Harnischwelszucht – kein Ende in Sicht? - L-Welse
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AMAZONAS TITELTHEMA<br />
18<br />
<strong>Harnischwelszucht</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>ke<strong>in</strong></strong> <strong>Ende</strong> <strong>in</strong> <strong>Sicht</strong>?<br />
von Hans-Georg Evers<br />
Seit mehr als 20 Jahren tummeln sich <strong>in</strong> unseren Aquarien Hunderte<br />
von verschiedenen Arten der großen Familie der Harnischwelse<br />
(Loricariidae). Am Anfang mit Begeisterung gefeiert, bald schon<br />
zur Modewelle degradiert und heutzutage gern von e<strong>in</strong>igen Leuten<br />
<strong>in</strong> die Versenkung geredet, haben Zebraharnischwels und Co. e<strong>in</strong>e<br />
bewegte aquaristische Vergangenheit h<strong>in</strong>ter sich. Ist der Importstopp<br />
aus Brasilien Grund für Verfall und Verkümmern e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>st blühenden<br />
Sparte der Aquaristik?
<strong>Harnischwelszucht</strong> im großen Stil.<br />
Teil der im Text vorgestellten Anlage<br />
von T. Hartung. Foto: O. Deters<br />
19<br />
AMAZONAS
AMAZONAS<br />
Ich werde den Augenblick niemals vergessen.<br />
Ich stand damals als Zivildienstleistender <strong>in</strong><br />
München <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zoofachgeschäft und starrte<br />
wie gebannt auf den ersten lebenden Zebra -<br />
harnischwels, der mir jemals vor Augen kam.<br />
Annähernd 900,<strong>–</strong> DM sollte e<strong>in</strong> Tier kosten,<br />
fast zwei Monate Sold. Ich hatte mich auf den<br />
ersten Blick <strong>in</strong> diese Fische vernarrt und schwor<br />
mir, dass auch bei mir irgendwann e<strong>in</strong>mal solche<br />
Harnischwelse schwimmen würden. Es dauerte auch gar<br />
nicht lange und diese und ähnlich sensationell gefärbte<br />
Vertreter aus den zentralbrasilianischen Flussbecken des<br />
Rio X<strong>in</strong>gu, Rio Araguaia/Rio Tocant<strong>in</strong>s und etwas später<br />
auch des Rio Tapajós saugten an me<strong>in</strong>er Aquariendeko<br />
und sorgten <strong>in</strong> der Aquaristik für Furore. Viele Aqua ria -<br />
ner wollten die Gestreiften, Gepunkteten oder Gefleckten<br />
pflegen und nach Möglichkeit auch nachzüchten.<br />
20<br />
Pionierarbeit<br />
Im <strong>Ende</strong> der 1980er Jahre gegründeten VDA-Arbeitskreis<br />
„Barben, Salmler, Schmerlen, <strong>Welse</strong>“ hatte sich e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Gruppe besonders begeisterter Aquarianer<br />
zu sammengefunden, die vor allem die Nachzucht der<br />
L-<strong>Welse</strong> versuchten. Me<strong>in</strong> Freund<br />
Ingo Seidel und ich<br />
arbeiteten damals<br />
Hypancistrus sp. L 136c ist e<strong>in</strong>e überaus attraktive Form,<br />
die von Ernst Schmidt nachgezüchtet wird. Foto: I. Seidel<br />
mit vielen Bastlern<br />
und Tüftlern zusammen<br />
und schafften es tatsächlich,<br />
die e<strong>in</strong>e oder andere Art<br />
zu „knacken“.<br />
Als klar wurde, dass diese <strong>Welse</strong> als Höhlenbrüter<br />
geeignete Laichplätze benötigten, vermaßen wir unsere<br />
Tiere und klebten passgerechte Höhlen aus Schiefer -<br />
tafeln für sie. E<strong>in</strong> Freund töpferte auch ganz gern und<br />
so kam es schon bald zur Erf<strong>in</strong>dung der klassischen<br />
Harnisch welsröhren, wie man sie heutzutage vielerorts<br />
kaufen kann. Ich er<strong>in</strong>nere mich an endlose Gespräche<br />
mit Ingo und anderen Freunden, wie den auch im<br />
hohen Alter noch enthusiastischen Vollblutaquarianer<br />
