25 Jahre Julis - Junge Liberale
25 Jahre Julis - Junge Liberale
25 Jahre Julis - Junge Liberale
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jung & liberal | Ausgabe 4/2005 | F 54017 | ISSN 1860-5648<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Julis</strong><br />
Ein Vierteljahrhundert <strong>Junge</strong> <strong>Liberale</strong><br />
jung & liberal 4|05<br />
Das Mitgliedermagazin der <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n<br />
Außerdem: Die JuLis im Bundestagswahlkampf | Was macht eigentlich der Ombudsmann | Thema Weblog
Inhalt<br />
Der Bundesverband<br />
im Wahlkampf<br />
Seite 6<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Junge</strong> Lieberale<br />
Seite 9<br />
<strong>Junge</strong> Generation in der<br />
Warteschleife<br />
Seite 21<br />
Schwarz-Gelb-Grün, Schwarz-Grün-Gelb,<br />
Gelb-Grün-Schwarz...? Seite 4<br />
Der Bundesverband im Wahlkampf Seite 6<br />
Demut Seite 8<br />
Die Juli-Bundesvorsitzenden Seite 12<br />
Was macht eigentlich... Seite 14<br />
9,8 Prozent: Steuern runter, Arbeit<br />
rauf–Weltoffenheit vor! Seite 16<br />
Arbeit durch Zeit, oder wie? Seite 18<br />
»Die Wirtschaft ist für den Menschen daund<br />
nicht umgekehrt.« Seite 16<br />
Thema Weblog Seite 20<br />
Vermischtes/Termine Seite 22<br />
Kolumne Bücherschrank Seite 15<br />
> Impressum<br />
jung & liberal ist das Mitgliedermagazin des Bundesverbandes<br />
der <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n. Es erscheint viermal<br />
jährlich. Zu beziehen ist jung & liberal per Abonnement,<br />
Mitglieder der <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n enthalten das<br />
Magazin automatisch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />
jung & liberal wird gefördert aus Mitteln des<br />
Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen<br />
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Herausgeber: Bundesverband <strong>Junge</strong> <strong>Liberale</strong> e.V.,<br />
PF 540243, 10042 Berlin, Telefon: (030) 28388791,<br />
Telefax: (030) 28388799, E-Mail info@julis.de<br />
Chefredaktion (V.i.S.d.P): Jan Krawitz, Telefon:<br />
0163/5504929, E-Mail: mail@jan-krawitz.de<br />
Redaktion: Andreas Achtzehn, Patrick Arora,<br />
Jonas Hahn, Sven Janka, Niels Kohrt , Petra Pabst,<br />
Christopher Vorwerk, Katrin Säckel<br />
Bildredaktion: Bernd Goldschmidt, Jonas Hahn,<br />
Ann-Kristin Hannel, Sebastian Krell, Stephan Redlich<br />
Mitarbeit: Alexander Plahr, Christine Schulze-Grotkopp,<br />
Dominik Feldmeier, Gundbert Scherf, Marco<br />
Buschmann, Mathias Wittmann, Patrick Arora<br />
Auflage: 11 000 Exemplare<br />
Titelfoto: Archiv JuLi-Bundesgeschäftsstelle, S.4 |<br />
photocase.de: S.8 | S.16 | photostock.com: S.18 |<br />
S.20 - S.21<br />
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Mit dem Namen des Autors versehene Beiträge<br />
geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />
wieder Nachdruck mit Quellenangabe erwünscht, Belegexemplar<br />
erbeten. Für unverlangt eingesandte Fotos<br />
und Manuskripte übernehmen wir keine Haftung.<br />
Von 1 auf 9<br />
Der neuen FDP-Bundestagsfraktion<br />
gehören nunmehr<br />
neun Abgeordnete aus den Reihen<br />
der JuLis an. Ebenso historisch<br />
gut ist das Gesamtwahlergebnis<br />
der FDP ausgefallen. Und<br />
trotzdem werden die liberalen<br />
Parlamentarier die Oppositionsbank<br />
drücken müssen. Mit dem<br />
wohligen Gefühl „an uns hat’s<br />
nicht gelegen“ dürfen sich unsere<br />
Abgeordneten jetzt aber nicht<br />
zufrieden geben. Es wird viel Geschick<br />
verlangen als eine von drei<br />
kleinen Oppositionsparteien in der regierungsfixierten Medienlandschaft<br />
wahrgenommen zu werden und gleichzeitig auch das liberale<br />
Alternativprogramm zu präsentieren.<br />
Nun werden sich die zwei großen politischen Elefanten in einer schwarzroten<br />
Zwangsehe vereinigen, beiden wird der Turbo des kleineren Koalitionspartner<br />
fehlen. Erwarten können wir aus liberaler Sicht wenig.<br />
Schon zu Beginn der Koalitionsverhandlungen war klar: In der Gesundheitspolitik<br />
gibt’s ein „weiter so“, an der anachronistischen Wehrpflicht<br />
wird festgehalten, in Sachen Bürgerrechte schwant uns nichts Gutes,<br />
Generationengerechtigkeit wird nicht Thema Nummer Eins und auch<br />
im Abbau von Steuerschlupflöchern wird es die Union in der Ehe mit<br />
dem roten Partner nicht mehr so genau nehmen.<br />
Wäre es in der Jamaika-Koalition anders gekommen? Vielleicht. Die <strong>Liberale</strong>n<br />
trennt zwar viel von den Grünen, aber man findet bei genauerem<br />
Hinsehen auch mehr Gemeinsamkeiten als man meint. Subventionsabbau<br />
wäre sicher schwierig geworden, in Sachen Genforschung<br />
wären die <strong>Liberale</strong>n womöglich gegen die schwarz-grüne Vergangenheitsphalanx<br />
untergegangen. Doch wann, wenn nicht in der „Schwampel“<br />
hätte man der Union den Verzicht auf die Wehrpflicht, eine<br />
Stärkung der Bürgerrechte oder einen toleranten Kurs in der Gesellschaftspolitik<br />
abringen können. Naja, zumindest wissen wir jetzt alle<br />
wie die jamaikanische Flagge aussieht.<br />
Erst einmal werden die JuLis ihr <strong>25</strong>-jähriges Bestehen feiern. Und zufrieden<br />
stellen wir bei einem Blick auf unsere vergangene Programmatik<br />
fest: Die JuLis sind ihrer Zeit schon immer mindestens 10 <strong>Jahre</strong> voraus<br />
gewesen. Da kann man nur sagen, weiter so, die FDP braucht uns<br />
dringender denn je!<br />
Viel Vergnügen bei der Lektüre!<br />
Jan Krawitz, mail@jan-krawitz.de<br />
Vorwort<br />
02<br />
03
04<br />
05<br />
News<br />
Blindtext<br />
Schwarz-Gelb-Grün, Schwarz-Grün-Gelb,<br />
Gelb-Grün-Schwarz...?<br />
Elefantenhochzeit<br />
> von Andreas Achtzehn<br />
E<br />
ins vorne weg: Nein, dies ist mit<br />
Sicherheit kein Artikel zur Selbstbeweihräucherung.<br />
Die Zeit verlangt von uns <strong>Liberale</strong>n,<br />
dass wir selbstbewusst in die<br />
kommende Legislaturperiode gehen,<br />
dennoch muss man auch realistisch<br />
zurückschauen auf das Ergebnis des<br />
18. Septembers.<br />
Mit 9,8% haben wir neben der Linken<br />
als einzige Partei einen Zugewinn an<br />
Stimmen verzeichnen können. Dennoch<br />
sind viele dieser Stimmen nicht<br />
unser Verdienst. Mehr denn je hat es<br />
in Deutschland „taktische Wähler“<br />
gegeben, die mit ihrem Kreuzchen<br />
bei der FDP ihr Kreuzchen bei Gelb-<br />
Schwarz gemacht haben. Im Bereich<br />
der Erststimmen haben wir mehr als<br />
zwei Prozent verloren. Wir dürfen uns<br />
also nicht zufrieden zurücklehnen.<br />
Taktische Wähler bescheren<br />
der FDP einen Zugewinn<br />
Im Ringen um Prozentpunkte ist es<br />
dabei vor allem unserem Wunsch-<br />
Koalitionspartner CDU zu verdanken,<br />
dass die FDP mit einem eigenem Programm<br />
und eigenem Personal marginalisiert<br />
wurde. Die Diskussion um<br />
Kirchhof‘sche und Merz‘sche Steuerkonzepte<br />
hat den Blick des Wählers<br />
auf die Union fixiert, während wir<br />
plötzlich mit einem ausgeklügelten<br />
Steuerprogramm nur noch als Kommentatoren<br />
des Geschehens zu gebrauchen<br />
waren.<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
In den wenigen Wochen des Wahlkampfes<br />
hat die FDP ein Maximum<br />
an Leistung vollbracht. Die Zweischienigkeit<br />
des Vorgehens mit dem<br />
klassisch bürgerlichen Wahlkampf<br />
der Mutterpartei und dem frischen<br />
spritzigen Wahlkampf der JuLis konnte<br />
alle Wählerschichten ansprechen.<br />
Zwangsheirat der Volksparteien<br />
statt Jamaika-Koalition<br />
Was ist es also, das die <strong>Liberale</strong>n<br />
der Bevölkerung näher bringen können?<br />
Wie können die <strong>Liberale</strong>n es<br />
in Zukunft schaffen, ohne vorherige<br />
Zugeständnisse an einen möglichen<br />
Koalitionspartner die Bürger zu<br />
überzeugen? <strong>Liberale</strong> Ideen müssen<br />
einfach und pragmatisch vermittelt<br />
werden. Es muss auch Lieschen<br />
Müller klar sein, dass liberale Politik<br />
sozial gerecht ist. Es muss ein Mittelweg<br />
zwischen „Steuern runter. Arbeit<br />
rauf“ und den Bleiwüsten unserer<br />
programmatischen Papiere gefunden<br />
werden. Der Druck der Bevölkerung<br />
wird größer und FDP und JuLis<br />
müssen ihnen zeigen, dass sie einen<br />
Ausweg gefunden haben. Um dies<br />
zu vollbringen, heißt es nun, anzupacken.<br />
Als größte Oppositionspartei<br />
ist es jetzt an der FDP, nicht im Bild<br />
der Öffentlichkeit vergessen zu werden.<br />
Die in der nächsten Legislaturperiode<br />
zu vollführenden Reformen<br />
werden wohl nach jetziger Lage wenig<br />
liberale Handschrift tragen, also<br />
muss ständig die liberale Alternative<br />
aufgezeigt werden. Auch nach außen<br />
muss selbstbewusst verkündigt werden,<br />
dass mit der FDP die programmatische<br />
Wende zu verbinden ist.<br />
Wäre die Jamaika-Koalition die<br />
