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Kindernothilfemagazin 2/2005

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Kindernothilfemagazin 2/2005

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Kindernothilfe<br />

Magazin<br />

175. Ausgabe 2/ <strong>2005</strong> www.kindernothilfe.de / www.kindernothilfe.at / www.kindernothilfe.ch<br />

Das starke Geschlecht<br />

Mädchen entscheiden im Kampf gegen die Armut<br />

Mut zum Träumen<br />

Das Rehabilitationszentrum Prepace vermittelt<br />

behinderten Kindern neues Selbstbewusstsein<br />

Grüezi mitenand!<br />

Seit einem halben Jahr ist die Kindernothilfe<br />

nun auch in der Schweiz vertreten


Inhalt<br />

14<br />

22<br />

26<br />

28<br />

6<br />

Das starke Geschlecht<br />

Kindernothilfe weltweit<br />

Den Teufelkreis durchbrechen<br />

Prepace fördert Kinder mit Behinderungen in Honduras<br />

Kindernothilfe Schweiz will überzeugen<br />

Interview mit Geschäftsführer Frank S. Boshold<br />

„Wo sind meine Freunde geblieben?“<br />

Sri Lanka: Der Schock nach dem Tsunami<br />

Die Freunde von Billy, Knut und Britt<br />

IKEA Stiftung unterstützt sozial beachteiligte Kinder<br />

14<br />

Mut zum Träumen<br />

Foto: Gustavo Castillo<br />

Titelgeschichte<br />

2/<strong>2005</strong><br />

Die Jahrhundertchance<br />

In allen Teilen der Welt tragen Mädchen und Frauen die<br />

Hauptlast der Armut: Sie sind es, die, oft auf sich allein<br />

gestellt, das Überleben der Familie sichern müssen.<br />

Werden sie gefördert, lässt sich die Armut wirkungsvoll<br />

bekämpfen. Der Kindernothilfe-Partner MCDP zeigt dies<br />

in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.<br />

26<br />

Der Tsunami und die Folgen<br />

29<br />

Kreativität wird belohnt<br />

Dr. Jürgen Thiesbonenkamp<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

2 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Foto: Gerhard Voogt/RP<br />

Foto: Uta Rademacher Foto: Kerstin Unseld<br />

4<br />

12<br />

13<br />

18<br />

Aktiv für Kinder<br />

Nachrichten<br />

Aktuelles aus der Arbeit der Kindernothilfe<br />

Transparent<br />

Fragen und Antworten rund um die Organisation<br />

Mitarbeiter im Profil<br />

Barbara Dünnweller, Referentin für Advocacy<br />

Engagement<br />

Aktionen und Ideen für Kinder in aller Welt<br />

5<br />

21<br />

24<br />

30<br />

3 1<br />

Service<br />

Termine<br />

Rufnummern / Konten<br />

Pinnwand<br />

Leserbriefe<br />

Bild des Quartals / Impressum<br />

Titelbild: Uta Rademacher<br />

Mädchen fördern,<br />

Armut bekämpfen!<br />

Gespannte Stille herrscht im Saal. Über 200 Augenpaare schauen<br />

zur Bühne. Denn dort wird gespielt, was viele aus ihrem Alltag<br />

kennen. Ein Mädchen kommt und will seine Freundin zur Schule<br />

abholen. Doch Belayush darf nicht. Ihre Mutter will, dass sie zu<br />

Hause bleibt. Die kleinen Geschwister müssen beaufsichtigt und<br />

der Haushalt geführt werden, während die Mutter auf dem Markt<br />

den gerösteten Weizen verkauft. Das Überleben fordert die ganze<br />

Arbeitskraft von Belayush. Im täglichen Existenzkampf bleibt für<br />

die Schule keine Zeit und kein Geld. Wie gerne würde sie mit ihrer<br />

Freundin zur Schule gehen. Der Wunsch ist größer als alles. Sie<br />

„schwänzt“ den Haushalt und geht zur Schule. Kaum ist sie weg,<br />

kommt die Mutter nach Hause. Sie ist außer sich. Später trifft sie<br />

die Mutter des anderen Mädchens. Hin und her geht es zwischen<br />

den beiden Frauen, bis allmählich die Einsicht siegt, dass der<br />

Schulbesuch für Belayush ganz wichtig ist.<br />

Das Drama ist zu Ende, der Beifall groß. Doch viele Mädchen im<br />

Saal wissen, wie schwer es ist, trotz Armut zur Schule gehen zu<br />

können. Manchmal wünsche ich mir, dass sie lesen könnten, was<br />

tausendfach auf den Großplakaten in Deutschland steht:<br />

„Mädchen können mit uns rechnen“. Was sie hier nicht lesen<br />

können, erfahren sie doch vor Ort. Gemeinsam mit dem Partner<br />

Multi-Purpose Community Development Project (MCDP) unterstützt<br />

die Kindernothilfe in einem der ärmsten Stadtteile Addis<br />

Abebas Mädchen darin, Schulbildung nachzuholen. Weil die Zukunft<br />

der Mädchen in den Köpfen der Mütter beginnt, werden auch sie<br />

gefördert, das Familieneinkommen zu steigern, um den Mädchen<br />

den Schulbesuch zu ermöglichen. Wie unsere Titelgeschichte zeigt,<br />

gelingt Armutsbekämpfung, wenn sie bei den Müttern und<br />

Mädchen beginnt. Bessere Bildung erhöht die Chancen auf mehr<br />

Einkommen. Mehr Selbstvertrauen und das Wissen um die<br />

eigenen Rechte sind Schutz vor Gewalt. Erlebte Gemeinschaft<br />

macht Mut, die Lebensbedingungen zu verändern.<br />

Darum geht es bei unserem Jahresthema <strong>2005</strong>: „Armut bekämpfen.<br />

Mädchen können mit uns rechnen.“ Armut ist kein blindes Schicksal,<br />

sondern ein Unrecht, das Kinder hart trifft, besonders die<br />

Mädchen. So nimmt unser Jahresthema auf, was die Psalmen von<br />

Gottes Wirken sagen: „Ich weiß, dass der Herr des Elenden Sache<br />

führen und den Armen Recht schaffen wird“ (Ps. 140, 13).<br />

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern<br />

eine interessante Lektüre.<br />

3


Foto: Wilfried Witters<br />

Foto: Punkt Foto: Radio PR<br />

Regenbogen<br />

Foto: Ralf Krämer<br />

Nachrichten<br />

Aktuelle Meldungen finden Sie täglich unter www.kindernothilfe.de<br />

4<br />

Prominente Putzteufel<br />

Tag der Staub-Engel zugunsten von Kinderarbeitern in Peru<br />

Eisschnellläuferin Claudia Pechstein (Bild<br />

oben links) gab im Rahmen der diesjährigen<br />

Staub-Engel-Aktion nicht nur auf<br />

dem Eis Vollgas: Die mehrfache Olympiasiegerin<br />

putzte gemeinsam mit Schülern<br />

der Wiesenschule in Buchholz das Büro des<br />

HSV-Geschäftsführers Bernd Hoffman in<br />

Hamburg. Damit machte sie auf die<br />

bundesweite Kinderhilfsaktion ‚Tag der<br />

Staub-Engel’ aufmerksam, die in diesem<br />

Jahr zum fünften Mal stattfand: Schüler<br />

aus ganz Deutschland putzten bei Verwandten,<br />

Bekannten oder Nachbarn und<br />

sammelten damit Geld für Kinder in<br />

Peru, die unter schwierigsten Bedingungen<br />

arbeiten müssen. „Viele Kinder haben<br />

nicht einmal die faire Chance auf einen<br />

guten Start ins Leben und können nicht<br />

zur Schule gehen. Mit der Aktion können<br />

wir etwas dagegen tun“, sagte die Sportlerin.<br />

Prominente Putzeinsätze gab es auch<br />

mit Fußball-Nationalspieler Torsten Frings<br />

in München (unten links), TV-Meteorologin<br />

Claudia Kleinert in Köln (unten<br />

rechts) und Brisant-Moderator Alexander<br />

Mazza in Leipzig (oben rechts).<br />

Kabarettist Josef Hader unterstützt Kampf gegen Armut<br />

Bis auf den letzten Platz gefüllt war die<br />

Wiener Buchhandlung Amadeus, als der<br />

beliebte Kabarettist Josef Hader aus dem<br />

Kindernothilfe-Heft „Robinson in Äthiopien“<br />

vorlas. Mit der Veranstaltung präsentierte<br />

die Kindernothilfe Österreich<br />

ihr diesjähriges Jahresthema „Armut bekämpfen.<br />

Kinder können mit uns rechnen.“<br />

Hader verzichtete nicht nur auf<br />

eine Gage, er spendete auch seine Einnahmen<br />

aus dem Auftritt vom selben<br />

Abend in der „Kulisse“. Der Kabarettist<br />

setzt sich für die Ziele der Kindernothilfe<br />

Österreich ein, zu denen an erster Stelle<br />

die Bekämpfung der weltweiten Armut<br />

gehört. Die Hilfsmaßnahmen der Kindernothilfe<br />

werden bereits von über 18 800<br />

Österreichern unterstützt.<br />

Foto: Punkt PR<br />

Foto: Rainer Striewski/WDR<br />

Foto: Uta Rademacher<br />

Kindernothilfe erzielt Rekordspendenergebnis<br />

Nachruf auf Waldemar Murjahn<br />

Waldemar Murjahn verstarb am 8. September 2004 im Alter<br />

von 81 Jahren. Mit ihm hat die Kindernothilfe einen treuen<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter, Freund und Förderer verloren. Herr<br />

Murjahn wurde 1977 in den ehrenamtlichen Kindernothilfe-<br />

Vorstand gewählt, ab Mai 1980 gehörte er dem Verwaltungsrat<br />

an, dessen 1. stellvertretender Vorsitzender er bis zu seinem Ausscheiden<br />

im November 1990 war. Waldemar Murjahn prägte<br />

Termine von Mai bis Juli<br />

26.-28.5., Hannover<br />

Deutscher Evangelischer Kirchentag: Kindernothilfe-Aktionsstand<br />

„Armut bekämpfen“<br />

auf dem Markt der Möglichkeiten,<br />

Halle 6, Stand D 43;<br />

27.5., 20 Uhr: Open-Air-Konzert der Wise<br />

Guys, Bühne am Opernplatz, Hannover<br />

4.6., Hamburg<br />

Gottesdienst/Ausstellung zur Unterstützung<br />

des Wiederaufbaus im Tsunamigebiet<br />

von Batticaloa/Sri Lanka im Rahmen<br />

der Hamburger Nacht der Kirchen, ab 17<br />

Uhr, Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern,<br />

Abteistraße 38, 20149 Hamburg<br />

18.-19.6., Duisburg<br />

Kinderfest zum Drachenbootrennen im<br />

Duisburger Innenhafen, Aktionen zum<br />

Motto „Armut bekämpfen – Mädchen<br />

können mit uns rechnen“<br />

11.7., Leverkusen<br />

Landesgartenschau: Kindernothilfe-Tag<br />

im Kirchengarten, 9-18 Uhr, Nobelstr. 91,<br />

51373 Leverkusen<br />

Dank der hohen Spendenbereitschaft nach dem Seebeben<br />

in Südasien sowie zahlreicher neu hinzugewonnener Paten<br />

sind die Erträge der Kindernothilfe e.V. im Jahr 2004 um<br />

mehr als drei Millionen Euro auf 50,1 Millionen Euro gestiegen.<br />

Damit lag die Summe der Spenden, Zuwendungen,<br />

Erbschaften und sonstigen Erträge erstmals in der<br />

Geschichte der Kindernothilfe über 50 Millionen Euro.<br />

Mit dem Geld konnten mehr als 218 000 (Vorjahr: 205 000)<br />

Kinder in 27 Ländern unterstützt werden.<br />

Auch die Kindernothilfe-Stiftung ist im vergangenen Jahr<br />

stark gewachsen. Das Kapital der Stiftung und das von<br />

ihr verwaltete Treuhandvermögen verzeichnete Zuwächse<br />

in Höhe von 1,4 Millionen Euro (plus 48 Prozent). Das<br />

Stiftungs- und Treuhandvermögen beläuft sich damit<br />

bereits auf über 4,35 Millionen Euro.<br />

Der Spendeneingang der Kindernothilfe Österreich hat<br />

sich 2004 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt:<br />

von 300 000 Euro auf über 650 000 Euro. Die Zahl der<br />

Spender stieg von 9 110 auf 16 660. Auch die Zahl der<br />

Patenschaften erhöhte sich von 751 auf 1 008.<br />

BÜCHERFLOHMÄRKTE<br />

Augsburg<br />

4.6. / 18.6. / 2.7.<br />

Bahnhofstraße/Fuggerstraße, 10-17 Uhr<br />

Köln<br />

18.6. / 19.6.<br />

Rheinuferpromenade, 10-18 Uhr<br />

München<br />

18.6. / 2.7. / 23.7.<br />

Rotkreuzplatz, 9-16 Uhr<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 5<br />

Foto: Ralf Krämer<br />

Grafik: Ralf Krämer<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Erträge der Kindernothilfe e.V. stiegen in den vergangenen<br />

fünf Jahren um 44,8 auf 50,1 Mio Euro (+ 11,8 Prozent)<br />

<br />

<br />

die Arbeit unseres Werkes. Sein fachlicher Rat war den hauptamtlichen<br />

Mitarbeitenden sehr wichtig, ebenso sein unternehmerisches<br />

Denken und seine Liebe für die Not leidenden<br />

Kinder und Jugendlichen dieser Welt. Sein Handeln war geprägt<br />

durch seinen tiefen Glauben. Wir sind dankbar für allen Segen,<br />

alle Gnade und Hilfe, die Jesus Christus der Kindernothilfe<br />

durch Waldemar Murjahn geschenkt hat.