H.-J. Franke. Es herrschte e<strong>in</strong>e Art Goldgräberstimmung<br />
damals, und jeder neue Zuchterfolg wurde gefeiert.<br />
Natürlich hatte ich auch Erfolge mit der Galionsfigur<br />
des L-Welsfiebers, dem L 46, Hypancistrus zebra. Ich<br />
pflege und züchte me<strong>in</strong>en Liebl<strong>in</strong>gsfisch auch heute<br />
noch und werde es wohl auch weiterh<strong>in</strong> tun.<br />
Die 1990er waren wunderbare Jahre für<br />
uns Welsaquarianer. Ständig kam<br />
Hypancistrus sp. L 174 aus dem Rio X<strong>in</strong>gu<br />
ist e<strong>in</strong>e der Arten, die nur mit viel Aufwand <strong>in</strong><br />
ihrem Bestand zu erhalten s<strong>in</strong>d. Foto: H.-G. Evers
Wenige Monate alter Hypancistrus sp. L 174. Nur wenige Eier werden pro Gelege produziert und die Jungen wachsen sehr langsam und<br />
s<strong>in</strong>d mitunter recht h<strong>in</strong>fällig. Foto: H.-G. Evers<br />
es zu Neuimporten, wurden neue Gebiete bereist und<br />
neue Arten entdeckt.<br />
Schließlich begannen Ingo und ich die Arbeit<br />
an den Mergus-Welsatlanten (EVERS & SEIDEL 2002,<br />
SEIDEL & EVERS 2005). E<strong>in</strong>e solche Fleißarbeit macht<br />
man wohl nur e<strong>in</strong>mal im Leben, und nach zehn Jahren<br />
war die Sisyphusarbeit mit der Publikation des zweiten<br />
Bandes endlich mehr oder weniger abgeschlossen.<br />
Noch vor fünf Jahren sah man Hypancistrus-Arten<br />
<strong>in</strong> jedem Zoogeschäft und viele Liebhaber stapelten<br />
Röhren übere<strong>in</strong>ander, aus denen ihnen buntgestreifte<br />
Harnischwelsschwänze zuw<strong>in</strong>kten. Schaut man sich<br />
heute <strong>in</strong> den Zooläden um, so sucht man vielerorts<br />
die hübsch gezeichneten Harnischwelse aus Brasilien<br />
vergeblich. Ist der Drops gelutscht? Ergeht es L 46 und<br />
Verwandten nun so, wie es vor e<strong>in</strong> paar Jahren auch<br />
mit den Zwergbuntbarschen der Gattung Apistogramma<br />
geschah? Ist der Zirkus <strong>–</strong> mittlerweile auf Nanogröße<br />
Hypancistrus-Arten wie dieser L 400<br />
s<strong>in</strong>d durch ausbleibende Wildfänge selten<br />
<strong>in</strong> der Aquaristik geworden. Foto: H.-G. Evers<br />
Fast so als würde er lächeln: Panaque sp. L 191 haben ihr<br />
Fortpflanzungsgeheimnis noch nicht gelüftet. Foto: H.-G. Evers<br />
geschrumpft und wirbellos geworden <strong>–</strong> auf der Suche nach neuen Sensationen weiter -<br />
gezogen und h<strong>in</strong>terlässt außer e<strong>in</strong> paar zurück -<br />
gebliebenen Unverbesserlichen nur abgegrastes,<br />
ödes Land?<br />
TITELTHEMA<br />
21<br />
AMAZONAS
AMAZONAS TITELTHEMA<br />
Zahlreiche Versteckmöglichkeiten s<strong>in</strong>d besonders <strong>in</strong> dicht besetzten<br />
Aufzuchtbecken notwendig. Foto: H.-G. Evers<br />
Sicher, der Importstopp der beliebtesten Arten aus dem<br />
Land mit der größten Artenvielfalt hat das Angebot <strong>in</strong><br />
den Zooläden drastisch e<strong>in</strong>geschränkt. Doch klagen viele<br />
Züchter von eben diesen Hypan cistrus-Arten und anderen<br />
darüber, dass sie ihre Nachzuchten nicht mehr zu vernünftigen<br />
Preisen ab setzen können. Das mag sicherlich<br />
daran liegen, dass das Interesse an diesen Fischen allgeme<strong>in</strong><br />
nachgelassen hat.<br />
In Brasilien bemüht man sich derzeit nach Kräften,<br />
auch die Lebensräume der Arten rücksichtslos zu vernichten<br />
(siehe EKSTRØM 2010). Und das zu e<strong>in</strong>em Zeit -<br />
punkt, an dem die wissenschaftliche Erforschung und<br />
