Franziskaner Mission 1-2012
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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | <strong>2012</strong> — Leben teilen – Brüder in <strong>Mission</strong><br />
Leben teilen – Brüder in <strong>Mission</strong> — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | <strong>2012</strong><br />
Von wegen nur Verwaltung! Eintreten für die Verwundbaren<br />
V.l.n.r.: Martin Sappl ofm/Bolivienmissionar, Pia Wohlgemuth/Mitarbeiterin des FMV, Alfons Schumacher ofm/Geschäftsführer des FMV<br />
Ein paar elektronische Piepstöne<br />
am PC verraten, dass wieder neue<br />
EMails in das digitale Postfach<br />
gepurzelt sind. Während das<br />
Faxgerät sanft schnurrend eine<br />
Mitteilung ausdruckt, klingelt das<br />
Telefon. Frau Pia Wohlgemuth,<br />
Sekretärin des <strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong>sVereins in Bayern e.V.,<br />
scheint einem tausendarmigen<br />
Buddha Konkurrenz zu machen,<br />
wenn sie freundlich und kompetent<br />
in ihrem Münchner Büro<br />
weltkirchliche Alltagsarbeit<br />
managt. Und vielleicht betritt<br />
gerade in diesem Moment P. Alfons<br />
Schumacher den Raum, um mit ihr<br />
ein neues Projekt für die nächste<br />
Ausgabe der Zeitschrift »<strong>Franziskaner</strong><br />
<strong>Mission</strong>« oder den jährlichen<br />
Projektkalender zu besprechen.<br />
Der Geschäftsführer des Vereins<br />
ist zugleich Guardian des Klosters<br />
St. Anna, unter dessen Dach neben<br />
der Leitung und Verwaltung der<br />
Deutschen <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />
auch die Anliegen der <strong>Mission</strong><br />
eine Heimat gefunden haben.<br />
Vielseitige Aufgaben<br />
auf der ganzen Welt<br />
Tatsächlich ist hier Multitasking angesagt.<br />
Die Antrags- und Projektbearbeitung<br />
ist gut eingespielt zwischen München<br />
und der <strong>Mission</strong>szentrale der <strong>Franziskaner</strong><br />
in Bonn. Ein Schwerpunkt des<br />
bayerischen <strong>Mission</strong>svereins ist nach wie<br />
vor die Unterstützung der Ordensprovinz<br />
in Bolivien, in der sechs deutsche<br />
Mitbrüder arbeiten. Emanuel Graef,<br />
in Bonn Ansprechpartner für Mexiko,<br />
Mittel amerika und das nördliche Südamerika,<br />
prüft die Anliegen der bolivianischen<br />
Brüder, bevor sie nach München<br />
kommen und dann dem Vorstand zur<br />
Entscheidung vorgelegt werden. Ebenso<br />
wichtig ist der Dialog mit den Spenderinnen<br />
und Spendern. »Ich möchte auf<br />
jede Postkarte antworten«, hat sich Frau<br />
Wohlgemuth vorgenommen. Unterstützt<br />
wird sie dabei von Schwester Michaela<br />
Huber in Landshut. Dort befand sich<br />
jahrzehntelang die Geschäftsstelle des<br />
<strong>Mission</strong>svereins, der in seiner inzwischen<br />
hundertjährigen Geschichte auf vielen<br />
Feldern eng mit den Solanusschwestern<br />
zusammenarbeitete.<br />
Lebendige Beziehungen und<br />
spiritueller Geist<br />
Von wegen nur Verwaltung! In der<br />
Geschäftsstelle des <strong>Mission</strong>svereins<br />
geht es vor allem um die Pflege lebendiger<br />
Beziehungen. Nicht zuletzt mit<br />
den Brüdern und Schwestern, die in<br />
anderen Teilen der Weltkirche ihren<br />
Dienst tun und von München unterstützt<br />
werden. Und immer wieder<br />
kommt Besuch, <strong>Mission</strong>are auf Heimaturlaub<br />
und Brüder anderer Provinzen.<br />
»Wir sammeln nicht nur Geld, so wichtig<br />
das ist«, meint Frau Wohlgemuth.<br />
»Meine Arbeit hier hat wirklich auch eine<br />
ausgeprägt spirituelle Seite!« Im Herbst<br />
vergangenen Jahres war der Bischof des<br />
Apostolischen Vikariats Ñuflo de Chávez<br />
zu Gast, Bonifacio Antonio Reimann, ein<br />
Minderbruder aus Polen. Seine beiden<br />
bayerischen Vorgänger, der aus Unterfranken<br />
gebürtige P. Kilian Pflaum und<br />
der Oberpfälzer Antonio Eduardo Bösl,<br />
verfolgten aus ihren Bilderahmen über<br />
dem PC die Begegnung. Geschichte<br />
ändert sich. Und geht weiter. Auch<br />
dank der Münchner Geschäftsstelle<br />
des bay erischen <strong>Mission</strong>svereins.<br />
Cornelius Bohl ofm<br />
Cornelius Bohl ist Vorsitzender des <strong>Franziskaner</strong>-<br />
