CHE GUEVARA: - Sozialistische Alternative
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GUERILLATAKTIK UND MARXISMUS<br />
K einE RevolutionärIn entwickelt Ideen in einem sozialen Vakuum oder in völliger<br />
Isolierung. In dieser Hinsicht waren die Ideen, die Che entwickelte und unterstützte,<br />
keine Ausnahme. Bei der Betrachtung von Ches Leben kann niemand, der sich als<br />
RevolutionärIn betrachtet und gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpft, seinen<br />
Heroismus, seine Entschlossenheit und Opferbereitschaft in Zweifel ziehen. Als er auf Kuba<br />
ankam, vertrat er die Auffassung, dass der Sozialismus in ganz Lateinamerika aufgebaut<br />
werden müsse, um die Massen von Ausbeutung zu befreien und den Kontinent von imperialistischer<br />
Vorherrschaft zu befreien.<br />
Was Che aber fehlte war ein klares Verständnis, wie dies<br />
getan werden könne und welche Klasse dabei die führende<br />
Rolle spielen müsse. Aus einem marxistischen<br />
Blickwinkel war das entscheidende Defizit von Ches Ideen<br />
seine Unterschätzung der Rolle der ArbeiterInnenklasse beim<br />
Sturz des Kapitalismus und beim Aufbau des Sozialismus.<br />
Wegen der besonderen Bedingungen, die es auf Kuba gab,<br />
verhinderte dieses Defizit den Sturz Batistas und die<br />
Machtübernahme der Guerillaarmee, in der Che kämpfte,<br />
zwar nicht. Aufgrund von internationalen Faktoren und dem<br />
Schwung der Revolution wurde dadurch auch nicht der Sturz<br />
des Kapitalismus auf Kuba verhindert (der in späteren<br />
K apiteln diskutiert wird).<br />
Aber es formte den Charakter des neuen Regimes, das<br />
sich nach dem Triumph der Revolution herausbildete.<br />
Darüber hinaus scheiterten Ches Ideen später, als sie auf<br />
andere Länder in Lateinamerika, wo die objektiven<br />
Bedingungen sich unterschieden, angewandt wurden. Viele<br />
heroische und wirkliche RevolutonärInnen setzten ihre<br />
Energien für die Umsetzung seiner unvollständigen Ideen ein<br />
und nicht wenige gaben dabei ihr Leben. Was Che bei seinem<br />
Studium der marxistischen Literatur nicht in sich aufnahm,<br />
waren die Erfahrungen der Russischen Revolution 1917 und<br />
die Ideen der Permanenten Revolution.<br />
Vor allem erfasste er die Rolle nicht, die die<br />
ArbeiterInnenklasse selbst in einem Land spielt, in dem<br />
sie eine Minderheit in der Gesellschaft darstellt. Leider war<br />
die Revolution in den industrialisierten Ländern nicht erfolgreich,<br />
nachdem die russische ArbeiterInnenklasse an die<br />
Macht kam (verantwortlich dafür waren v.a. die Führungen<br />
der sozialdemokratischen Parteien in Europa, Anm. Übers.).<br />
Der bolschewistische Sieg blieb isoliert. Die Interventionen<br />
durch die Armeen des westlichen Imperialismus kombiniert<br />
mit dem BürgerInnenkrieg erschöpfte die russische<br />
ArbeiterInnenbewegung. Der Kapitalismus blieb zwar in<br />
Russland für eine lange Periode, bis zur kapitalistischen<br />
Restauration 1989- 92, besiegt, die ArbeiterInnenklasse<br />
wurde aber politisch ihrer Kontrolle über die Gesellschaft<br />
beraubt. Eine sich herausbildende brutale privilegierte bürokratische<br />
Elite riss diese an sich.<br />
Che zog aber nicht die Lehren der Revolution von 1917<br />
oder späterer Ereignisse. Aber eben diese Lehren zu ziehen<br />