taxonomische Bearbeitung seitens brasilianischer Fisch -<br />
kundler endlich mal „<strong>in</strong> die Puschen“ zu kommen<br />
sche<strong>in</strong>t. Zyniker haben schon angemerkt,<br />
dass die Brasilia ner erst mit<br />
der Er fassung fertig se<strong>in</strong> werden,<br />
wenn alle diese Arten längst aus<br />
gestorben s<strong>in</strong>d.<br />
22<br />
Brasilien und die Arterhaltung<br />
Doch was können wir Aquarianer<br />
daran ändern? Spontan <strong>in</strong>s Leben<br />
gerufene Pro gramme zur Arter -<br />
haltung haben durchaus Interesse<br />
geweckt. Auf den ersten L-Wels-Tagen<br />
im November 2009 <strong>in</strong> Hannover<br />
haben über 140 Teilnehmer aus<br />
immer h<strong>in</strong> 14 verschiedenen Natio -<br />
nen gezeigt, dass das kle<strong>in</strong>e Häufle<strong>in</strong><br />
Unentwegter doch größer zu sche<strong>in</strong><br />
sche<strong>in</strong>t als ursprünglich angenommen.<br />
So können wir zwar versuchen,<br />
die <strong>in</strong> der Aquaristik vorhandenen<br />
Tiere zu sichern, Kräfte zu bündeln<br />
und die Bestände für e<strong>in</strong>e Weile zu<br />
erhalten. Doch ist es naiv und illusorisch<br />
deswegen anzunehmen, e<strong>in</strong>en<br />
dauerhaften Beitrag zur Arterhaltung<br />
dieser Fische zu leisten.<br />
E<strong>in</strong>mal ganz davon abgesehen,<br />
dass ohneh<strong>in</strong> nur die attraktivsten<br />
Vertreter auf Dauer e<strong>in</strong>e Chance hätten, auf möglichst<br />
breiter Basis gezüchtet zu werden, ist es auch bei diesen<br />
nur e<strong>in</strong>e Frage der Zeit, bis sie wieder aus der Aquaristik<br />
und dann eventuell für immer verschwunden s<strong>in</strong>d.<br />
Nur <strong>in</strong> der Natur, <strong>in</strong> den ursprüng lichen Lebens räumen<br />
dieser Arten ist die Arterhaltung zu gewähr leisten,<br />
da mache ich mir nichts vor.<br />
Wenn ich nur daran denke, wie mühsam es beispielsweise<br />
ist, den kle<strong>in</strong>en Hypancistrus sp. L 174 zu züchten<br />
und auf e<strong>in</strong>e vernünftige Größe heranzuziehen, kommen<br />
mir me<strong>in</strong>e vielen Aquarien im Vergleich zum Rio X<strong>in</strong>gu<br />
wie e<strong>in</strong> Tropfen auf den heißen Ste<strong>in</strong> vor. Doch als Aqua -<br />
rianer können wir das tun, was die Stärke der Aquaristik<br />
ausmacht. Wir können die lebenden Fische pflegen,<br />
beob achten und gezielt vermehren. Wir können weiter<br />
probieren und somit E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die Biologie e<strong>in</strong>er<br />
Fischgruppe gew<strong>in</strong>nen, die vor 20 Jahren noch gänzlich<br />
un bekannt war, und darüber berichten. Denn <strong>in</strong><br />
Formal<strong>in</strong> konservierte Exemplare erzählen<br />
darüber nichts.<br />
Eckpfeiler<br />
Mittlerweile ist es vielen Aquarianern, die<br />
sich e<strong>in</strong>gehender mit der Pflege und Zucht<br />
von ancistr<strong>in</strong>en Harnisch -<br />
Noch werden längst nicht alle Harnischwelse<br />
regelmäßig ge züchtet. Der schöne<br />
Scob<strong>in</strong>ancistrus aureatus aus Brasilien wurde<br />
bislang nur zufällig vermehrt. Foto: H.-G. Evers
welsen beschäftigen, klar, dass<br />
be stimmte Grundbe d<strong>in</strong>gungen<br />
stimmen müssen, um e<strong>in</strong>e Art er -<br />
folgreich zu vermehren. Ich habe <strong>in</strong><br />
unzähligen Artikeln und Vor trägen<br />
schon darauf h<strong>in</strong>gewiesen und<br />
werde dennoch nicht müde,<br />
die wichtigsten Faktoren gebets -<br />
mühlenartig herunterzuleiern.<br />
