</strong>entstehung von<br />

Reason lässt sich auf unser Fallbeispiel anwenden:<br />

Die latenten <strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> vorhandenen<br />

Defizite <strong>in</strong> den Sicherheitsschichten<br />

(mangelnde Aufmerksamkeit des Behandlungsteams)<br />

haben <strong>in</strong> der Summe zu<br />

e<strong>in</strong>er fehlerhaften Beurteilung der pathologischen<br />

EKG-Veränderungen <strong>und</strong> Laborparameter<br />

beigetragen <strong>und</strong> zum Schaden<br />

geführt (. Tab. 2). Insgesamt war die Diagnose<br />

der vasovagalen Synkope im vorliegenden<br />

Fall zwar korrekt, allerd<strong>in</strong>gs wurden<br />

die kl<strong>in</strong>ischen Umstände, die mit dem<br />

Auftreten der vasovagalen Synkope assoziiert<br />

waren, nicht gründlich untersucht. Zu<br />

e<strong>in</strong>er vollständigen Evaluation der Synkope<br />

nach Leitl<strong>in</strong>ien wäre im Fallbeispiel die<br />

Temperaturmessung sowie selbstverständlich<br />

die vollständige körperliche Untersu-<br />

Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011 |<br />

5


Tab. 2 Klassifikation von mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Fehler</strong>n im Fallbeispiel nach dem <strong>Fehler</strong>modell<br />

von James Reason [20]<br />

Latente <strong>Fehler</strong> Aktive <strong>Fehler</strong><br />

Unstrukturierte <strong>und</strong> nicht auf Leitsymptome<br />

konzentrierte Anamnesevorgaben<br />

Undeutliche Darstellung kritischer Laborwerte<br />

des Blutgasanalysegeräts<br />

chung notwendig gewesen. Da die Symptomatik<br />

auf den ersten Blick als wenig komplex<br />

erschien, wurde die komplette Untersuchung<br />

des Patienten zugunsten e<strong>in</strong>er zu<br />

starken Konzentration auf das Symptom<br />

Synkope vernachlässigt. Wie Untersuchungen<br />

speziell zum Symptomenkomplex Synkope<br />

zeigen, ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für<br />

unerwünschte Ereignisse zwischen dem<br />

ersten <strong>und</strong> dem dritten Tag nach Entlassung<br />

aus der Notaufnahme am höchsten.<br />

Erst am 7. Tag erreicht die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

wieder die Gr<strong>und</strong>l<strong>in</strong>ie [6]. Die Mediz<strong>in</strong>er<br />

müssen folglich auch bei Patienten mit<br />

offensichtlich banaler vasovagaler Synkope<br />

wachsam für mögliche Komplikationen<br />

<strong>und</strong> Komorbiditäten se<strong>in</strong> (s. oben).<br />

Mediz<strong>in</strong>ische <strong>Fehler</strong> treten durch die<br />

Komb<strong>in</strong>ation von fehlerhaften Strukturen<br />

mit fehlerhaften Handlungen auf. Obwohl<br />

meist ke<strong>in</strong> direkter Schaden am Patienten<br />

entsteht, lohnt es sich, die H<strong>in</strong>tergründe<br />

dieser <strong>Fehler</strong> zu analysieren, weil sie H<strong>in</strong>weise<br />

auf Schwachstellen <strong>in</strong> den Sicherheitssystemen<br />

liefern können. Außerdem<br />

s<strong>in</strong>d Schäden <strong>und</strong> unerwünschte Ereignisse<br />

H<strong>in</strong>weise auf suboptimal ablaufende<br />

Prozesse, deren Verbesserung positive<br />

Resultate auf allen Ebenen der Patientenbehandlung<br />

e<strong>in</strong>schließlich ökonomischer<br />

Aspekte aufweist [10].<br />

Vermeiden von <strong>Fehler</strong>n<br />

<strong>in</strong> der Notaufnahme<br />

Zur Vermeidung von <strong>Fehler</strong>n <strong>in</strong> der Notaufnahme<br />

schlagen wir die Implementierung<br />

von Maßnahmenbündeln vor, die<br />

Elemente aus den Kategorien Prozessstruktur,<br />

Arbeitskultur <strong>und</strong> Qualitätsmessung<br />

enthalten sollten (. Abb. 4). Nach<br />

E<strong>in</strong>führung dieser Maßnahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Abteilung kann die <strong>Fehler</strong>kultur zu e<strong>in</strong>er<br />

systematischen Betrachtung entwickelt<br />

werden <strong>und</strong> somit den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

systematische <strong>Sicherheitskultur</strong> ermöglichen.<br />

Aus jeder der Kategorien des vorge-<br />

Übersehen kritischer Laborwerte <strong>und</strong> auffälliger<br />

EKG-Veränderungen<br />

Vergessen der Temperaturmessung<br />

Wenig Überwachungskapazitäten, Crowd<strong>in</strong>g Unvollständige Anamnese<br />

