Vom Kinderwagen zum Energydrink
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Kreditgenossenschaften<br />
<strong>Vom</strong> <strong>Kinderwagen</strong> <strong>zum</strong> <strong>Energydrink</strong><br />
Wie die VR-Bank Landshut zwei Firmengründer unterstützte, erfolgreich eine Marktnische zu erobern<br />
Trends for Kids (TFK), so heißt das<br />
von außen unscheinbare Unternehmen<br />
im Industriegebiet Ergoldings bei<br />
Landshut. Alles andere als unscheinbar<br />
sind aber die Produkte, die das Geschäftsführergespann<br />
Oliver Beger und<br />
Stefan Erber gemeinsam mit 14 Mitarbeitern<br />
herstellen: sportliche Kinderwägen.<br />
Ihr Geheimnis liegt in der Technik.<br />
Sie kommt aus dem Fahrradbau und<br />
macht deshalb die TFK-Modelle extrem<br />
belastbar und widerstandsfähig. Die Kinderwägen<br />
haben nur drei Räder<br />
und eignen sich dazu, mit dem<br />
Nachwuchs zu joggen, zu walken<br />
oder Inlineskates zu fahren.<br />
„Die Idee, die dahinter steckte,<br />
war, dass Eltern auch ihre kleinen<br />
Kinder mit <strong>zum</strong> Sport nehmen<br />
können“, sagt Oliver Beger,<br />
Grün der und Geschäftsführer<br />
von TFK. Das Vorhaben, Sportlichkeit<br />
mit der Funktionalität<br />
eines <strong>Kinderwagen</strong>s zu verbinden,<br />
fand aber zunächst kaum Anklang.<br />
Auf der Frühjahrsmesse in Köln stellte<br />
der Kaufmann 1996 einem erfahrenen<br />
Kollegen aus der Branche den Prototypen<br />
vor. „Wir wurden nur müde belächelt“,<br />
sagt Beger. „Er riet uns sogar<br />
dazu, das Vorhaben so schnell wie möglich<br />
zu vergessen.“ Ähnliches erlebte der<br />
Jungunternehmer, als es um die Finanzierung<br />
seiner Kinderwägen ging. „In<br />
Sachen Existenzgründung stieß ich bei<br />
zahlreichen Banken auf taube Ohren.“<br />
Keiner habe an die Geschäftsidee geglaubt,<br />
das sei schon deprimierend gewesen.<br />
Über einen Tenniskollegen lernte er<br />
den Firmenkundenbetreuer der VR-<br />
Bank Landshut, Helmut Kaul, kennen.<br />
Dieser vereinbarte einen Termin mit<br />
dem Vorstandsvorsitzenden Stephan Ehrenwirth.<br />
Dort stellte Beger mit seinem<br />
früheren Partner seine Geschäftsidee vor.<br />
Der Bankkaufmann gab den jungen Firmengründern<br />
schließlich eine Chance.<br />
Auf die Frage, warum er das Unternehmen<br />
mit einem Finanzierungsvolumen<br />
von 400.000 DM unterstützte, antwortet<br />
Ehrenwirth heute: „Die Idee klang verrückt,<br />
aber mein Bauch sagte: Das wird<br />
was.“ Zwar hätten die Firmengründer einen<br />
detaillierten Businessplan erarbeitet.<br />
32 Profil ● 9. 2008<br />
Die TFK-Geschäftsführer Stefan Erber und Oliver Beger (v.li.) sind zufrieden mit ihrer<br />
Hausbank: „Wir wüssten nicht, warum wir fremdgehen sollten.” Stephan Ehrenwirth,<br />
Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Landshut (kleines Bild), unterstützte die Jungunter<br />
nehmer dabei, erfolgreich eine Marktnische zu erobern.<br />
„Doch letztlich ist das nur bedrucktes<br />
Papier“, sagt der Vorstandsvorsitzende.<br />
Denn ob die Ausführungen zu diesem<br />
Zeitpunkt realitätsgerecht gewesen seien,<br />
hätte er nicht einschätzen können. Es<br />
fehlte ihm damals am notwendigen<br />
Branchenwissen, ob ein neues Produkt<br />
im bestehenden Markt für Kinder wägen<br />
erfolgversprechend sei. „Ausschlag ge -<br />
bend für die Finanzierung waren letztendlich<br />