Neben e<strong>in</strong>er zumeist relativ<br />
hohen Wassertempera tur von 28 bis<br />
30 °C, ausreichend starker Strömung<br />
be ziehungsweise Sauerstoffsättigung<br />
und dem Vor handen se<strong>in</strong> von richtigen,<br />
der Körpergröße angepassten<br />
Höhlen ist es zuweilen mit das<br />
Wichtigste, sich <strong>in</strong> Ge duld zu üben<br />
und nicht ständig am Aquarium<br />
herumzufummeln oder die Tiere mit<br />
e<strong>in</strong>er Taschenlampe anzuleuchten.<br />
Auch plötzliche Wechsel <strong>in</strong> der Wasserqualität haben<br />
<strong>in</strong> jüngster Zeit besonders bei Angehörigen der Gattung<br />
Panaqolus zu erstaunlichen Nachzuchterfolgen geführt.<br />
Ob man es nun wahrhaben will oder nicht <strong>–</strong><br />
die spezialisierten Harnischwelsfreunde entwickeln sich<br />
nach wie vor weiter und leisten unverändert Pionier -<br />
arbeit <strong>in</strong> der Ergründung der Fortpflanzung auch mitunter<br />
recht groß werdender Loricariiden und dem Aus -<br />
tüfteln neuer Aufzuchtmethoden. Im Anschluss an diesen<br />
Beitrag br<strong>in</strong>gen wir deshalb e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Auswahl<br />
von Zucht berich ten über solche Arten, bei denen die<br />
Ver mehrung im Aqua rium bisher noch nicht gelungen<br />
ist und/oder die zurzeit nicht als Importe zur Verfügung<br />
stehen. Stell ver tretend für die vielen Harnischwels -<br />
freunde, die sich <strong>in</strong> den Kellern und Fischzimmern<br />
der Republik mit H<strong>in</strong> ga be der Nachzucht ihrer Liebl<strong>in</strong>ge<br />
widmen, möchte ich zwei Aquarianer vorstellen,<br />
die recht erfolgreich dabei s<strong>in</strong>d.<br />
Ernst Schmidt<br />
Ich kenne Ernst schon e<strong>in</strong>e ganze Weile von den Treffen<br />
der Mecklenburger Welsfreunde her. Der sympathische<br />
Franke hat e<strong>in</strong>e Vorliebe für Ancistrus-Arten und kle<strong>in</strong><br />
bleibende Hypancistrus, die er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Anlage daheim<br />
<strong>in</strong> Neuendettelsau recht erfolgreich vermehrt. Ernst ist<br />
Familienmensch und so hat diese für ihn absoluten<br />
Vorrang. Da bleibt nur wenig Zeit für die Aquaristik.<br />
Se<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Anlage von etwa 15 Aquarien beherbergt<br />
e<strong>in</strong>e Anzahl hübscher Arten, wie Hypancistrus<br />
zebra, Hypancistrus sp. L 136, Ancistrus sp. L 309 und<br />
noch e<strong>in</strong>ige andere mehr. Um Hybriden zu vermeiden,<br />
pflegt Schmidt se<strong>in</strong>e Hypancistrus-Arten alle<strong>in</strong>, eventuell<br />
nur e<strong>in</strong>mal mit e<strong>in</strong>er Ancistrus-Art vergesellschaftet.<br />
Neben den bereits angeführten Grundfaktoren legt<br />
er besonderen Wert auf das richtige Futter. Er mischt<br />
verschiedene, qualitativ hochwertige Kunstfutter zu<br />
e<strong>in</strong>em Spezialmix, den er allen se<strong>in</strong>en Tieren verabreicht.<br />
Für den Nachwuchs wird dieser fe<strong>in</strong> zermahlen.<br />
Der Schmidtsche Aufzuchtschwimmer im E<strong>in</strong>satz. Foto: H.-G. Evers<br />
Richtig gut gefallen hat mir se<strong>in</strong>e Idee mit den schwimmenden<br />
Aufzuchtbehältern. Von e<strong>in</strong>em PVC-Rohr mit<br />
10 cm Querschnitt wird e<strong>in</strong> etwa 10<strong>–</strong>15 cm langes Stück<br />
abgesägt. Der Boden wird mit fe<strong>in</strong>er Gaze abgeklebt.<br />
Das so entstandene „Sieb“ versieht Ernst Schmidt mit<br />
e<strong>in</strong>em Schwimmr<strong>in</strong>g aus Styrodur. In diesen hängt er<br />
