Einführung in die Dokumentation kinetischer Kunst - Inside ...

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www.inside-installations.org / Einführung in die Dokumentation kinetischer Kunst pg.4/17 Reinhard Bek · Museum Tinguely · Basel 30.05.2007 _________________________________________________________________________________________________________________________________________ möglich sein, eine sinnvolle Art der Dokumentation zu wählen. Es wird jedoch immer zwei verschiedene Herangehensweisen an eine Dokumentation geben: 1. Ein kinetisches Werk wird in seiner bewegten Gesamtheit aus der Sicht des unbeteiligten Betrachters erfasst. Denn dieser betrachtet allein die Bewegung, ungeachtet ihrer Ursache. Das kann als eine Art „äussere Rezeption“ der Bewegung verstanden werden und folgt den Bewegungslinien im Raum. Diese Betrachtungsweise ist gezwungenermassen an den bewegten Gegenstand gebunden. In Attila Csörgös Werk wäre dies die Erfahrung der kontinuierlichen Verwandlung der geometrischen Figuren, die die Holzstäbchen bilden: Aus Ordnung wird Chaos wird Ordnung. Abbildung 1: Attila Csörgö: Untitled (1 tetrahedron + 1 cube + 1 octahedron =1 dodecahedron), Transformation zwischen den beiden Extremzuständen. Wie die Holzstäbchen jedoch durch den Motor und die komplizierte Mechanik aus Rollen, Schnüren und Gewichten bewegt werden, kann der einmalige, unbeteiligte Betrachter nicht verstehen. Er ist mehr auf die „äussere Bewegung“ und das allgemeine Erscheinungsbild konzentriert. Diese Sicht auf das Werk ist zur Dokumentation des Gesamtbildes wichtig. 2. Der Ingenieur dagegen wird die Bewegungen im Inneren der Maschine aufschlüsselnd nachzuvollziehen versuchen. Er wird die Steckdose suchen, das elektrische Kabel und den Motor. Er wird die Räder, Schnüre und Aufhängepunkte bis zu den Holzstäben nachvollziehen und so die Dinge, von der Ursache ausgehend, erforschen. Diese zweite Möglichkeit der Betrachtungsweise ist die logisch erklärende Betrachtung aus dem Wissen heraus, dass der elektrische Strom aus der Steckdose kommend den Motor antreibt, dass die Mechanik die Bewegung überträgt und dass der bewegte Gegenstand als letztes Glied in dieser Bewegungskette nur eine ihm vorgezeichnete Bahn im Raum beschreiben kann. Diese Betrachtungsmöglichkeit ist nicht an den bewegten Gegenstand gebunden, sondern kann – wenige Grunddaten vorausgesetzt - anhand der Schlussfolgerung von Ursache und Wirkung im Geist nachvollzogen werden. Und auch diese zweite, mehr technische, Betrachtungsweise wird der Restaurator dokumentieren müssen, um das Werk in seinen Bestandteilen und deren Beziehungen zueinander erfassen zu können.
www.inside-installations.org / Einführung in die Dokumentation kinetischer Kunst pg.5/17 Reinhard Bek · Museum Tinguely · Basel 30.05.2007 _________________________________________________________________________________________________________________________________________ Diese beiden Sichtweisen auf ein kinetisches Werk, der des Ingenieurs, und der des unbeteiligten Betrachters, sind die beiden Kontrapunkte in der Dokumentation. Sie verdeutlichen nebenbei die beiden wesentlichen Aspekte der Dokumentation: Das Wechselspiel von Material und Bewegung. So steht zum Beispiel bei der „Feder“ von Thomas Baumann der Rhythmus und die Bewegung im Vordergrund. Abbildung 2: Thomas Baumann: Die Feder, Baumann selbst sagt von seinem Werk, dass die Teile nicht „unique“, und deshalb jederzeit austauschbar seien. Zentrales Element des Werkes ist aus seiner Sicht vielmehr das Computerprogramm, das den Rhythmus der Federn vorgibt sowie das Resultat, die Bewegung der Federn. Programm wie auch die Bewegung sind ephemer und ohne Materie. Dagegen ist bei Jean Tinguelys Werken die Bewegung genauso wie einzelne Teile der Werke von gleicher Bedeutung. Viele Teile sind Unikate mit persönlichem, künstlerischem oder politischem Hintergrund. In diesem Fall sind Bewegung und Material gleichwertig zu betrachten, wie zum Beispiel im Werk Suzuki, bei dem der Künstler gefundene Dinge verwendete, die er auf dem Trümmerfeld der Atombombenexplosion von Nagasaki fand.
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