Das starke Geschlecht<br />

<br />

Äthiopien ist eines der ärmsten Länder der Welt: 50 der 67 Millionen<br />

Menschen leben von weniger als einem US-Dollar am Tag. Die Hauptlast der<br />

Armut tragen dabei Frauen und Mädchen: Sie sind es, die oft auf sich allein<br />

gestellt das Überleben der Familie sichern müssen. Das weibliche Geschlecht zu fördern, ist<br />

daher ein zentraler Ansatz der Armutsbekämpfung. In Addis Abeba unterstützt der Kinder-<br />

nothilfe-Partner MCDP Mädchen und Frauen auf vielfältige Art und Weise. Fotos: Uta Rademacher<br />

Ob sie gerne zur Schule geht? Amelework<br />

lacht. Was für eine Frage! „Sehr gerne“,<br />

sagt sie mit strahlenden Augen. Kein<br />

Wunder, wenn man erfährt, was die 14-<br />

Jährige in der letzten Zeit durchgemacht<br />

hat. Im Alter von zehn Jahren erkrankte<br />

sie an Typhus und Tuberkulose, mehr als<br />

einmal schaute sie dem Tod ins Angesicht.<br />

„Wir haben nicht mehr daran geglaubt,<br />

dass sie durchkommt“, sagt ihre Mutter<br />

leise. Vier Jahre dauerte es, bis Amelework<br />

wieder ganz gesund war, vier Jahre, in<br />

denen sie nicht zur Schule gehen konnte.<br />

„Wenn ich die anderen Kinder vom Unterricht<br />

kommen sah, habe ich geweint“,<br />

erinnert sie sich.<br />

Ameleworks Familie wohnt in einem Slum<br />

der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.<br />

Selbst für äthiopische Verhältnisse sind die<br />

Menschen hier extrem arm: Die meisten<br />

leben von weniger als 100 Birr (ca. 10 Euro)<br />

im Monat. Amelework, ihre Eltern und<br />

ihre vier Geschwister wohnen in einer<br />

Hütte aus Holz, Lehm und Stroh, die von<br />

einem Wellblechdach mehr schlecht als<br />

recht vor Regen geschützt wird. Ein einziges,<br />

ca. 12 m 2 großes Zimmer mit spärlicher<br />

Einrichtung dient als Wohn- und Schlafraum<br />

für sieben Personen. Fließendes<br />

Wasser gibt es nicht; Kochstelle und<br />

Latrine müssen mit den Nachbarn geteilt<br />

werden.<br />

Dass Amelework heute wieder zur Schule<br />

gehen kann, ist keine Selbstverständlichkeit.<br />

Denn wer in Äthiopien einmal<br />

den Besuch einer staatlichen Schule<br />

(government school) unterbrochen hat,<br />

für den gibt es kein Zurück. Zwar stehen<br />

ihm noch öffentliche (public schools)<br />

oder private Schulen (private schools)<br />

offen, doch fallen dort neben den Kosten<br />

für Schuluniform und -bücher auch monatliche<br />

Gebühren an. Und die sind für<br />

Familien wie die von Amelework unbezahlbar.<br />

Die 14-Jährige ist daher glücklich,<br />

dass die Kindernothilfe über ihren äthiopischen<br />

Partner MCDP (Multi-Purpose<br />

Community Development Project) für die<br />

Kosten aufkommt.<br />

MCDP ist eine 1998 gegründete Nichtregierungsorganisation,<br />

die sich insbesondere<br />

die Förderung von Mädchen und<br />

Frauen zur Aufgabe gemacht hat. Sie sind<br />

es, die (nicht nur) in Äthiopien besonders<br />

von Armut betroffen sind. Eine der Ursachen<br />

ist das eklatante Bildungsgefälle<br />

zwischen den Geschlechtern: Während die<br />

Einschulungsrate von äthiopischen Jungen<br />

im vergangenen Jahr bei 72 Prozent lag,<br />

betrug die von Mädchen nur 52 Prozent.<br />

Zwar verweist die Regierung mit Stolz<br />

darauf, dass diese Quote in den letzten<br />

Jahren deutlich gestiegen ist. Doch vom<br />

Ziel, dass genauso viele Mädchen wie<br />

Jungen die Schulbank drücken, ist das<br />

Land immer noch weit entfernt. Dies<br />

hängt auch damit zusammen, dass viele<br />

Mädchen den Schulbesuch vorzeitig abbrechen:<br />

manchmal (wie im Fall von Amelework)<br />

aus Krankheitsgründen, manchmal<br />

wegen einer Schwangerschaft, häufig<br />

jedoch, weil sie zum Familienunterhalt<br />

beitragen müssen oder die Eltern ihrer<br />

Bildung weniger Bedeutung beimessen<br />

als derjenigen ihrer Brüder. Doch ohne<br />

Schulabschluss haben sie keine Chance<br />

auf eine Berufsausbildung und damit<br />

auch keine Aussichten, einmal ein<br />

besseres Leben führen zu können. Ein<br />

Schwerpunkt der Arbeit von MCDP besteht<br />

daher darin, Mädchen (wieder) in<br />

Serie / Armutsbekämpfung, Folge 2<br />

6 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 7


Serie / Armutsbekämpfung, Folge 2<br />

die Schule zu bringen und bis zum Abschluss<br />

zu begleiten. Im vergangenen<br />

Jahr zogen die Mitarbeiter der Organisation<br />

von Haus zu Haus und erkundigten<br />

sich nach Analphabetinnen und Schulabbrecherinnen<br />

sowie den Gründen für<br />

deren Fernbleiben vom Unterricht. So<br />

fanden sie mehrere Hundert Mädchen,<br />

die aus Armut nicht zur Schule gingen.<br />

„Wenn man sich anstrengt, hat man auch Erfolg“, sagt Tsigereda.<br />

Die 18-Jährige möchte ein eigenes Restaurant eröffnen<br />

Mit Unterstützung der Kindernothilfe<br />

konnten knapp 100 Mädchen neu eingeschult<br />

werden, 70 setzten ihren Schulbesuch<br />

fort, 25 begannen eine Ausbildung<br />

als Kindergärtnerin oder Köchin.<br />

Eine von ihnen ist die 18-jährige Tsigereda.<br />

Sie brach in der neunten Klasse den<br />

Schulbesuch ab, weil ihre Familie die<br />

Kosten für Schulbücher und -uniform<br />

nicht mehr aufbringen konnte. Ebenso<br />

wie Amelework hat sie vier Geschwister:<br />

drei ältere Schwestern und einen jüngeren<br />

Bruder. Ihr Vater ist arbeitslos, ihre<br />

Mutter und ihre Schwestern – alle ebenfalls<br />

Schulabbrecherinnen – verdienen<br />

den Lebensunterhalt der Familie mit<br />

Sticken. Auch Tsigereda stickte, ehe sie<br />

vor acht Monaten mit der Ausbildung<br />

zur Köchin begann. Nun fährt sie viermal<br />

in der Woche mit dem Bus in die 45<br />

Minuten entfernte Kochschule. Dort lernt<br />

sie neben der traditionellen äthiopischen<br />

Küche auch internationale Gerichte zuzubereiten<br />

– Gerichte, die sie nie zuvor<br />

gesehen, geschweige denn selber gegessen<br />

hat. In einem Monat steht die<br />

Abschlussprüfung an. Tsigereda hofft,<br />

anschließend eine Stelle als Köchin zu<br />

finden. Falls dies nicht klappt, möchte sie<br />

zusammen mit anderen Absolventinnen<br />

des Kochkurses ein eigenes kleines Restaurant<br />

eröffnen. „Wenn man sich anstrengt,<br />

hat man auch Erfolg“, ist sie<br />

überzeugt. Ihr Selbstbewusstsein speist<br />

sich nicht zuletzt aus den monatlich<br />

stattfindenden Treffen bei MCDP, in denen<br />

die Mädchen gemeinsam mit den Projektmitarbeiterinnen<br />

nach Lösungen für<br />

ihre drängendsten Probleme suchen.<br />

Von einer Berufsausbildung ist Amelework<br />

noch ein gutes Stück entfernt. Nachdem<br />

sie mehrere Jahre nicht zur Schule<br />

gehen konnte, besucht die 14-Jährige<br />

erst die 3. Klasse. Doch dass sie überhaupt<br />

wieder zur Schule gehen kann,<br />

Amelework und ihre Mutter Leben in ärmlichsten Verhältnisse. Ein einziges Zimmer dient als Wohn- und Schlafraum für sieben Personen<br />

ohne zum Lebensunterhalt der Familie<br />

beitragen zu müssen, verdankt sie auch<br />

der Tatsache, dass ihre Mutter die Familie<br />

ernährt. Denn ihr Vater, der früher als<br />

Weber tätig war, arbeitet nicht. Ob er<br />

krank oder – wie viele Männer hier –<br />

Alkoholiker ist, darüber möchte Amelework<br />

nicht reden. „Obwohl er da ist, ist<br />

es so, als ob er nicht da wäre“, sagt sie<br />

resigniert. Ameleworks Mutter verdient<br />

ihr Geld durch die Herstellung von kollo,<br />

geröstetem Weizen, der in Äthiopien traditionell<br />

zum Kaffee gegessen wird. Alle<br />

zwei Tage kauft sie das Getreide auf dem<br />

Markt und bringt es auf ein Feld in der<br />

Nähe ihres Hauses, wo sie durch Schütteln<br />

die Spelzen vom Korn trennt. Anschließend<br />

röstet sie das Korn in der Gemeinschaftsküche<br />

in großen Pfannen. 400 Kilogramm<br />

kollo stellt die zierliche Frau in der<br />

Woche her. Um diese Menge zu schaffen,<br />

arbeitet sie 14 Stunden am Tag. Der Lohn<br />

sind 30 Birr pro Woche, knapp drei Euro.<br />

„Das ist nicht viel, aber wir kommen damit<br />

aus“, sagt sie.<br />

Vor zwei Jahren hat sich Ameleworks<br />

Mutter einer von MCDP ins Leben gerufenen<br />

Frauenkooperative angeschlossen.<br />

Der Kooperative mit dem Namen Endeg<br />

Bandnet (Lasst uns zusammenwachsen)<br />

gehören 65 Frauen an. Sie treffen sich<br />

regelmäßig, um gemeinsam wirtschaftliche<br />

Probleme zu besprechen. Jedes Mitglied<br />

zahlt zudem wöchentlich einen kleinen<br />

Betrag auf ein gemeinsames Konto<br />

ein. Das angesparte Geld wird reihum als<br />

Kredit vergeben. Die Darlehen werden<br />

für geschäftliche Investitionen oder in<br />

Notsituationen bereit gestellt, über ihre<br />

Vergabe entscheiden die Frauen selber,<br />

lediglich beraten von einer MCDP-Mitarbeiterin.<br />

Ameleworks Mutter hat bislang<br />

zwei Kredite erhalten: einen über<br />

400 Birr und einen über 1 500 Birr. Sie hat<br />

das Geld dazu genutzt, eine größere<br />

Menge Weizen anzuschaffen und Medikamente<br />

für ihre Tochter zu kaufen. Von<br />

dem Erlös aus dem Verkauf von kollo<br />

konnte sie die Kredite in Raten zurückzahlen<br />

und neuen Weizen kaufen. „Wenn<br />

ich einen privaten Kredit aufnehme, habe<br />

ich Angst, ihn nicht zurückzahlen zu<br />

können“, sagt sie. „Ein Kredit der Kooperative<br />

ist fast wie mein eigenes Geld.“<br />

Neben der wirtschaftlichen Stärkung er-<br />

Projekt: 6076/AB/54<br />

Zu Hause gab es für Tsigereda nicht genug zu essen. Nun lernt sie internationale Gerichte zuzubereiten<br />