sodann e<strong>in</strong>en Sprudelste<strong>in</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Durch den Sog wird<br />
ständig frisches Wasser <strong>in</strong> den Aufzuchtbe hälter befördert<br />
und die Jungfische s<strong>in</strong>d mit ausreichend Sauerstoff<br />
versorgt. Das gemahlene Futter kann von den Jung -<br />
fischen bequem von der Gaze abgeweidet werden.<br />
Täglich re<strong>in</strong>igt Ernst die Behälter mit e<strong>in</strong>er Zahnbürste.<br />
Das Wachstum der Jungfische <strong>in</strong> den schwimmenden<br />
Aufzuchtbehältern ist enorm.<br />
Ernst Schmidt mit selbst entwickeltem Aufzuchtbehälter.<br />
Foto: H.-G. Evers<br />
23<br />
AMAZONAS
AMAZONAS TITELTHEMA<br />
Im Arndtschen „Inkubator“ trudeln die verwaisten Harnisch wels eier<br />
bis zum Schlupf. Der Strahl des <strong>in</strong> die rechte Kammer e<strong>in</strong>fallenden<br />
Wassers muss so stark gewählt werden, dass die Eier im mer frei<br />
schwimmen und nicht zu Boden fallen. Die geschlüpften Jungen<br />
saugen sich dann von alle<strong>in</strong> an den Scheiben an. Foto: O. Deters<br />
Thorsten Hartung<br />
Im Norden Hamburgs, <strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en Stadt Kaltenkirchen<br />
lebt das Ehe paar Hartung. Anke Hartung akzeptiert das<br />
raumgreifende Hobby ihres Partners. In etwa 11000 l<br />
Wasser, die sich auf 44 Aquarien verteilen, züchtet Torsten<br />
Hartung e<strong>in</strong>e Viel zahl von Harnisch welsen,<br />
Bei Hemiancistrus<br />
subviridis L 200 hatte<br />
Hartung schon<br />
erste Gelege.<br />
Foto: H.-G. Evers<br />
24<br />
Jungfischaufzuchtanlage im Hause Hartung. Foto: O. Deters<br />
se<strong>in</strong>en absoluten Liebl<strong>in</strong>gen. Torsten ist erst seit wenigen<br />
Jahren dabei, hat die Aquaristik, die e<strong>in</strong> Jugendhobby<br />
von ihm war, erst spät wieder für sich entdeckt. Dafür hat<br />
ihn das Virus stärker erwischt als andere, wie er lachend<br />
von sich behauptet.<br />
Die überaus gepflegte Anlage ist <strong>in</strong> zwei Räumen<br />
untergebracht. Vier große Blöcke s<strong>in</strong>d jeweils mit e<strong>in</strong>em<br />
Zentralfilter versehen, wie sie auch schon an dieser<br />
Stelle vorgestellt wurden (EVERS & ARNDT 2009 a und b).<br />
Geheizt werden die Aqua rien über e<strong>in</strong>e AQUATHERM,<br />
die an die Heizung angeschlossen wurde. Das hat<br />
die ehemals hohen Strom kosten nahezu halbiert.<br />
Hartung hält jede Art zur Zucht für sich alle<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>ige<br />
große Aqua rien dienen der Aufzucht eigener und fremder<br />
Nachzuchttiere für spätere Zuchtversuche.<br />
Es s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die hübschen<br />
Hypancistrus-Arten, aber auch<br />
Pana qolus sp. L 204, Hemian -<br />
cistrus subviridis L 200 und<br />
andere Gattungen (Lepo -<br />
racanthicus, Bary an cistrus)<br />
tummeln sich <strong>in</strong> groß -<br />
zügig bemessenen, blitz -<br />
sauberen Aquarien, die
mit selbst gesammelten Holz wurzeln<br />
und Unmengen von selbst getöpferten<br />
Ton röhren ausgestattet s<strong>in</strong>d.<br />
Hartungs Futtergeheimnis ist<br />
<strong>ke<strong>in</strong></strong>es: Freimütig er zählt er von den<br />
Unmengen von lebenden Wasser -<br />
flöhen, die er im Sommer regelmäßig<br />
fängt. Daneben gibt es Granulat<br />
und Futtertabletten. Die brutpflegenden<br />
Männ chen werden <strong>in</strong> die be -<br />
kannten „Gerdkästen“ überführt.<br />
Benannt s<strong>in</strong>d sie nach dem norddeutschen<br />