6 | Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011<br />

Leitthema<br />

schlagenen Gesamtpakets werden im Folgenden<br />

e<strong>in</strong>ige Elemente vorgestellt, um<br />

die Interdependenzen der e<strong>in</strong>zelnen Elemente<br />

zu verdeutlichen.<br />

Qualitätsmessung<br />

Um die Qualität der <strong>in</strong>nerkl<strong>in</strong>ischen Notfallbehandlung<br />

zu beschreiben, mangelt es<br />

noch an etablierten Indikatoren. Dormann<br />

et al. stellten erstmals <strong>in</strong> Deutschland mögliche<br />

Kennzahlen <strong>und</strong> Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren<br />

e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen Notaufnahme vor.<br />

Sie haben anhand der Kodierungen im Kl<strong>in</strong>ik<strong>in</strong>formationssystem<br />

den Grad der Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

von Aufnahme- <strong>und</strong> Entlassungsdiagnose<br />

analysiert <strong>und</strong> daraus e<strong>in</strong>en<br />

Performance-Indikator entwickelt [2].<br />

Das Ausmaß der diagnostischen Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

soll <strong>in</strong>direkt e<strong>in</strong>e Beurteilung<br />

der Qualität von Anamnese, körperlicher<br />

Untersuchung <strong>und</strong> von Basismaßnahmen<br />

<strong>in</strong> der Notaufnahme ermöglichen [2]. Die<br />

Ergebnisse der Untersuchungen zeigten<br />

u. a. e<strong>in</strong>e diagnostische Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

von 71%. Allerd<strong>in</strong>gs hängt die Validität des<br />

Indikators im E<strong>in</strong>zelfall von der Kodierqualität<br />

<strong>und</strong> generell von den jeweils anzuwendenden<br />

Kodierrichtl<strong>in</strong>ien ab [2]. Das<br />

E<strong>in</strong>beziehen der Krankenhaushauptdiagnose<br />

würde diesen Indikator auch unter<br />

wirtschaftlichen Gesichtspunkten <strong>in</strong>teressant<br />

machen, weil diese für die Zuordnung<br />

des Falls zu e<strong>in</strong>er DRG-Fallpauschale <strong>und</strong><br />

für die spätere Abrechnung maßgeblich<br />

ist. Derartige Kennzahlen können für die<br />

Analyse von <strong>Fehler</strong>n allerd<strong>in</strong>gs nur orientierend<br />

se<strong>in</strong>, da von diagnostischer Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

nur schwer auf mediz<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Fehler</strong> rückgeschlossen werden kann. Das<br />

Werkzeug wäre allerd<strong>in</strong>gs gut für die Überwachung<br />

von Qualität im Rahmen der Notfallbehandlung<br />

geeignet. Wenn diese Kennzahlen<br />

für Notaufnahmen e<strong>in</strong>heitlich <strong>und</strong><br />

flächendeckend erhoben <strong>und</strong> publiziert<br />

werden würden, ließen sich möglicherweise<br />

Rückschlüsse auf die Versorgungsquali-<br />

tät ziehen. Damit würde vermutlich auch<br />

e<strong>in</strong>e höhere Sensibilität für die betrieblichen<br />

Abläufe <strong>und</strong> täglichen Herausforderungen<br />

<strong>in</strong> der Notaufnahme geschaffen.<br />

Gleichzeitig sollten die vorgestellten Indikatoren<br />

als Anregung dienen, die eigenen Abläufe<br />

zu h<strong>in</strong>terfragen <strong>und</strong> weitere Indikatoren<br />

zu entwickeln, um die Abläufe <strong>und</strong> speziell<br />

die e<strong>in</strong>gesetzten diagnostischen Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Notaufnahme möglichst<br />

transparent darstellen zu können.<br />

So könnte nach dem Muster des Projekts<br />

„Qualitätsverbesserung <strong>in</strong> der postoperativen<br />

Schmerztherapie“ (QUIPS) e<strong>in</strong><br />

Benchmark<strong>in</strong>g mit anderen Krankenhäusern<br />

aufgebaut werden, das es ermöglicht,<br />

die Leistungen <strong>und</strong> Ergebnisse e<strong>in</strong>zelner<br />

Abteilungen zu vergleichen [13]. Die verwendeten<br />

Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren müssen dabei<br />

Schlüsselprozesse der Notaufnahme abbilden<br />

<strong>und</strong> vergleichbar se<strong>in</strong> [5]. Diese Herausforderung<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der historisch<br />

gewachsenen Heterogenität der <strong>deutschen</strong><br />

Krankenhäuser besonders groß.<br />

E Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> steigender<br />

Patientenzahlen von Notaufnahmen<br />

<strong>in</strong> Deutschland wäre e<strong>in</strong><br />

überregionaler Vergleich im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>es Benchmark<strong>in</strong>g wünschenswert.<br />

Weitere Möglichkeiten liegen <strong>in</strong> der Erhebung<br />

von Patientensicherheits<strong>in</strong>dikatoren<br />

(z. B. Verbrauch von Händedes<strong>in</strong>fektionsmittel,<br />

Todesrate bei DRGs mit niedriger<br />

Mortalität oder iatrogener Pneumothorax)<br />

wie auch die Durchführung von Patientenbefragungen<br />

(. Abb. 4).<br />

Die Qualitätsmessung kann auf das<br />

e<strong>in</strong>gangs genannte Fallbeispiel unter Berücksichtigung<br />

verschiedener Qualitätsdimensionen<br />

angewandt werden. Mithilfe<br />

e<strong>in</strong>er Messung der Prozessqualität, z. B.<br />

durch den E<strong>in</strong>satz von Monitor<strong>in</strong>gprotokollen,<br />

wären die auffälligen Vitalparameter<br />

der Patient<strong>in</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich entdeckt<br />