8 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 9<br />

Foto: Jens Großmann


Projekt: 6076/AB/54<br />

fahren die Frauen durch die Kooperative<br />

auch soziale Unterstützung. Sie teilen ihre<br />

Sorgen miteinander, machen sich Mut<br />

und helfen sich gegenseitig. So steigt ihr<br />

Selbstbewusstsein und ihre Unabhängigkeit.<br />

In einer Gesellschaft wie der<br />

äthiopischen, in der Frauen traditionell<br />

unterdrückt werden, ist dies von enormer<br />

Bedeutung. Um ein Bewusstsein für<br />

die Diskriminierung von Mädchen und<br />

Frauen zu schaffen und über deren<br />

Rechte aufzuklären, organisiert MCDP<br />

auch regelmäßige Informationsveranstaltungen,<br />

die in Form von traditionellen<br />

Kaffeezeremonien abgehalten werden.<br />

Dort diskutieren Frauen und Männer<br />

über klassische Rollenbilder, zum Beispiel<br />

anhand von Sprichwörtern: „Wofür eine<br />

Frau ein Jahr braucht, das schafft ein Mann<br />

an einem Tag“ oder „Die Welt der Frau ist<br />

ihr Ehemann“, sagt man(n) in Äthiopien.<br />

Ziel der Veranstaltungen ist, dass Eltern<br />

das traditionelle Rollenbild in Frage stellen<br />

und Mädchen die gleichen Entfaltungsmöglichkeiten<br />

einräumen wie Jungen.<br />

Bei Ameleworks Mutter zumindest ist dies<br />

gelungen. Sie wünscht sich, dass ihre<br />

Tochter die Schule beendet und eine An-<br />

stellung findet. Dass Frauen den Männern<br />

ebenbürtig sind, mag sie dennoch nicht<br />

aussprechen – sei es aus Bescheidenheit,<br />

sei es, weil sie selbst noch im traditionellen<br />

Denken verhaftet ist. „Frauen sind<br />

schwach“, meint die Mutter von fünf<br />

Kindern, die ihre Familie ohne jegliche<br />

männliche Unterstützung ernährt. Doch<br />

da widerspricht ihre Tochter, die gerne<br />

Weltweite Aktion<br />

gegen Armut<br />

einmal Ärztin werden möchte, energisch:<br />

„Männer haben vielleicht mehr Kraft, aber<br />

Frauen sind psychisch stärker“, sagt sie<br />

selbstbewusst. „Frauen schaffen eine ganze<br />

Menge.“<br />

Thorsten Lichtblau<br />

Zusammen mit mehr als 100 deutschen Nichtregierungsorganisationen<br />

und Prominenten wie<br />

Herbert Grönemeyer, Claudia Schiffer, Anne Will und<br />

Xavier Naidoo beteiligt sich die Kindernothilfe <strong>2005</strong><br />

an der „Weltweiten Aktion gegen Armut“. Die Aktion<br />

versteht sich als Teil der internationalen Kampagne „Global Call to Action<br />

against Poverty“, in der Organisationen aus über 60 Ländern zusammengeschlossen<br />

sind. Symbol für die Forderung nach mehr und besserer Entwicklungshilfe,<br />

einem umfassenden Schuldenerlass für die ärmsten Länder und<br />

einem gerechteren Welthandel ist das „Weiße Band“. Es wird am Handgelenk<br />

getragen, um den Arm geschlungen, um Gebäude gewickelt und bei weiteren<br />

Aktionen eingesetzt. Weitere Infos: www.weltweite-aktion-gegen-armut.de<br />

In einer großen Pfanne röstet Ameleworks Mutter Weizen. 400 Kilogramm kollo stellt sie so in der Woche her<br />

Redakteur bei der Kindernothilfe<br />

Thorsten.Lichtblau@knh.de<br />

www.deine-stimme-gegen-armut.de<br />

Warum hat die Kindernothilfe für <strong>2005</strong> das<br />

Jahresthema „Armut bekämpfen. Mädchen<br />

können mit uns rechnen“ gewählt?<br />

Armutsbekämpfung ist das zentrale Thema<br />

der Entwicklungszusammenarbeit. Die internationale<br />

Staatengemeinschaft vereinbarte<br />

im Jahr 2000 ehrgeizige Ziele zur<br />

Reduzierung der Armut bis 2015. Vier dieser<br />

Ziele beziehen sich ausdrücklich auf Kinder<br />

und Jugendliche. Anlässlich einer UN-<br />

Generalversammlung wird im September<br />

<strong>2005</strong> Zwischenbilanz gezogen. Die Kindernothilfe<br />

will mit ihrem Jahresthema die<br />

Bedeutung der Armutsbekämpfung für<br />

die eigene Arbeit würdigen. Gleichzeitig<br />

will sie die Chance wahrnehmen, auf<br />

blinde Flecken in den gängigen Strategien<br />

zur Reduzierung der Armut hinzuweisen.<br />

Denn häufig bekommen Kinder<br />

und Jugendliche, insbesondere Mädchen,<br />

darin nicht den Stellenwert, der ihnen<br />

aufgrund ihrer Situation und ihres Entwicklungspotentials<br />

zukommen sollte.<br />

Warum sind Mädchen und Frauen besonders<br />

von Armut betroffen?<br />

Frauen tragen die Hauptlast der Armut,<br />

weil sie in allen Kulturen für das Überleben<br />

ihrer Familien verantwortlich sind.<br />

Diese Schlüsselrolle können sie jedoch<br />

nur unter extrem schwierigen Bedingungen<br />

wahrnehmen, weil sie oft schlecht<br />

ausgebildet sind und ihr niedriger<br />

sozialer Status ihnen enge Grenzen setzt.<br />

Je größer die Armut ist, desto größer ist<br />

die Benachteiligung von Mädchen.<br />

Häufig können sie nicht zur Schule<br />

gehen, weil ihre Brüder bevorzugt werden,<br />

weil sie im Haushalt helfen müssen<br />

oder weil sie zum Familieneinkommen<br />

beizutragen haben. So wird die Armut<br />

Serie / Armutsbekämpfung, Folge 2<br />

Nachgefragt bei Elke Rusteberg<br />

Leiterin des Referats für Projektbeantragung, Sektorfragen und Evaluierung<br />

von Frauen und die Diskriminierung von<br />

Mädchen von Generation zu Generation<br />

weitergegeben.<br />

Was tut die Kindernothilfe, um Mädchen<br />

und Frauen zu fördern?<br />

Die Gleichbehandlung von Mädchen und<br />

Jungen ist ein Grundprinzip der Förderung<br />

durch die Kindernothilfe. Durch<br />

Chancengleichheit in Familien, Schule<br />

und Gesellschaft verbessern sich die Aussichten<br />

von Mädchen, die Armut überwinden<br />

zu können. Das Recht auf Bildung<br />

und Ausbildung und der Abbau von<br />

Diskriminierungen sind daher die zentralen<br />

Ansatzpunkte der Kindernothilfe.<br />

Mädchen erfahren in allen Bereichen gezielte<br />

Unterstützung, in denen sie benachteiligt<br />

sind. Ein Beispiel: Mädchen<br />

können sich oft nicht gegen ungeschützte<br />

Sexualkontakte wehren. Die Kindernot-<br />

<br />

hilfe setzt sich daher dafür ein, dass die<br />

HIV/Aids-Prävention auf die Bedürfnisse<br />

von Mädchen zugeschnitten wird. Um<br />

einen allmählichen Wandel in den traditionellen<br />

Rollenvorstellungen zu erreichen,<br />

ist Bewusstseinsbildung in der ganzen<br />

Gesellschaft nötig.<br />

Mit welchen Mitteln macht die Kindernothilfe<br />

auf ihr Jahresthema aufmerksam?<br />

Das Thema Armutsbekämpfung zieht sich<br />

<strong>2005</strong> wie ein roter Faden durch alle Medien,<br />

Veranstaltungen und Aktionen der<br />

Kindernothilfe. Es ist unter anderem Gegenstand<br />

einer Plakatkampagne, einer<br />

Materialmappe und einer Unterrichtseinheit,<br />

spiegelt sich auf unserer Homepage<br />

wider und ist zentraler Inhalt der politischen<br />

Lobbyarbeit, unserer Aktivitäten<br />

auf dem Evangelischen Kirchentag sowie<br />

bei den World Games.<br />

<br />

Die Kindernothilfe unterstützt Mädchen in allen Bereichen, in denen sie benachteiligt werden<br />

10 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 11


Foto: Uta Rademacher<br />

12<br />

Transparent<br />

Fragen und Antworten rund um die Arbeit der Kindernothilfe<br />

Foto: Christoph Engel<br />

Eine Frage, Frau Wibiral...<br />

Wie ist die Kindernothilfe Österreich mit der Kindernothilfe in Deutschland verbunden?<br />

Die Kindernothilfe Österreich wurde 1996 gegründet und ist ein eigenständiger, gemeinnütziger<br />

Verein. Wir verstehen uns als Partner der Kindernothilfe Deutschland und haben das<br />

gemeinsame Ziel, benachteiligten Kindern eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Mittels<br />

Kampagnen, Öffentlichkeits- und Pressearbeit schaffen wir in Österreich ein Bewusstsein für<br />

die Ursachen von Armut und ihren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig<br />

stellen wir verschiedene Hilfsformen, wie zum Beispiel die Kinderpatenschaft, vor und stehen<br />

unseren Paten und Spendern für ihre Fragen zur Seite.<br />

Die geförderten Projekte und Programme, die aus der Zusammenarbeit mit einheimischen<br />

Partnern entstehen, werden derzeit aus ökonomischen Gründen von der Kindernothilfe in<br />

Deutschland betreut.<br />

Die Kindernothilfe Österreich erreichen Sie unter Tel. 01.513 93 30 bzw. info@kindernothilfe.at.<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Spenden<br />

oder stiften?<br />

Spenden müssen zeitnah verwendet werden und<br />

sind in der Regel zweckgebunden. Bei der Kindernothilfe<br />

e.V. fließen die Spenden zu 85 Prozent<br />

direkt in die Programm- und Projektarbeit. Stiften<br />

hingegen heißt, Vermögen auf Dauer einem bestimmten<br />

Zweck zu widmen. Die Kindernothilfe-<br />

Stiftung ist daher die richtige Ansprechpartnerin<br />

für all jene, die mit ihrem Kapital langfristig und<br />

über die eigene Lebenszeit hinaus helfen möchten.<br />

Stiftungen sind eine Investition in die Zukunft.<br />

Herbert Loreetuerosto odio co<br />

Luzia Wibiral<br />

Kann ich meinem Patenkind eine<br />

E-Mail schicken?<br />

In manchen Fällen ist das durchaus möglich. Allerdings verfügen nur<br />

wenige Projekte über die erforderliche Technik. So müsste eine E-Mail<br />

oft bereits im zentralen Partnerbüro ausgedruckt werden. Sie würde<br />

dann einen Teil der Reise zu Ihrem Patenkind doch auf dem Postweg<br />

fortsetzen. Deswegen können die Kinder leider auch in keinem Fall per<br />

E-Mail antworten. Übrigens: Die Kinder freuen sich sehr über einen<br />

handgeschriebenen Brief oder eine bunte Karte mit einer schönen<br />

Briefmarke darauf, die per Post um die ganze Welt gereist ist.<br />

Foto: Foto: Franz Ralf Pflügl Krämer<br />

Anwältin der Kinder<br />

Foto: Ralf Krämer<br />

Name: Barbara Dünnweller<br />

Alter: 51<br />

Beruf: Referentin<br />

für Advocacy<br />

Wann und wie sind Sie zur Kindernothilfe<br />

gekommen?<br />

Nachdem ich zuvor in einem Verein tätig<br />

war, der die Menschenrechtsarbeit in<br />

Mittelamerika unterstützte, habe ich 1991<br />

bei der Kindernothilfe die Sachbearbeitung<br />

für die Länder Guatemala und Honduras<br />

übernommen. 1994 bin ich dann in<br />

den Bereich Öffentlichkeitsarbeit gewech-<br />

selt und habe mich zunächst um die<br />

entwicklungspolitische Bildungsarbeit gekümmert.<br />

Seit 1997 sind Sie für Advocacy zuständig.<br />

Was verbirgt sich hinter<br />

diesem Begriff?<br />

Leider gibt es keine griffige deutsche<br />

Bezeichnung für Advocacy. Gemeint ist<br />

eine Anwalt-Funktion für und im Namen<br />

von Kindern und Jugendlichen. Meine<br />

Aufgabe besteht darin, mich auf nationaler<br />

und internationaler Ebene für die<br />

Durchsetzung ihrer Rechte einzusetzen.<br />

Dies geschieht in Zusammenarbeit mit<br />

anderen Organisationen, aber auch mit<br />

Kolleginnen und Kollegen im Haus sowie<br />

mit unseren Partnern im Ausland. Die<br />

Arbeit beinhaltet im Wesentlichen, Forderungen<br />

an die Politik zu formulieren<br />

und darauf zu drängen, dass Versprechen<br />

und eingegangene Verpflichtungen<br />

eingehalten bzw. umgesetzt werden.<br />

Gespräche mit Politikern, Vorträge<br />

in Gremien sowie die Teilnahme an Konferenzen,<br />

wie dem Weltkindergipfel der<br />

Vereinten Nationen 2002, sind Bestandteile<br />

meiner Arbeit.<br />

Welche Erfolge konnten Sie bereits<br />

erzielen?<br />

Ein Erfolg dieser Arbeit ist es, Kinderrechte<br />

auf die nationale und internationale<br />

Tagesordnung zu setzen. Das ist<br />

zum Beispiel im Fall des Beschwerderechts<br />

für Kinder gelungen. Die Bundesregierung<br />

prüft gegenwärtig, ob und<br />

wie sie die Forderung der Kindernothilfe<br />

unterstützen kann, wonach Kinder vor<br />

einem UN-Gremium gehört werden<br />

müssen, wenn ihre Rechte verletzt werden.<br />

Seit letztem Jahr hat die Kindernothilfe<br />

den Beraterstatus beim Wirtschafts-<br />

und Sozialrat der Vereinten Nationen<br />

und kann somit Einfluss auf wichtige<br />

Entscheidungen nehmen. Beim weltweiten<br />

Marsch gegen Kinderarbeit und für<br />

die Kinderrechte 1998 wurde nicht nur<br />

die breite Öffentlichkeit erreicht, sondern<br />

auch ein Bundestagsbeschluss erwirkt.<br />

Ich freue mich auch, dass unsere<br />

Fachkompetenz in Kinderrechtsfragen<br />

zunehmend gefragt ist.<br />

Welches ist Ihr größter Wunsch?<br />

Dass es gelingt, Kinderrechte einklagbar<br />

zu machen, und das nicht erst in 20 Jahren.<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Foto: Ralf Krämer<br />