das vorhandene technische<br />
Know-how Begers sowie seine guten<br />
Kontakte im Bereich des Babyversandhandels“,<br />
sagt Ehrenwirth. Diese Verbindungen<br />
rührten daher, dass Beger jahrelang<br />
im elterlichen Betrieb arbeitete, der<br />
Babyartikel wie Wippen oder Kinder -<br />
reisebetten herstellte. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die TFK-Modelle über die<br />
bereits erschlossenen Vertriebswege abgesetzt<br />
werden konnten, war damit groß.<br />
„Diese Einschätzung hatte zwar keine<br />
solide bewertbare Grundlage. Aber die<br />
Erfahrung mit eingefahrenen Vertriebswegen<br />
sprach für die Jungunternehmer“,<br />
sagt Ehrenwirth. Eine gesunde Portion<br />
Vertrauen gehöre bei solchen Vorhaben<br />
aber immer dazu. „Letztlich ist das Kreditgeschäft<br />
Vertrauenssache, andernfalls<br />
wäre ich Pfandleiher und kein Banker<br />
geworden“, fügt der Vorstandsvorsitzen -<br />
de hinzu. Eine 100-prozentige Sicherheit<br />
gebe es bei einer Firmengründung nie.<br />
Schließlich hat der Banker seinem Bauchgefühl<br />
vertraut – und das hat ihn nicht<br />
getäuscht. Er kann zufrieden sein: 2007<br />
erzielte „Trends for Kids“ einen Umsatz<br />
von 5 Millionen Euro, im ersten Jahr waren<br />
es noch 200.000 DM. Das Unternehmen<br />
erreicht ein jährliches Umsatzwachstum<br />
von 40 bis 50 Prozent. TFK<br />
möchte aber noch mehr: „2010 wollen<br />
wir die 10-Millionen-Euro-Grenze knacken“,<br />
sagt der Geschäftsführer.<br />
Heute hat TFK berühmte Kunden.<br />
So fährt das Topmodel Claudia Schiffer<br />
eben so wie die ehemalige Weltklasseschwimmerin<br />
Franziska van Almsick<br />
ihren Nachwuchs in einem „Joggster“<br />
oder „Buggster“ aus Ergolding spazieren.<br />
Auch Porsche ist auf die TFK-Produkte<br />
aufmerksam geworden. Die Stuttgarter<br />
möchten einen <strong>Kinderwagen</strong> entwickeln,<br />
der zusammengeklappt in jedes<br />
Porsche-Modell passt. Dazu hat der<br />
Sportwagenhersteller in der Vergangenheit<br />
sämtliche <strong>Kinderwagen</strong>fabrikanten<br />
befragt, die aber haben alle abgewunken<br />
– außer TFK, die sich als „Porsche der<br />
<strong>Kinderwagen</strong>industrie“ positionieren.<br />
Das geringe Klappmaß der dreirädrigen<br />
TFK-Modelle macht es möglich, dass sie
auch in einem<br />
kleinen Stauraumuntergebracht<br />
werden<br />
können. „Das<br />
Projekt ist eine<br />
echte Herausforderung,<br />
doch<br />
wir sind auf einem<br />
guten Weg,<br />
aus Porsche ei -<br />
ne rasante Familienkutsche<br />
zu machen“,<br />
sagt Beger.<br />
Dem jetzigen<br />
Erfolg von<br />
„Trends for<br />
Kids“ gingen<br />
auch schwierige<br />
Zeiten voraus.<br />
Gerade<br />
das sprunghafte Wachstum des Unternehmens<br />
bereitete anfangs Sorgen. So<br />
musste TFK für seine Produkte, die es in<br />
China fertigen lässt, in Vorleistung gehen.<br />
Die Finanzierung wurde komplexer,<br />
die Finanzierungssummen wuchsen an,<br />
neue Produktfelder kamen hinzu. „Wir<br />
halfen den Machern von TFK dabei, vom<br />
Kontokorrentgeschäft auf Factoring umzustellen<br />
und organisieren heute Währungssicherungsgeschäfte“,<br />
sagt Ehrenwirth.<br />
Hier müsse man schnell und flexibel<br />
die bestmöglichen Lösungen für die<br />
jeweiligen Probleme finden und letztlich<br />
die Entstehungsgeschichte des Unternehmens<br />
kennen. Natürlich könne die<br />
