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Rede des Leiters des Sozialwis- senschaftlichen Instituts der Bun ...

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<strong>Rede</strong> <strong>des</strong> <strong>Leiters</strong> <strong>des</strong> <strong>Sozialwis</strong><strong>senschaftlichen</strong><br />

<strong>Instituts</strong> <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr,<br />

Direktor und Professor<br />

Dr. Ernst-Christoph Meier<br />

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Ablaß,<br />

sehr verehrte Frau Ministerialdirektorin<br />

Greyer-Wieninger,<br />

sehr verehrte Frau Bürgermeisterin Stadeler,<br />

sehr geehrte Frau Abgeordnete Kaiser,<br />

meine Herren Generale,<br />

sehr verehrte Geistlichkeit,<br />

verehrte Gäste aus <strong>der</strong> Wissenschaft und<br />

Freunde <strong>des</strong> SOWI,<br />

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und<br />

ehemalige Mitarbeiter <strong>des</strong> SOWI,<br />

meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu dieser<br />

Veranstaltung, an <strong>der</strong>en Ende heute die<br />

Auflösung <strong>des</strong> <strong>Sozialwis</strong><strong>senschaftlichen</strong> <strong>Instituts</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr durch den Amtschef<br />

<strong>des</strong> Streitkräftekräfteamtes, Generalmajor<br />

Wollny, stehen wird.<br />

Direktor und Professor Dr. Ernst-Christoph Meier bei seiner<br />

<strong>Rede</strong> (Quelle: AkBwInfoKom, November 2012)<br />

Ich danke Ihnen dafür, dass Sie <strong>der</strong> Einladung<br />

<strong>des</strong> Amtschefs gefolgt sind. Ihre Anwesenheit<br />

ist Zeichen <strong>der</strong> Verbundenheit mit<br />

einer Forschungseinrichtung, <strong>der</strong>en Zeit<br />

9<br />

38 Jahre nach ihrer Gründung zu Ende geht<br />

und die ab dem 1. Januar 2013 mit dem Militärgeschichtlichen<br />

Forschungsamt in Potsdam<br />

zusammengelegt wird.<br />

Von da an wird es nur noch das Zentrum für<br />

Militärgeschichte und <strong>Sozialwis</strong>senschaften<br />

<strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr – vmtl. abgekürzt ZMSBw –<br />

geben.<br />

Auflösung und Zusammenführung sind Teil<br />

<strong>der</strong> 2011 begonnenen Neuausrichtung <strong>der</strong><br />

<strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr.<br />

Sechseinhalb Jahre hatte ich die große Freude,<br />

diese innerhalb <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr und innerhalb<br />

<strong>der</strong> deutschen Wissenschaftslandschaft<br />

einmalige Forschungseinrichtung als<br />

Direktor zu leiten.<br />

Als ich 2006 mein Amt im fernen Strausberg<br />

antrat, wäre es mir nicht in den Sinn gekommen,<br />

einige Jahre später das zweifelhafte<br />

Vergnügen zu haben, als letzter Direktor <strong>des</strong><br />

SOWI in die Annalen <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr einzugehen.<br />

Ich darf an dieser Stelle ganz herzlich<br />

den heute anwesenden ehemaligen<br />

Direktor <strong>des</strong> <strong>Instituts</strong>, Herrn<br />

Oberst a. D. Rainer Senger, willkommen<br />

heißen. Herr Oberst, ich<br />

kann Ihnen versichern, alles in<br />

meiner Macht Stehende getan zu<br />

haben, um das Schicksal <strong>der</strong> Auflösung<br />

<strong>des</strong> <strong>Sozialwis</strong><strong>senschaftlichen</strong><br />

<strong>Instituts</strong> abzuwenden.<br />

Aber es gab natürlich Gründe für<br />

diese politische Entscheidung. Auf<br />

diese wird <strong>der</strong> Amtschef später<br />

eingehen.<br />

Es gab auch Alternativen – darunter<br />

zweifelsohne auch schlechtere zu <strong>der</strong> nun<br />

vorgesehenen Fusion mit dem Militärgeschichtlichen<br />

Forschungsamt.