13


14<br />

Mut zum Träumen<br />

<br />

35 Millionen behinderte Kinder leben Schätzungen zufolge in den Ent-<br />

wicklungsländern. 98 Prozent von ihnen erhalten keine Schulbildung und<br />

haben somit keine Chance, dem Teufelskreis von Armut und Behinderung zu<br />

entf liehen. Auch Honduras bildet hier keine Ausnahme. Umso wichtiger ist die Arbeit des<br />

Kindernothilfe-Partners Prepace: Sie ermöglicht behinderten Kindern und Jugendlichen in<br />

der Hauptstadt Tegucigalpa die Integration in die Gesellschaft. Fotos: Gustavo Castillo<br />

Angy ist ein aufgewecktes und intelligentes<br />

Mädchen von sechs Jahren. Sie<br />

möchte Rechtsanwältin werden, um den<br />

Armen zu helfen. Oder Lehrerin, das findet<br />

sie auch gut. Auf den ersten Blick<br />

würde ihr niemand solche Pläne und so<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

viel Energie zutrauen: Angy ist schwer<br />

behindert. Bei ihrer Geburt hatte sie<br />

einen offenen Rücken und einen Wasserkopf.<br />

Mehrfach musste sie operiert werden.<br />

Mittlerweile geht es ihr – den Umständen<br />

entsprechend – gut. Zwar hat sie nur die<br />

Körpergröße einer Dreijährigen und kann<br />

nicht laufen, sondern robbt über den<br />

Boden oder wird herumgetragen. Doch<br />

trotz ihrer Beschränkungen besitzt das<br />

Mädchen einen Optimismus und eine<br />

Kraft, von der viele Gesunde nur träu-<br />

men können. Seine größte Sorge gilt der<br />

Mutter, die keine Arbeit und keine eigene<br />

Wohnung hat. Sie und Angy sind<br />

deshalb bei Verwandten ihres verstorbenen<br />

Mannes untergeschlüpft.<br />

Angy ist eines von 275 Kindern, die in dem<br />

Rehabilitationszentrum von Prepace in<br />

Tegucigalpa/Honduras gefördert werden.<br />

Das Projekt wird seit 2002 von der Kindernothilfe<br />

unterstützt. „Je nach Behinderung<br />

erhalten die Kinder und Jugendlichen<br />

Physiotherapie, Unterwassergymnastik,<br />

Sprach- oder Musiktherapie“, erzählt<br />

die Direktorin von Prepace, Gloria<br />

López. In Honduras steckt die Behindertenarbeit<br />

noch in den Kinderschuhen: Im<br />

ganzen Land gibt es nur drei staatliche<br />

Rehabilitationszentren. Zwar existieren<br />

auch einige private Einrichtungen, aber<br />

Familien wie die von Angy können sich<br />

dort keinen Platz leisten. Umso erfreulicher<br />

ist es, dass die First Lady von Hon-<br />

Rehabilitation<br />

duras, Aguas Ocaña de Maduro, die Arbeit<br />

von Prepace unterstützt. Deren Direktorin<br />

ist stolz darauf, dass ihre langjährigen<br />

Bemühungen endlich Erfolg<br />

hatten und Prepace jetzt als halbstaatliche<br />

Einrichtung anerkannt ist: „Neben<br />

der Wertschätzung unserer Arbeit bedeutet<br />

dies, dass der Staat die Lehrergehälter<br />

für die Einrichtung zahlt“, erklärt<br />

Gloria López.<br />

Viele der 275 Kinder und Jugendlichen besuchen<br />

das Rehabilitationszentrum täglich.<br />

Neben den Therapien gibt es Kurse<br />

zur Vorbereitung auf die Schule. Denn<br />

Ziel ist es, allen Kindern, die dazu in der<br />

Lage sind, den Schulbesuch zu ermöglichen.<br />

Zurzeit sind es bereits 50 Kinder,<br />

die fünf Regelschulen in Tegucigalpa besuchen.<br />

An jeder dieser Schulen ist eine<br />

bei Prepace angestellte Sonderschullehrerin<br />

tätig, die die Kinder im Unterricht<br />

begleitet und zusätzlich fördert sowie Angy und ihre Mutter fühlen sich wohl bei Prepace<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 15


Rehabilitation<br />

die Lehrer/-innen unterstützt. Die Integration<br />

der behinderten Kinder in die<br />

Regelschulen ist nicht einfach. Prepace<br />

muss sich für jedes einzelne Kind einsetzen,<br />

da es von der Bereitschaft der<br />

Lehrer/-innen abhängt, ob ein Kind in die<br />

Klasse aufgenommen wird. Doch gerade<br />

„Wir wollen erreichen, dass die Kinder ein gleichberechtigtes<br />

Leben in der honduranischen Gesellschaft führen können.“<br />

darin sieht Gloria López neben der individuellen<br />

Förderung der Kinder die<br />

Hauptaufgabe der Organisation: „Wir<br />

wollen Anwalt der Kinder sein und erreichen,<br />

dass sie ein gleichberechtigtes<br />

Leben in der honduranischen Gesellschaft<br />

führen können.“<br />

In der Sprachtherapie lernen die Kinder, ihre Aussprache zu verbessern<br />

Neben der therapeutischen Hilfe und der<br />

schulischen Qualifikation haben die Kinder<br />

und Jugendlichen im Rehabilitationszentrum<br />

auch die Möglichkeit, sich<br />

handwerkliche Fähigkeiten anzueignen,<br />

die ihr Selbstbewusstsein stärken und<br />

sie zu einfachen Arbeiten befähigen. In<br />

einer Werkstatt werden Alltagsgegenstände<br />

wie zum Beispiel Mülltüten hergestellt,<br />

deren Verkauf Prepace zusätzliche<br />

Einnahmen beschert. Zurzeit wird<br />

zudem eine Bäckerei eingerichtet, in der<br />

die Jugendlichen das Bäckerhandwerk<br />

erlernen können.<br />

Weniger schwer behinderte Jugendliche<br />

können im Rehabilitationszentrum per<br />

Fernkurs das Abitur machen. Einmal in<br />

der Woche erhalten sie Förderunterricht,<br />

damit schwierige Aufgaben gemeinsam<br />

bearbeitet oder Lernstoff wiederholt<br />

werden kann. Zusätzlich sind diese Ju-<br />

gendlichen zuständig für den Nutzgarten,<br />

in dem Gemüse und Obst für das<br />

tägliche Mittagessen im Zentrum angepflanzt<br />

werden. Dass mit dem Abitur noch<br />

nicht das Ende aller Träume erreicht sein<br />

muss, zeigt das Beispiel von Jacobo<br />

Lozano Mejía. Der 23-Jährige leidet seit<br />

seiner Geburt an zerebraler Lähmung,<br />

einer Schädigung des Gehirns, die Bewegungs-<br />

und Sprachstörungen mit sich<br />

bringt. Seit dem sechsten Lebensjahr<br />

besuchte er das Prepace-Rehabilitationszentrum,<br />

lernte dort laufen und sprechen,<br />

besuchte die Grundschule und machte<br />

später das Abitur. Jetzt studiert er an der<br />

Nationalen Autonomen Universität von<br />

Honduras Internationalen Handel und<br />

hofft, das Studium in zwei Jahren mit<br />

dem Diplom abschließen zu können. Er<br />

möchte später als Berater arbeiten und<br />

lernt gerade mit eiserner Disziplin den<br />

Umgang mit dem Computer.<br />

Elternbeteiligung ist ein wichtiger Bestandteil<br />

im Konzept von Prepace. Mütter<br />

und Väter müssen sich mit einigen<br />

Arbeitsstunden im Monat an der Arbeit<br />

im Zentrum beteiligen, sei es durch Mitarbeit<br />

in der Küche, bei Renovierungsarbeiten<br />

oder beim Verkauf der hergestellten<br />

Gebrauchsartikel. Viele Eltern<br />

engagieren sich gerne, sie sind stolz auf<br />

die Entwicklung ihrer Kinder. So auch<br />

Andrea García, deren Kinder Kevin (13)<br />

und Kelling Gabriela (12) seit zwei Jahren<br />

das Zentrum besuchen: „Beide haben<br />

große Fortschritte gemacht“, freut sich<br />

die Mutter. „Sie haben nicht nur laufen<br />

gelernt, sondern bereiten sich sogar auf<br />

die Aufnahme in eine Regelschule vor.“<br />

Neue Wege in der Förderung behinderter<br />

Kinder beschreitet Prepace in den ländlichen<br />

Gemeinden südlich von Teguci-<br />

Gewissenhaft kümmern sich die Jugendlichen um den Garten.<br />

galpa. Dort leben viele behinderte Kinder<br />

ohne jegliche therapeutische Betreuung.<br />

Ihre Familien können es sich nicht<br />

leisten, sie zur Behandlung in die Hauptstadt<br />

zu bringen. Ein von der Kindernothilfe<br />

finanziertes so genanntes gemeindenahes<br />

Rehabilitationsprogramm ermöglicht<br />

es, ehrenamtliche Helferinnen in<br />

den Gemeinden zu schulen. Sie übernehmen<br />

nicht nur die therapeutische<br />

Betreuung, sondern zeigen den Familien<br />

auch, wie sie ihre Kinder selbst fördern<br />

können. Außerdem ermuntern sie die<br />

Eltern, ihre Kinder so weit wie möglich in<br />

das Leben der Dorfgemeinschaft zu integrieren.<br />

Denn noch immer schämen sich<br />

viele Familien für die Behinderung ihrer<br />

Kinder. In Elternkursen werden daher<br />

neben Fragen der Ernährung und der<br />

Hygiene vor allem auch psychologische<br />

Aspekte und Probleme des Alltagslebens<br />

Die Geschwister Kevin und Kelling Gabriela<br />

besprochen. Diese Kurse holen die Familien<br />

heraus aus ihrer Isolation, stärken<br />

und entlasten sie, da ein Austausch mit<br />

anderen betroffenen Eltern stattfindet<br />

und die Kinder in einer Gemeinschaft<br />

aufgehoben sind.<br />

Vielleicht können diese Kinder dank der<br />

Unterstützung von Prepace eines Tages<br />

ihre Träume verwirklichen und ein Leben<br />

führen, wie sie es sich wünschen: Angy<br />

als Rechtsanwältin, Kevin als Bäcker oder<br />

Kelling Gabriela als Lehrerin, alle gestärkt<br />

durch ein höheres Selbstwertgefühl und<br />

eingebettet in ein soziales Umfeld, das<br />

ihre Fähigkeiten schätzt und ihnen einen<br />

Platz in der Gemeinschaft bietet.<br />

Hildegard Peters<br />

Leiterin des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Hildegard.Peters@knh.de<br />

Projektsplitter Lateinamerika<br />

Bolivien<br />

Seit Anfang des Jahres kooperiert die Kindernothilfe mit dem Therapiezentrum<br />

Puntiti, das in einem Vorort von Cochabamba mit behinderten Kindern aus<br />

extrem armen Familien arbeitet. 60 schwerst behinderte Kinder leben innerhalb<br />

des Zentrums, 70 Kinder mit leichteren Behinderungen werden extern gefördert.<br />

Träger des Projekts ist die Katholische Ordensgemeinschaft Hermanas Hospitalarias<br />

del Sagrado Corazón de Jesús. Die Kindernothilfe unterstützt das Projekt<br />

mit 120 Patenschaften ohne Briefkontakt. (90035/AA/12)<br />

Honduras<br />

Auch in Honduras konnte zum Jahresbeginn ein wichtiges neues Projekt in die<br />