<strong>und</strong> richtig <strong>in</strong>terpretiert worden.<br />

Nur dann hätten auch die möglicherweise<br />

lebensrettenden weiteren Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> die Wege geleitet werden können.<br />

Prozessstruktur<br />

Maßnahmen im Bereich der notfallmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Prozessstruktur beschäftigen<br />

sich beispielsweise mit der Verbreitung von


Abb. 4 7 Maßnahmenpaket<br />

<strong>zur</strong> Weiterentwicklung<br />

der <strong>Fehler</strong>kultur <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Notaufnahmen.<br />

Vorschläge <strong>zur</strong> Implementierung<br />

von Maßnahmenbündeln<br />

mit dem Ziel der<br />

Vermeidung von <strong>Fehler</strong>n<br />

Standards <strong>und</strong> Checklisten. Angesichts<br />

steigender Fallzahlen wäre es wünschenswert,<br />

wenn 80% der Fälle <strong>in</strong> Notaufnahmen<br />

nach Standards behandelt werden könnten,<br />

so dass möglichst viele Ressourcen für die<br />

verbleibenden komplexen <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Fälle e<strong>in</strong>gesetzt werden können.<br />

Die E<strong>in</strong>führung von Standards stößt<br />

bei ärztlichen Mitarbeitern häufig auf reflexartige<br />

Ablehnung. Die Initiativen werden<br />

als Kochbuchmediz<strong>in</strong> abgelehnt <strong>und</strong><br />

deshalb nicht praktiziert [28]. Die Gründe<br />

hierfür können im Irrglauben liegen,<br />

e<strong>in</strong> Standard bedeute, dass immer entsprechend<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Vorschrift<br />

gehandelt werden müsse. Tatsächlich ist<br />

jedoch e<strong>in</strong>e Abweichung von der vere<strong>in</strong>barten<br />

Vorgehensweise bei entsprechender<br />

Indikation möglich <strong>und</strong> nötig. Der<br />

Standard ist vor allem deshalb hilfreich,<br />

weil er für häufige Probleme den Konsens<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Teams vermittelt <strong>und</strong> somit<br />

<strong>in</strong>sgesamt die Variabilität verr<strong>in</strong>gert. Abweichungen<br />

vom Standard müssen <strong>in</strong> den<br />

Behandlungsunterlagen mit Angabe von<br />

Gründen dokumentiert werden, um die<br />

<strong>in</strong>dividualisierte Vorgehensweise nachvollziehbar<br />

zu machen. Dies gibt dem<br />

Arzt Sicherheit bei se<strong>in</strong>en Entscheidungen<br />

<strong>und</strong> bildet gleichzeitig die Basis für<br />

die Evaluation von Standards. Dadurch<br />

ist es nicht nur möglich, deren E<strong>in</strong>haltung<br />

zu kontrollieren, sondern auch Prozess<strong>in</strong>novationen<br />

e<strong>in</strong>zuführen [12]. Die alle<strong>in</strong>ige<br />

E<strong>in</strong>führung von Standards <strong>und</strong> Checklis-<br />

Prozessstrukturen<br />

- Standardisierung vorantreiben (Checklisten)<br />

- Behandlungsleitl<strong>in</strong>ien implementieren<br />

- Organisationsstruktur am Patienten<br />

orientieren<br />

Arbeitskultur<br />

- Feedbackkultur implementieren<br />

- Mitarbeiterzufriedenheit messen <strong>und</strong> auswerten<br />

- „Mortality and Morbidity Conferences“ durchführen<br />

- „Critical Incident Report<strong>in</strong>g Systems“ e<strong>in</strong>setzen<br />

Systematische<br />

<strong>Fehler</strong>-<strong>und</strong><br />

<strong>Sicherheitskultur</strong><br />

ten wird nicht ausreichend se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Prozessverbesserung<br />

<strong>in</strong> die Praxis e<strong>in</strong>zuführen.<br />

E<strong>in</strong> konsequentes Prozesscontroll<strong>in</strong>g<br />

durch sorgfältig ausgewählte Kennzahlen<br />

muss die kl<strong>in</strong>ische Rout<strong>in</strong>e auswertbar<br />

machen, um auf Verbesserungsmöglichkeiten<br />

der Versorgungsprozesse aufmerksam<br />

zu machen. Die Belegungskurve der<br />

Notaufnahme im Tagesverlauf [2] ist beispielsweise<br />

e<strong>in</strong> Prozess<strong>in</strong>dikator, mit dem<br />

rasch auf Veränderungen im Patientenzustrom<br />

reagiert werden kann.<br />

Selbst die besten Standards verändern<br />

nichts, wenn sie im kl<strong>in</strong>ischen Alltag un<strong>zur</strong>eichend<br />

