Das Lexikon - Auflösung lexikalischer Ambiguitäten
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3 DIE ROLLE DER PHONOLOGIE BEIM LESEN 14<br />
Falls wir beim Lesen tatsächlich eine phonologische Repräsentation berechnen, kriegen wir<br />
folgende Vorhersage: Beim Lesen von (18) sollten für homographe Homophone (ruler) weniger<br />
Schwierigkeiten auftreten als beim Lesen von homographen Heterophonen (tear), da für erstere<br />
nach Einlesen der desambiguierenden Information nur die Bedeutung geändert werden muss,<br />
während für letztere sowohl die Bedeutung als auch die phonologische Repräsentation zu ändern<br />
ist.<br />
Die Resultate von Folk und Morris (1995) werden in Tabelle 7 gezeigt. Tabelle 7 zeigt die<br />
Ergebnisse für alle drei der in (18) gezeigten Bedingungen, sowie für unterschiedliche Regionen<br />
und Lesemaße.<br />
Tabelle 7: Resultate der Folk & Morris (1995) Blickbewegungsstudie<br />
Heterographic Homographic Homographic<br />
homophones homophones heterophones<br />
Mean Gaze Duration on Target 351 342 389<br />
Target versus Control words Control 322 349 308<br />
Mean Gaze Duration in Target 347 398 383<br />
the Disambiguating Region Control 345 348 373<br />
Total Number of Target 24 24 35<br />
Regressions Onto the Target Control 29 26 18<br />
and Control Words<br />
Mean Total Time on the Target 485 562 727<br />
Target versus Control Words Control 496 539 474<br />
An dieser Stelle sollen nur die in Tabelle 7 fett-gedruckten Ergebnisse besprochen werden.<br />
Diese Ergebnisse zeigen folgendes:<br />
• Liest man die desambiguierende Region für ein Wort wie tear, muss man fast doppelt<br />
so häufig zu diesem Wort zurückgehen als für ein entsprechendes Kontrollwort. Für<br />
Wörter wie ruler zeigen sich dagegen keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu<br />
Kontrollwörtern.<br />
(Dies zeigt die Zeile ,,Total Number of Regressions Onto the Target and Control Words”.<br />
,,Regressions” meint hierbei regressive Sakkaden, die zu einem nochmaligen Lesen des<br />
Ziel- bzw. Kontrollwortes führen.)<br />
• Derselbe Befund zeigt sich in den totalen Lesezeiten für diese beiden Bedingungen.<br />
(Die letzte Zeile in der Tabelle)<br />
3.5 Zusammenfassung: Phonologie beim Lesen<br />
Als wichtigstes Ergebnis dieses Abschnittes können wir festhalten, dass unterschiedliche experimentelle<br />
Methoden (lexikalisches Kategorisieren, Blickbewegungsmessungen) übereinstimmend<br />
zeigen, dass beim Lesen automatisch phonologische Repräsentationen berechnet werden. Dies<br />
allein ist bereits ein wichtiges Ergebnis, auch wenn dadurch noch nicht geklärt ist, wie diese<br />
phonologische Strukturen zustandekommen (vgl. die Diskussion von (16) und (17)).<br />
Den Abschluss dieses Abschnittes soll ein Zitat aus Rayner & Pollatsek (1989) bilden, das<br />
zum weiteren Nachdenken über das oben Ausgeführte anregen mag.