Förderung aufgenommen werden: Die Initiative Reyes Irene Valenzuela in<br />

Tegucigalpa kümmert sich um Mädchen, die zum Teil unter sklavenartigen<br />

Arbeitsbedingungen in privaten Haushalten arbeiten müssen – und dabei allen<br />

möglichen Formen des Missbrauchs ausgesetzt sind. Sie erhalten die Möglichkeit,<br />

die Schule zu besuchen oder einen Ausbildungskurs zu absolvieren. Außerdem<br />

betreibt die Initiative Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit. Die Kindernothilfe<br />

unterstützt das Projekt mit 125 Patenschaften ohne Briefkontakt.<br />

(82017/AA/12)<br />

Brasilien<br />

In Passo Fundo fördert die Kindernothilfe seit Oktober 2004 im Rahmen einer<br />

Projektpartnerschaft ein neues Vorhaben zur Unterstützung von Familien mit<br />

HIV-infizierten Kindern und Jugendlichen. Das Projekt wird von einer Selbsthilfe-<br />

Initiative getragen, die in den zurückliegenden Jahren wichtige Erfolge in der<br />

Aufklärungs- und Präventionsarbeit in Sachen HIV in Schulen und Jugendtreffs<br />

erzielen konnte. (94039/AA/12)<br />

16 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 17<br />

Foto: Privat<br />

Projekt: 82014/AB/12<br />

Foto: Jens Großmann


Engagement<br />

Ideen und Aktionen<br />

Sensibel für die Not anderer<br />

Foto: Christine Taylor<br />

Eine Reise öffnete ihm die Augen. „Das<br />

Schicksal der arbeitenden Kinder in Bogotá<br />

hat mich tief berührt“, erzählt Manfred<br />

Rothe. „Unbeschwert Kind sein – für die<br />

Schuhputzerjungen in Bogotá bleibt das<br />

ein Traum.“<br />

Begonnen hat das Engagement von Manfred<br />

Rothe vor über 30 Jahren. „Damals<br />

wusste ich: Ich möchte anderen Menschen<br />

helfen.“ Seine Arbeit als Gehörlosenlehrer<br />

hat ihn sensibel gemacht für die Benachteiligung<br />

von jungen Menschen mit Behinderungen.<br />

Selbst kinderlos steckte der<br />

gebürtige Stuttgarter seine ganze Kraft in<br />

seine Arbeit. Er baute eine Beratungsstelle<br />

für hör- und sprachbehinderte Kinder in<br />

Ravensburg auf. Im Gehörlosen-Wohlfahrtsverband<br />

engagierte er sich als Rechnungsführer<br />

und Vermögensverwalter<br />

und gründete mit Kollegen einen Verlag<br />

für Therapiematerial für Sprachbehinderte.<br />

„Aktiv sein, etwas bewegen – das<br />

ist mir wichtig.“<br />

Manfred Rothe hatte es selbst nicht<br />

leicht: Er war erst elf Jahre alt, als ihm<br />

ein Bein amputiert wurde. Doch entmutigen<br />

ließ er sich davon nie: „Meine<br />

Behinderung hat mich stark gemacht.“<br />

Schon früh engagierte er sich in der<br />

Jugendarbeit der evangelischen Kirche,<br />

leitete Jugendgruppen, spielte als Bläser<br />

im Posaunenchor.<br />

Sein Glaube stützt ihn noch heute. Als<br />

Christ ist für ihn tätige Hilfe selbstverständlich.<br />

Seit über 30 Jahren unterstützt<br />

er Hilfsprojekte der Kindernothilfe,<br />

engagiert sich im Arbeitskreis Bodensee/Oberschwaben<br />

und ist einer der<br />

Benachteiligten Kindern eine<br />

Chance geben: das möchte<br />

Manfred Rothe. Der Ravens-<br />

burger hat im letzten Jahr die<br />

Manfred-Rothe-Stiftung unter<br />

dem Dach der Kindernothilfe<br />

errichtet.<br />

Im vergangenen Jahr besuchte<br />

Manfred Rothe Projekte in Indien<br />

treuesten Spender des Vereins. Als er vor<br />

drei Jahren pensioniert wurde, wollte er<br />

ein Zeichen setzen. Die Idee: eine Stiftung<br />

unter dem Dach der Kindernothilfe-Stiftung.<br />

„Die Kindernothilfe hat die langjährige<br />

Erfahrung und Kompetenz, um<br />

sinnvolle und vor allem nachhaltige Hilfe<br />

zu leisten.“ Ausgestattet mit 550 000 Euro<br />

Stiftungskapital sollen jetzt die Erträge<br />

der Manfred-Rothe-Stiftung Projekten für<br />

Straßenkinder und behinderte Kinder sowie<br />

Dorfentwicklungsprogrammen zugute<br />

kommen. „Über die eigene Zeit hinaus für<br />

Kinder da zu sein – das ist mir wichtig.“<br />

Christine Taylor<br />

Ansprechpartnerin für die Kindernothilfe-Stiftung<br />

Telefon 0203.7789-167, christine.taylor@knh.de<br />

Foto: Ralf Krämer<br />

Singen und werben<br />

Ein Chor macht mobil<br />

Seit vielen Jahren engagiert sich der Evangelische Kirchenchor<br />

Sevelen in Issum am Niederrhein für die Kindernothilfe. Im vergangenen<br />

Jahr haben die Issumer über 1 000 Euro gespendet! Der<br />

Chor hat eine Patenschaft, einige Sänger/-innen fördern privat<br />

weitere Patenkinder. Immer wieder machen sie bei Gemeindeveranstaltungen<br />

Werbung für die Arbeit der Kindernothilfe. Die<br />

letzte Aktion des Kirchenchores war ein Luftballonwettbewerb<br />

beim Gemeindefest.<br />

Jana wirbt für den Luftballonwettbewerb<br />

Eine Boygroup mit Herz<br />

spendete fast 48 000 Euro<br />

Seit mehr als 40 Jahren swingt und rockt die Boygroup<br />

„Montis“ durch Ostwestfalen. Auch wenn sie mittlerweile<br />

in die Jahre gekommen sind, haben die sechs Musiker<br />

immer noch Rhythmus im Blut. Seit 1995 treten Harry Morsch<br />

(Bass), Uwe Ripphahn (Bluesharp), Hans Starke (Schlagzeug,<br />

Gesang), Dieter Wagner (Saxofon, Klarinette) sowie Hans<br />

(Akkordeon, Orgel) und Wilfried Flagmeier (Gitarre, Banjo,<br />

Gesang) nur noch zugunsten der Kindernothilfe auf. Über<br />

47 700 Euro spendeten die Musiker aus Bad Oeynhausen<br />

seither überwiegend für indische Projekte.<br />

Die Montis: noch genauso fetzig wie vor 50 Jahren<br />

Henning Fritz versteigert Trikot<br />

Handball-Nationaltorhüter engagiert sich<br />

„Halten und Siegen“ heißt das Buch, das Handball-Nationaltorhüter Henning Fritz und<br />

die Magdeburger Torwartlegende Wieland Schmidt herausgegeben haben. Bei der<br />

Präsentation des Buches in der Friedenskapelle in Münster warb Fritz wiederholt für die<br />

Kindernothilfe. Außerdem gab er bekannt, dass sein handsigniertes Nationalmannschafts-Trikot<br />

bei einer Versteigerung 500 Euro für die Kindernothilfe erzielt hatte. Das<br />

Geld kommt Kindern in Weißrussland und Sri Lanka zugute. Henning Fritz, Welthandballer<br />

des Jahres 2004, wird künftig als Kindernothilfe-Botschafter weitere Aktionen starten.<br />

Henning Fritz mit Ehefrau Babett und den Töchtern Laney und Marike<br />

18 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 19<br />

Foto: privat<br />

Foto: Hartmut Beyer<br />

Foto: Herbert Hatzky


Engagement<br />

in Bad Oldesloe<br />

Lehrerin Birgit Papke-Seutter aus der Stadtschule Bad Oldesloe<br />

(Schleswig-Holstein) nahm mit ihrer früheren Klasse 3d das<br />

Thema „Straßenkinder in Brasilien“ durch. „Das brachte uns auf<br />

die Idee“, schrieben uns die Kinder, „in unserer Schule Brötchen<br />

zu verkaufen. Die Kunden fanden das ganz toll! Wir haben 490<br />

belegte Brötchenhälften verkauft und 364,19 Euro eingenommen.<br />

Davon konnten wir 271 Euro spenden.“<br />

Die Klasse 3d verkaufte 490 halbe Brötchen<br />

Foto: privat Klasse(n)-Frühstück<br />

Auf den T-Shirts prangt ein Foto von Tigist<br />

Ungewöhnliche T-Shirts<br />

Werbung fürs Projekt<br />

Dass sich die Kindergottesdienstkinder der evangelischen<br />

Markuskirche in Essen-Frohnhausen (NRW) für ein Projekt in<br />

Äthiopien engagieren, ist nicht zu übersehen: Stolz tragen<br />

sie T-Shirts, die für den Tigist Anti-Aids-Club eines Waisenhauses<br />

in Makalle Werbung machen. Tigist war eine<br />

Schülerin aus dem Projekt, die an Aids gestorben ist. In einem<br />

Gottesdienst stellte Pfarrerin Christa Voßkamp das Engagement<br />

der Waisenkinder in den Mittelpunkt. Die Kollekte<br />

von 235,52 Euro spendete die Gemeinde für das Projekt.<br />

Neue Arbeitskreise<br />

Bonn, Halle, Heilbronn, Wesel<br />

In drei Städten haben sich Kindernothilfe-Förderinnen und<br />

-Förderer zu Arbeitskreisen zusammengeschlossen und freuen<br />

sich über weitere Interessenten:<br />

Bonn/NRW:<br />

Ansprechpartnerin: Annette Grotha, Telefon 0228.354136<br />

Halle/Sachsen-Anhalt:<br />

Ansprechpartnerin: Elke Szielasko, Telefon 0345.2902219<br />

Wesel/NRW:<br />

Ansprechpartnerin Ursula Schürmann, Telefon 0281.24973<br />

Heilbronn/Bayern:<br />

Ansprechpartnerin Henriette Link, Telefon 07131.161705<br />

www.kindernothilfe.de/service/aktion<br />

Foto: Arslan/Das Fotoarchiv<br />

Meisterfrau des Jahres<br />

hilft Frauen aus Bolivien<br />

Aus über 100 Kandidatinnen wurde Martina Volkmar aus<br />

Sennfeld (Bayern) von einer Fachjury zur „Meisterfrau des<br />

Jahres 2004“ gewählt. Der Preis wird vom Holzmann-<br />

Verlag und dem Verband der Unternehmerfrauen im<br />

Handwerk (UHF) unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin<br />

Renate Schmidt verliehen. Die 41jährige<br />

Betriebswirtin, Mutter von sechs Kindern und<br />

Kindernothilfe-Patin, spendete die 2 500 Euro Preisgeld für<br />

die Frauen in einem bolivianischen Gemeinwesenprojekt.<br />

Diese Geste imponierte ihren Kolleginnen auf der UFH-<br />

Bundestagung dermaßen, dass sie spontan 1 800 Euro<br />

zugunsten des Projekts sammelten.<br />

Martina Volkmar<br />

Spenden statt Kränze<br />

zur Beisetzung<br />

26 Jahre lang leiteten Jürgen und Karin Boeseke aus<br />

Wendisch Evern (Niedersachsen) ihren Großhandel für<br />

Labor- und Molkereibedarf. Fast genauso lang förderten sie<br />

die Arbeit der Kindernothilfe – durch Patenschaften und zu<br />

Weihnachten durch Spenden statt Geschenke an Kunden<br />

ihres Unternehmens. Im August 2004 starb Jürgen Boesecke<br />

im Alter von 57 Jahren. Zu seiner Beisetzung bat seine<br />

Ehefrau ebenfalls um Spenden. Verwandte, Freunde und<br />

auch viele Firmen überwiesen insgesamt mehr als 3 900<br />

Euro. „Ich möchte diese Summe der Kindernothilfe-Stiftung für<br />

die Mädchen- und Frauenförderung zur Verfügung stellen“,<br />

entschied Frau Boesecke, „um nachhaltig zu helfen.“<br />

Hessisches<br />

Drehorgelorchester<br />

Benef izkonzert für Flutopfer<br />

Kindernothilfe-Patin Jutta Loesch<br />

Die ev.-ref. Kirche am Marktplatz in Neu-Isenburg/Hessen bot<br />

einen ungewöhnlichen Anblick: Fünf Musiker des Hessischen<br />

Drehorgelorchesters präsentierten anlässlich des 303. Geburtstags<br />

der Kirche ein Drehorgel-Benefizkonzert für Tsunami-Opfer. Sie<br />

spielten bekannte klassische Stücke wie Beethovens „Ode an<br />

die Freude“, Schuberts „Forelle“ und Vivaldis „Vier Jahreszeiten“,<br />

die wohl die wenigsten schon einmal intoniert von einer Drehorgel<br />

gehört hatten. Mit dabei auch Lokalmatadorin und Kindernothilfe-Patin<br />

Jutta Loesch, die das Konzert organisiert hatte.<br />

Die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer spendeten nicht nur<br />

