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Das Lexikon - Auflösung lexikalischer Ambiguitäten

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2 LEXIKALISCHE AMBIGUITÄT 4<br />

• Ein andere Möglichkeit ist, dass der Kontext bereits während des lexikalischen Zugriffs<br />

selbst aktiv wird. Denkbar ist beispielsweise, dass überhaupt nur das in den Kontext<br />

passende Wort aktiviert und abgerufen wird. Die späteren Intergrationsprozesse erhielten<br />

dann von vornherein die kontextuell passende Bedeutung vom <strong>Lexikon</strong> geliefert und<br />

müssten diese nicht selber bestimmen.<br />

Die beiden soeben skizzierten Möglichkeiten, wie der Kontext die Auswahl der korrekten<br />

Bedeutung steuern kann, illustrieren die beiden Konzepte der informationellen Einkapselung<br />

und der interaktiven Verarbeitung.<br />

(6) Informationelle Einkapselung<br />

Ein Prozess ist informationell eingekapselt, wenn er keine andere Information verarbeiten<br />

kann außer (i) seinem Input und (ii) Information, die in ihm selbst enthalten ist.<br />

(7) Interaktive Verarbeitung<br />

Von interaktiver Verarbeitung spricht man, wenn zwei oder mehr Prozesse frei untereinander<br />

Information austauschen können.<br />

Falls das mentale <strong>Lexikon</strong> informationell eingekapselt wäre, müsste der lexikalische Zugriff<br />

vollständig auf der Basis von <strong>lexikalischer</strong> Information ablaufen. Wissen über den Kontext, in<br />

dem ein Wort geäußert wird, gehört nicht zum lexikalischen Wissen. Also kann ein informationell<br />

eingekapseltes <strong>Lexikon</strong> keine Information aus dem Kontext aufnehmen, um die kontextuell<br />

angemessene Bedeutung eines ambiges Wortes abzurufen, und folglich wird der lexikalische<br />

Abruf entsprechend der ersten der beiden oben skizzierten Möglichkeiten verlaufen.<br />

Die zweite Möglichkeit illustriert das Konzept der interaktiven Verarbeitung: lexikalische<br />

Information und kontextuelle Information interagieren, so dass bereits während des lexikalischen<br />

Abrufs für ein ambiges Wort die korrekte Lesart gewählt werden kann.<br />

2.3 Lexikalischer Abruf und Priming: Swinney (1979)<br />

Ein klassisches Experiment zum Thema Homonymie und <strong>Lexikon</strong>abruf stammt von Swinney<br />

(1979). Swinney hat in seinem Experiment untersucht, ob der Zugriff ins mentale <strong>Lexikon</strong> seriell<br />

oder parallel erfolgt, und welchen Einfluß der Kontext dabei hat. Dabei hat er sich des sog.<br />

Priming-Effektes bedient.<br />

2.3.1 Priming<br />

Unter Priming versteht man den Befund, dass die Verarbeitung eines Wortes beschleunigt<br />

wird, wenn zuvor ein semantisch verwandtes Wort verarbeitet wurde. Bei der lexikalischen<br />

Entscheidungsaufgabe beispielsweise sind die Reaktionszeiten für ein Wort kürzer, wenn direkt<br />

davor ein semantisch verwandtes Wortes präsentiert wurde. Muss man z.B. entscheiden, ob die<br />

Buchstabenkette nurse ein Wort der englischen Sprache ist, so benötigt die korrekte positive<br />

Entscheidung weniger Zeit, wenn man zuvor entschieden hat, ob doctor ein Wort ist, als wenn<br />

man zuvor entschieden hat, ob cat ein Wort ist (vgl. (8)).<br />

(8) a. Prime-Wort: doctor - Zielwort: nurse<br />

b. Prime-Wort: cat - Zielwort: nurse<br />

2.3.2 Priming und lexikalische Ambiguität<br />

Ebenso wie das deutsche Wort Wanze ist das englische Wort bug mehrdeutig und bezeichnet<br />

entweder ein Insekt oder ein Abhörgerät. Unter ersterer Bedeutung ist bug beispielsweise mit

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