bessere Alternative zur wohl anstehenden<br />
großen Koalition gewesen?<br />
Möglicherweise wären die Grünen<br />
die größte Bremse im Rennen um<br />
eine Umstrukturierung des Sozialstaates<br />
gewesen. Doch die FDP hätte<br />
auch dann akzeptieren müssen, dass<br />
die Bevölkerung Gelb-Schwarz leider<br />
keinen alleinigen Auftrag gegeben<br />
hat das Land zu regieren. Man hätte<br />
Kompromisse eingehen müssen,<br />
ohne dabei das Gesicht zu verlieren.<br />
Ich glaube, dass dies möglich gewesen<br />
wäre. Im Wahlkampf haben FDP<br />
und Grüne sehr offen auf einander<br />
herumgehackt. Aber nach der Wahl<br />
gilt es stets den gegebenen Herausforderungen<br />
zu begegnen. Nun ist es<br />
mit der „Zwangsheirat“ der beiden<br />
Volksparteien anders gekommen.<br />
Das Projekt „Zukunft Deutschland“<br />
wird ein Spannendes bleiben. Warten<br />
wir, was die nächsten Wochen uns<br />
bescheren werden. Sind Machtgerangel<br />
und Ämterverteilung einmal<br />
vollbracht, muss die große Koalition<br />
zeigen, ob sie dieses Projekt meistern<br />
kann.<br />
Andreas Achtzehn (22) ist J&L Redakteur.<br />
Ihr erreicht ihn unter<br />
achtzehn@julis.de<br />
News
06<br />
07<br />
News<br />
Der Bundesverband im Wahlkampf –<br />
Ein Rückblick<br />
> von Christine Schulze-Grotkopp und Dominik Feldmeier<br />
Ein eigenes Wahlprogramm. Zwei<br />
Bundesvorstandsmitglieder, 4000<br />
Kilometer in 10 Tagen, 11 Städte. Ein<br />
Promoteam, ein Tourbus, 60 Städte,<br />
9000 Kilometer in 21 Tagen. 240.000<br />
verkaufte Flyer. Je 20.000 verteilte<br />
Traubenzucker und Luftballons. Kinospots<br />
in über 30 Städten. Knapp 80<br />
Wahlkampftermine des Bundesvorsitzenden<br />
und des Bundesvorstandes<br />
durch ganz Deutschland in 5 Wochen.<br />
Ein Viralfilm „Andre-kennt-dich“,<br />
tausende Male per Mail verschickt.<br />
Berichte in Film und Funk, unzählige<br />
Zeitungsberichte. Ein neuer Internetauftritt.<br />
Ein Image-Spot für die<br />
Untergliederungen. Ein Bundesvorsitzender,<br />
der stellvertretend für die<br />
deutsche Jugend vor dem Kanzleramt<br />
am seidenen Faden in der Luft hing. 3<br />
Wochen Pressetour mit Bundesvor-<br />
sitzendem und Pressesprecher durch<br />
die ganze Republik. Das ist die Bilanz<br />
des Wahlkampfes des<br />
JuLi- Bundesverbandes.<br />
Eben fast forward!<br />
Am 23. Juli starteten<br />
die Bundesvorstandsmitglieder<br />
Christian<br />
Baur und Mathias<br />
Wittmann ihre Kampagnenschulung<br />
in 11<br />
deutschen Großstädten,<br />
um die JuLis vor<br />
Ort programmatisch fit<br />
zu machen und auf den<br />
Wahlkampf an der Basis<br />
vorzubereiten. In den<br />
meisten Städten fand<br />
dieses Angebot einen derart<br />
großen Zuspruch, dass<br />
die Bundesgeschäftsstelle<br />
kaum damit nachkam, die<br />
Schulungs-CD-ROMs fertig<br />
zu stellen. Die beiden Schulungsprofis<br />
aus dem Bundesvorstand<br />
zeigten sich<br />
am Ende der 10-tägigen<br />
Tour äußerst zufrieden und<br />
begeistert vom Tatendrang<br />
der Untergliederungen.<br />
Mindestens so großen Zuspruch<br />
fand auch das JuLis-Promoteam, welches<br />
wegen der großen Nachfrage am<br />
Ende drei, statt ursprünglich zwei geplanter<br />
Wochen, durch Deutschland<br />
tourte und die Kreisverbände vor Ort<br />
im Wahlkampf unterstützte. Armin<br />
Reinartz und Gerold Schüll, sowie<br />
Felix Hemmer und Marc Steinhäuser<br />
nahmen die dreiwöchigen Strapazen<br />
auf sich, um, ausgestattet mit Werbematerial,<br />
Aktionspaketen und dem<br />
JuLis-Skydancer, den Menschen das<br />
jungliberale Wahlprogramm nahe zu<br />
bringen. Zudem nahm der gesamte<br />
Bundesvorstand in der<br />
heißen Phase noch zusätzlicheWahlkampftermine<br />
in ganz Deutschland<br />
wahr.<br />
Um dem gesteigerten<br />
Interesse am Internetwahlkampf<br />
gerecht zu<br />
werden, haben die JuLis<br />
einen Viralfilm produziert<br />
und unter www.<br />
andre-kennt-dich.de<br />
zum Download und<br />
zum Weiterverschicken<br />
bereitgestellt.<br />
Damit sollte noch<br />
einmal verstärkt das<br />
Thema der ausufernden<br />
Überwachung<br />
des privaten Lebensraums<br />
thematisiert<br />
werden. Denn es<br />
gibt da jemanden,<br />
der dich besser<br />
kennt, als dir lieb ist:<br />
André!<br />
Die <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n<br />
sind mit frischem Wind und viel Engagement<br />
in den Wahlkampf gezogen,<br />
überall in Deutschland haben JuLis für<br />
den Wahlsieg gekämpft.<br />
Christine Schulze-Grotkopp und Dominik<br />
Feldmeier haben während<br />
des gesamten Wahlkampfes das<br />
Team der Bundesgeschäftsstelle in<br />
Berlin verstärkt. Ihr erreicht sie unter<br />
schulze-grotkopp@julis.de bzw.<br />
feldmeier@julis.de<br />
Von 1 auf 9 –<br />
Unsere JuLi-Bundestagsabgeordneten<br />
Die JuLis können einen erfolgreichen Wahlkampf verzeichnen und freuen sich über das Ergebnis: Statt wie bisher einem<br />
JuLi-Vertreter im deutschen Bundestag, werden die JuLis künftig neun direkte Ansprechpartner im Parlament haben.<br />
Ein weiteres erfreuliches Ergebnis ist das gute Abschneiden der FDP bei den jungen Wählern, was sicherlich auch zu einem<br />
großen Teil der JuLi-Arbeit zu verdanken ist:<br />
Unter 30 <strong>Jahre</strong>: 11,3%; 30-44 <strong>Jahre</strong>: 10,1%; 45-59 <strong>Jahre</strong>: 9,2%; 60 + älter: 9,3% (Forschungsgruppe Wahlen)<br />
Jens Ackermann<br />
Wahlkreis 70 Börde: 7,6%<br />
www.liberal-waehlen.de<br />
jens.ackermann@bundestag.de<br />
Daniel Bahr<br />
Wahlkreis 130 Münster: 10,3%<br />
www.daniel-bahr.de / cocktailbahr.de<br />
daniel.bahr@bundestag.de<br />
Patrick Döring<br />
Wahlkreis 42 Hannover II: 8,0%<br />
www.patrick-doering.de<br />
patrick.doering@bundestag.de<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
Horst Meierhofer<br />
Wahlkreis 234 Regensburg: 9,0%<br />
www.horst-meierhofer.de<br />
horst.meierhofer@bundestag.de<br />
Jan Mücke<br />
WK 161 Dresden II – Meißen I: 11,1%<br />
www.jan-muecke.de<br />
jan.muecke@bundestag.de<br />
Marina Schuster<br />
Wahlkreis 247 Roth: 7,9%<br />
www.marina-schuster.de<br />
marina.schuster@bundestag.de<br />
Florian Toncar<br />
Wahlkreis 261 Böblingen: 14,0%<br />
www.toncar.de<br />
florian.toncar@bundestag.de<br />
Hartfrid Wolff<br />
Wahlkreis 265 Waiblingen: 13,7%<br />
www.wolff-fdp.de<br />
hartfrid.wolff@bundestag.de<br />
Miriam Gruß<br />
Wahlkreis <strong>25</strong>3 Augsburg-Stadt: 9,1%<br />
www.miriam-krebs.de<br />
miriam.gruss@bundestag.de<br />
News
News<br />
Demut<br />
> von Marco Buschmann<br />
Demut ist eine Kategorie, die dem<br />
Politikbetrieb völlig fremd geworden<br />
zu sein scheint. Demut ist<br />
scheinbar auch nicht unbedingt eine<br />
Kategorie, die bei einer politischen<br />
Strömung zu Hause ist, die sich für das<br />
selbstbewusste Individuum einsetzt<br />
– zumal nach einem Wahlergebnis, das<br />
eines der besten ist. Trotzdem glaube<br />
ich, dass aus dem Ergebnis der Bundestagswahl<br />
ein Schluss gezogen werden<br />
muss: Deutsche Politik, lerne Demut!<br />
Evident gilt das für den deutschen Regierungschef,<br />
der dem Volk am Wahlabend<br />
eine Fratze der Selbstgerechtigkeit<br />
geschnitten hat. Solche Auftritte<br />
müssen die historischen Vorbilder für<br />
die antiken Sagen über anmaßende<br />
Herrscher wie Salmoneus, Pentheus<br />
oder Tantalos gewesen sein, denen<br />
die Götter bekanntermaßen ein jähes<br />
Ende bescherten.<br />
An jedweder Demut fehlte es aber<br />
bislang auch vor der persönlichen<br />
Leistung von Akteuren. Dieser Wahlkampf<br />
wird auf lange Zeit das fruchtbare<br />
Gespräch zwischen den Eliten<br />
von Politik und Wissenschaft belasten.<br />
Die öffentliche Diffamierung von Paul<br />
Kirchhof, einem der wichtigsten deutschen<br />
Staatsrechtlehrer überhaupt,<br />
durch den rot-grünen Wahlkampf wird<br />
dauerhaft und nachhaltig Größen des<br />
Wissenschaftsbetriebes abgeschreckt<br />
haben, eine aktive Rolle in der ersten<br />
Reihe der Politik zu übernehmen. Ein<br />
Stück weit Demut hinter den Kulissen<br />
üben aber hoffentlich auch die FDP-Oligarchen,<br />
die dem häufig angezählten<br />
Parteichef, der in erster Linie das sehr<br />
gute FDP-Ergebnis auf seinem ganz<br />
persönlichen Haben-Konto verbuchen<br />
kann, Fallstricke gezogen haben.<br />
Energie aus Hingabe an der Sache<br />
Demut bedeutet eben auch, die politische<br />
Arena nicht als eine Plattform<br />
der persönlichen Selbstverwirklichung<br />
zu missbrauchen. Dagegen verstoßen<br />
Auftritte wie die des Kanzlers, aber<br />
auch Abwehrkämpfe, die nach innen<br />
geführt werden, um selbst noch einmal<br />
– quasi als Krönung des eigenen<br />
Lebensweges – in den Genuss von Regierungsämtern<br />
zu gelangen. Demut<br />
ist nämlich nicht die Servilität des<br />
Hundes, der am Tisch um einen Hap-<br />
pen bettelt oder gar darauf lauert. Es<br />
ist vielmehr das Selbstbewusstsein, einer<br />