reichlich Beifall, sondern mit ihrem Eintrittsgeld auch 2 345 Euro,<br />

von denen die Kindernothilfe die Hälfte erhielt.<br />

Service<br />

Unsere Rufnummern im Überblick<br />

Allgemeine Informationen<br />

Info-Service: Tel. 0180. 33 33 300<br />

www.kindernothilfe.de<br />

Kampagnen<br />

Barbara Dünnweller: Tel. 0203. 77 89-180<br />

www.kindernothilfe.de/kampagnen<br />

Schule<br />

Imke Häusler: Tel. 0203. 77 89-132<br />

www.kindernothilfe.de/service/schule<br />

Aktiv mitmachen<br />

Regionaldienst: Tel. 0203. 77 89-133, -109, -129, -181<br />

www.kindernothilfe.de/service/aktiv<br />

Testamentsspende<br />

Christine Taylor: Tel. 0203. 77 89-167<br />

www.kindernothilfe.de/spenden/erbschaft<br />

Unternehmen helfen<br />

Susanne Kehr: Tel. 0203. 77 89-155<br />

www.kindernothilfe.de/spenden/firmen<br />

Stiftung<br />

Christine Taylor: Tel. 0203. 7789-167<br />

www.kindernothilfe.de/spenden/stiftung<br />

Kindernothilfe Österreich<br />

Luzia Wibiral: Tel. 01. 513 93 30<br />

www.kindernothilfe.at<br />

Kindernothilfe Schweiz<br />

Frank S. Boshold: Tel. 062. 823 38-61<br />

www.kindernothilfe.ch<br />

Sie haben sich für die Kindernothilfe engagiert und möchten<br />

uns das mitteilen? Schicken Sie uns Ihre Aktionen!<br />

Redaktion Kindernothilfe-Magazin<br />

Düsseldorfer Landstraße 180<br />

47249 Duisburg<br />

Kontonummern<br />

KD Bank Duisburg<br />

Konto: 45 45 40<br />

BLZ: 350 601 90<br />

ERSTE Bank der Österreichischen<br />

Sparkassen AG<br />

Konto: 310 028-03031<br />

BLZ: 20 111<br />

PostFinance<br />

Konto: 60-644779-1, Aarau<br />

20 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Foto: privat<br />

21


Foto: Jürgen Schübelin<br />

Interview<br />

Frank S. Boshold, Geschäftsführer der Stiftung Kindernothilfe Schweiz, bei einem Projektbesuch in Bolivien<br />

Grüezi mitenand!<br />

Seit dem 1. Oktober 2004 ist die Kindernothilfe auch in der Schweiz vertreten. An diesem<br />

Tag nahm die Stiftung Kindernothilfe Schweiz in Aarau/Kanton Aargau ihre Arbeit auf.<br />

Frank Boshold, früherer Auslandsvorstand der Kindernothilfe in Duisburg, wurde zum<br />

Geschäftsführer ernannt. Kindernothilfe-Redakteurin Gunhild Aiyub sprach mit ihm über<br />

Aufgaben und Ziele der neuen Stiftung.<br />

Warum wurde die Stiftung Kindernothilfe<br />

Schweiz gegründet?<br />

Zum einen will die Kindernothilfe näher<br />

dran an ihren Schweizer Gönnern und Gönnerinnen<br />

sein, wie die Spenderinnen und<br />

Spender hier genannt werden. Viele von<br />

ihnen unterstützen das Werk seit langem,<br />

manche seit 25 Jahren oder länger. Zudem<br />

wollen wir das Anliegen der Kindernothilfe<br />

in der Schweiz bekannter machen.<br />

Wir möchten mit Pressemitteilungen zu<br />

aktuellen Themen Stellung nehmen, Pressegespräche<br />

mit Besuchern aus unseren<br />

Partnerländern anbieten, in Gemeinden,<br />

Vereinen und Schulen über unsere Arbeit<br />

berichten, Kontakte zu Schweizer Organisationen<br />

und Initiativen zwecks möglicher<br />

Zusammenarbeit knüpfen und am<br />

Telefon ein offenes Ohr für die Fragen<br />

unserer Schweizer Förderinnen und Förderer<br />

haben – kurz das ganze Service-Paket<br />

von hier aus anbieten. All dies wäre von<br />

Duisburg aus ja gar nicht zu leisten. Und<br />

wir wollen natürlich Spenden sammeln,<br />

um mehr Kindern und Jugendlichen in<br />

Not helfen zu können.<br />

Wie viele Mitarbeiter hat das Büro?<br />

Da wir erst am Anfang unserer Arbeit<br />

stehen, haben wir bisher nur eine Buchhalterin<br />

eingestellt. Wir wollen natürlich<br />

in der Schweiz, wo alles teurer als in<br />

Deutschland ist, die Kosten niedrig halten<br />

und erst dann zusätzliche Mitarbeiter<br />

einstellen, wenn die wachsenden Einnahmen<br />

dies rechtfertigen. Ich möchte<br />

hier aber mit großem Dank betonen, dass<br />

Mitglieder des Stiftungsrates und des<br />

Beirates mir nicht nur mit Rat zur Seite<br />

stehen, sondern ehrenamtlich aktiv sind<br />

und ständig Möglichkeiten suchen und<br />

nutzen, die Kindernothilfe bekannter zu<br />

machen und Gönnerinnen und Gönner<br />

zu gewinnen.<br />

Welchen Arbeitsschwerpunkt<br />

hat die Stiftung?<br />

Besonderes Augenmerk legt die Stiftung<br />

auf die Kooperation mit Firmen, Banken,<br />

Stiftungen und Großspendern. Die Kindernothilfe<br />

verfügt über die nötige Infrastruktur<br />

und Erfahrung, um solche Geschäftskontakte<br />

zum Wohle der Kinder<br />

und zur Zufriedenheit der Unternehmen<br />

aufzubauen. Die Beiratsmitglieder Sonja<br />

Dinner, Unternehmerin aus Hedingen,<br />

und Dr. Jürgen Pumplün aus Leutwil,<br />

pensionierter Direktor der UBS, sowie<br />

Stiftungsratsmitglied Peter Keller, Unternehmer<br />

aus Walchwill, unterstützen die<br />

Stiftung in diesem Anliegen.<br />

Wie hängt die Stiftung mit der Kindernothilfe<br />

in Deutschland zusammen?<br />

Der Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe<br />

Deutschland ist gleichzeitig der Präsident<br />

unseres Stiftungsrates. Er vertritt<br />

die Kindernothilfe Deutschland als Gründerin,<br />

die auch das Startkapital eingebracht<br />

hat. Die Schweizer Stiftung ist<br />

jedoch eine selbständige Stiftung. Genau<br />

wie der Kindernothilfe Österreich ist es<br />

uns sehr wichtig, dass wir als Schweizer<br />

Organisation und nicht als eine deutsche<br />

Zweigstelle verstanden werden.<br />

Welche Projekte unterstützt die Stiftung<br />

zurzeit?<br />

Wir konzentrieren uns zunächst auf drei<br />

kindzentrierte Gemeinwesenprojekte in<br />

Asien, Afrika und Lateinamerika. Persönliche<br />

Patenschaften sind in der Schweiz<br />

nicht so populär wie zum Beispiel in<br />

Deutschland. Trotzdem werden wir sie<br />

natürlich auch weiterhin anbieten. Im<br />

Augenblick gibt es rund 600 Schweizer<br />

Kindernothilfe-Patinnen und -Paten.<br />

Wie haben Sie sich an der Tsunami-Fluthilfe<br />

beteiligt?<br />

Wir haben die Patinnen und Paten sofort<br />

angeschrieben und um Hilfe gebeten.<br />

Außerdem fand in Brugg ein Benefizkonzert<br />

für unsere Arbeit in Indien statt. Die<br />

Band Exodus wurde durch unsere Website<br />

auf die Kindernothilfe Schweiz aufmerksam<br />

und organisierte das Konzert<br />

mit vier weiteren Bands. Die Musiker wollten<br />

nicht, dass der Erlös in einen großen<br />

Topf fließt, sondern für eine gezielte Aufgabe<br />

verwendet wird. Ich schlug ihnen<br />

daher die Trauma-Behandlung von indischen<br />

Kindern vor. Die Stadt Brugg stellte<br />

den Bands den Salzturm kostenlos zur<br />

Verfügung. Die Stimmung war gut, und<br />

die Musiker bekamen viel Applaus. Vor<br />

dem Auftritt von Exodus hatte ich die<br />

Gelegenheit, etwas über die Trauma-<br />

Arbeit in Indien zu sagen. Das Interesse<br />

war groß, was sich auch beim Spen-<br />

denergebnis von 3 966,50 Franken (umgerechnet<br />

2 558 Euro) zeigt.<br />

Sie sind Geschäftsführer der Kindernothilfe<br />

Schweiz. Welche Erfahrungen bringen<br />

Sie für diese Aufgabe mit?<br />

Nach fünfzehn Jahren im Vorstand der<br />

Kindernothilfe bringe ich natürlich eine<br />

gründliche Kenntnis der Organisation, ihrer<br />

Philosophie und ihrer Prinzipien mit. Ich<br />

habe viele Jahre in Lateinamerika gelebt<br />

und war auch bei der Kindernothilfe für<br />

die Auslandsarbeit zuständig. Deshalb<br />

kann ich aus persönlicher Erfahrung und<br />

Kenntnis das Anliegen der Kindernothilfe<br />

weitergeben. Außerdem werbe ich gerne<br />

für Kinder in Not. Nicht nur hier und jetzt.<br />

Es ist mir einfach ein Herzensanliegen.<br />

Was wünschen Sie sich von den<br />

Schweizer Bürgerinnen und Bürgern?<br />

Ich wünsche mir, dass sie ihre Großzügigkeit<br />

beim Spenden auf die Kindernothilfe<br />

ausdehnen und dass sie sich überzeugt<br />

von der wirkungsvollen Arbeit, der anerkannten<br />

Professionalität, der finanziellen<br />

und informativen Transparenz und nicht<br />

zuletzt den niedrigen Verwaltungskosten<br />

der Kindernothilfe nicht nur langfristig<br />

engagieren, sondern auch andere anstecken<br />

mitzumachen.<br />

Stiftung<br />

Kindernothilfe<br />

Schweiz<br />

Geschäftsführer:<br />

Frank S. Boshold<br />

Laurenzenvorstadt 89<br />

5000 Aarau<br />

Telefon: 062. 823 38-61<br />

Fax: 062. 823 38-63<br />

E-Mail: info@kindernothilfe.ch<br />

www.kindernothilfe.ch<br />

Spendenkonto:<br />

PostFinance 60-644779-1, Aarau<br />

22 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 23


Pinnwand Kindernothilfe<br />

Materialmappe zum Jahresthema<br />

<strong>2005</strong><br />

Armutsbekämpfung<br />

Die Materialmappe soll umfassend informieren und eine breite Öffentlichkeit für<br />

das Thema sensibilisieren. Dies erscheint gerade auch angesichts des Gipfels der<br />

Vereinten Nationen zum Umsetzungsstand der Millenniums-Entwicklungsziele<br />

im Herbst <strong>2005</strong> angezeigt. Die Mappe liefert Informationen zur Dimension der<br />

weltweiten Armut, zum Thema Armutsbekämpfung und Mädchenförderung<br />

sowie zur Arbeit der Kindernothilfe und ihrer Partnerorganisationen in diesem<br />

Bereich.<br />

Kontakt: Petra Stephan, Telefon 0203.7789-185, Petra.Stephan@knh.de<br />

Bezug: Kindernothilfe<br />

Klingender Adventskalender<br />

Robinsons Weihnachtsreise<br />

Die Kindernothilfe und der KONTAKTE Musikverlag produzieren<br />

gemeinsam „Robinsons Weihnachtsreise“ – einen klingenden<br />

Adventskalender mit 24 Geschichten, vielen Liedern, Bastelanleitungen,<br />

Backrezepten sowie Spiel- und Aktionsideen. Robinson,<br />

vielen bekannt aus unseren Kinder, Kinder-Heften, reist per<br />

Zauberbuch durch die Welt und lernt verschiedene Weihnachtsbräuche<br />

kennen.<br />

Zum Kalender gibt’s eine CD, auf der Norbert Blüm und Vera Int-<br />

Veen einige Texte lesen. Der KONTAKTE Musikverlag steuert viele<br />

Lieder bei, die das bekannte Autorenteam Reinhard Horn (Musik) und<br />

Eckart Bücken (Text) eigens zu den Geschichten geschrieben hat.<br />

Erscheinungstermin: August <strong>2005</strong><br />

Voraussichtliche Preise: Kalender: 7,50 Euro; CD: 13,20 Euro;<br />

Kalender + CD: 19,90 Euro<br />

Der komplette Reinerlös ist für die Arbeit<br />

der Kindernothilfe bestimmt.<br />

Bezug: Kindernothilfe<br />

„Armut bekämpfen. Mädchen können mit uns rechnen“<br />

lautet das Jahresthema <strong>2005</strong> der Kindernothilfe. Dazu<br />

bietet sie jetzt eine Materialmappe an.<br />

e.V.<br />

Jahresbericht 2004<br />

Berichte und Fotos aus der Auslands- und Inlandsarbeit sowie<br />

Tabellen und Schaubilder geben ein umfassendes Bild über die<br />

Arbeit mit Mädchen und Jungen in aller Welt.<br />

32 Seiten<br />

Bezug: Kindernothilfe<br />

Unterrichtseinheit<br />

„Kinder im Krieg“<br />

Kinder, Kinder 18<br />

Robinson in Sri Lanka<br />

In der Geschichte „Flucht durch den Dschungel“ wird Robinson zu einer Gruppe<br />

tamilischer Flüchtlinge gezaubert, die sich auf Schleichwegen durch den srilankischen<br />