akzeptiert <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. E<strong>in</strong>e beträchtliche Anzahl wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen unterstreicht<br />

nachhaltig, dass Standards die<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Prozesse verbessern. Nur<br />

die geme<strong>in</strong>same Verständigung über die<br />

gegenwärtige Diagnostik- <strong>und</strong> Behandlungsmethode<br />

(Standard) erlaubt, die<br />

Wertigkeit von Innovationen oder neuen<br />

Behandlungsmethoden zu bewerten<br />

[28]. Checklisten als Mittel der Standardisierung<br />

existieren für sehr viele Abläufe<br />

<strong>und</strong> Krankheitsbilder, zum Beispiel für<br />

die Operationsvorbereitung (als <strong>in</strong>ternationale<br />

Kampagne von der WHO propagiert).<br />

Obwohl der Nutzen bereits vor Jahren<br />

demonstriert werden konnte, werden<br />

sie <strong>in</strong> Deutschland nur zögerlich <strong>in</strong> die Behandlungspraxis<br />

implementiert [9]. Standards<br />

dürfen ke<strong>in</strong>e starren Gebilde se<strong>in</strong>,<br />

sondern müssen fortlaufend anhand neu-<br />

Qualitätsmessung<br />

- Prozess<strong>in</strong>dikatoren messen<br />

- Outcome-Daten <strong>in</strong>tegrieren<br />

- Benchmark<strong>in</strong>g durchführen<br />

- Patientensicherheits<strong>in</strong>dikatoren messen<br />

- Patientenbefragungen durchführen<br />

er Evidenz evaluiert <strong>und</strong> aktualisiert werden.<br />

Somit bilden sie das B<strong>in</strong>deglied zwischen<br />

der konkreten, alltäglichen Arbeit<br />

am Patienten <strong>und</strong> den wissenschaftlichen<br />

Leitl<strong>in</strong>ien (. Abb. 4).<br />

> Der E<strong>in</strong>satz von Standards<br />

<strong>und</strong> Checklisten verbessert<br />

mediz<strong>in</strong>ische Prozesse<br />

Bei dem vorliegenden Fallbeispiel ist es<br />

besonders schwer, den Prozess zu standardisieren,<br />

da e<strong>in</strong>er Synkope verschiedene<br />

Ursachen zugr<strong>und</strong>e liegen können.<br />

Dennoch haben die Europäische Gesellschaft<br />

für Kardiologie sowie die Deutsche<br />

Gesellschaft für Neurologie Leitl<strong>in</strong>ien<br />

zum <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Management<br />

der Synkope entworfen, mit deren Hilfe<br />

sich der Prozess an verschiedenen Stellen<br />

unterstützen ließe. So kann e<strong>in</strong>e Checkliste<br />

die Anamnese unterstützen <strong>und</strong> obligate<br />

Maßnahmen der Diagnostik klarstellen.<br />

Durch e<strong>in</strong>e Beschränkung der Indikationen<br />

für bestimmte Funktionsuntersuchungen<br />

kann deren unnötiger <strong>und</strong> red<strong>und</strong>anter<br />

E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>gedämmt werden.<br />

<strong>Fehler</strong>kultur<br />

E<strong>in</strong>e positive <strong>Fehler</strong>kultur ist e<strong>in</strong> Schlüsselelement<br />

für e<strong>in</strong>e neue systematische <strong>Sicherheitskultur</strong>.<br />

„Critical Incident Report<strong>in</strong>g<br />

Systems“ oder „Mortality and Morbidity<br />

Conferences“ (M&M) s<strong>in</strong>d gut <strong>zur</strong> Er-<br />

Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011 |<br />

7


kennung von latenten <strong>Fehler</strong>n geeignet. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

ist trotz der sche<strong>in</strong>baren Anonymität<br />

e<strong>in</strong>e positive E<strong>in</strong>stellung <strong>in</strong> der Abteilung<br />

notwendig, damit <strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> unerwünschte<br />

Ereignisse überhaupt gemeldet<br />

werden. Dass ke<strong>in</strong>e <strong>Fehler</strong> gemeldet werden,<br />

muss nicht bedeuten, dass ke<strong>in</strong>e gemacht<br />

wurden, sondern es kann auch darauf<br />

h<strong>in</strong>weisen, dass die Mitarbeiter negative<br />

Folgen befürchten <strong>und</strong> daher ke<strong>in</strong>e unerwünschten<br />

Ereignisse melden (sog. „report<strong>in</strong>g<br />

bias“; [29]). Die genannten Instrumente<br />

s<strong>in</strong>d dabei weniger gut <strong>zur</strong> Erkennung<br />

aktiver <strong>Fehler</strong> e<strong>in</strong>setzbar. Hierfür sollte<br />

<strong>in</strong> der Abteilung e<strong>in</strong>e offene <strong>Fehler</strong>kultur<br />

herrschen, die auch gegen die Hierarchie<br />

gerichtete sachliche Kritik im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />

konstruktiven Feedbacks erlaubt <strong>und</strong> deshalb<br />

gefördert werden sollte. Das vorliegende<br />

Fallbeispiel muss offensiv aufgearbeitet<br />

werden, um die Mitarbeiter für mögliche<br />

<strong>Fehler</strong>quellen <strong>und</strong> Ursachen zu sensibilisieren.<br />