Sache zu dienen, die größer ist als<br />
man selbst.<br />
Nur aus einer solchen inneren Haltung<br />
kann dauerhaft das Erwachsen,<br />
was Max Weber als wichtigste Voraussetzung<br />
eines guten Politikers identifiziert<br />
hat: Nämlich Leidenschaft. Damit<br />
meinte er nicht, hemmungslos seinen<br />
Trieben oder seinem Geltungsdrang<br />
zu folgen, sondern die Energie – ja der<br />
Mut, der in Demut steckt –, die aus der<br />
Hingabe an die Sache resultiert, die<br />
größer ist als man selbst. Diese Hingabe<br />
wird die FDP in der Opposition<br />
dringend brauchen. Hier locken nämlich<br />
keine Regierungsämter und gleichwohl<br />
ist die Aufgabe nicht weniger<br />
schwer geworden: Die Kontrolle einer<br />
übermächtigen Regierung in schweren<br />
Zeiten. Nehmen wir die Aufgabe an<br />
– voller Demut trotz aller Freude über<br />
die eigene Stärke.<br />
Marco Buschmann (28), war Spitzenkandidat<br />
der JuLis NRW zur Bundestagswahl<br />
2005. Ihr erreicht ihn unter<br />
marco_buschmann@yahoo.de<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Liberale</strong> –<br />
Kurzer Rückblick und Ausblick<br />
> von Sven Janka<br />
<strong>Jahre</strong> gibt es nun die <strong>Junge</strong>n<br />
<strong>25</strong> <strong>Liberale</strong>n in Deutschland. Kindheit<br />
und Pubertät sind damit überstanden,<br />
und die JuLis haben sich zu einem<br />
ernstzunehmenden Teilnehmer der<br />
politischen Kultur in Deutschland entwickelt.<br />
Begonnen hat alles Ende der 70er<br />
<strong>Jahre</strong>, als einige Mitglieder der damaligen<br />
FDP-Jugendorganisation, der Deutschen<br />
Jungdemokraten (Judos), sich in<br />
ihrem bisherigen Verband nicht mehr<br />
mit ihren liberalen Ansichten vertreten<br />
fühlten. Die Vorarbeiten für einen neuen<br />
liberalen Jugendverband begannen<br />
im Januar 1979. Nachdem eine Satzung<br />
und Grundsatzthesen ausgearbeitet<br />
waren, begann der erste Bundeskongress<br />
der <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n am 1. November<br />
1980. Dieses Datum gilt als Geburtsstunde<br />
der JuLis auf Bundesebene.<br />
Auf Landesebene wurden bereits im<br />
Oktober 1980 die ersten Verbände gegründet.<br />
Bereits zwei <strong>Jahre</strong> nach ihrer<br />
Gründung wurden die <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n<br />
auf einem Bundesparteitag als neue Jugendorganisation<br />
der Freien Demokraten<br />
anerkannt.<br />
10 <strong>Jahre</strong> später schlossen sich nach<br />
langen Verhandlungen am 8. und 9.<br />
September 1990 die Jungliberale Aktion<br />
(JuliA), ihres Zeichens Jugendorganisation<br />
der ostdeutschen Liberal-<br />
Demokratischen Partei Deutschlands<br />
(LDPD), und die JuLis auf einem Vereinigungskongress<br />
im Berliner Reichstag<br />
zusammen. Die JuLis waren somit der<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005 1|2005<br />
erste gesamtdeutsche Jugendverband<br />
im vereinten Deutschland.<br />
Als liberale Jugendorganisation sehen<br />
sich die JuLis im besonderen Ausmaß in<br />
der Pflicht, inhaltlich einen Blick für die<br />
Themen der Zukunft zu haben, um die<br />
eigene Zukunft und die der kommenden<br />
Generationen verantwortungsbewusst<br />
und umsichtig zu gestalten. Entsprechend<br />
machte sich dies von Anfang<br />
an in der programmatischen Arbeit der<br />
JuLis bemerkbar.<br />
Übernahme von Verantwortung<br />
Beispiel Umweltschutz: Bereits im Jahr<br />
1983 fordern die JuLis die Einführung<br />
von CO2-Emissionszertifikaten, um Umweltschutz<br />
mit ökonomisch sinnvollen<br />
Anreizkomponenten zu verbinden. Eine<br />
Forderung, die über 20 <strong>Jahre</strong> später von<br />
einer Rot/Grünen Regierung umgesetzt<br />
wurde. Die Gentechnologie und<br />
die hierdurch entstehenden ethischen<br />
Fragestellungen finden sich ebenfalls<br />
schon früh auf der Agenda der JuLis. Bereits<br />
im <strong>Jahre</strong> 1984 tauchte das Thema<br />
erstmals in einem Beschluss des Bundeskongresses<br />
auf. Außenpolitisch fordern<br />
die JuLis seit jeher eine Politik des<br />
Rückgrats. Dabei konfrontieren die Ju-<br />
Lis sowohl die CDU/FDP-Regierung mit<br />
ihrer Tolerierung der Menschenrechtsverletzung<br />
in China (1996) als auch die<br />
ihr folgende Rot/Grüne Regierung mit<br />
ihrer inakzeptablen Haltung zur Tschetschenienpolitik<br />
Russlands (2004).<br />
In der Wirtschaftspolitik treten die<br />
<strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n seit ihrer Gründung<br />
vehement für die soziale und ökologische<br />
Marktwirtschaft und die größtmögliche<br />
ökonomische Freiheit des<br />
einzelnen ein. Auch hier macht sich die<br />
Hartnäckigkeit der JuLis bezahlt. Die im<br />
<strong>Jahre</strong> 1986 erstmals geforderte Aufhebung<br />
des Arbeitsverbots an Sonn- und<br />
Feiertagen ist mittlerweile in vielen<br />
Bereichen Realität. Die Flexibilisierung<br />
des Wirtschaftsgeschehens und die Abschaffung<br />
von überholten Mechanismen<br />
wie dem Meisterzwang und der<br />
Steinkohlesubvention werden daher<br />
wohl auch weiterhin Kernaspekte der<br />
Arbeit der JuLis bleiben.<br />
Der Begriff des Humanistischen Liberalismus,<br />
wie er auf dem Bundeskongress<br />
im März 1994 von den JuLis definiert<br />
wurde, setzt die Grundpfeiler für<br />
das Engagement der JuLis. Übernahme<br />
von Verantwortung für sich selbst und<br />
die Gesellschaft, die Akzeptanz des<br />
Leistungsprinzips und die Verteidigung<br />
der Rechte des Individuums gegenüber<br />
dem Staat werden auch in den kommenden<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n die Prinzipien sein,<br />
für welche die <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n sich<br />
stark machen.<br />
Sven Janka ist J&L Redakteur und lebt<br />
in Berlin. Ihr erreicht ihn unter sven.<br />
janka@berlin.de<br />
Thema<br />
08<br />
09
Thema Blindtext<br />
Thema<br />
Erinnerungen an<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong><br />
<strong>Junge</strong> <strong>Liberale</strong><br />
JuLis streiten für die Freiwilligenarmee,<br />
FDP-Bundeparteitag, Wiesbaden, 1997<br />
Der junge Guido Westerwelle auf<br />
dem Bundeskongress der JuLis<br />
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) u.<br />
JuLi-Bundesvorsitzender Michael Kauch, 1997<br />
1. Bundeskongress der JuLis<br />
1.-2.11. 1980 in Bonn<br />
Auf der Hofgartenwiese vor der<br />
Uni Bonn fanden schon immer<br />
historische Demos statt....<br />
JuLis auf Wahlkampfhilfe für<br />
Bill Clinton<br />
J. Chatzmarkakis, S. Leutheusser-Schnarrenberger,<br />
M. Kauch - FDP, Bundesparteitag,<br />
Wiesbaden 1997<br />
„Frischer Wind“ hiess es Anfang der<br />
80er auf dem 3. Bundeskongress<br />
Dr. Wolfgang Gerhard im<br />
Gespräch mit Ralf Witzel<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
`Ich glaub mich laust der Affe....’<br />
JuLis können Europa besser<br />
Der Vatikan hatte es noch nie mit Verhütung....<br />
JuLis verteilen Kondome<br />
Silvana Koch-Mehrin: 2000 Frau<br />
des <strong>Jahre</strong>s“, heute MdEP<br />
Abstimmung auf dem 1. Bundeskongress<br />
der JuLis 1.-2.11. 1980 in Bonn<br />
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Thema Blindtext Thema<br />
Die JuLi-Bundesvorsitzenden<br />
> von Katrin Säckel und Jan Krawitz<br />
Hans-Joachim Otto war erster JuLi-<br />
Bundesvorsitzender von 1980 bis<br />
1983. An die satzungsmäßige Anerkennung<br />
der JuLis auf dem Parteitag<br />
der FDP in Berlin 1983 erinnert er sich<br />
besonders gern. So konnten die JuLis<br />
wesentlich unabhängiger und kritischer<br />
gegenüber der Mutterpartei<br />
werden. Heute sind die JuLis im Vergleich<br />
zu den Anfangsjahren seiner<br />
Meinung nach jünger und frecher geworden.<br />
Hans-Joachim Otto ist heute Mitglied<br />
des Bundestages.<br />
Guido Westerwelle leitete von 1983<br />
bis 1988 den Verband. Neben Daniel<br />
Bahr ist er damit der dienstälteste<br />
JuLi-Bundesvorsitzende gewesen.<br />
Heute sagt Guido Westerwelle über<br />
die JuLis: „Die <strong>25</strong>-jährige Geschichte<br />
der JuLis hat gezeigt, dass sie wesent-<br />
lich mehr für die FDP tun, als sich nur<br />
um die Ansprache jüngerer Menschen<br />
zu kümmern. Im Einsatz vor Ort sorgen<br />
die <strong>Julis</strong> häufig dafür, dass Aufgaben<br />
erledigt werden, um die sich<br />
nicht immer alle reißen. Aber auch die<br />
inhaltlichen Impulse der <strong>Julis</strong> sind für<br />
die FDP unverzichtbar – auch wenn<br />
manchmal etwas unkonventionelle<br />
und provokante Methoden gewählt<br />
werden.“<br />
Georg Neubauer leitete die JuLis von<br />
1988 bis 1989. Am einprägsamsten<br />
war für ihn der 9. November 1989.<br />
„Morgens hab ich mir überlegt, mit<br />
welcher Pressemeldung wir die politische<br />
Landschaft bereichern könnten.<br />
Mir fiel aber absolut nichts Zündendes<br />