Urwald schlägt, vorbei an Minenfeldern und zerstörten Dörfern. Das<br />

Heft enthält außerdem eine Sri-Lanka-Länderinfo, Infos zum Thema Flüchtlinge,<br />

die Beschreibung eines Kindernothilfe-Projekts im ehemaligen Bürgerkriegsgebiet,<br />

eine Malvorlage und eine Friedensbanner-Aktion.<br />

16 Seiten, für Kindergarten und die 1.-6. Klasse<br />

Bezug: Kindernothilfe<br />

Die Unterrichtseinheit ermöglicht Kindern, ihre Gefühle,<br />

Fragen und Gedanken zum Thema Krieg kreativ<br />

zu äußern. Wie geht es Kindern im Krieg? Was ist<br />

Krieg, was ist Frieden? Warum gibt es Kriege? Was<br />

kann man gegen Krieg tun? Zu diesen Fragen bieten<br />

fünf Bausteine konkrete Unterrichtsvorschläge, Rollenspielvorlagen,<br />

Bildmaterial, kopierbare Arbeitsblätter,<br />

eine Sachinformation sowie einen Erprobungs-<br />

bericht, denn das Material wurde zusammen mit einer Kölner Grundschule<br />

entwickelt. Zur Durchführung des Bausteins „Wie geht es Kindern im Krieg?“ wird<br />

das Kinder, Kinder-Heft 18 „Robinson in Sri Lanka“ benötigt.<br />

28 Seiten, für das 3.-6. Schuljahr<br />

Bezug: Kindernothilfe<br />

Material bestellen<br />

Tel.: 0180. 33 33 300<br />

Fax: 0203. 7789 -118<br />

www.kindernothilfe.de<br />

info@kindernothilfe.de<br />

24 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> 25


Warum hast du meine<br />

Freunde mitgenommen,<br />

Tsunami?<br />

Foto: dpa<br />

<br />

So viel Hilfsbereitschaft, so viel Engagement hat es in Deutschland seit langem<br />

nicht gegeben. Rund 13 Millionen Euro für die Flutopfer sind alleine bei der<br />

Kindernothilfe zusammengekommen. Doch kommt das Geld auch an? Mit<br />

dieser Frage beschäftigte sich ein Fernsehteam von Focus TV, das Kindernothilfe-Pressespre-<br />

cher Sascha Decker März an die Ostküste Sri Lankas begleitete. Fotos: Gerhard Voogt/RP<br />

Am Strand von Kalmunai sind die<br />

Folgen des Tsunami unübersehbar<br />

Es ist schon dunkel, als wir abends in Kalmunai<br />

ankommen. Elf Stunden durch die<br />

Berge, davon zig Kilometer über Ruckelpisten.<br />

Doch beim Passieren des Ortsschildes<br />

werde ich noch mal hellwach.<br />

Jetzt sind wir also da. In der Küstenstadt,<br />

die es so schlimm getroffen haben soll.<br />

Für deren Menschen die Stadt Duisburg<br />

die Initiative „Duisburg hilft“ ins Leben<br />

gerufen hat. Aber so sehr meine Augen<br />

die düsteren Straßen auch nach Spuren der<br />

Verwüstung absuchen – ich finde keine.<br />

Wir sind zu weit vom Meer entfernt. Über<br />

Tod und Leben haben am 26. Dezember<br />

nur wenige hundert Meter entschieden.<br />

Am nächsten Morgen: Gleißende Sonne,<br />

keine Wolke am Himmel und Temperaturen<br />

um die 26 Grad schon um halb neun.<br />

Urlaubswetter. Doch die ersten Schritte<br />

unter Palmen am Strand von Kalmunai<br />

lassen kein sonniges Gefühl aufkommen.<br />

Die Zerstörung, die die Welle hier angerichtet<br />

hat, ist beängstigend. Die Trümmer<br />

von deutschen Fernsehsofas aus zu<br />

sehen, ist das eine. Mitten zwischen abgeknickten<br />

Bäumen, zerstörten Häusern<br />

und Autos zu stehen, ist das andere. Auf<br />

jedem Grundstück standen hier massive<br />

Ziehbrunnen von etwa 1,50 Meter Durchmesser.<br />

Die über der Erde liegenden Betoneinfassungen<br />

hat das Meer wie Plas-<br />

Seebeben<br />

tikbälle durch die Gegend geworfen. In<br />

Kalmunai hatten die Menschen ihre Häuser<br />

ganz nah ans Meer gebaut, direkt auf<br />

den Strand unter die Schatten spendenden<br />

Bäume. Allein an diesem Strand sind<br />

über tausend Menschen ums Leben gekommen.<br />

Und die, die überlebt haben?<br />

In einer Schule am Stadtrand von Kalmunai.<br />

In den Klassenräumen wird niemand<br />

unterrichtet. Hier hocken die Flüchtlinge<br />

eng an eng und warten auf den nächsten<br />

Tag. Alte, junge Ehepaare, Kinder: Ohne<br />

Privatsphäre kauern die Tamilen hier auf<br />

Der Tsunami hat überall eine Spur<br />

der Verwüstung hinterlassen<br />

Strohmatten, einige haben kleine Drei-<br />

Steine-Öfen direkt neben der Schlafstätte<br />

aufgebaut. Der beißende Qualmgeruch<br />

sticht in der Nase, obwohl der Raum<br />

nach vorne hin offen ist. Fliegen sitzen<br />

auf Bechern, auf dreckigem Geschirr und<br />

auf den Gesichtern. Der Dreißigjährige,<br />

der hier nachmittags um vier auf seiner<br />

Matte liegt, ist zu schläfrig, um das Ungeziefer<br />

aus seinen Haaren und von seiner<br />

Nase zu vertreiben. „Ich weiß nicht, was<br />

ich arbeiten soll. Ich habe ja noch nicht<br />

einmal ein Fahrrad, um in die Stadt zu<br />

kommen.“ Aber die Zerstörung am Strand?<br />

Ob er kein Verlangen habe, mit anzupacken<br />

und neu anzufangen? „Nein, die Regierung<br />

zahlt kein Geld. Und ohne Lohn<br />

kann ich meine Familien nicht ernähren.“<br />

Durch das Malen von Bildern können die Kinder ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten<br />

26 Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

27


28<br />

Seebeben<br />

Sechs Monate lang bekommen die Flüchtlinge<br />

noch Lebensmittelhilfen vom Staat.<br />

5 000 Rupien (40 Euro) am Monatsanfang<br />

pro Familie und weitere 200 Rupien (1,60<br />

Euro) pro Person und Woche. Das reicht<br />

aus, um nicht zu verhungern.<br />

Die Kinder brauchen<br />

jetzt Unterstützung<br />

Die Seelen der Menschen, vor allem der<br />

Kinder, hat hier kein Offizieller im Blick.<br />

Die Kindernothilfe finanziert daher ein<br />

Programm von Shadow für Kinder und<br />

Jugendliche in den Lagern, auch in diesem<br />

am Stadtrand von Kalmunai. Die kleine<br />

Partnerorganisation ist Teil des psychosozialen<br />

Netzwerkes im Ampara-Distrikt.<br />

Sie hat 60 Frauen zu einer Art Notfallseelsorgerinnen<br />

ausbilden lassen. Sie betreuen<br />

24 Lager entlang der Küste.<br />

Die Mitarbeiterinnen scharen die ganz<br />

Kleinen und die Schulkinder in großen<br />

Kreisen um sich auf der Erde. Und dann<br />

werden Bilder gemalt, Lieder gesungen,<br />

Tänze einstudiert. Heute passiert etwas<br />

ganz Besonderes. Unter großem Hallo<br />

zieht die Erzieherin ein Geschenk nach<br />

dem anderen unter einem großen Tuch<br />

hervor. Gemalte Bilder von Schulkindern<br />

aus Wechmar in Thüringen. Die Aktivität<br />

bringt diese Mädchen und Jungen zusammen.<br />

Vor dieser Gemeinschaft steht<br />

dann plötzlich ein vielleicht Sechsjähriger<br />

auf. Mit sehr ernster Miene trägt er einige<br />

Sätze auf tamilisch vor. Zum Teil ist dieser<br />

Vortrag einstudiert, zum Teil frei vorgetragen.<br />

Niranjith, mein Begleiter von Shadow,<br />

übersetzt: „Ich habe viele Fragen an dich,<br />

Tsunami. Warum hast du so viele meiner<br />

Freunde mitgenommen? Ich werde dich<br />

so lange fragen, bis ich das verstehe.“ Die<br />

Kinder sollen ihre Angst, Wut und Trauer<br />

aussprechen lernen. Beim Verdacht auf<br />

ein Trauma sollen die Jungen und Mädchen<br />

an professionelle Begleiter im Netzwerk<br />

weiterverwiesen werden. Aber das<br />

Wichtigste ist hier, die Kinder nicht ihrem<br />

Schicksal zu überlassen. Nach dieser Katastrophe<br />

sind sie unter diesen widrigen<br />

Umständen im Lager auf eine liebevolle<br />

und kompetente Begleitung angewiesen.<br />

Vor allem die fehlende Privatsphäre in den<br />

Massenunterkünften macht ein geschütztes<br />

Familienleben unmöglich. Daher unterstützt<br />

die Kindernothilfe ein zweites<br />

Vorhaben ihrer Partner: den Bau von<br />

Übergangshäusern. Sie geben den Familien<br />

einen geschützten Raum. Weil die<br />

Landfrage entlang der gesamten Ostküste<br />

Sri Lankas noch ungeklärt ist, dürfen noch<br />

keine festen Häuser aus Stein gebaut<br />

werden. In der 100 bis 300 Meter breiten<br />

Todeszone hat die Regierung einen Bau-<br />

stopp verfügt. Kleine rote Fähnchen an<br />

den Palmen oder Holzpflöcke mit einer<br />

roten Spitze markieren diese Grenze. Bis<br />

hierher darf sich niemand mehr niederlassen.<br />

Dahinter aber ist das Land bebaut,<br />

oder der Staat hat keinen Zugriff auf den<br />

Privatbesitz. Wo sollen die Fischer leben?<br />

Bis diese schwierigen rechtlichen Fragen<br />

geklärt sind, dürfen die Familien nicht sich<br />

selbst überlassen bleiben. Die Kindernothilfe<br />

hat den Bau von 150 Übergangshäusern<br />

finanziert, weitere 400 sollen folgen.<br />

Sie sind aus Holz und Wellblech gebaut.<br />

Eine angepasste Bauweise sorgt für angenehme<br />

Temperaturen im Innern auch zur<br />

Mittagszeit.<br />

Nach vier Tagen fahren wir zurück nach<br />

Deutschland. Die Kollegen von Focus TV sind<br />

zufrieden. Mit der Kindernothilfe haben die<br />

Spendengelder die Bedürftigen erreicht.<br />

Sascha Decker, Pressesprecher<br />

Sascha.Decker@knh.de<br />

Projekt: 2420/AF/55<br />

Projektsplitter Seebebenhilfe<br />

Indien<br />

Gemeinsam mit der Partnerorganisation ITWWS führt die Kindernothilfe in der<br />

Region Cuddalore ein Hilfsprogramm für knapp 3 000 Irula-Familien durch.<br />

Neben Notunterkünften und Nahrungsmitteln erhalten die Menschen auch<br />

Beratung bei der Erschließung neuer Einkommensquellen. So werden sie bei der<br />

Einrichtung von Lebensmittelläden, dem Anbau von Heilpflanzen oder dem<br />

Aufbau von Viehzuchten unterstützt. Als sozial ausgegrenzte Gruppe haben die<br />