Die Besprechung des konkreten Falls<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Qualitätszirkel oder e<strong>in</strong>er M&M-<br />

Konferenz zusammen mit der Theorie von<br />

<strong>Fehler</strong>n nach James Reason werden das<br />

Bewusstse<strong>in</strong> für <strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> Sicherheit <strong>in</strong><br />

der Notaufnahme unterstützen. Bezogen<br />

auf das vorliegende Fallbeispiel könnten<br />

die fachlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter<br />

<strong>zur</strong> Beurteilung von EKGs durch Maßnahmen<br />

der Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung als Elemente<br />

der Arbeitskultur geschärft werden.<br />

Weiterh<strong>in</strong> kann durch die Sensibilisierung<br />

für <strong>Fehler</strong> <strong>und</strong> kritische Ereignisse bei allen<br />

Beteiligten das Bewusstse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er positiven<br />

Kommunikationskultur gestärkt werden,<br />

wodurch Unklarheiten bei der EKG-<br />

Interpretation offen zwischen Kollegen diskutiert<br />

werden können.<br />

Bei der E<strong>in</strong>führung von Maßnahmen<br />

<strong>zur</strong> <strong>Fehler</strong>anonymisierung oder zum Auff<strong>in</strong>den<br />

latenter <strong>Fehler</strong> sollte die Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>er No-Blame-Kultur <strong>in</strong> ihren Gr<strong>und</strong>zügen<br />

auch <strong>in</strong> Deutschland unterstützt werden.<br />

Trotzdem dürfen e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter,<br />

die aktiv gegen bestehende Leitl<strong>in</strong>ien oder<br />

Standards agieren, nicht aus ihrer persönlichen<br />

Verantwortung genommen werden.<br />

Die Balance zwischen <strong>in</strong>dividueller Verantwortlichkeit<br />

<strong>und</strong> systematischer <strong>Fehler</strong>kultur<br />

zu f<strong>in</strong>den, stellt e<strong>in</strong>e zentrale Herausforderung<br />

<strong>und</strong> Führungsaufgabe für die Notaufnahmen<br />

der Zukunft dar [21]. Die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Behandlungsfreiheit wiegt <strong>in</strong><br />

Deutschland augenblicklich mehr als Leit-<br />

8 | Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011<br />

Leitthema<br />

l<strong>in</strong>ien oder Behandlungsstandards. Dieser<br />

Zustand ist nicht nur negativ zu betrachten,<br />

sollte aber auch nicht e<strong>in</strong>er kategorischen<br />

Ablehnung jeder Art von Standardisierung<br />

den Weg bereiten.<br />

Sich <strong>in</strong> der gefühlten Behandlungsfreiheit<br />

e<strong>in</strong>schränken zu lassen, fällt vielen<br />

ärztlichen Mitarbeitern/-<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

Deutschland, aber auch anderen Ländern,<br />

schwer. Unwissenheit über die Verwendung<br />

<strong>und</strong> den Nutzen von Standards<br />

<strong>und</strong>/oder <strong>in</strong>dividuelle Unwilligkeit <strong>zur</strong><br />

Veränderung s<strong>in</strong>d mögliche Gründe für<br />

die mangelnde Implementierung von<br />

Standards. Wir schlagen deshalb die Etablierung<br />

von Mechanismen vor, welche die<br />

Entscheider am Ende der Handlungskette<br />

<strong>in</strong> die Verantwortung nehmen.<br />

Betrachtet man hierzu beispielsweise<br />

die Häufigkeit der hygienischen Händedes<strong>in</strong>fektion<br />

<strong>in</strong> den USA, die trotz diverser<br />

Kampagnen noch immer nur zwischen<br />

30 <strong>und</strong> 70% liegt [21], so wird vermutet,<br />

dass es sich hierbei nicht mehr um<br />

e<strong>in</strong> Problem des Systems, sondern vielmehr<br />

um e<strong>in</strong> Problem der Verantwortlichkeit<br />

handelt [7]. Es liegt <strong>in</strong> der Verantwortung<br />

jedes E<strong>in</strong>zelnen, rout<strong>in</strong>emäßig<br />

die Händedes<strong>in</strong>fektion durchzuführen.<br />

Um dies flächendeckend sicherzustellen<br />

ist auch <strong>in</strong> Zukunft viel Überzeugungsarbeit<br />

notwendig. Diese kann nicht alle<strong>in</strong><br />

durch organisatorische Maßnahmen erreicht<br />

werden, sondern muss auch durch<br />

persönliche Verantwortung der <strong>in</strong>dividuell<br />

Handelnden sowie durch beispielhaftes<br />

Agieren der Vorgesetzten erzielt werden.<br />

Ausblick<br />

Wir s<strong>in</strong>d überzeugt, dass die Voraussetzung<br />

für jegliche Veränderung der <strong>Sicherheitskultur</strong><br />

<strong>in</strong> der Mediz<strong>in</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Notaufnahme im Speziellen<br />

die Schaffung von Transparenz auf allen<br />

Ebenen der Patientenversorgung ist.<br />

Damit ergeben sich sek<strong>und</strong>är weitere Perspektiven<br />

<strong>zur</strong> Qualitätsverbesserung. Warum<br />

werden <strong>in</strong> <strong>deutschen</strong> Notaufnahmen<br />

nicht rout<strong>in</strong>emäßig Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren<br />

gemessen, evaluiert <strong>und</strong> transparent gemacht?<br />

Offensichtlich liegen Werkzeuge <strong>in</strong><br />

Form von Literatur <strong>und</strong> Leitl<strong>in</strong>ien vor, deren<br />

