CHE GUEVARA: - Sozialistische Alternative
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Seite 23<br />
getrieben. Es gab Versuche, eine "revolutionäre"<br />
Koalitionsregierung im Exil zu bilden. Sie würde von der<br />
Bewegung des 26. Juli zusammen mit den Auténticos unter<br />
der Führung von Pío beherrscht sein. Laut Hart, dem an den<br />
Verhandlungen beteiligten Llano-Führer, hatten an den<br />
Diskussionen auch Leute teilgenommen, die "der US-<br />
Botschaft nahestanden".<br />
MIAMI GEGEN DIE SIERRA<br />
Die USA waren sich nicht sicher, ob Batista durchhalten<br />
würde, und versuchten, eine Koalition aus Anti-Batista-<br />
Kräften zusammenzubringen, in die sie - ihrer Hoffnung<br />
nach - eine "kontrollierte" Bewegung des 26. Juli einbeziehen<br />
könnten. In Miami kam es zu einem Treffen, an dem auf<br />
Castros Anweisung eine Delegation teilnahm. Am 1.<br />
November wurde eine "Kubanische Befreiungsjunta" gebildet<br />
und der Vertrag von Miami unterzeichnet. Felipe Pazos<br />
hatte in der Delegation als offizieller Führer der Bewegung<br />
des 26. Juli verhandelt. Er hatte das ohne die Zustimmung<br />
Castros gemacht, der das zu recht als Versuch sah, ihn auszubooten.<br />
Bei diesem Vertrag ging es darum, nach einem<br />
Sturz Batistas ein gemäßigtstes Regime zu gewährleisten. Er<br />
enthielt keine Ablehnung von ausländischen Interventionen,<br />
sagte nichts über die Idee der Errichtung einer Militärjunta<br />
zur Ersetzung Batistas und drängte auf die Einbeziehung<br />
von Castros Guerillakräften in die kubanische Armee. Es war<br />
praktisch ein Vorschlag, eine zahme Nach-Batista-Regierung<br />
vorzubereiten und die Guerillakräfte aufzulösen.<br />
Als die Nachrichten von der Vereinbarung die Sierra<br />
Maestra erreichten, reifen sie Empörung hervor. Raúl<br />
Castro forderte, dass die Vertreter der Bewegung des 26. Juli<br />
erschossen würden. Fidel Castro reagierte nicht sofort. Che<br />
explodierte. Er stellte eine Verbindung zwischen dem<br />
Akzeptieren des Miami-Vertrages durch das Direktorium mit<br />
seinem eigenen Konflikt mit ihm in militärischen Fragen her.<br />
Er beschuldigte sie der "Sabotage". Che stand damals mitten<br />
in einer militärischen Aktion. Er musste sich zu einem Ort<br />
namens El Hombrito zurückziehen und wurde später in<br />
Altos de Conrado verwundet. Beide Rückschläge waren<br />
damit verbunden, dass das Direktorium ihm keinen<br />
Nachschub lieferte. Jetzt stellte er in einem Brief, den er am<br />
9. Dezember an Castro sandte, ein Ultimatum, ihm harte<br />
Maßnahmen gegen das Direktorium zu erlauben oder er<br />
werde zurücktreten. Castros Antwort bestimmte nicht nur<br />
seine Beziehungen zu Che, sondern beeinflusste auch den<br />
Rest der Durchführung der Guerillakampagne. Er stand<br />
unter dem Druck der Leute, die in den Bergen kämpften, und<br />
wurde unausgesprochen von Pazos bedroht, der sich nicht<br />
nur um die Führung der Bewegung des 26. Juli, sondern auch<br />
um die Präsidentschaft in einem Nach-Batista-Kuba bemühte.<br />
Castro ging hart gegen das Direktorium und den Vertrag<br />
von Miami vor. "Die Führung des Kampfs gegen die<br />
Tyrannei ist in Kuba und in den Händen der revolutionären<br />
K ämpfer und wird da bleiben".<br />
Das Nationale Direktorium wurde beschuldigt, "lauen<br />
Patriotismus und Feigheit" zu zeigen. Um Pazos<br />
Bewerbung für die Präsidentschaft zu durchkreuzen, schlug<br />
er selbst einen Kandidaten für die Führung der Übergangsregierung<br />
vor, den alten Juristen Manuel Urruitia. Die neugeschaffene<br />