Irulas kaum Möglichkeiten, ihre Interessen zu vertreten. Die staatlichen<br />

Hilfslieferungen erreichen sie daher häufig nicht. (2008/AB/55)<br />

Sri Lanka<br />

In der Region Trincomalee unterstützt die Kindernothilfe die Instandsetzung<br />

des Methodist Girls’ Home Nilaveli. Die Tagesstätte wurde durch die Flutwelle<br />

stark beschädigt. Einrichtungsgegenstände und Lernmaterial wurden zerstört<br />

oder fortgeschwemmt. Damit die Kinder zu ihrem gewohnten Alltag<br />

zurückkehren können, sollen die Beschädigungen am Gebäude schnellstmöglich<br />

repariert und die verlorenen Gegenstände ersetzt werden. Das<br />

Methodist Girl’s Home Trincomalee wird seit 1999 von der Kindernothilfe<br />

unterstützt. (2404/AA/55)<br />

Indonesien<br />

Der Kindernothilfe-Partner YPFP kümmert sich in Banda Aceh und Meulaboh<br />

um traumatisierte Kinder. Der Bus der Organisation wurde zu diesem Zweck zu<br />

einer mobilen Lern- und Spielstation umgebaut. Er fährt drei Schulen und drei<br />

Flüchtlingslager an je zwei halben Tagen pro Woche an. Das Programm wird von<br />

speziell ausgebildeten Mitarbeitern durchgeführt. (2805/AB/55)<br />

IKEA ist Deutschlands beliebtestes Einrichtungshaus.<br />

Gerade erst wurde in Duisburg<br />

die 34. Filiale auf deutschem Boden<br />

eröffnet. Nahezu unbekannt ist dagegen<br />

die IKEA Stiftung. Und dies hat einen<br />

guten Grund: „Die Stiftung ist nicht als<br />

‚Charity-Vehikel‘ von IKEA gedacht, um<br />

dem Unternehmen eine gute PR zu<br />

bringen“, erklärt der Geschäftsführer der<br />

IKEA Stiftung, Peter Takacs. „Deswegen<br />

können wir, was unsere Förderung<br />

anbelangt, auch ganz frei entscheiden.“<br />

Die 1981 gegründete Stiftung unterstützt<br />

ein breites Spektrum an Projekten. Zu<br />

den Schwerpunkten Wohnen und<br />

Wohnkultur sowie Verbraucherberatung<br />

und –aufklärung kam vor ein paar Jahren<br />

auch die Förderung von Kindern hinzu.<br />

Seitdem fördert die Stiftung Initiativen,<br />

die die Entwicklung und Lebensumstände<br />

von Kindern verbessern helfen, wie zum<br />

Beispiel Kinder- und Jugendeinrichtungen,<br />

Ausbildungsmaßnahmen oder Projekte für<br />

sozial benachteiligte Kinder. „Kriterium<br />

ist nicht nur, wie gut ein Projekt unseren<br />

Förderrichtlinien entspricht, entscheidend<br />

ist auch die Dringlichkeit des Projekts und<br />

die Kreativität der Antragsteller“, erläutert<br />

Takacs.<br />

Seit vier Jahren fördert die IKEA Stiftung<br />

nun Projekte der Kindernothilfe. Darunter<br />

befinden sich immer wieder auch solche,<br />

die neue, ungewöhnliche Wege beschreiten,<br />

wie zum Beispiel die Musikschule<br />

Escuela Popular de Música in Achupallas/<br />

Chile, die Jugendliche von der Straße<br />

Unternehmen helfen<br />

Kreativität wird belohnt<br />

Wohl kaum jemand in Deutschland hat noch nie von Billy, Knut oder Britt gehört. Die drei<br />

zählen zu den Verkaufsschlagern des schwedischen Möbelherstellers IKEA. Aber wer kennt<br />

schon Carla, Victor oder Rosa? Die Schüler der Escuela Popular de Música in Achupallas/<br />

Chile werden von der IKEA Stiftung unterstützt, die – von der Öffentlichkeit weitgehend<br />

unbemerkt – sozial benachteiligte Kinder fördert, auch in Projekten der Kindernothilfe.<br />

Peter Takacs,<br />

Geschäftsführer<br />

holen und so vor Drogen und Gewalt<br />

schützen will. „Wir schätzen die Kindernothilfe<br />

als zuverlässige Partnerin, die da<br />

hilft, wo wir alleine nicht helfen können“,<br />

sagt der Geschäftsführer. „Ich kann ein<br />

Projekt in Deutschland beurteilen und<br />

dort direkt helfen, aber das schaffe ich<br />

natürlich nicht auf der ganzen Welt.“<br />

Daher sei die IKEA Stiftung sehr froh, die<br />

Kindernothilfe als Partner zu haben. Bei<br />

ihr könne sie sicher sein, dass die Fördergelder<br />

auch wirklich ankommen. „Für uns<br />

sind Projekte der Kindernothilfe immer<br />

wieder interessant, da sie den Fokus auf<br />

das Leid und die Bedürftigkeit der Kinder<br />

richten. Die Art und Weise, wie hier<br />

geholfen wird, liegt ganz auf der Linie der<br />

IKEA Stiftung.“<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

Susanne Kehr<br />

Referat Kommunikation<br />

Susanne.Kehr@knh.de<br />

Foto: Kerstin Unseld<br />

29


30<br />

Leserbriefe<br />

Ihre Meinung zählt, schreiben Sie uns!<br />

Zu: Magazin 1/<strong>2005</strong><br />

Gestern habe ich Ihre Sonderausgabe die<br />

Flutkatastrophe betreffend erhalten, mit<br />

besonderem Interesse gelesen und auch<br />

eine Überweisung auf den Weg gebracht.<br />

Auf diese Ausgabe hatte ich schon gewartet,<br />

denn durch sie habe ich ausführlich<br />

erfahren, wo und wie die Kindernothilfe<br />

nach der Flutkatastrophe geholfen<br />

hat und weiter helfen will.<br />

Elisabeth Hahn<br />

Zu: Magazin 4/2004, Foto S. 14<br />

Beiliegend sende ich Ihnen ein Bild von<br />

einem Mädchen mit „Piercing“. Haben die<br />

Leute so viel Geld, um es „rauszuschmeißen“?<br />

Ohne Piercing wäre das Mädchen<br />

viel schöner! Meiden Sie in Zukunft solche<br />

Bilder (mit Piercing). Sonst bekommen<br />

Sie wenig Spenden.<br />

E. Schick<br />

Antwort der Redaktion:<br />

Das Mädchen trägt kein „Piercing“, sondern<br />

einen Nasenstecker. Der Nasenstecker<br />

wurde bereits im 16. Jahrhundert<br />

von den Moghulherrschern nach Indien<br />

gebracht. Mädchen und Frauen tragen den<br />

„phul“ meist im linken Nasenflügel; laut<br />

der indischen Ayurveda-Medizin erleichtert<br />

er Frauen die Geburt ihres Kindes.<br />

Früher galt er als Symbol für Reinheit und<br />

Wir freuen uns über jede Zuschrift, auch wenn wir nicht<br />

alle Briefe veröffentlichen. Die Redaktion behält sich vor zu<br />

kürzen. Die Briefe spiegeln nicht immer die Meinung des<br />

Herausgebers wider.<br />

Zuschriften: Düsseldorfer Landstraße 180 / 47249 Duisburg / Stichwort „Leserbriefe“<br />

Fax: 0203.7789-118, E-Mail: leserbriefe@kindernothilfe.de<br />

Heirat, heute wird er auch von unverheirateten<br />

Mädchen getragen.<br />

Zu: Aus Paten-Kindern werden<br />

Leute, 4/2004<br />

Da ich ein Patenkind in Äthiopien habe,<br />

fand ich den Artikel über Robel Haileselassie<br />

aus dem Genete Yesus Day Care<br />

Center besonders interessant, da dort auch<br />

Alemaz zur Schule geht. Am Ende der drei<br />

Geschichten fragte ich mich plötzlich, warum<br />

keine junge erwachsene Frau, die als<br />

Mädchen gefördert wurde, ausgewählt<br />

wurde. Vielleicht planen Sie ja eine<br />

Fortsetzung mit den Lebens- und<br />

Vorbildgeschichten von jungen Frauen.<br />

Beate Jäger<br />

Sehr interessant fand ich das Interview<br />

mit Frau Wieczorek-Zeul, besonders die<br />

Beachtung der Kinder und gleichberechtigte<br />

Förderung von Mädchen und Jungen,<br />

Frauen und Männern. Und was tritt<br />

mir im Bericht „Aus Paten-Kindern werden<br />

Leute“ entgegen? Drei junge Männer. War<br />

keine junge Frau erwähnenswert? Eine,<br />

die in ihrem Dorf neue landwirtschaftliche<br />

Methoden anwendet und darüber hinaus<br />

für andere Frauen zum Vorbild und zur<br />

Anregerin wird, in der Selbstversorgung<br />

ihrer Familien voranzukommen. Oder hat<br />

es ein Patenkind geschafft, als Ärztin,<br />

Theologin, Rechtsanwältin, Künstlerin zu<br />

arbeiten und zu helfen? Schade um die<br />

verpasste Gelegenheit!<br />

Gunhild Wegert<br />

Antwort der Redaktion:<br />

Sie haben völlig Recht. Natürlich gibt es<br />

auch Erfolgsgeschichten junger Frauen,<br />

die es verdient haben, in unserem Magazin<br />

vorgestellt zu werden. Dass wir uns in<br />

diesem Fall für drei junge Männer entschieden<br />

haben, ist auch auf einen Zufall<br />

zurückzuführen: Zwei der ehemaligen Patenkinder<br />

besuchten unsere Geschäftsstelle,<br />

so dass wir sie interviewen konnten.<br />

Der dritte junge Mann hatte uns einen<br />

ausführlichen Brief geschrieben; weitere<br />

Fragen konnten wir per E-Mail klären,<br />

was bei den meisten unserer ehemaligen<br />

Patenkinder leider nicht möglich<br />

ist. Dies soll jedoch keine Ausrede sein:<br />

Wir werden ihren Vorschlag aufgreifen<br />

und zu gegebener Zeit einen Artikel über<br />

erfolgreiche junge Frauen veröffentlichen.<br />

Zu: Magazin, Service-Spalte<br />

Die Service-Spalte ist klasse – da muss ich<br />

nicht erst stundenlang einen ganzen<br />

Ordner durchsuchen, um die aktuellen<br />

Angaben zu finden!<br />

Sabine Winkler<br />

Impressum<br />

Das Kindernothilfe-Magazin erscheint vierteljährlich. Für Paten und Mitglieder<br />

ist der Bezug kostenlos, Auflage: 160.000, ISSN 0946-3992<br />

Herausgeber: Kindernothilfe, Düsseldorfer Landstraße 180, 47249 Duisburg,<br />

Tel. 0203.7789-0, Fax: 0203.7789-118, Info-Service-Telefon: 0180.33 33 300,<br />

info@kindernothilfe.de<br />

Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, Vorstandsvorsitzender, Rolf-Robert Heringer,<br />

stellvertr. Vorstandsvorsitzender, Dietmar Roller, Vorstandsmitglied<br />

Redaktion: Thorsten Lichtblau (v.i.S.d.P.), Gunhild Aiyub, Christine Klar (Einhefter)<br />

Gestaltung: Ralf Krämer<br />

Bild des Quartals<br />

Betlehem, Hewan und Glory (v.l.n.r.) fühlen sich in der 3. Klasse der German Church School in Addis Abeba/Äthiopien sichtlich wohl. In der<br />

Schule der evangelischen Gemeinde deutscher Sprache werden rund 1 100 Mädchen und Jungen unterrichtet.<br />

Druck/ Versand: Schaffrath, Geldern<br />

Hinweis: Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Mit Verfassernamen<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht zwingend die Meinung des<br />

Herausgebers wider. Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers.<br />

Kindernothilfe Österreich: Dorotheergasse 18, 1010 Wien, Telefon 01.513 93 30,<br />

Telefax: 01.513 91 80, info@kindernothilfe.at, www.kindernothilfe.at<br />

Stiftung Kindernothilfe Schweiz: Laurenzenvorstadt 89, 5000 Aarau,<br />

Telefon 062. 823 38-61, Fax: 062. 823 38-63, info@kindernothilfe.ch, www.kindernothilfe.ch<br />

Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong> Kindernothilfe Magazin 2/<strong>2005</strong><br />

31<br />

Foto: Uta Rademacher


Kindernothilfe e.V.<br />

Postfach 281143, 47241 Duisburg<br />

Postvertriebsstück K 5861<br />

Entgelt bezahlt<br />

Deutsche Post AG<br />

World Games <strong>2005</strong><br />

„Die Kindernothilfe ist Charity-Partner<br />

der World Games <strong>2005</strong>. Damit auch Kinder<br />

einen guten Start haben. Ins Leben.“<br />

Dieter Kürten, Kindernothilfe-Botschafter<br />

14.06.05 World Games Tag der Schulen: Inliner-Sponsorenlauf für die Kindernothilfe<br />

14.07. – 24.07.05 Infostand der Kindernothilfe auf der Plaza<br />

16.07.05 Konzert „Kultur der Kontinente“, 15.00 - 17.00 Uhr auf der Plaza<br />

Foto: Thomas Müller

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