STADTMAGAZIN April 2024
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Bis 2022 lief Ihre Karriere sehr erfolgreich.<br />
Sie sind mit einer Profilizenz im<br />
Team des ehemaligen „Tour de France“-<br />
Sieger Andy Schleck gefahren und haben<br />
etliche Siege geholt. Wieso ist der Wechsel<br />
aufs Gravelbike erfolgt?<br />
Ich bin vor zwei Jahren bei einem Rennen<br />
schwer gestürzt und hab mir die Schulter<br />
verletzt. Der Heilungsprozess zog sich hin<br />
und ich habe mir viele Gedanken gemacht.<br />
Damals verdiente ich mit dem Rennsport<br />
kein Geld. Letzten Endes stimmte für mich<br />
das Verhältnis von Aufwand und Nutzen<br />
nicht und ich wollte kein Risiko mehr in<br />
Kauf nehmen. Dazu kam, dass der Rennstall<br />
sich auflöste, weil der Hauptsponsor<br />
absprang. Glücklicherweise kam genau zu<br />
diesem Zeitpunkt ein namhafter Bike-Hersteller,<br />
mein jetziger Sponsor, auf mich zu.<br />
Sie fanden mich als Sportlerin interessant<br />
und fragten, ob ich mir vorstellen könnte,<br />
Gravel zu fahren. Sie boten mir einen<br />
Vertrag an, von dem ich auch direkt leben<br />
konnte. Den habe ich dann angenommen.<br />
Niemand wusste, welche Leistung ich bringen<br />
würde. Aber sie glaubten an mich, das<br />
hat sich zum Glück ausgezahlt.<br />
In der Tat, Sie haben letztes Jahr mit dem<br />
„Unbound“ das wichtigste Gravelbike-<br />
Rennen der Welt gewonnen, fuhren aus<br />
dem Stand von null auf hundert. War das<br />
überraschend oder erhofft?<br />
Ich sah mich auf jeden Fall in einer Favoritenrolle,<br />
weil ich durch die vorherigen<br />
Rennen wusste, dass ich in einer sehr guten<br />
Form bin. Bis dahin hatte ich jeden Gravel-Wettkampf<br />
gewonnen. Mir war auch<br />
klar, dass mir die extrem lange Distanz von<br />
330 Kilometern liegt.<br />
Sie haben mit einer Rekordzeit von elf<br />
Stunden und 46 Minuten gewonnen, kamen<br />
15 Minuten vor der Zweiplatzierten<br />
ins Ziel. Wie konnten Sie durchgehend<br />
zwölf Stunden auf dem Rad durchhalten?<br />
Ich habe das einfach durchgezogen. Ich war<br />
sogar so fokussiert und komplett im Tunnel,<br />
dass ich nicht mal zur Toilette gegangen bin<br />
(lacht). Es gab aber zwei Verpflegungszonen,<br />
dort konnte ich meine Flaschen und<br />
den Rucksack austauschen. Mein Nutritioncoach<br />
hat mir vorher einen Ernährungsplan<br />
ausgearbeitet und ganz genau<br />
berechnet, abgestimmt auf mein Körpergewicht<br />
und meine Leistung, wie viele Kohlenhydrate<br />
ich in der Stunde zu mir nehmen<br />
muss. Mit der heutigen Sportnahrung, zum<br />
Beispiel in Form von Gels, kann man das<br />
gut händeln.<br />
Das nächste „Unbound“ findet im August<br />
statt. Vorher stehen noch einige Rennen<br />
auf dem Programm. Welche sind das?<br />
Im Sommer 2023 gewann Carolin Schiff mit dem „Unbound“ das wichtigste Gravel-Rennen der Welt.<br />
<br />
Foto: Sebastian Samek / Schwalbe<br />
Am 7. <strong>April</strong> starte ich in Österreich am<br />
Wörthersee, am 12. <strong>April</strong> nehme ich dann<br />
beim „Red Bull Aufsatteln“ auf der Bremer<br />
Galopprennbahn teil. Mit meinem Partner<br />
Vladi fahre ich im Mixed-Team. Danach<br />
reise ich für drei Gravel-Rennen nach Spanien.<br />
Die deutsche Meisterschaft steht auch<br />
an, ich möchte natürlich meinen Titel verteidigen.<br />
Besonders freue ich mich aber<br />
auf die Weltmeisterschaft im Oktober in<br />
Belgien. Ich konnte vergangenes Jahr nicht<br />
teilnehmen, weil ich mir mal wieder das<br />
Schlüsselbein gebrochen hatte. Zwar liegt<br />
mir die Strecke vom Profil her weniger, aber<br />
man kann nicht immer optimale Bedingungen<br />
haben. Von daher bin ich sehr motiviert,<br />
die Herausforderung anzunehmen.<br />
„Wir haben hier schöne<br />
Gravel-Strecken.“<br />
Bietet Bremen eine gute Trainingsbasis?<br />
Auf jeden Fall. Ich finde, man kann in Bremen<br />
und Umgebung sehr gut sowohl auf<br />
der Straße als auch abseits trainieren. Wir<br />
haben hier schöne Gravel-Strecken zum<br />
Beispiel Richtung Syke, Weyhe und Bruchhausen-Vilsen.<br />
Außerdem ist der Verkehr<br />
im Vergleich zu anderen Regionen relativ<br />
moderat. Ich habe selten unangenehme<br />
Situationen auf der Straße.<br />
Sie sind außerdem viel auf Mallorca<br />
unterwegs.<br />
Ja, dort haben mein Freund und ich mittlerweile<br />
eine eigene Wohnung. Mallorca bietet<br />
durch die Berge optimale Trainingsbedingungen,<br />
das fehlt in Bremen natürlich ein<br />
bisschen.<br />
Mit ihrem Partner betreiben Sie noch ein<br />
Fachgeschäft für Radsport und Zubehör<br />
in der Neustadt. Was machen Sie sonst<br />
gerne, wenn Sie nicht am oder auf dem<br />
Rad sind?<br />
Wenn noch Zeit bleibt, bin ich zu Hause<br />
bei meinen beiden Katzen oder bei meiner<br />
Familie in Ritterhude. Außerdem liebe ich<br />
Kaffee und bin gerne zu Gast in guten Bremer<br />
Cafés. Das werden zum Glück immer<br />
mehr.<br />
DAS INTERVIEW FÜHRTE C. IVANDA<br />
Carolin Schiff mit der Auszeichnung zur<br />
„Bremer Sportlerin des Jahres 2023“.<br />
Foto: Sven Peter<br />
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