Junta brach zusammen, Pazos zog sich aus der<br />
Bewegung zurück und der neue Führer des Direktoriums,<br />
Chomón, griff Castro für seine Handlungen an. Castro<br />
machte durch seine Vorgehensweise klar, dass er und seine<br />
Kräfte die vorherrschende Führungsalternative zu Batista<br />
waren. Um seine Stellung zu festigen, musste er sich auf Che<br />
und den "linken Flügel" der Bewegung des 26. Juli stützen,<br />
um dem "rechten" Direktorium entgegenzutreten. In den<br />
folgenden Monaten fand ein völliger Bruch mit dem<br />
Direktorium statt, der durch den Fortgang der Ereignisse<br />
und der Revolution vorangetrieben wurde.<br />
Che kam bei dieser Weggabelung an der Castro in seiner<br />
politischen Entwicklung damals stand, in der Bewegung<br />
des 26. Juli und der kubanischen Revolution eine wichtige<br />
Rolle zu. Che schrieb an Daniel und verteidigte seinen<br />
"Marxismus", griff das "rechte Direktorium" an, weil es<br />
zuließ, dass sich die Bewegung durch den Vertrag von Miami<br />
in den "Arsch ficken" lässt und pries Castro als "einen<br />
authentischen Führer der linken Bourgeoisie". Selbst in diesem<br />
Stadium sah Che offensichtlich Castro nicht als glühenden<br />
Verteidiger des Sozialismus, sondern als Vertreter der<br />
radikalen Bourgeoisie. Daniel antwortete und drückte<br />
Zweifel bezüglich des Miamivertrages aus, drängte aber, dass<br />
die Bewegung des 26. Juli entscheide, welchen Pfad sie einschlagen<br />
wolle und sich frage, wohin sie gehe. Dieser<br />
Meinungsaustausch war ein Wiederhall eines harten ideologischen<br />
Kampfes, der innerhalb der Anti-Batista-Kräfte, auch<br />
innerhalb der Bewegung des 26. Juli, stattfand.<br />
Mit Vertiefung der Krise wurde das schwankende<br />
Kleinbürgertum, das in dieser Bewegung gruppiert<br />
war, zunehmend in getrennte und einander entgegengesetzte<br />
Lager gespalten. Auf der einen Seite stand die rechte<br />
Führung des Direktoriums, zunehmend unter dem Einfluss<br />
des US-Imperialismus und seiner Versuche, ein günstigstes<br />
Ergebnis für sich selbst zu erlangen. Auf der anderen Seite<br />
wurde ein kämpferischerer Flügel durch eine Verbindung der<br />
Auswirkungen des Krieges, des revolutionären Prozesses und<br />
der Notwendigkeit zur Verteidigung der eigenen Interessen<br />
und Bestrebungen zunehmend links radikalisiert.<br />
Castro sass jetzt als der Führer dieses Flügels fest im Sattel<br />
- El Jefe Máximo, als der er bekannt wurde. Innerhalb<br />
dieses Prozesses war Che mit seiner Unterstützung für internationalen<br />
Sozialismus der politisch bewussteste. Ihm fehlte<br />
zwar die notwendige Klarheit der Ideen und des Programms,<br />
um dieses Ziel zu erreichen, aber der Zusammenstoß mit<br />
dem Direktorium zeigte, dass er wahrscheinlich in kritischen<br />
Augenblicken zunehmenden Einfluss auf Castro hatte und<br />
ihm "half", einen oder mehrere Schritte weiter nach links zu<br />
gehen.<br />
Im März 1958 verschlechterte sich die Lage in Batistas<br />
Lager. An allen Fronten nahmen die Schwierigkeiten zu<br />
und der Staatsapparat begann, um in herum zu zerbrechen.<br />
In einem beispiellosen Schritt stimmten die Behörden von<br />
Havanna zu, einen Polizeioberst und den Chef des<br />
Marinegeheimdienstes, Laurent, für den Mord an vier<br />
Jugendlichen anzuklagen. Alle Schulen waren geschlossen,<br />
weil 75.000 SchülerInnen im Streik waren. Batista hob alle<br />
Bürgerrechte auf und verhängte Radio- und Pressezensur.<br />
Che Guevara: Revolutionär und Internationalist