Richtig ist, dass gegenwärtig Hun<strong>der</strong>te von<br />

Dienststellen mit Zehntausenden Mitarbeitern<br />

und Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr aufgelöst,<br />

verlegt, verkleinert o<strong>der</strong> zusammengeführt<br />

werden. Kein wirklicher Trost, gewiss,<br />

aber bekanntlich hilft es immer wie<strong>der</strong> im<br />

Leben, zu wissen, dass man mit seinem<br />

Schicksal nicht alleine ist.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

Tage <strong>der</strong> Auflösung von Verbänden o<strong>der</strong><br />

Dienststellen, die die <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr und <strong>der</strong>en<br />

Bild über Jahrzehnte geprägt haben, sind<br />

denkwürdig und in <strong>der</strong> Regel bitter. In welcher<br />

Stimmungslage begeht man diese –<br />

wenn Traditionen enden, wenn Bewährtes<br />

und häufig auch Zukunftsfähiges aus, wie es<br />

scheint, übergeordneten o<strong>der</strong> schlicht finanziellen<br />

Gründen aufgegeben wird, wenn<br />

manche den Eindruck haben, Engagement<br />

und Leistung würden nicht belohnt und am<br />

Ende würden nur die Größten o<strong>der</strong> die mit<br />

<strong>der</strong> größten Lobby überleben?<br />

Meine Damen und Herren,<br />

so sehr einen diese Gedanken bewegen mögen,<br />

sage ich: nicht die Wehmut allein sollte<br />

diesen Tag bestimmen.<br />

Viel eher aber berechtigter Stolz und Zufriedenheit.<br />

Darüber, was dieses Institut und seine Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter über Jahre und<br />

Jahrzehnte für die <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr und für die<br />

Wissenschaft geleistet haben.<br />

Darüber, wie sich die sozialwissenschaftliche<br />

Ressortforschung bis zum Jahr 2012 entwickelt<br />

hat und welcher Stellenwert ihr heute<br />

für die <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr zukommt:<br />

� durch die sozialwissenschaftliche Einsatzbegleitung,<br />

10<br />

� durch die Einstellungsforschung in Bevölkerung<br />

und Streitkräften,<br />

� durch die Studien zu Anspruch und Realität<br />

<strong>der</strong> Inneren Führung und zur inneren<br />

Lage <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr,<br />

� durch die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den<br />

ethischen Grundlagen soldatischen Handelns,<br />

� durch die Beschäftigung mit dem Wandel<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft und seinen Auswirkungen<br />

auf die Streitkräfte,<br />

� durch vielfältige Untersuchungen zum<br />

Arbeitgeber <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr und seiner militärischen<br />

wie zivilen Personalgewinnung,<br />

� durch Studien zur multinationalen Einbettung<br />

Deutschlands und seiner Streitkräfte,<br />

und nicht zuletzt<br />

� durch die sozialwissenschaftliche Begleitung<br />

<strong>der</strong> Strukturreformen.<br />

Eine kräftige Portion Zuversicht ist <strong>des</strong>halb<br />

heute ebenfalls angebracht. Denn die Leistungen<br />

<strong>des</strong> <strong>Instituts</strong> werden auch in Zukunft<br />

am neuen Standort Potsdam für die <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr<br />

unverzichtbar bleiben.<br />

Das Institut ist hervorgegangen aus einer <strong>der</strong><br />

formativen Phasen <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr Ende <strong>der</strong><br />

60er-/Anfang <strong>der</strong> 70er-Jahre <strong>des</strong> vergangenen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, in <strong>der</strong> Bildung, Erziehung und<br />

Wissenschaft und das Verhältnis von <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr<br />

und Gesellschaft auf völlig neue<br />

Grundlagen gestellt wurden. In <strong>der</strong> Folge hat<br />

sich das Institut durch seine wissenschaftliche<br />

Arbeit rasch zu einem national wie international<br />

anerkannten Markenzeichen einer<br />

<strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr entwickelt, die wie keine deutsche<br />