Nutzen nachgewiesen werden konnte.<br />

Es stellt sich für den Außenstehenden die<br />

berechtigte Frage, warum gerade im sen-<br />

siblen Bereich der Notaufnahme die Thematik<br />

Risiko- <strong>und</strong> <strong>Fehler</strong>management bisher<br />

e<strong>in</strong> Schattendase<strong>in</strong> führt.<br />

Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Leitartikel po<strong>in</strong>tiert formuliert,<br />

werden <strong>zur</strong> Zeit wertschöpfende<br />

Prozesse <strong>in</strong> der Mediz<strong>in</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

<strong>und</strong> der Notfallmediz<strong>in</strong> im Speziellen<br />

noch nach vor<strong>in</strong>dustriellen Mustern bearbeitet<br />

[28]. Die positive Wandlung von<br />

Arbeitsprozessen außerhalb des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />

hat bisher nur e<strong>in</strong>geschränkt<br />

E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die professionelle Versorgung<br />

von Patienten gehalten <strong>und</strong> wird wegen<br />

e<strong>in</strong>er verme<strong>in</strong>tlich fehlenden Individualität<br />

als Kochbuchmediz<strong>in</strong> negativ bewertet<br />

[28]. Prozessoptimierung <strong>und</strong> Benchmark<strong>in</strong>g<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Industrie seit Jahrzehnten<br />

wichtiger Motor von Wettbewerb <strong>und</strong> Optimierung<br />

<strong>und</strong> zwischenzeitlich aus dem<br />

Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Projekte<br />

des Aktionsbündnisses Patientensicherheit<br />

e.V. <strong>und</strong> das Patientensicherheits-Optimierungs-System<br />

für Anästhesie,<br />

Intensivtherapie, Notfallmediz<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Schmerztherapie (PaSOSa<strong>in</strong>s) s<strong>in</strong>d erste<br />

Schritte im <strong>deutschen</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

die allerd<strong>in</strong>gs noch nichts über den Durchdr<strong>in</strong>gungsgrad<br />

im Alltag deutscher Notaufnahmen<br />

aussagen. Die Verbesserungen<br />

durch Qualitätsmanagement <strong>und</strong> „best<br />

practice“ müssen allerd<strong>in</strong>gs im kl<strong>in</strong>ischen<br />

Alltag wirksam werden. Nur wenn die <strong>in</strong><br />

der Notaufnahme tätigen Ärzte den Stellenwert<br />

von Basismaßnahmen wie Anamnese<br />

<strong>und</strong> körperlicher Untersuchung ver<strong>in</strong>nerlicht<br />

haben <strong>und</strong> diagnostische Maßnahmen<br />

zielgerichtet dort gesetzt werden, wo<br />

sie notwendig s<strong>in</strong>d, ist die Qualitäts- <strong>und</strong><br />

Prozessverbesserung beim Patienten angekommen.<br />

Hierfür ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e strukturierte<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischer<br />

Notfallmediz<strong>in</strong>, welche e<strong>in</strong>e breite Notfallkompetenz<br />

ermöglicht <strong>und</strong> <strong>in</strong> angelsächsischen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>igen europäischen Ländern<br />

zwischenzeitlich Standard ist, unabd<strong>in</strong>gbar.<br />

> E<strong>in</strong>e strukturierte Fort- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung <strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischer<br />

Notfallmediz<strong>in</strong> ist unabd<strong>in</strong>gbar<br />

E<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die Optimierung<br />

von Abläufen <strong>und</strong> die Verbesserung<br />

der Versorgungsqualität <strong>in</strong> Notaufnahmen<br />

ist die E<strong>in</strong>führung <strong>und</strong> Erfassung geeigneter<br />

Indikatoren <strong>und</strong> Kennzahlen, denn<br />

was nicht gemessen wird, kann auch nicht


verbessert werden. Im zweiten Schritt ist<br />

das Vergleichen im S<strong>in</strong>ne von Benchmark<strong>in</strong>g<br />

die Voraussetzung, um Qualitätsunterschiede<br />

von Notaufnahmen transparent<br />

zu machen <strong>und</strong> das Potenzial der<br />

Qualitätsverbesserung zu def<strong>in</strong>ieren. Sehr<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich werden <strong>in</strong> naher Zukunft<br />

die externen Anforderungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Messung mediz<strong>in</strong>ischer <strong>Fehler</strong> an Bedeutung<br />

gew<strong>in</strong>nen: Sich <strong>in</strong> angelsächsischen<br />

Ländern aufzeigende Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Abrechnungsstruktur werden<br />