<strong>Mission</strong>s-Vereins in Bayern und lebt im <strong>Franziskaner</strong>kloster<br />
München.<br />
Konkrete Menschen auf meinem<br />
Lebensweg – angefangen von<br />
meinen Eltern und Geschwistern,<br />
wie auch den <strong>Franziskaner</strong>n in<br />
meiner Heimatgemeinde in Mannheim<br />
bis hin zu den Kindern und<br />
Jugendlichen in Frankfurt – waren<br />
es, die mich motivierten und mich<br />
bei Entscheidungen für meinen<br />
Weg unterstützten. <strong>Mission</strong> und<br />
Sendung sind für mich nicht einfach<br />
ein Unterwegssein mit einer<br />
fertigen Lehre oder gar Dogmen,<br />
und sie sind auch nicht etwas, das<br />
mit der Priesterweihe oder einer<br />
ähnlichen Sendung abgeschlossen<br />
wäre. Vielmehr verwirklicht sich<br />
Sendung im Gehen, entsprechend<br />
dem bekannten Wort: »Der Weg<br />
ist das Ziel.« Die Botschaft Jesu,<br />
seine Sendung, verwirklicht sich<br />
in den Begegnungen mit den<br />
verschiedensten Menschen auf<br />
dem Weg, in der jeweils erfahrenen<br />
Gemeinschaft. Evangelium<br />
ist nicht einfach ein gedrucktes<br />
Schriftwerk, sondern eine gute<br />
Nachricht, die sich im Leben<br />
verwirklicht und durch das Leben<br />
ausdrückt.<br />
Evangelium im<br />
Zwischen menschlichen<br />
Gerade in meiner Zeit in Frankfurt<br />
durfte ich erfahren, wie sich »Evangelium«,<br />
»Reich Gottes« oder wie immer<br />
wir die Inhalte unserer christlichen<br />
Sendung beschreiben wollen, im<br />
Miteinander mit unseren Nachbarn<br />
verwirklicht hat. Durch das geteilte<br />
Leben mit den Kindern und Jugendlichen<br />
und deren Familien, mit den<br />
Menschen in den Gefängnissen oder<br />
jenen, die an Aids erkrankt waren, mit<br />
jenen, aus den verschiedenen Religionsgemeinschaften<br />
– mit all ihnen<br />
habe ich erleben dürfen, wie sich<br />
Gottesbeziehung und Gemeinschaft,<br />
Evangelium und »Reich Gottes«<br />
je neu ausdrückt und verwirklicht.<br />
Unabhängig von einer bestimmten<br />
Religionszugehörigkeit oder Kultur.<br />
So bedeuten für mich <strong>Mission</strong> und<br />
Sendung weniger ein »mit der Botschaft<br />
des Evangeliums zu den Menschen<br />
gehen, um diese zu verkündigen« als<br />
vielmehr, die Botschaft vom Evangelium<br />
im Miteinander-Leben zu entdecken und<br />
zu erfahren. Freilich ist dies nicht direkt<br />
ein Widerspruch, vielmehr zwei Seiten<br />
einer Medaille. Dennoch glaube ich,<br />
dass eine gewisse Gefahr bei den Religionen<br />
darin besteht, die Botschaft fest zu<br />
schreiben als letztgültige Wahrheit, um<br />
mit dieser Menschen zu missionieren.<br />
Einsatz für die Würde<br />
der Geschöpfe<br />
Seit einem Jahr arbeite ich bei<br />
Franciscans International (FI), der<br />
franziskanischen Nichtregierungsorganisation<br />
bei den Vereinten Nationen<br />
in Genf. Als <strong>Mission</strong> von FI haben wir<br />
Folgendes formuliert: »Wir sind eine<br />
franziskanische Stimme bei den Vereinten<br />
Nationen, um einzutreten für die<br />
Verwundbaren, Vergessenen und unsere<br />
geschundene Erde.«<br />
Diese <strong>Mission</strong> lebt aus der Vision des<br />
Evangeliums Jesu, dem, was er das<br />
»Reich Gottes« nannte, oder wie es die<br />
Bewegung des Weltsozialforums nennt:<br />
»Eine andere Welt ist möglich.« Vielfach<br />
werde ich gefragt, ob ich glaube, dass<br />
sich dieses Engagement bei den UN<br />
lohne und von Erfolg gekrönt sei. Ich<br />
glaube, wo immer Menschen, sei es in<br />
der Politik oder in den Religionen, in<br />
sozialen Bewegungen oder im konkreten<br />
Alltag, für die Würde eines jeden<br />
Geschöpfes eintreten und versuchen,<br />
die anderen zu respektieren, da ist diese<br />
andere Welt, das »Reich Gottes«, schon<br />
erfahrbar und verwirklicht. Es ist der<br />
Anfang dessen, was wir als Christen<br />
und Christinnen erwarten. Wie Bischof<br />
Helder Camara es formulierte: »Wenn<br />
einer alleine träumt, ist es nur ein Traum,<br />
wo viele miteinander träumen, ist es der<br />
Beginn einer neuen Wirklichkeit.«<br />
Markus Heinze ofm<br />
Markus Heinze ist regionaler Leiter für Afrika und<br />
Europa bei Franciscans International in Genf.<br />
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