VR-Bank nicht für alle Bedürfnisse die<br />
richtigen Produkte in der eigenen Schublade<br />
haben. Da zahle sich die Stärke<br />
des genossenschaftlichen Finanzverbunds<br />
aus. „Damit haben wir für alle Herausforderungen<br />
schnell die beste Antwort<br />
parat“, weiß Ehrenwirth.<br />
Zurzeit bereitet weniger das sprunghafte<br />
Wachstum Kopfzerbrechen, denn<br />
heute müssen die Importeure, die die<br />
TFK-Modelle in 33 Ländern vertreiben,<br />
in Vorleistung gehen. Vielmehr stößt die<br />
Produktion der Kinderwägen an ihre<br />
Grenzen, das Werk in China produziert<br />
am Limit. Dadurch dauert es zu lange,<br />
bis die Kinderwägen bei den Händlern<br />
sind. „Wir haben momentan Lieferzeiten<br />
von 14 bis 16 Wochen“, berichtet Beger.<br />
Deshalb möchte die Geschäftsführung<br />
ab sofort neue Modelle in einem anderen<br />
Werk in Asien produzieren lassen<br />
und sucht dort momentan nach einem<br />
geeignetenPartner.<br />
Den<br />
nö tigen<br />
Finan -<br />
zierungsrahmen<br />
stellt die<br />
VR-Bank<br />
Landshut<br />
bereit.<br />
„So kriegen<br />
wir<br />
auch das<br />
Problem<br />
geschaukelt“,<br />
sagt<br />
Beger.<br />
Grund<br />
<strong>zum</strong> Ärger<br />
haben<br />
Kreditgenossenschaften<br />
Ob Joggster, Buggster oder Twinner Twist: Die TFK-Kinderwägen sind extrem belastbar und widerstandsfähig. Sie eignen sich dazu,<br />
mit dem Nachwuchs Sport zu treiben, wie hier Fahrrad zu fahren oder einfach nur spazieren zu gehen.<br />
Die neuesten TFK-Projekte: Das Porsche-Modell, das in jedes Auto des gleichnamigen<br />
Herstellers passt, und ein <strong>Energydrink</strong> für Kinder.<br />
die TFK-Geschäftsführer mit ihrer<br />
Hausbank nie gehabt. „Ich wüsste nicht,<br />
warum wir fremdgehen sollten“, so Beger.<br />
„Wir fühlen uns dort gut aufgehoben.“<br />
Der Rat der VR-Bank Landshut<br />
bei wichtigen Firmenentscheidungen sei<br />
den beiden von Anfang an sehr wichtig<br />
gewesen. „Wo sollen wir denn sonst hingehen,<br />
wenn nicht zur Bank“, fragt der<br />
Jungunternehmer. Ab und an brauche<br />
man jemanden, der Zukunftsvisionen<br />
mit anderen Augen sieht und gegebenenfalls<br />
geraderückt. Diese Unterstützung<br />
braucht Beger auch bei seinem neuen<br />
Projekt: Mit 26 Prozent Geschäftsanteil<br />
ist die TFK an „Diablo Rosso“ beteiligt.<br />
Das Unternehmen eines guten Freundes<br />
der TFK-Geschäftsführer stellt so genannte<br />
<strong>Energydrink</strong>s her, die es seit Februar<br />
in Getränkemärkten zu kaufen gibt.<br />
Ihr neuester Coup: Ein Erfrischungsgetränk<br />
für Kinder, das demnächst auf den<br />
Markt kommen soll. „Wir möchten TFK<br />
langfristig auf mehrere Säulen stellen“,<br />
sagt Beger. Dazu müsse man seine Fühler<br />
ausstrecken und offen für neue Ideen<br />
sein. „Bei Diablo Rosso hatten wir gleich<br />
ein gutes Gefühl.“ Doch mit wie viel<br />
Geld TFK die Markteinführung begleiten<br />
wird, hängt auch davon ab, was das<br />
nächste Gespräch mit der VR-Bank<br />
Landshut ergibt. Die Kinder der Geschäftsführer<br />
jedenfalls sind schon überzeugt.<br />
Ihnen schmeckt der süße Fitmacher,<br />
und das ist für das erfolgreiche Duo<br />
aus Ergolding sehr wichtig. „In unserer<br />
Branche muss man versuchen, die Welt<br />
mit Kinderaugen zu sehen“, weiß Beger.<br />
Dann klappe das auch mit dem Energy -<br />
drink. sr �<br />
Profil ● 9. 2008 33