ein.“, erinnert er sich. Am nachdrücklichsten<br />
sind ihm dabei die jedoch<br />
Worte von Werner Hoyer im Gedächtnis<br />
geblieben: „Eine Idee hab ich nicht,<br />
aber im Bundestag ist die Stimmung<br />
nervös. Am 9.11. passiert in Deutschland<br />
immer mal etwas.“ Gerne erinnert<br />
Neubauer sich auch an den nicht<br />
abebbenden Widerstand gegen die<br />
geplante Wehrdienstverlängerung auf<br />
18 Monate. Schließlich gelang es den<br />
JuLis auch die FDP von der Unsinnigkeit<br />
dieses Gesetzes zu überzeugen.<br />
Heute ist Neubauer Geschäftsführer<br />
eines deutsch-chinesischen Unternehmens<br />
und pendelt zwischen beiden<br />
Ländern.<br />
Hermann ‚Beppo‘ Brem war 1989 für<br />
wenige Wochen Bundesvorsitzender<br />
der JuLis.<br />
Christoph Schenk leitete den Bundesvorstand<br />
von 1989 bis 1990 kommissarisch.<br />
Birgit Homburger war von 1990 bis<br />
1993 Bundesvorsitzende, nachdem<br />
sie auf dem ersten gesamtdeutschen<br />
BuKo, nach den Fusionsverhandlungen<br />
von JuLis und JuLiA gewählt wurde.<br />
Noch im gleichen Jahr konnte sie<br />
in den Bundestag einziehen. Gut erinnert<br />
sie sich an die Kampagne „Ossi<br />
Wessi Bussi“ mit rosa Plakaten und<br />
schwarz-rot-goldener Schrift um Ost-<br />
West-Spannungen abzubauen. Auch<br />
den Dienst-Trabi der Jungliberalen Aktion<br />
wird sie nicht vergessen.<br />
Heute ist sie Landesvorsitzende der<br />
baden-württembergischen FDP und<br />
Abgeordnete des Bundestages.<br />
Ralph Lange leitete von 1993 bis 1995<br />
die JuLis. Gern erinnert Lange sich an<br />
die damals stattfindende Debatte um<br />
den Kurs der FDP, an der die JuLis<br />
maßgeblichen Anteil nahmen. So<br />
wurde nicht zuletzt 1994 die Wahl<br />
von Guido Westerwelle zum Generalsekretär<br />
der FDP von den JuLis<br />
unterstützt. Für Ralph sind heutige<br />
Zustände traumhaft, wenn er daran<br />
zurückdenkt, dass damals ein Großteil<br />
der Zeit nur in Organisation gesteckt<br />
wurde. Er glaubt, dass die JuLis professioneller<br />
und kampagnenfähiger<br />
geworden sind. Heute ist Ralph als<br />
freiberuflicher Programmierer tätig.<br />
Von 1995 bis 1999 leitete Michael<br />
Kauch den Verband. Er wurde auf dem<br />
10. Bundeskongress in Bad Salzuflen<br />
zum Vorsitzenden gewählt. Von 1995<br />
bis 2001 war er Mitglied im Bundesvorstand<br />
der FDP und vertrat dort<br />
die JuLi-Interessen. Er gehörte der<br />
Programmkommission der FDP zur<br />
Erarbeitung der „Wiesbadener Grundsätze“<br />
an. Heute ist er Mitglied des<br />
Bundestages.<br />
Daniel Bahr war von 1999 bis 2004<br />
der erste Bundesvorsitzende, der den<br />
JuLis in der Oppositionszeit vorstand.<br />
„Schlimm war vor allem 1999, als die<br />
FDP ums Überleben kämpfte. Ich werde<br />
nie vergessen als wir im Dehler-<br />
Haus darum bangen mussten, dass<br />
die FDP bei der Landtagswahl in Sachsen<br />
mindestens 1,0 Prozent erhält.“<br />
Gern erinnert er sich an den Erfolg<br />
auf dem Sonderparteitag, wo die JuLis<br />
ihre langjährige Forderung nach einer<br />
Freiwilligenarmee durchsetzen konnten.<br />
2002 zog er als jüngster FDP-Abgeordnete<br />
in den Bundestag ein. Nach<br />
acht <strong>Jahre</strong>n im JuLi-Bundesvorstand,<br />
trat er 2004 nicht erneut an.<br />
Jan Dittrich war von 2004 bis 2005<br />
Vorsitzender. An seinen Rücktritt und<br />
den BILD-Artikel vom März 2005 wird<br />
er sich noch lange erinnern. Trotz seiner<br />
relativ kurzen Amtszeit als Bundesvorsitzender<br />
war Jan lange Zeit<br />
bei den JuLis aktiv. „Mir ist ein Wandel<br />
aufgefallen, der vermutlich damit zu<br />
tun hat, dass die heute aktive Generation<br />
der JuLis in den sieben rot-grünen<br />
<strong>Jahre</strong>n groß geworden ist.“<br />
Nach Abschluss seines Politik, VWL<br />
und Rechtsstudiums absolviert Jan<br />
zur Zeit an der Berlin School of Economics<br />
und an der London South Bank<br />
University ein MBA-Studium.<br />
Alexander Alvaro führte die JuLis nach<br />
dem Rücktritt von Jan Dittrich im Jahr<br />
2005 für einige Wochen als kommissarischer<br />
Bundesvorsitzender. Von<br />
2000 bis 2005 gehörte er dem JuLi-<br />
Bundesvorstand an. Alexander ist seit<br />
2004 Mitglied des Europäischen Parlaments.<br />
Johannes Vogel wurde 2005 vom Bundeskongress<br />
der JuLis in Magdeburg<br />
zum Nachfolger des zurückgetretenen<br />
Jan Dittrich gewählt.
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15<br />
Liberal Liberal<br />
Was macht eigentlich ein Ombudsmann?<br />
> Der Ombudsmann des Bundesverbandes Ferdinand Göhde im J&L Interview<br />
J&L: Die große Frage, die wir heute<br />
klären wollen, gleich zu Beginn: Was<br />
macht eigentlich ein Ombudsmann?<br />
Ferdinand Göhde: Das Wort „Ombudsmann“<br />
kommt aus dem Schwedischen<br />
und bezeichnet einen „Vermittler“, der<br />
Beschwerden von Menschen gegenüber<br />
der Verwaltung entgegennimmt und<br />
Empfehlungen zur Streitschlichtung<br />
ausspricht. Bei den JuLis ist der Ombudsmann<br />
oder die Ombudsfrau ein<br />
von der Satzung vorgesehenes Amt im<br />
Bundesvorstand mit der Aufgabe, auf<br />
die Einhaltung der Beschlüsse der Bundeskongresse<br />
durch den (erweiterten)<br />
Bundesvorstand zu achten und für eine<br />
für alle einsehbare Beschlusssammlung<br />
zu sorgen.<br />
J&L: Und wie sieht dann konkret deine<br />
Arbeit im Bundesvorstand aus?<br />
Ferdinand Göhde: Bei den Sitzungen des<br />
Bundesvorstandes und des erweiterten<br />
Bundesvorstands bin ich dabei und, wie<br />
es mein ehrwürdiger Vorgänger Martin<br />
Woestmeyer formuliert hat, „gucke<br />
den Jungs und Mädels ein bisschen auf<br />
die Finger“. Ich habe kein Stimmrecht,<br />
aber wenn der Bundesvorstand einen<br />
Beschluss fassen will, der gegen die Beschlüsse<br />
der Kongresse verstößt, muss<br />
ich leider „unangenehm“ werden. Um<br />
ein Beispiel zu geben: Wenn der Bundesvorstand<br />
eine Aktion planen würde,<br />
die für den großen Lauschangriff<br />
werben soll, würde ich dem Vorstand<br />
davon abraten und an die gegenteilige<br />
Beschlusslage der JuLis erinnern.<br />
J&L: Du bist also quasi die „wandelnde<br />
Beschlusslage“ des Verbandes?<br />
Ferdinand Göhde: Das wäre wohl zu<br />
viel verlangt. Auch wenn ich nun schon<br />
lange bei den JuLis und auch ihren Bundeskongressen<br />
dabei bin, bin ich keine<br />
„wandelnde Beschlusslage“, die alle Inhalte<br />
der JuLis auswendig kennt. Sprich,<br />
auch ich muss manchmal erst den in<br />
Frage stehenden Beschluss finden und<br />
nachlesen! Gott sei dank scheint der<br />
neue Vorstand aber sehr treu zur Beschlusslage<br />
zu sein, so dass sich bisher<br />
keine großen Probleme ergeben haben.<br />
J&L: Ist das schon alles?<br />
Ferdinand Göhde: Zusätzlich zu dieser<br />
Kontrollfunktion fällt in meinen Aufgabenbereich<br />
eigentlich auch die Fortführung<br />
der im Internet für alle Mitglieder<br />
einsehbaren Beschlusssammlung, aber<br />
in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n haben dafür<br />
immer die Programmatiker im Bundesvorstand<br />
gesorgt. Aus dem Begriff<br />
„Ombudsmann“ haben viele meiner<br />
Vorgänger und Vorgängerinnen daneben<br />
auch eine Vermittlerfunktion<br />
zwischen Mitgliedern und Vorständen<br />
abgeleitet, die auch ich gerne erfüllen<br />
will, indem ich immer ein offenes Ohr<br />
habe, wenn es irgendwo im Verband<br />
„knirscht“.<br />
J&L: Heißt das, du musst dich an sich<br />
aus dem Tagesgeschäft raushalten und<br />
darfst z.B. im Wahlkampf gar nicht<br />
wirklich mitmischen?<br />
Ferdinand Göhde: Naja, kommt drauf<br />
an. Ich habe auch Wahlkampf gemacht,<br />
und natürlich darf ich auch an anderen<br />
JuLi-Aktionen teilnehmen. Im „Tagesgeschäft“<br />
besteht meine Aufgabe aber<br />
darin, den Vorstand auf die Beschlüsse<br />
des Verbandes hinzuweisen.<br />
Allerdings kann ich bei den JuLis kein<br />
Wahlamt innehaben oder anstreben,<br />
also etwa Mitglied in einem anderen<br />
Vorstand, egal welcher Ebene, sein oder<br />
für sonstige Ämter bei den JuLis kandidieren<br />
– was übrigens nach meiner<br />
langen Verbandszugehörigkeit sowieso<br />
nicht mehr zur Debatte steht.<br />
Inhaltlich muss ich bei meiner Arbeit<br />
alle Beschlüsse der JuLis beachten, auch<br />
dann, wenn ich mal persönlich anderer<br />
Meinung sein sollte. Ansonsten halte<br />
ich es wie meine Vorgängerinnen und<br />
Vorgänger: Nur weil jemand Ombudsmann<br />
ist, hört er oder sie natürlich nicht<br />
auf, politisch zu denken und auch eine<br />
private Meinung zu haben, die manchmal<br />
aufgrund der Verbandserfahrung<br />
ja auch ganz nützlich sein kann. Sofern<br />
man sparsam mit eigenen Meinungsäußerungen<br />
umgeht und immer kenntlich<br />
macht, wenn man als Privatperson<br />
und normales JuLi-Mitglied spricht, ist<br />
das okay. Da darf dann auch mal der<br />
„Ferdi“ neben „das Ombuds“ treten!<br />
J&L: Letzte Frage: Wie wird man Ombudsmann?<br />
