Franziskaner Mission 1-2012
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | <strong>2012</strong> — Leben teilen – Brüder in <strong>Mission</strong><br />
FLAME<br />
Franziskanische Lebensförderung durch Stärkung der Armen<br />
FLAME (Franciscans’ Life Affirming<br />
Movement for Empowerment) ist eine<br />
eingetragene Organisation in Indien,<br />
die von den <strong>Franziskaner</strong>n geleitet<br />
wird. Ihre Hauptaufgabe besteht darin,<br />
Menschen, die mit HIV infiziert oder<br />
an Aids erkrankt sind, zu begleiten,<br />
vor allem auch Kinder, die selbst oder<br />
deren Angehörige von der Krankheit<br />
betroffen sind. Die Organisation ist in<br />
Dindigul angesiedelt, einem Distrikt<br />
in dem südindischen Bundesstaat<br />
Tamil Nadu. Die Angebote von FLAME<br />
erreichen rund 100 Dörfer in und um<br />
Dindigul.<br />
Heute sind es ca. 550 Personen,<br />
die bei uns Rat und Hilfe suchen.<br />
Nach den ersten Jahren, in denen<br />
wir den Blick kontinuierlich darauf<br />
gerichtet haben, wie man sich<br />
vor der Krankheit schützen und<br />
wie sie kontrolliert werden kann,<br />
zeigen sich die ersten greifbaren<br />
Erfolge. Das wird vor allem in<br />
einem größeren Problembewusstsein<br />
deutlich, in einer veränderten<br />
Einstellung zu den Kranken und<br />
im neuen Umgang mit der Krankheit.<br />
Ein weites Netz von Organisationen<br />
unterstützt unsere Arbeit.<br />
Das staatliche Krankenhaus und<br />
verschiedene NGOs des Distrikts<br />
führen Bewusstseinsprogramme<br />
aus und bieten Unterkunft und<br />
Bildung für Kinder.<br />
Unterstützung für Bedürftige<br />
Mit Nahrungsmittelhilfen für<br />
ca. 150 Personen geben wir denen<br />
Hilfe, die keine Verwandten mehr<br />
haben und die keine körperliche<br />
Arbeit mehr verrichten können.<br />
Die infizierten Personen sollen<br />
dreimal täglich zu essen haben<br />
und dabei von niemandem im Ort<br />
abhängig sein. Außerdem stellen<br />
wir sicher, dass die Begünstigten<br />
während der drei Tage, die sie bei<br />
uns im Camp verbringen, eine<br />
nahrhafte und geplante Diät einhalten.<br />
Ihr CD4-Wert, das heißt die<br />
Von FLAME aufgenommene Kinder beim Mittagessen<br />
Zahl der krankheitsbekämpfenden<br />
Zellen, steigt. Darüber sind die<br />
Betroffenen sehr froh – und unserer<br />
Organisation sehr dankbar.<br />
Durch Schulbildung erhalten<br />
etwa 160 Kinder jährlich Unterstützung<br />
bei ihrer Ausbildung.<br />
Es gibt rund 45 infizierte Kinder,<br />
die wir mit Notizbüchern, Schuluniformen,<br />
Büchern, Heften und<br />
Schultaschen ausstatten. Auch<br />
die Schulgebühren werden von<br />
FLAME bezahlt. Die Unterstützung<br />
erfolgt durch finanzielle<br />
Beihilfe von Unterstützern aus<br />
dem Distrikt Dindigul.<br />
Wo nötig, stellt FLAME außerdem<br />
Hilfen bei der klinischen<br />
Versorgung sicher, nachdem<br />
sich die infizierten Personen<br />
einer Untersuchung unterzogen<br />
haben. Krankenschwestern geben<br />
liebevoll die vom Arzt verschriebene<br />
Medizin an die betroffenen<br />
Personen aus. In besonders<br />
schwerwiegenden Fällen vermitteln<br />
wir die Betroffenen an<br />
einen Hospizdienst.<br />
Beratung erhalten<br />
– zur Ruhe kommen<br />
In der Tageseinrichtung können<br />
HIV-infizierte Menschen einige<br />
Stunden am Tag entspannen,<br />
Fernsehen schauen oder das<br />
Büro besuchen. Da Dindigul der<br />
Hauptsitz des Distrikts ist, ist der<br />
Zustrom der infizierten Personen<br />
entsprechend groß. Täglich<br />
kommen etwa 5 bis 10 infizierte<br />
Personen in unser Zentrum, um<br />
sich zu entspannen und neue<br />
Kraft zu schöpfen.<br />
Die Beratung spielt eine entscheidende<br />
Rolle für die geistige<br />
Gesundheit. Infizierte Personen<br />
sind in der Regel erleichtert, wenn<br />
sie sich hierbei von ihren Sorgen<br />
und Ängsten, die ihre Krankheit<br />
betreffen, ein Stück weit befreien<br />
können. Jeder neue Patient, dessen<br />
Krankheit entweder durch den<br />
Gesundheitsberater vor Ort oder<br />
durch das staatliche Krankenhaus<br />
festgestellt worden ist, durchläuft<br />
den Beratungsprozess. Dabei werden<br />
ausführliche Informationen<br />
über HIV/Aids vermittelt, die zum<br />
Beispiel darin bestehen, wie man<br />
auf ganz praktische Weise weiter<br />
ein möglichst gesundes Leben<br />