Aquarianer Gerd Arndt,<br />
der schon früh kle<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>hänge -<br />
kästen ent wickelte, die <strong>–</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />
eigenen Steigrohr versehen <strong>–</strong> durchgehend<br />
mit frischem Wasser versorgt<br />
werden. Sie s<strong>in</strong>d mittlerweile zu<br />
e<strong>in</strong>er Art Standard für Harnisch -<br />
welszüchter geworden. Auch der<br />
Arndtsche „Inkubator“, <strong>in</strong> dem aus<br />
den Höhlen gewedelte Harnisch -<br />
wels eier freischwimmend bis zum<br />
Schlupf gebracht werden, ist im<br />
Hause Hartung ständig im E<strong>in</strong>satz.<br />
Haben die Kle<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Größe erreicht, werden sie <strong>in</strong> die<br />
Aquarien des Aufzuchtblocks überführt.<br />
Zwischen vielen Verstecken<br />
wachsen sie dort bis zur Verkaufs -<br />
größe heran.<br />
Ke<strong>in</strong> <strong>Ende</strong> <strong>in</strong> <strong>Sicht</strong>!<br />
Es mag ja so sche<strong>in</strong>en, als wären <strong>in</strong><br />
der Harnisch wels zucht <strong>ke<strong>in</strong></strong>e goldenen<br />
Sporen mehr zu gew<strong>in</strong>nen. Tat - Jedem Harnischwels se<strong>in</strong> maßgetöpfertes Heim. Nur die Schwanz flosse schaut noch<br />
heraus. Foto: H.-G. Evers<br />
sächlich ist es merklich ruhiger um<br />
die e<strong>in</strong>st so viel umjubelten Schwanzwedler geworden. Anke und Torsten Hartung vor zünftiger Kulisse. Foto: T. Hartung<br />
Doch gibt es allerorten noch genügend Enthusiasten<br />
und ernsthafte Aquarianer, denen ihre Pflegl<strong>in</strong>ge noch<br />
immer genauso so wichtig s<strong>in</strong>d wie eh und je. Noch<br />
haben wir die Mög lichkeit, auch die selten gewordenen<br />
brasilianischen Arten zu pflegen und zu züchten. Viele<br />
Harnischwelse haben sich noch nicht zur Nachzucht<br />
br<strong>in</strong>gen lassen, und andere haben gerade erst <strong>in</strong> jüngster<br />
Zeit erste E<strong>in</strong> blicke gewährt. Hier setzen die Schmidts<br />
und Hartungs an und werden richtig munter. Mit Geduld<br />
und Spucke, wie man so schön sagt. Auch wenn der<br />
Zirkus aus der Stadt gezogen ist. Ke<strong>in</strong> <strong>Ende</strong> <strong>in</strong> <strong>Sicht</strong>!<br />
Literatur<br />
EKSTRØM, J. (2010): Der Belo-Monte-Staudamm am Rio X<strong>in</strong>gu <strong>–</strong><br />
e<strong>in</strong> vorprogrammiertes Desaster. Amazonas 31, 6 (5): 8<strong>–</strong>12.<br />
EVERS, H.-G., & G. ARNDT (2009 a): Viel Platz für Babys <strong>–</strong> Bau<br />
e<strong>in</strong>er Zuchtanlage mit Zentralfilter. Amazonas 26, 5 (6): 72<strong>–</strong>75.<br />
EVERS, H.-G., & ARNDT, G. (2009 b): Viel Platz für Babys <strong>–</strong> Bau e<strong>in</strong>er<br />
Zuchtanlage mit Zentralfilter. Teil 2. Amazonas 27, 6 (1): 72<strong>–</strong>74.<br />
EVERS, H.-G., & I. SEIDEL (2002) Wels-Atlas Band 1. Melle.<br />
SEIDEL, I., & H.-G. EVERS (2005): Wels-Atlas Band 2. Melle.<br />
Der Klassiker für Harnischwelszüchter: der „Gerdkasten“. E<strong>in</strong>e Längsseite des E<strong>in</strong> hänge -<br />
kastens ist mit e<strong>in</strong>er Gaze versehen. Frisches Wasser wird aus e<strong>in</strong>em Luftheber zugeführt.<br />
So s<strong>in</strong>d die Jungfische schön eng beisammen und können optimal mit Futter versorgt<br />
werden. Das ständig zugeführte Frischwasser aus dem großen Becken garantiert e<strong>in</strong>e<br />
gleich bleibend gute Wasserqualität. Foto: H.-G. Evers<br />
25<br />
AMAZONAS