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Der Landkreis Deggendorf in Lentners Ethnographie von ...

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Die Mädchen des obern Vorderwaldes haben, wenn sie <strong>in</strong> sommerlichen Putz ersche<strong>in</strong>en,<br />

e<strong>in</strong>e nicht ungefällige, zwar neuere aber gleichmäßige Kleidung. <strong>Der</strong> Rock ist <strong>von</strong><br />

Pers oder Wollstoff, gewöhnlich hellfarbig, mit Vorliebe Rosenfarb gewählt und nicht<br />

lang, das schwarze Mieder mit Goldborten besetzt und mit Goldfaden und Stickerei<br />

benäht; dazu kommen blanke, weite Hemdärmel, und e<strong>in</strong>e leichte ärmellose Unterjacke,<br />

über welche e<strong>in</strong> glänzendes Seidentuch, häufiger aber e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>es gesticktes<br />

Moussel<strong>in</strong>etuch <strong>in</strong> zierliche Falten gelegt und h<strong>in</strong>ters Mieder gesteckt ist. E<strong>in</strong> braunes<br />

oder schwarzes Madras-Kopftuch 61 mit breiter, bunter Bordüre vollendet nebst e<strong>in</strong>er<br />

Pers= oder Halbseidenschürze <strong>von</strong> dünklerer Farbe als der Rock den Anzug. Zur<br />

Kirche wird e<strong>in</strong>e Uberjacke <strong>von</strong> dunklem Stoff getragen.<br />

Die Frauen kleiden sich ebenso, doch <strong>in</strong> dunklere Farben; - auch sieht man bei diesen<br />

noch schwarze Zwirntuchröcke und Le<strong>in</strong>enschürzen.<br />

In der Umgegend <strong>von</strong> Wörth, Bogen und <strong>Deggendorf</strong> haben die Männer ihre Kleidungsweise<br />

geme<strong>in</strong>sam mit denen des Donaugaubodens; mehr nach <strong>in</strong>nen zu sehen wir<br />

sie gekleidet wie jene um Regen und Viechtach 62 .<br />

Die Kle<strong>in</strong>häusler des Vorderwaldes, die als Ste<strong>in</strong>hauer, Schiffknechte, Holzer und dgl.<br />

arbeiten, haben die bäuerische Kleidung abgelegt und tragen Langhosen, Jacken,<br />

Juppen 63 , Mützen, - gleich den Halbhandwerkern 64 . -<br />

6. Besitz und Arbeit<br />

Als guter Bauer wird <strong>in</strong> dieser Gegend der Besitzer e<strong>in</strong>es Gutes <strong>von</strong> 60 - 80 Tagwerk<br />

betrachtet, - die Mehrzahl besitzt weniger, meistens zwischen 36 - 40, 50; nur wenige<br />

mehr bis 80 und 120. Die Anzahl der Kle<strong>in</strong>häusler, häufig auf zertrümmerten Kloster=<br />

und Herrengüter seßhaft, ist bedeutend, ihr Bodeneigenthum beläuft sich meist zwischen<br />

3-10 Tagwerken; - Viertelsbauern, „Häusler" stehen sich auf 15-25.<br />

<strong>Der</strong> Boden ist <strong>von</strong> besserer Art und erlaubt den Anbau aller Getreidearten; - <strong>in</strong> den<br />

tieferen Lagen werden auch Gerste, Waizen, und mit Vorliebe die geme<strong>in</strong>e Flirse und<br />

Bluthirse /: Bre<strong>in</strong> :/ gebaut. In den obern Gegenden ist der Flachsbau stärker.<br />

Die Wiesen s<strong>in</strong>d gut und <strong>in</strong> den warmen Thalbuchten manche selbst dreimädig 65 . -<br />

Diese W<strong>in</strong>kel s<strong>in</strong>d auch reich an Obstbäumen und manche Höfe und Weiler s<strong>in</strong>d <strong>von</strong><br />

ganzen Obstwäldern umgeben, - besonders gesegnet hier<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d der „Grafl<strong>in</strong>ger" -<br />

und „Lall<strong>in</strong>gerw<strong>in</strong>kel", - dann der Bernrieder, Egger- Ödenstetter, - aber auch die<br />

Thalzüge bei Mitterfels. Es gedeihen an e<strong>in</strong>zelnen guten Stellen auch edlere Sorten,<br />

vorzüglich Äpfel, /: Borstorfer :/ 66 und <strong>in</strong> guten Jahren werden reiche Ladungen auf<br />

der Donau verführt. Die Bauern des Lall<strong>in</strong>ger und Grafl<strong>in</strong>ger-W<strong>in</strong>kel gew<strong>in</strong>nen aus<br />

ihrem Obst jährlich viele hundert Gulden, ja s<strong>in</strong>d welche unter ihnen, die schon 1000<br />

und darüber erlöseten, dennoch denken die wenigsten daran diesen Kulturzweig<br />

ordentlich zu betreiben; sie beuten die ererbten Bäume aus, - es wird fast nichts nachgepflanzt,<br />

wenig veredelt, das Vorhandene nachlässig gepflegt. Dies Verkommenlassen<br />

und Aufbrauchen solcher Anlagen, die vernachlässigte Pflege und Zucht des Obstbaumes<br />

gibt e<strong>in</strong>en der handgreiflichsten Beweise <strong>von</strong> der gedankenlosen, trägen Art<br />

und der nackten Eigensucht unsers heutigen Bauers.<br />

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