Ferdinand Göhde: Der Ombudsmann<br />
oder die Ombudsfrau wird vom Bundeskongress<br />
gewählt. Die Satzung legt<br />
keine bestimmten Kriterien wie Alter,<br />
Länge der Verbandszugehörigkeit oder<br />
Aussehen (kleiner Scherz!) fest, blickt<br />
man aber einmal auf die lange Reihe<br />
von Ombudsmännern und -frauen<br />
bei den JuLis wie etwa Marion Schink,<br />
Marco Mendorf oder Jo Stamp zurück,<br />
waren es oft Mitglieder, die schon etwas<br />
länger dabei sind und ein bisschen<br />
Erfahrung mitbringen.<br />
J&L: Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Das Interview führte der J&L Redakteur<br />
Christopher Vorwerk (22). Ihr erreicht<br />
ihn unter vorwerk@julis.de<br />
Ferdi studiert Geschichte und<br />
macht gerade sein Examen. Politisch<br />
zieht er den Hut bei den JuLis<br />
vor Marion Schink, Marion Schardt,<br />
Cornelia Freytag, Joachim Stamp, Eric<br />
Weik und Martin Woestmeyer (seinem<br />
ersten Kreisvorsitzenden), bei<br />
der FDP vor Karl-Hermann Flach, Hildegard<br />
Hamm-Brücher und Burkhard<br />
Hirsch. Persönlich hält er die Wiederherstellung<br />
des Asylgrundrechts für<br />
die wichtigste politische Forderung<br />
der JuLis bisher. Der größte politische<br />
Supergau der FDP ist seiner Meinung<br />
nach die Beschlussfassung für den<br />
großen Lauschangriff.<br />
Leben würde Ferdi am liebsten in Rom,<br />
Kapstadt oder im Tessin. Wenn er dann<br />
auch noch einen Kaffee, ein Buch (zuletzt<br />
Rupert Everett: Wildes Weekend<br />
Mario Carini:<br />
Wenn’s der Wahrheitsfindung<br />
dient<br />
> Neu im J&L Bücherschrank<br />
„Wenn’s der Wahrheitsfindung dient“<br />
– mit diesen Worten kommt der Angeklagte<br />
Fritz Teufel im November<br />
1967 der Bitte des Richters nach, sich<br />
zu erheben und lüftet somit, längst<br />
überfällig, den Muff der Deutschen<br />
Nachkriegsjustiz.<br />
Carinis Buch erzählt die Geschichte<br />
eines Mannes, welcher 1963 ohne<br />
politische Ambitionen nach Berlin<br />
kommt und binnen weniger <strong>Jahre</strong>, neben<br />
Rudi Dutschke, zu einem Protagonisten<br />
der antiautoritären Linken aufsteigt.<br />
Mit der Kommune 1 tritt Fritz<br />
Teufel an, durch nonkonformistische<br />
Lebensweise und Satire den gesellschaftlichen<br />
Autoritäten zu trotzen.<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
Ferdinand Göhde (Berlin),<br />
Ombudsmann<br />
Geb. 6.4.77, JuLi seit 1993<br />
in Tanger), eine gute Zeitung (am besten<br />
Süddeutsche oder La Repubblica)<br />
und einen Meerblick genießen kann,<br />
ist er glücklich. Den Kaffee würde der<br />
Italienliebhaber, der am liebsten über<br />
Gott und die Welt diskutiert, aber alternativ<br />
auch im Kaffeehaus bei Gianluca<br />
auf der Piazza Dante in Pisa<br />
einnehmen. Ein Abend ohne JuLis, der<br />
dann gerne mit Theater, Oper, Kneipe,<br />
Freunden oder einem guten europäischen<br />
Film am heimischen Bildschirm<br />
gefüllt wird, ist für ihn inzwischen<br />
normal geworden.<br />
Zunehmend offenbart sich jedoch<br />
der Konflikt zwischen Anspruch und<br />
Realität: Die Tatsache, dass viele der<br />
Kommunarden nicht mehr als eitle<br />
»Wenn’s der<br />
Wahrheitsfindung<br />
dient«<br />
ist im Konkret<br />
Literatur Verlag<br />
erschienen.<br />
ISBN 3-89458-<br />
224-3<br />
Exzentriker und im tiefsten Innern<br />
verwöhnte Mittelklassekinder sind,<br />
führt schließlich zum Bruch und nötigt<br />
die Kommunarden, ihre gescheiterte<br />
Lebens- und Protestform zu<br />
rechtfertigen.<br />
Mitstreiter Dutschke weiß die Kommunarden<br />
nur abfällig als „Produkte<br />
Und das sagen die Bundesvorstandsmitglieder<br />
über Ferdi:<br />
Ein ausgleichender Pol – viele<br />
sagen, „die Mutter der Kompanie“ •<br />
Konnte mich nie leiden, obwohl wir<br />
politisch gar nicht weit auseinander<br />
liegen • Der beste Ombudsmann,<br />
den es geben kann • Ein<br />
sehr engagierter Ombudsmann,<br />
der sich aktiv an den Diskussionen<br />
und Debatten beteiligt (find ich<br />
gut) • Sehr eigenwilliger Ombudsmann<br />
• Die „gute Seele“ • Seine<br />
Erfahrung ist immer Gold wert! •<br />
Der mir politisch und menschlich<br />
nahe stehendste Mensch in diesem<br />
Vorstand!<br />
der Medien“ zu schimpfen. Und er ist<br />
bei weitem nicht der einzige Kritiker<br />
innerhalb der Deutschen Linken. Die<br />
Geschichte um Kommune 1 und Antiautoritäre<br />
Linke ist die Geschichte der<br />
Kontroverse über linke Widerstandsformen:<br />
Friedvoller Protest oder bewaffneter<br />
Widerstand.<br />
Was Carini eingangs bedauert, nämlich<br />
bei den Recherchen nicht auf das<br />
Wissen des Protagonisten zurückgegriffen<br />
haben zu können, erweist<br />
sich als Stärke des Buches: Es gelingt<br />
ihm, das objektive Bild eines Mannes<br />
zu zeichnen, welcher aus „68“ gelernt<br />
hat. Bravo!<br />
Im J&L Bücherschrank stellt<br />
Mathias Wittmann in jeder Ausgabe<br />
lesenswerte Neuerscheinungen vor.<br />
Vorschläge und Fragen? Schreib an<br />
wittmann@julis.de<br />
Bücherschrank
Liberal Liberal<br />
9,8 Prozent: Steuern runter, Arbeit rauf<br />
– Weltoffenheit vor!<br />
> von Patrick Arora<br />
Für die FDP war die vergangene Bundestagswahl<br />
fast schon historisch.<br />
Wieso die FDP so unerwartet stark in<br />
den Bundestag eingezogen ist, lässt<br />
sich sicherlich weit weniger einfach beantworten,<br />
als es manche vordergründigen<br />
Analysen zeigen. Abgesehen davon,<br />
dass es keine Leihstimmen anderer<br />
Parteien gibt, denn Stimmen werden<br />
vom Wähler verliehen und nicht von<br />
Parteien, ist der Erfolg der Zweitstimmenkampagne<br />
nur eine von mehreren<br />
Begründungen im Wahlkampf.<br />
Eins aber ist auch sicher: Es ging in<br />
diesem Wahlkampf in weit stärkerem<br />
Maße um Inhalte, als in vielen anderen<br />
Wahlkämpfen. Die Konfusion in der<br />
Steuerpolitik, unklare Aussagen in der<br />
Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik<br />
und ein Kompetenzteam, das von vielen<br />
Bürgern zwar als sympathisch (von<br />
der Leyen), aber nicht wirklich als kom-<br />
petent angesehen wurde, haben der<br />
Union sicher geschadet.<br />
Die FDP hingegen hat auf klare Inhalte<br />
gesetzt: Ein Steuersystem, das seit <strong>Jahre</strong>n<br />
in die Öffentlichkeit getragen wurde,<br />
klare Vorgaben in der Sozial- und<br />
Arbeitsmarktpolitik und die Sicherheit,<br />
mit Stimmen für die FDP nicht für eine<br />
große Koalition zu stimmen.<br />
Kein zurück in die Diskussionen<br />
der Kohl-Ära<br />
Aber war das alles? Bei den Wählern<br />
unter 30 <strong>Jahre</strong>n hat die FDP das beste<br />
Ergebnis unter allen Bevölkerungsgruppen<br />
erzielt. Gerade in dieser Altersgruppe<br />
gab es aber auch erhebliche<br />
Vorbehalte gegen ein gesellschaftliches<br />
„roll back“ mit einer (zu) starken Union.<br />
Kaum jemand in dieser Altersgruppe<br />
will ein Zurück in die gesellschaftspoli-<br />
tischen Diskussionen der Kohl-Ära.<br />
Die Berufung Paul Kirchhofs hat sich<br />
für die Union insofern nicht nur als<br />
steuer- und finanzpolitischer Flop erwiesen,<br />
sondern auch als ein gesellschaftspolitischer<br />
Bumerang:<br />
„Die Mutter macht in ihrer Familie<br />
Karriere, die nicht Macht, sondern<br />
Freundschaft verheißt, nicht Geld,<br />
sondern Glück bringt.“ Ein Vater finde<br />
„seine Identität, wenn er die ökono-<br />
mischen Grundlagen der Familie<br />
beschafft und die Kinder in ihrer Zugehörigkeit<br />
zu Familie, Staat, Marktwirtschaft<br />
und Ordnung, Kulturgemeinschaft<br />
und Kirche erzieht“. So<br />
hatte Kirchhof 2002 sein Familienbild<br />
beschrieben. Versuche diese Aussagen<br />
wieder gerade zu biegen, wirkten<br />
eher hilflos. Und von Kirchhofs Interpretation<br />
der eingetragenen Lebenspartnerschaft<br />
als „Pervertierung des<br />
Verfassungsauftrags“ versuchte man<br />
sich erst gar nicht zu lösen.<br />
Nicht wenige junge Frauen haben die<br />
FDP gewählt, weil sie von ihr erwarten<br />
konnten, dass sie das in der Union nach<br />
wie vor verbreitete Prinzip „Kinder, Küche,<br />
Kirchhof“ verhindern und sich für<br />
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
einsetzen würde. Und mag auch<br />
die bayerische Staatsregierung nebst<br />
Kirchhof die eingetragene Lebenspartnerschaft<br />
auch als noch so Abendland<br />
gefährdend einstufen: Die FDP war im<br />
vergangenen Wahlkampf in Hinblick<br />
auf eine mögliche schwarz/gelbe Koalition<br />
der Garant dafür, dass es hier<br />
kein Zurück geben würde.<br />
Umso unverständlicher sind einige<br />
Aussagen von führenden Bundesvorstandsmitgliedern<br />
der FDP etwa zur<br />
Türkei-Frage: Mag auch die Aufnahme<br />
der Türkei in die EU noch in weiter Fer-<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
ne liegen, so ist doch jedem Betrachter<br />
bei genauer Würdigung der Debatte<br />
