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handelt es sich bei all diesen Werken um Erfullung der dienstlichen Obliegenheit
des Hotkammermusikdirektors Bach, wobei sowohl der Komponist als auch der
jeweilige lnterpret - man schrieb ja dazumalen stets ad hoc - zu bewundern
sind. Bach transportiert die italienische Sonata da chiesa, und zwar ihren Trio-Typ,
mit ihrer Viersiitzigkeit (die allerdings von Bach nicht immer eingehalten ist) ganz
und gar aut sein eigenes Verfahren der Variabilitiit der Mittel. DaB Bach gerade
die Violin-Sonaten besonders schiitzte, geht daraus hervor, daB sie ihn noch in
Leipzig beschiiftigten.
Dem noch bei Mozart geliiutigen Brauch des 18. Jahrhunderts gemiiB hat Bach die
einzelnen Werkgruppen zu Zyklen von se:chs Sonaten gebundelt. Bei den Zyklen
fur Solo-Violine bedient er sich der Alternative zwischen Sonate und Partita, d. h.
dem Wechsel von viersiitziger Sonatenform und mehrsiitziger Suite. Das polyphone
Musizieren aut einem Streichinstrument, das gewiB aut die improvisatorische
Praxis zuruckzufuhren ist, kannte man schon vor Bach . Aber es war sein und
seiner Zeit eigentumliches Anliegen, diese Kunst zu h6chsten Anspruchen zu
steigern. Wie einst Scheidt die imitatio violistica, d. h. die Verwendung geigerischer
Spieltiguren, aut das klavierte lnstrument Gbertrug, ein Verfahren, das auch
Bach geliiutig war, hat Bach eine Art imitatio .claviristica· durch Anwendung der
Mehrstimmigkeit vom Klavierinstrument aut das Streichinstrument Gbertragen.
Beruhmtes Zeugnis ist die d-Moll-Partita (BWV 1004) mit der Chaconne, jener
aus der lmprovisation Gber einen basso ostinato geborenen Variationstechnik, die
schon das 16. Jahrhundert erprobte (Ortiz) . Auch hier - wie bei den Violoncello
Suiten - mussen wir uns sagen, daB der maestro di concerto, der diese Sonaten
und Partiten im SchloB des Fursten Leopold von Anhalt-K6then spielte, ein groBer
Meister gewesen sein muB.
Johannes-Passion
Schon Augustinus spricht davon, daB die im Lektionston des Chorals vorgelesenen,
die Passio Domini betreffenden, Evangeliums-Perikopen der Messe durch ein
. solemniter legere", durch teierliche Lesung, aus den Gbrigen Lektionen herousgehoben
werden mGBten . Seit dE;m 9. Jahrhundert kennt man, um diese Forderung
zu unterstreichen, die .Rollen" -Verteilung, die funthundert Jahre spiiter in dem
weiterhin gultig gebliebenen Sinne testgelegt wurde. Mehr und mehr - historische
Fruhbeispiele sind die Matthiius-Passionen in Deutschland (Andechs) und in
England - l6ste sich die Passions-Lesung, die allmiihlich zur musikalischen Darstellung
driingte, als etwas Besonderes heraus und erhie:lt mit der Hochblute der
Mehrstimmigkeit vom 15. Jahrhundert an ihre eigene Priigung, die lediglich nach
Choralpassion und Figuralpassion unterschied. Mit dem Autkommen des monodischen
Stils und der Elemente des Rezitativs wurde im 17. Jahrhundert das dem
gregorianischen Choral Zugeh6rende durch das Rezitativ oder eine dem Choral
lediglich angeniiherte Rezitation (wie z. B. bei Schutz) verdriingt. Der Einbruch
der mit der Oper entwickelten Mitte fuhrte zur Ausbildung der oratorischen Passion,
deren Geschichte durch das 17. und 18. Jahrhundert hindurch - nach Bachs
Tod wesentlich unter Hinwendung zum unliturgischen, d. h. rein konzerthatten
Passions-Oratorium (im Sinne Grauns z. B.) - vor allem durch das Problem der
textlichen Mehrschichtigkeit bestimmt war. In diesem zwischen Johann Sebastiani
( 1663) und Telemann oder Romhild sich abspielenden ProzeB steht das Passions-