führen kann.<br />
Bewusstsein schaffen<br />
Ziel unseres Bewusstseinsbildungsprogramms<br />
ist es, die<br />
Aufmerksamkeit für die Krankheit<br />
unter den Schülerinnen und<br />
Schülern der Bildungseinrichtungen<br />
und in den Dörfern zu<br />
wecken. Die Aufklärungs-Teams<br />
versuchen, für eine Aids-freie<br />
Gesellschaft zu werben, in dem<br />
sie die schlimmen Auswirkungen<br />
auf die Familie und die Gemeinschaft<br />
deutlich machen. Für diese<br />
Aufgabe haben wir 15 Frauen<br />
ausgebildet, die selbst HIV-positiv<br />
sind. Zu ihrem Repertoire gehören<br />
Sketche, Lieder und Tänze,<br />
deren Inhalte aufklären und<br />
Bewusstsein schaffen.<br />
Sommerlager, Treffen und<br />
Trainings<br />
Anfang Mai 2011 habe wir ein<br />
zwölftägiges Sommercamp für<br />
Kinder organisiert, deren Eltern<br />
HIV-positiv sind. Fünf von ihnen<br />
sind selbst infiziert. Die Betreuer<br />
haben versucht, ihnen während<br />
dieser Tage wichtige Dinge für<br />
ihr Leben mit auf den Weg zu<br />
geben. Ziel dieser Tage war, das<br />
Selbstbewusstsein der Mädchen<br />
und Jungen zu stärken und sie in<br />
der Entwicklung ihrer Persönlichkeit<br />
zu unterstützen.<br />
Des Weiteren nehmen rund<br />
140 Frauen und 30 Männer an<br />
den monatlichen Treffen des<br />
FLAME-Programms teil. Dabei<br />
geht es um ganz verschiedene<br />
praktische Fragen wie Homöopathie,<br />
Rechtsbeistand, Gleichberechtigung,<br />
Lebensmittelhilfe,<br />
medizinische Versorgung, Yoga<br />
und weitere Themen, die für die<br />
Betreffenden wichtig sind. Jeden<br />
Monat sind Spezialisten eingeladen,<br />
die Veranstaltung zu leiten.<br />
Auch rund 40 bis 50 Kinder von<br />
HIV-positiven Eltern nehmen an<br />
den monatlichen Treffen teil. Für<br />
sie gibt es Spiele, Geschichten,<br />
Malen und andere Unterhaltung.<br />
Leben teilen – Brüder in <strong>Mission</strong> — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | <strong>2012</strong><br />
Hilfe zur Selbsthilfe<br />
FLAME hat 10 Selbsthilfegruppen<br />
für Frauen und 2 Selbsthilfegruppen<br />
für Männer eingerichtet.<br />
Jede Gruppe besteht aus 12 Mitgliedern.<br />
Sie alle haben Konten<br />
bei der Indian Overseas Bank<br />
eingerichtet. Die Bank gewährt<br />
ihnen Kredite, so dass die Mitglieder<br />
sich kleine Geschäfte<br />
aufbauen können. Sie haben zum<br />
Beispiel Gemüse oder Getreide<br />
angepflanzt und verkauft, Ziegen,<br />
Kühe, Puten gezüchtet und da-<br />
durch ihr tägliches Einkommen<br />
erheblich gesteigert. Die Mitglieder<br />
können auf diese Weise<br />
150 bis 200 Rupien am Tag<br />
dazuverdienen, das sind zwischen<br />
1,70 und 2,15 EUR – in Indien viel<br />
Geld.<br />
Weiteres Engagement<br />
FLAME hat seine Aktivitäten<br />
in der jüngsten Zeit auch auf<br />
andere Bereiche ausgeweitet.<br />
Dabei richten wir unseren Blick<br />
vor allem auf die Situation der<br />
Kinder. Um den Kindern zu helfen,<br />
ihre Situation selbst in den<br />
Blick zu nehmen, haben wir das<br />
» Kinderparlament« gegründet.<br />
HIV-infizierte Mütter mit ihren Kindern bei FLAME<br />
Wie in dem » richtigen« indischen<br />
Parlament lernen die Kinder, über<br />
verschiedene Probleme der Gesellschaft<br />
zu diskutieren. Anschließend<br />
überbringen sie ihre Ergebnisse<br />
den verantwortlichen Regierungsvertretern.<br />
Dieses Programm<br />
hilft den Kindern, selbständig zu<br />
denken, ihre Verantwortung für die<br />
Gesellschaft wahrzunehmen und<br />
Leitungsfunktionen zu übernehmen.<br />
Als franziskanische Organisation<br />
fühlt FLAME sich ebenso dem<br />
Schutz der Umwelt verpflichtet.<br />
Wir haben eine Initiative gegen<br />
Plastik gestartet und stattdessen<br />
Jute und andere wiederverwendbare<br />
Taschen eingeführt. Diese<br />
Taschen werden von den Selbsthilfegruppen<br />
hergestellt und verziert.<br />
FLAME organisiert außerdem<br />
bewusstseinsbildende Programme<br />
für Schulen und führt Wettbewerbe<br />
für Kinder durch, die den Blick auf<br />
das Thema Umweltschutz lenken.<br />
Michael Anand ofm<br />
Michael Anand lebt als <strong>Franziskaner</strong> und<br />
ausgebildeter Jurist im südindischen Dindigul<br />
und entwickelt dort seit fast zwei Jahren das<br />
HIV-/Aids-Projekt FLAME entschieden weiter.<br />
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