klar: Es geht der Union nicht darum, ob<br />
die Türkei in 15 <strong>Jahre</strong>n in die EU aufgenommen<br />
wird, sondern darum, jetzt<br />
gegen Türken in unserem Land zu polemisieren.<br />
Weltoffenheit und Toleranz<br />
Eine Partei, die sich wie die FDP den<br />
Idealen der Aufklärung verpflichtet<br />
fühlt, tut gut daran, sich an solchen<br />
Spielchen nicht zu beteiligen – nicht<br />
nur, weil diese Spielchen eine Volksverdummung<br />
darstellen, sondern weil<br />
gerade junge Wähler die Argumentation<br />
durchschauen. Daher muss der FDP<br />
klar sein: Weltoffenheit und Toleranz<br />
sind unteilbar mit wirtschaftlichem<br />
Erfolg verbunden. Kein erfolgreiches<br />
System der Welt kann auf Dauer wirt-<br />
schaftlich erfolgreich sein, ohne gesellschaftlich<br />
tolerant zu sein. Diesen<br />
Zusammenhang darzustellen und offensiv<br />
politisch zu vertreten – das ist<br />
und bleibt die Aufgabe der FDP.<br />
Patrick Arora (28), ist Leiter des Bundesarbeitskreis<br />
Wirtschaft und Finanzen<br />
und ist Datenschutzbeauftragter<br />
des Bundesvorstandes. Ihr erreicht<br />
ihn unter PArora269@aol.com<br />
16<br />
17
Liberal Liberal<br />
Arbeit durch Zeit, oder wie?<br />
> von Alexander Plahr<br />
Welcher Schüler kennt ihn nicht,<br />
den alten Physikerlehrspruch:<br />
„Leistung ist Arbeit durch Zeit.“ Meist<br />
wird er von Lehrern beliebiger Fächer<br />
angebracht, wenn Schüler bei Klausuren<br />
über Zeitmangel klagen.<br />
Wie aber sieht es mit den Lehrern<br />
selbst aus? Bekanntlich gibt es besonders<br />
bei uns JuLis immer wieder die<br />
Überlegung, den Amtsstubenmief aus<br />
den Klassenräumen zu vertreiben und<br />
stattdessen ökonomische Instrumente<br />
zur Steuerung der Schulorganisation<br />
einzusetzen. Kurz gesagt: Gute Lehrer<br />
sollen mehr verdienen als schlechte.<br />
In der deutschsprachigen Diskussion<br />
um Schulentwicklung liegen solche<br />
Überlegungen, was übrigens die Abschaffung<br />
des Beamtenstatus endgültig<br />
erzwingen würde, bislang kaum<br />
vor. Praktische Erfahrungen fehlen<br />
hier fast völlig. Gleichwohl macht es<br />
Sinn, eine Reformstrategie mit Sanktions-<br />
und Anreizsystemen zu schaffen,<br />
so dass Engagement und Erfolg gefördert<br />
werden.<br />
Ein Besoldungssystem wie<br />
ein Maßanzug<br />
In der Schulpolitik finden sich bereits<br />
verschiedene Ansätze und Beispiele<br />
von leistungsorientierter Vergütung.<br />
So mehren sich auch in Deutschland<br />
die Stimmen, die endlich eine Beendigung<br />
der ‚Konfektionsbesoldung’ verlangen.<br />
Die Besoldung in Abhängigkeit<br />
vom Dienstalter, die individuelle Leistungs-<br />
und Qualifikationsprofile eben<br />
gerade nicht berücksichtigt, soll durch<br />
ein Besoldungssystem ersetzt werden,<br />
das, um im Bild zu bleiben, eher einem<br />
Maßanzug gleicht.<br />
In Schweden, einem Land mit starker<br />
lokaler Kontrolle der Schule, einigten<br />
sich die Lehrergewerkschaften und<br />
der schwedische Gemeindeverbund<br />
auf ein Modell für die Schulentwicklung<br />
und einen darauf aufbauenden<br />
Tarifvertrag, der Lehrergehälter und<br />
Lehrerarbeitszeit definiert. Den Ergebnissen<br />
der Lehrerarbeit soll darin in<br />
Zukunft mehr Aufmerksamkeit gewidmet<br />
werden. Im neuen Vergütungssystem<br />
haben sich die Vertragspartner<br />
darauf geeinigt, dass die Leistungen<br />
der Arbeitnehmer als ein wesentliches<br />
Kriterium für Bezahlung gelten.<br />
Modellversuche mit alternativen<br />
Entlohnungssystemen finden nicht<br />
nur in den USA schon länger statt.<br />
Auch in der Schweiz gibt es teilweise<br />
Systeme leistungsorientierter Lehrerbesoldung.<br />
Einen weiteren Vorstoß in<br />
Richtung leistungsorientierter Bezahlung<br />
unternimmt derzeit die englische<br />
Regierung.<br />
Wie aber misst man die Leistung von<br />
Lehrern? Ein Vergleich der Schülernoten<br />
wäre aus naheliegenden Gründen<br />
ebenso ungeeignet wie eine Entlohnung<br />
nach Arbeitszeit. Zielführend ist<br />
hier die Überlegung, was durch die<br />
leistungsabhängige Bezahlung überhaupt<br />
erreicht werden soll.<br />
Zum einen soll die Arbeit der Pädagogen<br />
auf die Erzielung von Lernerfolgen<br />
hin ausgerichtet werden. Zwar<br />
ist dies auch bereits jetzt Ziel, jedoch<br />
gibt es außer dem Berufsethos der Pädagogen<br />
keinen wirklichen Anreiz für<br />
den Lehrer, dieses auch tatsächlich zu<br />
verfolgen.<br />
Zum anderen sollen kompetente<br />
Personen für den Beruf gewonnen<br />
und in ihm gehalten werden. Mithin<br />
kann also auch die Qualifikation, ein<br />
bestimmtes, besonders gefragtes Fach<br />
unterrichten zu können, bereits eine<br />
Leistung darstellen.<br />
Ergebnisorientierung statt<br />
Planwirtschaft<br />
Bei beiden Überlegungen stellen die<br />
jeweiligen Umstände vor Ort entscheidende<br />
Faktoren bei der Bewertung der<br />
Leistung dar. So ist beispielsweise in einer<br />
Hauptschule mit einer Vielzahl von<br />
Schülern mit Migrationshintergrund<br />
Lehrerleistung anders zu bewerten als<br />
in einem ländlichen Gymnasium mit<br />
weitgehend homogener Schülerpopulation.<br />
Im Umkehrschluss bedeutet dies,<br />
dass die Evaluation der Lehrerleistung<br />
nur dort stattfinden kann, wo diese<br />
erbracht wird, nämlich an den Schulen<br />
selbst. Die gewünschten Steuerungseffekte<br />
wird man durch keinen staatsdirigistischen<br />
Anforderungs- und Entlohnungsplan<br />
aus dem Ministerium<br />
erzielen können, sondern vielmehr<br />
durch die Schaffung einer echten Finanz-<br />
und Personalautonomie der<br />
Schulen.<br />
Würde man diese in die Lage versetzen,<br />
ihr Geld selbst zu verwalten sowie<br />
Lehrer nach Bedarf und Qualifikation<br />
einzustellen und zu entlohnen, käme<br />
dies einem Paradigmenwechsel im Bildungswesen<br />
gleich. Es wäre das Ende<br />
der Bildungsplanwirtschaft, der damit<br />
einhergehenden Mangelverwaltung<br />
und ein Schritt hin zu mehr Ergebnisorientierung<br />
im Bildungsbereich.<br />
Alexander Plahr (<strong>25</strong>), ist Beisitzer (Co-<br />
Programmatiker) im Landesvorstand<br />
der JuLis NRW. Ihr erreicht ihn unter<br />
al@liberal-power.de<br />
»Die Wirtschaft ist für den Menschen da –<br />
und nicht umgekehrt.«<br />
(Franz Müntefering im April 2005)<br />
> von Sven Janka<br />
Wer oder was ist aber eigentlich<br />
diese ominöse, scheinbar leblose<br />
„Wirtschaft“, die uns denkende<br />
und fühlende Menschen auszunutzen<br />
scheint und uns dabei doch eigentlich<br />
zu Diensten sein sollte?<br />
Bei dem Versuch, den Begriff „Wirtschaft“<br />
näher zu untersuchen, gelangt<br />
man zu den „Wirtschaftssubjekten“.<br />
Die Subjekte sind die eigentlich Handelnden,<br />
sie formen und gestalten das<br />
große Ganze. Ihre Interaktion im Hinblick<br />
auf die Erbringung einer Leistung<br />
bestimmt das, was wir insgesamt als<br />
Wirtschaft wahrnehmen.<br />
Zur Wirtschaft gehört mehr als<br />
nur die Unternehmen<br />
Betrachtet man, wer alles zur Leistungserstellung<br />
im weiten Sinne beiträgt,<br />
wer also die interagierenden Subjekte<br />
sind, erkennt man sehr schnell,<br />
dass im Grunde hiervon niemand<br />
ausgeschlossen werden kann. Offensichtlich<br />
ist, dass jede Art von privatwirtschaftlicher<br />
Unternehmung mit<br />
dem unterstellten Ziel der Gewinnmaximierung<br />
zur Leistungserstellung beiträgt.<br />
Auch die öffentliche Hand leistet<br />
einen erheblichen Beitrag als Arbeitgeber,<br />
Auftragnehmer und Dienstleister.<br />
Bis hin zum einzelnen Individuum, das<br />
in Form seiner Arbeitskraft und seines<br />
Konsums zur gesamten Leistungserbringung<br />
beiträgt, kann man sich bei<br />
jeder juristischen oder natürlichen Person<br />
leicht vor Augen führen, dass sie einen<br />
Anteil am großen Gebilde namens<br />
Wirtschaft hat. Den Begriff Wirtschaft<br />
synonym ausschließlich für Unterneh-<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
men zu gebrauchen wird somit den<br />
tatsächlichen Begebenheiten nicht gerecht.<br />
Entscheidungen werden nie von abstrakten<br />
Begriffen (wie der „Wirtschaft“<br />
oder dem „Unternehmen“) gefällt. Sie<br />
werden gefällt von Menschen, einzelnen<br />
Wirtschaftssubjekten, den kleinsten<br />
Einheiten im Wirtschaftsgeschehen.<br />
Die Summe der Entscheidungen<br />
ist das, was die besagten Interaktionen<br />
bewirkt.<br />
Der Mensch und die Wirtschaft sind<br />
untrennbar miteinander verbunden.<br />
Wer den Menschen und die Wirtschaft<br />
als Konkurrenten gegenüberstellt, bei<br />
denen stets nur der eine den anderen<br />
instrumentalisieren kann, verkennt<br />
die Zusammenhänge und bedient populistische<br />
Ressentiments in denen es<br />
um eine Trennung in „die da oben“ und<br />
„uns hier unten“ geht.<br />
Zwar ist die Macht innerhalb des Komplexes<br />
Wirtschaft tatsächlich ungleich<br />
verteilt. Beim Zusammenspiel der Kräfte<br />