vor Deutschland nicht halt machen. Gemessene<br />

Leistung wird <strong>in</strong> nicht allzu ferner<br />

Zukunft auch Voraussetzung für die Vergütung<br />

se<strong>in</strong> („pay for performance“). Notaufnahmen<br />

als Portal von Krankenhäusern<br />

sollten sich dieser Anforderung stellen,<br />

um die mediz<strong>in</strong>isch-fachliche Sicherheit<br />

der ihnen anvertrauten Notfallpatienten<br />

zu verbessern.<br />

Fazit für die Praxis<br />

F Die Notaufnahme ist die Visitenkarte<br />

e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik. Sie ist im H<strong>in</strong>blick auf<br />

menschlich-fachliche Schwächen <strong>und</strong><br />

<strong>Fehler</strong> e<strong>in</strong> Hochrisikobereich.<br />

F <strong>Fehler</strong> dürfen nicht als solitäre Ereignisse<br />

gesehen werden, sondern s<strong>in</strong>d<br />

nahezu immer das Ergebnis des Zusammenspiels<br />

von latenten <strong>und</strong> aktiven<br />

<strong>Fehler</strong>n.<br />

F Die <strong>Fehler</strong>kultur <strong>in</strong> <strong>deutschen</strong> Notaufnahmen<br />

sollte gefördert <strong>und</strong> durch<br />

den E<strong>in</strong>satz von Maßnahmenpaketen<br />

auf e<strong>in</strong>e systematische Ebene überführt<br />

werden.<br />

F Maßnahmenbündel sollten als e<strong>in</strong>e<br />

Komb<strong>in</strong>ation von Elementen aus den<br />

Bereichen Arbeitskultur, Qualitätsmessung<br />

<strong>und</strong> Prozessstruktur e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden, damit sie wirksam werden<br />

können.<br />

F Durch diesen multidimensionalen Ansatz<br />

können Synergieeffekte genutzt<br />

<strong>und</strong> die Transparenz sowie das <strong>Fehler</strong>bewusstse<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der Notaufnahme gestärkt<br />

werden.<br />

F Das mittelfristige Ziel bezüglich der<br />

Sicherheit <strong>in</strong> der Notaufnahme sollte<br />

e<strong>in</strong>e präventiv funktionierende systematische<br />

<strong>Sicherheitskultur</strong> se<strong>in</strong>, die<br />

sich auf mögliche Ursachen von <strong>Fehler</strong>n<br />

konzentriert, bevor diese entstehen.<br />

Korrespondenzadresse<br />

Prof. Dr. M. Christ<br />

Kl<strong>in</strong>ik für Notfall- <strong>und</strong> Internistische<br />

Intensivmediz<strong>in</strong>, Kl<strong>in</strong>ikum Nürnberg<br />

Prof. Ernst Nathan Str. 1, 90419 Nürnberg<br />

michael.christ@kl<strong>in</strong>ikum-nuernberg.de<br />

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor<br />

gibt an, dass ke<strong>in</strong> Interessenkonflikt besteht.<br />

Literatur<br />

1. Battles JB, Kaplan HS, Van Der Schaaf TW et al<br />

(1998) The attributes of medical event-report<strong>in</strong>g<br />

systems: experience with a prototype medical<br />

event-report<strong>in</strong>g system for transfusion medic<strong>in</strong>e.<br />

Arch Pathol Lab Med 122:231–238<br />

2. Dormann H, Diesch K, Ganslandt T et al (2010)<br />

Kennzahlen <strong>und</strong> Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Notaufnahme. Dtsch Arztebl 107:261–<br />

267<br />

3. Enke N (2009) Schnittstellen <strong>in</strong> der Notfallversorgung:<br />

E<strong>in</strong>e problemorientierte Systemanalyse. Diplomica-Verlag,<br />

Hamburg, S 23–37<br />

4. Fan J-S, Kao W-F, Yen Dh-T et al (2007) Risk factors<br />

and prognostic predictors of unexpected <strong>in</strong>tensive<br />

care unit admission with<strong>in</strong> 3 days after ED discharge.<br />

Am J Emerg Med 25:1009–1014<br />

5. Francis RCE, Spies CD, Kerner T (2008) Quality management<br />

and benchmark<strong>in</strong>g <strong>in</strong> emergency medic<strong>in</strong>e.<br />