Armee zuvor <strong>der</strong> Demokratie und <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Integration verpflichtet ist.<br />

Was ist vor diesem Hintergrund <strong>der</strong> Markenkern<br />

<strong>des</strong> SOWI? Was gilt es folglich auch am<br />

neuen Standort in Potsdam zu erhalten?<br />

Es sind aus meiner Sicht, zusammengefasst,<br />

vier Elemente:


� Erstens: eine sozialwissenschaftliche<br />

�<br />

Forschung, die Entwicklungen <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr<br />

und <strong>des</strong> Verhältnisses von <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr<br />

und Gesellschaft kontinuierlich<br />

analysiert und begleitet;<br />

Zweitens: eine Beratungskapazität, die<br />

unverzichtbar geworden ist für alle, die<br />

im <strong>Bun</strong><strong>des</strong>ministerium <strong>der</strong> Verteidigung<br />

und in <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr Verantwortung<br />

tragen und die Entscheidungen auf gesicherter<br />

Wissensgrundlage treffen wollen;<br />

� Drittens: eine sozialwissenschaftliche<br />

�<br />

Forschungskapazität, die, an <strong>der</strong> Schnittstelle<br />

von Politik und Wissenschaft verortet,<br />

nicht nur die Entscheidungsgrundlagen<br />

<strong>der</strong> Politik verbessert, son<strong>der</strong>n<br />

gleichzeitig zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Sozialwis</strong>senschaften<br />

insgesamt und <strong>der</strong><br />

Militärsoziologie beiträgt;<br />

Viertens: eine Einrichtung schließlich,<br />

auf die für die kritische Selbstreflexion<br />

<strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr nicht verzichtet werden<br />

kann, die unbeirrt Defizite und Probleme<br />

aufdeckt, die sich mit ihren Befunden<br />

und Positionierungen nicht nur Freunde<br />

macht, aber <strong>der</strong> Freiheit <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

folgend Kurs hält trotz politischer, militärischer<br />

o<strong>der</strong> ministerieller Empfindlichkeiten<br />

und gelegentlicher Versuche <strong>der</strong><br />

Einflussnahme durch die Ängstlichen,<br />

durch die Absicherer und durch die Wissenschaftsfernen.<br />

Es besteht die Chance, und dies begründet<br />

die von mir angesprochene Portion Zuversicht,<br />

dass dieser Markenkern in Potsdam, im<br />

Zentrum für Militärgeschichte und <strong>Sozialwis</strong>senschaften<br />

<strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr, erhalten<br />

bleibt. Eine Garantie hierfür gibt es natürlich<br />

nicht. Aber die Zukunft <strong>der</strong> sozialwis<strong>senschaftlichen</strong><br />

Forschung <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr liegt<br />

in Potsdam. Es gilt nun, alle Kräfte darauf zu<br />

konzentrieren.<br />

11<br />

Meine Damen und Herren,<br />

es gibt kaum eine für die <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr politisch<br />

relevante Frage, die sich mittlerweile<br />

nicht in Aufträgen, Studien und Forschungsfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>des</strong> SOWI nie<strong>der</strong>schlägt. „Mehr verstehen.<br />

Besser entscheiden.“ – das Motto <strong>des</strong><br />

SOWI drückt die Relevanz dieser wissenschaftsbasierten<br />

Politikberatung aus. Die gestiegene<br />

Bedeutung wissenschaftlicher Politikberatung<br />

reflektiert hierbei die Komplexität<br />

politischer Entscheidungen in einer Welt<br />

<strong>des</strong> Wandels. Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Politik<br />

an die Militärsoziologie sind dementsprechend<br />

stetig gestiegen.<br />

Und das SOWI hat stets geliefert.<br />

Ich möchte daher als Direktor <strong>des</strong> <strong>Instituts</strong><br />