haben große Unternehmen mehr<br />
Möglichkeiten ihre Interessen durchzusetzen<br />
als kleine Unternehmen und der<br />
Bürger fühlt sich dem Staat in finanzieller<br />
Hinsicht ausgeliefert. Zur Wahrung<br />
der Interessen des schwächsten Glieds<br />
hat unsere Rechtsordnung zahlreiche<br />
Schutzmechanismen hervorgebracht,<br />
die für einen Interessensausgleich sorgen<br />
sollen. Diese Schutzmechanismen<br />
funktionieren nicht immer und bedürfen<br />
einer ständigen kritischen Revision,<br />
doch können sie sich nur am bestehenden<br />
Wirtschaftssystem orientieren und<br />
nicht darauf abzielen, ein gänzlich neues<br />
zu schaffen.<br />
Durch ihre Identität hat die Wirtschaft<br />
ebenso wenig eine Wahl, ob sie<br />
für den Menschen da sein möchte, wie<br />
der Mensch keine Wahl hat, und sich<br />
zwangsläufig in einem wirtschaftlichen<br />
Gefüge wieder findet. Welche Struktur<br />
dieses wirtschaftliche Gefüge hat, dafür<br />
sind die Menschen weitestgehend<br />
selbst verantwortlich. Im Laufe der Geschichte<br />
wurden bereits verschiedene<br />
Wirtschaftssysteme rund um die Welt<br />
auf die Probe gestellt und ausprobiert.<br />
Dabei sind einige Ideen, deren Ansatz<br />
durchaus rechtschaffend und gut gemeint<br />
war, gescheitert.<br />
Die Zukunft der Wirtschaft liegt<br />
in unserer aller Hand<br />
Das Zusammenspiel der Menschen<br />
hat in unserem Kulturkreis ein Wirtschaftssystem<br />
hervorgebracht, das sowohl<br />
leistungsorientiert als auch leistungsfähig<br />
ist. Die Belohnung für diese<br />
Leistungsorientierung ist ein relativer<br />
Wohlstand, den man nun, ebenso wie<br />
die Leistungsfähigkeit, gefährdet sieht.<br />
Verantwortlich für die Zukunft unserer<br />
Wirtschaft kann nur der Mensch sein<br />
mit den Entscheidungen die er trifft.<br />
Der Versuch, die Wirtschaft zu instrumentalisieren,<br />
bedeutet letztendlich<br />
die Menschen, aus denen die Wirtschaft<br />
besteht, zu instrumentalisieren.<br />
Die Wirtschaft ist durch den Menschen<br />
da – und nicht umgekehrt.<br />
Sven Janka ist J&L Redakteur und lebt<br />
in Berlin. Ihr erreicht ihn unter sven.<br />
janka@berlin.de<br />
18<br />
19
Liberal Liberal<br />
Thema Weblog<br />
> von Niels Kohrt<br />
Wer sich heutzutage der breiten<br />
Öffentlichkeit über das Internet<br />
mitteilen möchte, hat unterschiedliche<br />
Möglichkeiten. Eine eigener<br />
Webauftritt ist mittlerweile für viele<br />
selbstverständlich. Eifrig in Foren und<br />
Chats zu jedem erdenklichen Thema<br />
mitzudiskutieren ebenso. Dennoch<br />
gibt es seit kurzem in den Weiten des<br />
world wide webs eine neue Form des<br />
virtuellen Gedankenaustauschs: Den<br />
Weblog. Jemand macht sich die Mühe,<br />
seinen Streifzug durchs Internet festzuhalten,<br />
das eigene Privatleben darzustellen<br />
oder sich in Form von Artikeln<br />
zu aktuellen Themen zu äußern.<br />
Der Leser kann dabei direkt den Text<br />
kommentieren und auf diese Weise<br />
interaktiv mit dem Autor in Kontakt<br />
treten. Weblogs sind häufig untereinander<br />
verknüpft. Links führen zu<br />
externen Sites oder vorangegangenen<br />
Einträgen.<br />
Ein Weblog ist somit eine netztaugliche<br />
Form der Kolumne, die es den einzelnen<br />
Usern ermöglicht miteinander<br />
zu diskutieren. Die Bundes- und Landesverbände<br />
der <strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n sowie<br />
deren Spitzenkandidaten, haben<br />
vor allem den Wahlkampf 2005 fast<br />
täglich dokumentiert. Welche Assoziationen<br />
so mancher Bürger bei näherer<br />
Betrachtung des Juli-Standinventars<br />
hatte, zeigt folgender Auszug aus<br />
dem weblog des Bundesverbandes<br />
(http://blog.julis.de/).<br />
„Direkt auf der Strandpromenade an<br />
der Ostsee - begrüßt von den letzten<br />
Sonnenstrahlen des Sommers - sorgte<br />
wieder einmal unser Skydancer für viel<br />
Aufmerksamkeit, werbegünstig platziert<br />
neben dem fotogenen Leuchtturm.<br />
„Ist das der Herr Westerwelle?“<br />
wurden wir gefragt.“<br />
Weblog - Kommunizieren und<br />
diskutieren im Netz<br />
Das politische Durcheinander nach<br />
der Bundestagswahl hat sich im Sondieren<br />
der unterschiedlichsten, denkbaren<br />
Regierungskoalitionen niedergeschlagen.<br />
Von Jamaika Koalition<br />
und Schwampel war die Rede. Die<br />
<strong>Junge</strong>n <strong>Liberale</strong>n aus Bonn zeigten<br />
ebenfalls Flagge und tauften in ihrem<br />
Weblog (http://www.btw2005.<br />
de/mambo/index.php?option=com_<br />
wrapper&Itemid=59) unter, dass sich<br />
anbahnende Zweckbündnis zwischen<br />
CDU und SPD zur „Papa Neuginea Koalition“.<br />
Die Wahl 2005 hat also auch<br />
ein Gutes: Der Bürger hat zum Thema<br />
Farbenlehre und nationaler Symbolik<br />
in kurzer Zeit einiges dazugelernt.<br />
Wer den Auftritt des Bundeskanzlers<br />
in der Elefantenrunde nach Verkündung<br />
der ersten richtungsweisenden<br />
Hochrechnungen als Verletzung<br />
des respektvollem Miteinanders<br />
empfunden hat, findet Zuspruch im<br />
virtuellen Tagebuch des NRW-Spitzenkandidaten<br />
Marco Buschmann<br />
(marcobuschmann.wahl.de/main/).<br />
„Evident gilt das für den deutschen<br />
Regierungschef, der dem Volk am<br />
Wahlabend eine Fratze der Selbstgerechtigkeit<br />
geschnitten hat. Solche<br />
Auftritte müssen die historischen Vorbilder<br />
für die antiken Sagen über anmaßende<br />
Herrscher wie Salmoneus,<br />
Pentheus oder Tantalos gewesen sein,<br />
denen die Götter bekanntlich ein jähes<br />
Ende bescherten.“<br />
Die <strong>Julis</strong> aus Niedersachsen haben<br />
ihren 11-tägigen Wahlkampfmarathon<br />
durchs eigene Bundesland<br />
ebenfalls mit einem Weblog begleitet.<br />
(www.julis-niedersachsen.de/TFblog.<br />
html) Unter anderem wurde im SPD<br />
gefärbten Ostfriesland Halt gemacht.<br />
Wie sich zeigte, ist das Werben für liberale<br />
Ideen gerade hier nicht immer<br />
einfach. Vor allem auf die richtige Begrüßung<br />
der Passanten kommt es an.<br />
„Ganz wichtig im ostfriesischen<br />
Straßenwahlkampf ist, dass man die<br />
Leute mit einem schönen „Moin“ anspricht.“<br />
Man lernt halt nie aus....<br />
Niels Kohrt (23) ist J&L Redakteur<br />
und lebt in Oldenburg. Ihr erreicht<br />
ihn unter zuhoererkohrt@web.de<br />
<strong>Junge</strong> Generation in der Warteschleife<br />
> von Niels Kohrt<br />
as machst du denn im Som-<br />
„Wmer?“ „Ein Praktikum... das vierte, ich will ja<br />
auch möglichst viele berufliche Erfahrungen<br />
sammeln!“<br />
Ein mittlerweile typischer Dialog zwischen<br />
Kommilitonen, wenn es auf die<br />
vorlesungsfreie Zeit zugeht.<br />
Während der gemeine Student der<br />
60er <strong>Jahre</strong> meist damit beschäftigt<br />
war, für die Revolution zu kämpfen,<br />
ist der Student von heute längst wie<br />
seine Vorgänger in der Realität angekommen.<br />
Dass ein Studium allein<br />
nicht mehr ausreicht, um nach dem<br />
Abschluss einen Arbeitsplatz zu finden,<br />
hat er längst begriffen. Was folgt, sind<br />
unzählige, häufig unbezahlte Praktika<br />
in den unterschiedlichsten Branchen.<br />
Dabei sind Praktika grundsätzlich als<br />
positiv zu bewerten, vermitteln sie<br />
doch gerade den Studierenden praxis-<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
ferner Studiengänge erste Einblicke ins<br />
Berufsleben.<br />
Die Vergütung spielt dabei für die<br />
meisten motivierten, flexiblen Arbeitskräfte<br />
von morgen anfangs keine Rolle.<br />
Sie sind bereit für ihre (zukünftige)<br />
Karriere einiges zu tun. Selbst wenn<br />
ein Praktikum so manches Mal eine<br />
persönliche Entbehrungen durch einen<br />
Umzug in eine andere Stadt bedeuten<br />
kann.<br />
Scheinbar endlose Praktika<br />
Auf Seiten der Unternehmen herrscht<br />
wahrlich kein Mangel an jungen und<br />
hochqualifizierten Studierenden, die<br />
bereit sind bis zu einem Jahr lang die<br />
unterschiedlichsten Aufgaben zu übernehmen.<br />
Die Arbeitgeber wissen um<br />
diese Bereitschaft und gestalten dementsprechend<br />
ihre Stellenangebote. Im<br />
Anschluss entsteht allerdings nur selten<br />
eine wirkliche langfristige Perspektive.<br />
Zusätzlich spiegelt die selten gezahlte<br />
Praktikumsvergütung immer weniger<br />
die Mühe und den Wert der tatsächlich<br />
geleisteten Arbeit wieder; Praktikanten<br />
werden häufig mit einer 38-40 Stunden<br />
Woche als feste Mitarbeiter eingeplant.<br />
Praktika, die sechs Monate und länger<br />
dauern, verdrängen potentiell Volontär-,<br />
Trainee- und schlimmstenfalls<br />
Vollzeitstellen. Eine ganze Generation<br />
gerät so trotz bester Vorraussetzungen<br />
in die Warteschleife der ewig Suchenden,<br />
ohne in absehbarer Zukunft von<br />
ihrem Arbeitsnomadendasein erlöst zu<br />
werden. Interessant ist, dass es anscheinend<br />
keinerlei offizielle, statistische Erhebungen<br />
zur „Generation Praktikum“<br />