und sie auf die besonderen Bedingungen, die sich in<br />
Mittel- und Lateinamerika herausgebildet hatten, anzuwenden,<br />
hätte einen riesigen und kühnen Sprung im politischen<br />
Verständnis und der Vorstellungskraft erfordert. Isoliert und<br />
unter dem Einfluss von Ereignissen und konkurrierenden<br />
Ideen konnte Che diesen Sprung nicht machen, der zur<br />
Anwendung der Methoden des Marxismus auf die besonde-<br />
Che Guevara: Weltweit gegen Ausbeutung und Unterdrückung<br />
ren Bedingungen auf seinem Kontinent erforderlich war und<br />
ist. Unter dem Kapitalismus ist die ArbeiterInnenklasse zum<br />
kollektiven Kampf durch Streiks, Demonstrationen und<br />
Betriebsbesetzungen usw. gezwungen, um Zugeständnisse zu<br />
erlangen und ihre Interessen zu verteidigen. Natürlich muss<br />
die ArbeiterInnenbewegung wenn nötig auch ihre eigene<br />
Verteidigung organisieren, gegen bewaffnete Angriffe durch<br />
die ArbeitgeberInnen und die, die deren Interessen vertreten.<br />
Die entscheidende Rolle der ArbeiterInnenklasse in der<br />
sozialistischen Revolution ergibt sich aus ihrem kollektiven<br />
Klassenbewusstsein, das sie in den Betrieben entwickel<br />
und das ihr erlaubt, den Boden für die kollektive demokratische<br />
Kontrolle und Verwaltung der Gesellschaft zu bereiten.<br />
Dies schafft die Grundlage für die Errichtung einer<br />
ArbeiterInnendemokratie, um die Aufgabe des Aufbaus des<br />
Sozialismus zu beginnen. Die ArbeiterInnenklasse kann die<br />
Unterstützung anderer ausgebeuteter Schichten der<br />
Gesellschaft gewinnen, indem sie deren Interessen in ihr<br />
sozialistisches Programm aufnimmt, und so die Revolution<br />
durchführen und Großgrundbesitz und Kapitalismus stürzen.<br />
Daher kommt der ArbeiterInnenklasse die führende<br />
Rolle in der Revolution und beim Aufbau des Sozialismus zu.<br />
DER KAMPF AUF DEM LAND<br />
UND DER MARXISMUS<br />
Die ärmeren BäuerInnen können zwar eine wichtige<br />
Rolle im Kampf spielen, ihnen fehlt aber das kollektive<br />
Klassenbewusstsein, das unter der ArbeiterInnenklasse vorherrscht.<br />
Die BäuerInnenschaft kann wegen ihrer Isolation in<br />
ländlichen Gebieten und den wirtschaftlichen Verhältnissen<br />
auf dem Land mit ihrer engen, auf die Gemeinde fixierten<br />
und individualistischen Erscheinung nicht die selbe Rolle in<br />
der Revolution spielen wie die ArbeiterInnen in den Städten.<br />
Der Marxismus verteidigt zwar die führende Rolle der<br />
ArbeiterInnenklasse in der sozialistischen Revolution,<br />
erkennt aber auch die Bedeutung des Kampfes auf dem Land<br />
an, besonders unter den LandarbeiterInnen und den ärmeren<br />
Teilen der Bäuerinnenschaft. Selbst heute - nach der massiven<br />
Verstädterung der Gesellschaft - gibt es in Südamerika<br />
viele wichtige Verbindungen zwischen den ländlichen<br />
Gebieten und der städtischen Bevölkerung, besonders der<br />
ArbeiterInnenklasse. Das gilt besonders für Mittelamerika.<br />
ArbeiterInnen aus den Städten kehren immer wieder auf<br />
das Land zur Arbeit oder zur Unterstützung ihrer noch<br />
dort befindlichen Familien zurück. Teile der Armen in den<br />
Städten, die in Slums am Rand der großen Städte "wohnen",<br />
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