Curr Op<strong>in</strong> Anaesthesiol 21:233–239<br />

6. Gabayan GZ, Derose SF, Asch SM et al (2010) Predictors<br />

of short-term (seven-day) cardiac outcomes<br />

after emergency department visit for syncope.<br />

Am J Cardiol 105:82–86<br />

7. Goldmann D (2006) System failure versus personal<br />

accountability–the case for clean hands. N Engl J<br />

Med 355:121–123<br />

8. Grossman SA, Fischer C, Bar Jl et al (2007) The yield<br />

of head CT <strong>in</strong> syncope: a pilot study. Intern Emerg<br />

Med 2:46–49<br />

9. Hales BM, Pronovost PJ (2006) The checklist – a<br />

tool for error management and performance improvement.<br />

J Crit Care 21:231–235<br />

10. Hatler CW, Mast D, Corderella J et al (2006) Us<strong>in</strong>g<br />

evidence and process improvement strategies to<br />

enhance healthcare outcomes for the critically ill: a<br />

pilot project. Am J Crit Care 15:549–555<br />

11. Kohn LT (2000) To err is human: Build<strong>in</strong>g a safer<br />

health system. In: National Acad. Press, Wash<strong>in</strong>gton,<br />

DC, S 26–48<br />

12. Lau C, Cartmill T, Leveaux V (1996) Manag<strong>in</strong>g and<br />

<strong>und</strong>erstand<strong>in</strong>g variances <strong>in</strong> cl<strong>in</strong>ical path methodology:<br />

a case study. Ann R Coll Surg Engl 16:109–<br />

117<br />

13. Meissner W, Mescha S, Rothaug J et al (2008) Quality<br />

improvement <strong>in</strong> postoperative pa<strong>in</strong> management:<br />

results from the QUIPS project. Dtsch Arztebl<br />

Int 105:865–870<br />

14. Mendelow AD, Timothy J, Steers JW et al (2008)<br />

Management of patients with head <strong>in</strong>jury. Lancet<br />

372:685–687<br />

15. Moya A, Sutton R, Ammirati F et al (2009) Guidel<strong>in</strong>es<br />

for the diagnosis and management of syncope<br />

(version 2009): the Task Force for the Diagnosis<br />

and Management of Syncope of the European<br />

Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 30:2631–<br />

2671<br />

16. Perrow C (1999) Normal accidents: Liv<strong>in</strong>g with<br />

high-risk technologies; with a new afterword and<br />

a postscript on the Y2 K problem. Pr<strong>in</strong>ceton Univ.<br />

Press, Pr<strong>in</strong>ceton, NJ, S 62–101<br />

17. Agency for Healthcare Research and Quality (2000)<br />

20 Tips To Help Prevent <strong>Medical</strong> Errors: Patient Fact<br />

Sheet: AHRQ Publication No. 00-PO38. In: AHRQ<br />

Publications Clear<strong>in</strong>ghouse, 2101 East Jefferson<br />

Street, Rockville, MD 20852<br />

18. Qu<strong>in</strong>n J, Mcdermott D, Stiell I et al (2006) Prospective<br />

validation of the San Francisco Syncope Rule<br />

to predict patients with serious outcomes. Ann<br />

Emerg Med 47:448–454<br />

19. Reason J (2000) Human error: models and management.<br />

BMJ 320:768–770<br />

20. Reason J (1995) Understand<strong>in</strong>g adverse events:<br />

human factors. Qual Health Care 4:80–89<br />

21. Robert M, Wachter MD (2009) Balanc<strong>in</strong>g „No Blame“<br />

with Accountability <strong>in</strong> Patient Safety. N Engl J<br />

Med 14:1401–1406<br />

22. Sachverständigenrat (2007) Kooperation <strong>und</strong> Verantwortung:<br />

Voraussetzungen e<strong>in</strong>er zielorientierten<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung. Deutscher B<strong>und</strong>estag.<br />

Drucksache 16/6339<br />

23. Schiff GD, Hasan O, Kim S et al (2009) Diagnostic<br />

error <strong>in</strong> medic<strong>in</strong>e: analysis of 583 physician-reported<br />

errors. Arch Intern Med 169:1881–1887<br />

24. Sheldon R, Rose S, Connolly S et al (2006) Diagnostic<br />

criteria for vasovagal syncope based on a<br />

quantitative history. Eur Heart J 27:344–350<br />

25. Sklar DP, Crandall CS, Loeliger E et al (2007) Unanticipated<br />

death after discharge home from the<br />

emergency department. Ann Emerg Med 49:735–<br />

745<br />

26. Sonnenberg A, Gogel HK (2002) Translat<strong>in</strong>g vague<br />

compla<strong>in</strong>ts <strong>in</strong>to precise symptoms: the implications<br />

of a poor medical history. Eur J Gastroenterol<br />

Hepatol 14:317–321<br />

27. Staender S (2001) Incident report<strong>in</strong>g as a tool for<br />

error analysis <strong>in</strong> medic<strong>in</strong>e. Zeitschrift für ärztliche<br />

Fortbildung <strong>und</strong> Qualitätssicherung 95:479–484<br />

28. Swensen SJ, Meyer GS, Nelson EC et al (2010) Cottage<br />

<strong>in</strong>dustry to post<strong>in</strong>dustrial care – the revolution<br />

<strong>in</strong> health care delivery. N Engl J Med 362:e12<br />

29. Thomas EJ, Petersen LA (2003) Measur<strong>in</strong>g errors<br />

and adverse events <strong>in</strong> health care. J Gen Intern<br />

Med 18:61–67<br />

30. Thomas M, Mackway-Jones K (2008) Incidence<br />

and causes of critical <strong>in</strong>cidents <strong>in</strong> emergency departments:<br />

a comparison and root cause analysis.<br />

Emerg Med J 25:346–350<br />

Notfall + Rettungsmediz<strong>in</strong> 2011 |<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!