gibt. Anscheinend kann niemand genau<br />
Auskunft darüber geben, wie lange<br />
Praktika durchschnittlich dauern und<br />
20<br />
21
Vermischtes<br />
> Fortsetzung von Seite 21<br />
ob sie letztendlich zu einer Festanstellung<br />
führen.<br />
Wie sollen junge Menschen den demographischen<br />
Wandel in unserer Gesellschaft<br />
positiv gestalten, wenn ihnen<br />
aufgrund mangelnder Erwerbsmöglichkeiten<br />
die finanzielle Grundlage für<br />
die Gründung einer eigenen Familie<br />
fehlt? Macht nicht gerade die Unplanbarkeit<br />
des heutigen Erwerbslebens<br />
das Unternehmen Familie zum immer<br />
seltener eingegangenen Abenteuer?<br />
Verkürzte Ausbildungszeiten können<br />
nur bedingt die „rush hour des Lebens“<br />
nach dem Studium entschleunigen.<br />
Der deutsche Arbeitsmarkt müsste<br />
einmal mehr einen flächendeckenden<br />
Ansturm an Hochschulabsolventen<br />
verkraften (siehe Bachelor-Studium).<br />
Was wir zunächst brauchen, ist ein<br />
parteipolitischer und gesellschaftlicher<br />
Diskurs, der die aufgezeigten Probleme<br />
der jungen Menschen in unserem Lande<br />
wirklichkeitsnah erörtert. Schönfärberei<br />
und das gebetsmühlenartige<br />
Wiederholen altgedienter Formeln hilft<br />
wenig. Die Arbeitslosigkeit der Akademiker<br />
lag im Jahr 2004 mit vier Prozent<br />
zwar deutlich unter der Quote der gesamten<br />
Bevölkerung (11,2%). Der Weg<br />
zum festen Job für Hochqualifizierte<br />
ist trotz dieser Tatsache oftmals nicht<br />
minder steinig. Als junger Absolvent<br />
würde man sich vor allem konkretere<br />
Unterstützung und Beratung zum Berufseinstieg<br />
seitens der Hochschulen<br />
wünschen – manch einer würde dafür<br />
vielleicht sogar gerne zahlen.<br />
Niels Kohrt (23) ist J&L Redakteur und<br />
lebt in Oldenburg. Ihr erreicht ihn<br />
unter zuhoererkohrt@web.de<br />
JuLis und Lis@ ziehen an einem Strang<br />
50/48/35 – Kein neues Steuersystem,<br />
sondern 80 Liter Fassungsvolumen<br />
– das ganze war ein Umzugskarton.<br />
Von diesen Umzugskartons wurden<br />
am 11. Sept. 2005<br />
vier übereinander,<br />
drei hintereinander<br />
und vier nebeneinander<br />
gestapelt. Auf<br />
keinen Fall war dies<br />
eine Mauer, es stellte<br />
einen Klotz von<br />
Generationenungerechtigkeit<br />
dar! Um Struktur<br />
und Leben in diese Konstruktion zu<br />
hauchen, wurden die Kartons ineinander<br />
verschoben und verschachtelt, anschließend<br />
mit grauem Tuch umhüllt.<br />
Vereint zogen <strong>Liberale</strong> Senioren (Lis@)<br />
Ortsverbände<br />
sprießen<br />
Trotz dessWahlkampfes gründete sich<br />
in Schwerte (Kreis Unna, NRW) nach<br />
einer langen Anlaufzeit im September<br />
2005 ein neuer Ortsverband. Schwerte<br />
ist jetzt nach Fröndenberg und Werne<br />
die dritte Stadt des Kreises Unna, in<br />
der ein eigener Ortsverband gegründet<br />
werden konnte. Die weißen Flecken auf<br />
der großen JuLi-Landkarte werden also<br />
immer weniger. Mit dem neuen Vorsitzenden<br />
Björn Aberts freuten sich auch<br />
die weiteren Vorstandsmitglieder Cathrin<br />
Schulte, Jan Treibel, Torben Seib,<br />
Tobias Schulze und Stephan Vogt auf<br />
die neue Arbeit.<br />
Mehr Informationen bekommt Ihr unter:<br />
www.julis-schwerte.de<br />
und JuLis auf dem FDP-Sonderparteitag<br />
am 11. September mit ganzer<br />
Kraft den Klotz aus dem Weg und<br />
gaben den Delegierten so den Weg<br />
zum Tagungssaal wieder frei.<br />
Mit der Aktion sollte auf die<br />
Perspektivlosigkeit, die unter<br />
anderem durch die hohe Verschuldung,<br />
das Rentendefizit<br />
und das Umlagesystem<br />
erzeugt wird, aufmerksam<br />
gemacht werden.<br />
Nur gemeinsam kann<br />
man es schaffen Reformen<br />
anzupacken um der Jugend wieder<br />
einen positiven Blick in die Zukunft<br />
zu geben. Lis@ und JuLis packen gemeinsam<br />
an!<br />
Niedersachsen –<br />
„Moin“<br />
Die JuLis Niedersachsen machten im<br />
Bundestagswahlkampf einen 11-tägigen<br />
Wahlkampfmarathon mit ihrem<br />
„Task-Force-Team“ durch das ganze<br />
Bundesland. Stationen waren unter<br />
anderem die touristischen Hochburgen<br />
Emden, Greetsiel, Aurich, Norddeich<br />
und Norderney. Nicht ganz leicht,<br />
wenn man bedenkt, dass die SPD hier<br />
ihr bundesweit bestes Ergebnis holte.<br />
Doch mit einem fröhlichen und unverzichtbaren<br />
„Moin“ auf den Lippen, lässt<br />
sich dann auch der Wahlkampf in Ostfriesland<br />
bestreiten. Und der Strand<br />
in Norderney zur anschließenden Erholung<br />
ist ja auch nicht schlecht...<br />
Mehr Informationen findet Ihr unter:<br />
www.julis-niedersachsen.de<br />
Termine<br />
National<br />
04.11. bis 05.11.2005<br />
31. Bundeskongress<br />
der JuLis, Berlin<br />
06.11.2005<br />
Feierlichkeiten zum <strong>25</strong>-jährigen<br />
Bestehen der JuLis, Berlin<br />
02.12. bis 04.12.2005<br />
Politisch-Programmatisches<br />
Wochenende, Gummersbach<br />
03.02. bis 05.02.2006<br />
Politisch-Programmatisches<br />
Wochenende, Gummersbach<br />
31.03. bis 02.04.2006<br />
32. Bundeskongress der JuLis<br />
09.06. bis 11.06.2006<br />
Politisch-Programmatisches<br />
Wochenende, Gummersbach<br />
International<br />
18. bis 23.11.2005<br />
IFLRY-Seminar (tbc)<br />
24. bis 27.11.2005<br />
IFLRY General Assembly<br />
30.11. bis 01.12.2005<br />
LYMEC-Seminar (tbc)<br />
02. bis 04.12.2005<br />
LYMEC Executive Committee<br />
Informationen &<br />
Anmeldungen<br />
Alle Informationen über internationale<br />
Veranstaltungen und Anmeldungen<br />
bekommt ihr vom International Officer<br />
im Bundesvorstand Gesine Röder.<br />
E-Mail: gesine.roeder@gmx.de<br />
jung & liberal Ausgabe 4|2005<br />
Mecklenburg-Vorpommern –<br />
„Eiskalt erwischt!“<br />
Für ihren Wahlkampf haben sich die<br />
JuLis in MV etwasBesonderes<br />
einfallen<br />
lassen. In Zusammenarbeit<br />
mit der FDP<br />
tourten sie mit<br />
einem Eiswagen<br />
durch das<br />
gesamte Bundesland.<br />
Am 21. August startete ihre<br />
Wahlkampftour in Prerow auf dem<br />
Berlin – „Grüne führen Selbstgespräche“<br />
Bündnis 90/Die Grünen hatten in der<br />
Oranienburger Straße in Berlin<br />
Mitte eine „Wählbar“ aufgemacht<br />
und am 6. August einen<br />
48 Stunden Redemarathon<br />
gestartet. Gerade als Renate<br />
Künast am Rednerpult stand<br />
kamen die JuLis an der Bar an<br />
und entrollten das Transparent<br />
„Der längste Rede-Marathon<br />
Deutschlands - 7 Jah-<br />
Mit der Präsentation<br />
ihres eigens<br />
für diesen Wahlkampfkomponierten<br />
Wahlhits<br />
„Neues Deutschland“<br />
starteten die <strong>Julis</strong> NRW Ende August in<br />
Hürth ihre Wahlkampftour durch ganz<br />
Nordrhein-Westfalen. Es folgten dann<br />
24 weitere Städte bis zum Wahlabend.<br />
„Neues Deutschland“, „The Energy of<br />
Kennedy“ und „Das JuLi-Lied“ prangten<br />
die Titel von der JuLi-Wahlkampf-CD;<br />
Text und Musik by Marco Buschmann,<br />
Darss. Bei sengender Hitze verteilten<br />
die JuLis zusammen mit<br />
FDPlern Halloren-Eis<br />
(eine ostdeutsche Pralinenspezialität<br />
nun<br />
auch gefroren, am<br />
Stiel erhältlich) im Zentrum<br />
des Ostseebades.<br />
Dann zogen sie weiter<br />
nach Neubrandenburg,<br />
Rostock und Wismar.<br />
Mehr Informationen bekommt Ihr unter:<br />
www.julis-mv.de<br />
re geredet und nichts getan.“ Die ganze<br />
Aufmerksamkeit galt nun<br />
nur noch den JuLis. Nebenbei<br />
wurden Sonnenblumenflyer<br />
verteilt. Auch<br />
Spiegel-Online und Focus-<br />
Online interessierten sich<br />
am Ende nur noch für die<br />
JuLis und nicht mehr für die<br />
Grünen. Mehr Infos unter:<br />
www.julis.com<br />
Nordrhein-Westfalen – „Tour de Marco“<br />
dem Spitzenkandidaten der JuLis in<br />
NRW und Joachim Stamp.<br />
Mehr Infos und die Songs zum Download,<br />
auch als Klingelton gibt es unter:<br />
www.julis-nrw.de<br />
Vermischtes<br />
Blindtext
1980 – 2005<br />
<strong>25</strong> JAHRE<br />
Don’t stop thinking<br />
about tomorrow !<br />
... war nicht nur die offizielle Hymne einer der<br />
international erfolgreichsten politischen Kampagnen<br />
der letzten <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> 1<br />
... sondern ist auch das Leitmotiv der erfolgreichsten<br />
Neugründung einer politischen Jugendorganisation in<br />
der Geschichte der Bundesrepublik 2 .<br />
Dazu gratuliert die Villa Lessing,<br />
ganz herzlich und wünscht weitere <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> freche,<br />
vorausschauende Politik,<br />
die nicht nur an morgen denkt,<br />
sondern auch übermorgen nicht vergisst.<br />
1 Wahlsieg von US-Präsident Bill Clinton 1992<br />
2 siehe Programmatik und Personal der Freien Demokratischen<br />
Partei (FDP), 2005<br />
Villa Lessing · <strong>Liberale</strong> Stiftung Saar e.V.<br />
Lessingstraße 10 · 66121 Saarbrücken<br />
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JUNGE LIBERALE