den heutigen Tag auch nutzen, um allen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern für Ihre Leistungen<br />

in den vergangenen Jahren zu danken.<br />

Leistungen, die gerade in den letzten zwei<br />

Jahren trotz vielfältiger Unsicherheiten für<br />

alle erbracht werden mussten, nachdem feststand,<br />

dass das SOWI die Last <strong>des</strong> Umzugs<br />

würde tragen müssen.<br />

Ich erlaube mir, aus einem von vielen Briefen<br />

zu zitieren, die mich in den letzten Monaten<br />

zur Auflösung <strong>des</strong> SOWI erreicht haben:<br />

„Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten<br />

dies nicht als Zurücksetzung empfinden,<br />

son<strong>der</strong>n evtl. sogar als Ansporn, das sozialwissenschaftliche<br />

Know How auch in den<br />

neuen Räumen zum Leuchten zu bringen.“<br />

Meine Damen und Herren,<br />

wir wollten diese Auflösungsveranstaltung<br />

auch mit einem wis<strong>senschaftlichen</strong> Beitrag<br />

zur militärsoziologischen Kernkompetenz <strong>des</strong><br />

SOWI bereichern. Viele Studien <strong>des</strong> <strong>Instituts</strong><br />

wurden in internationaler Kooperation mit<br />

Militärsoziologen an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> durchgeführt.


Deshalb ist die Freude groß, dass wir Prof.<br />

Dr. Soeters von <strong>der</strong> Netherlands Defense<br />

Vor <strong>der</strong> Auflösungsveranstaltung: Prof. Dr. Joseph Soeters,<br />

Generalmajor Thomas Wollny und Direktor und Professor<br />

Dr. Ernst-Christoph Meier (v.l.n.r.) (Quelle: AkBwInfoKom,<br />

November 2012)<br />

Academy in Breda, für einen kurzen Vortrag<br />

gewinnen konnten. Herr Professor, herzlich<br />

willkommen.<br />

Prof. Soeters ist dem Institut über viele Jahre<br />

wissenschaftlich verbunden, nicht zuletzt<br />

durch gemeinsame Projekte wie zum Beispiel<br />

Studien zur militärischen Kooperation im<br />

Deutsch-Nie<strong>der</strong>ländischen Korps. Herr Prof.<br />

Soeters, wir sehen Ihren Ausführungen zur<br />

internationalen Militärsoziologie und zum<br />

Verhältnis von Militärgeschichte und <strong>Sozialwis</strong>senschaft<br />

mit Spannung entgegen.<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle auch schon<br />

einmal bei den Herren <strong>des</strong> Bläserquartetts <strong>des</strong><br />

Stabsmusikkorps <strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr aus Berlin<br />

unter Leitung von Stabsfeldwebel Rein für<br />

ihre vorzügliche musikalische Begleitung bedanken.<br />

Last but not least möchte ich auch einen<br />

Dank richten an Oberst Hecht, den Standortältesten<br />

und Kommandeur <strong>der</strong> AIK, <strong>der</strong> uns<br />

freundlicherweise einmal mehr seine Räum-<br />

12<br />

lichkeiten für eine Veranstaltung zur Verfügung<br />

gestellt hat. Herr Oberst, ich hoffe, Sie<br />

werden uns schon bald vermissen.<br />

Liebe Gäste,<br />

das SOWI wird zum 31.12.2012<br />

aufgelöst und Teil <strong>des</strong> neuen Zentrums<br />

für Militärgeschichte und <strong>Sozialwis</strong>senschaften<br />

<strong>der</strong> <strong>Bun</strong><strong>des</strong>wehr.<br />

Es gibt unter Jägern den Spruch<br />

„Aus einem kleinen Gebüsch<br />

springt oft ein großer Hase“.<br />

In diesem Sinne wünsche ich dem<br />

neuen Zentrum in Potsdam eine<br />

gute Zukunft und allen, die hierfür<br />

Verantwortung tragen, eine glückliche<br />

Hand.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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