(3,72 MB) - .PDF - Langenzersdorf
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Zur Geschichte von <strong>Langenzersdorf</strong><br />
von Prof. Dipl.Ing. Erich Gusel<br />
Teil 203: Anton Hanak und die Familien<br />
Butschek und Primavesi (Fortsetzung)<br />
Zu der vorhin genannten Schauspielausbildung von Mäda<br />
Butschek, verehelichte Primavesi, gibt es eine interessante<br />
Information, die wir dem Prominenten-Almanach (Band<br />
I, herausgegeben von Oscar Friedmann 1930, Seite 218,<br />
Wien - Leipzig) wie folgt entnehmen können:<br />
„Sie hat ihre Laufbahn als Schauspielerin begonnen, indem<br />
sie am Wiener Konservatorium bei Baumeister und<br />
Krastel durch Verleihung der silbernen Medaille Anerkennung<br />
fand. Der bekannte Prager Theaterfachmann Angelo<br />
Neumann engagierte das junge Talent sofort für seine<br />
Bühne. Trotz dieser namhaften Erfolge verließ die Künstlerin<br />
die Bühne, heiratete den Großindustriellen Otto<br />
Primavesi, den munifizenten Förderer der Wiener Werkstätte,<br />
in deren Dienst nach dem Ausscheiden Wärndorfers<br />
Frau Primavesi ihre ganze Kraft gestellt hat.“ Als Wohnadresse<br />
wird damals (1930) Wien I., Gluckgasse 2 angegeben,<br />
seit 8. Februar 1926 war sie durch den Tod ihres Mannes,<br />
Otto Primavesi senior, verwitwet.<br />
Schließlich soll noch ein Hinweis auf ihre Bühnen-Präsenz<br />
gegeben werden: während der Arbeit Hanak‘s an dem Porträt<br />
von Mäda kündigte sie ihm in einem Brief vom Juli<br />
1905 die Übersendung von aktuellen Fotos von ihr als Arbeitsbehelf<br />
an und zwar „Costümbilder als Gustel von Blasewitz“<br />
(Blasewitz war seinerzeit ein Vorort von Dresden,<br />
dort wohnte Friedrich von Schiller im Jahre 1786 einige<br />
Zeit lang und fand auch das Vorbild für die „Gustel“, welche<br />
in seinem Drama „Wallensteins Lager“ vorkommt).<br />
Nun sollen noch einige Angaben zur Biographie von<br />
Otto Primavesi senior folgen; sein Sohn Otto Primavesi<br />
junior (geboren am 30. August 1898 in Olmütz) übermittelte<br />
dieselben in einem Brief vom 4. November 1965 an<br />
den Verfasser dieser Zeilen wie folgt:<br />
„Mein Vater war in den Jahren 1900 bis 1912 kaufmännischer<br />
Direktor und Mitaktionär des Vereines Mährischer<br />
Zuckerfabriken (3 Zuckerfabriken, eine Spiritusfabrik und<br />
landwirtschaftliche Betriebe), ferner Teilhaber des Bankhauses<br />
Primavesi in Olmütz, ebenso Teilhaber bzw. Mitaktionär<br />
der Würbenthaler Jutefabrik und Lichtenwerdener<br />
Flachsspinnerei AG in Lichtenwerden (Familienbesitz).<br />
Nach 1912, nach dem Verkauf des Vereines Mährischer<br />
Zuckerfabriken an die Creditanstalt Bankverein beteiligte<br />
sich mein Vater durch Prof. Hoffmann veranlasst, an der<br />
Wiener Werkstätte, zuerst mit einem geringen Anteil, später<br />
wurden von ihm weitere Anteile aufgekauft, so dass er<br />
GEMEINDENACHRICHTEN LANGENZERSDORF 04/11<br />
IM LAUF<br />
DER ZEIT<br />
Bild: z.V.g.<br />
LANGENZERSDORF IM APRIL 2011<br />
schließlich 80% des Gesellschaftskapitals besaß. Die Wiener<br />
Werkstätte übernahm zu einem späteren Zeitpunkt meine<br />
Mutter. Die W. W. vom künstlerischen Standpunkt sehr<br />
erfolgreich, war in kaufmännischer Beziehung ein Fehlschlag,<br />
teilweise durch die sowohl in Österreich, Deutschland<br />
und Frankreich einsetzende Inflation, teilweise durch<br />
die verhältnismäßig hohen Spesen des künstlerischen Apparates<br />
und der vielen Schwierigkeiten, die ein so differenziert<br />
zu führender Betrieb mit sich brachte.<br />
Mein Vater zeichnete sich durch besondere Liebenswürdigkeit<br />
seinen Mitmenschen gegenüber aus, hatte viel<br />
Liebe am Schönen und ein großes künstlerisches Einfühlungsvermögen.“<br />
Wenn wir nun nochmals auf die eingangs erwähnte Vorgeschichte<br />
von Hanaks Auftrag für eine Porträtbüste von<br />
Mäda Primavesi zurückkommen, so geschieht das deshalb,<br />
um dazu auch die Meinung von Hanaks Biographin Hedwig<br />
Steiner (die eine Nichte von Mäda Primavesi war)<br />
zu erfahren. Sie schreibt: „Ein Zufall führte Hanak in das<br />
Haus Primavesi ein. Die junge Frau Mäda wollte ihre Lieben<br />
zum Weihnachtsfest mit ihrem Bild überraschen. Ihr<br />
Vater – sonst künstlerischen Fragen fernstehend – riet ihr<br />
doch lieber eine Porträtbüste machen zu lassen; es lebe in<br />
seiner Nachbarschaft, in Lang-Enzersdorf (An den Mühlen<br />
14) ein junger Bildhauer, der sehr begabt sein solle.<br />
Villa Butschek<br />
in <strong>Langenzersdorf</strong>,<br />
An den Mühlen<br />
42, erbaut<br />
1913/14<br />
Die junge Frau, die sonst den eigenen Entschlüssen zu<br />
folgen gewöhnt war, deren farbenfrisches Angesicht auch<br />
sicher eine besonders dankbare Aufgabe für einen Maler<br />
gewesen wäre (später hat Gustav Klimt sie gemalt) – sie<br />
ging, wie einer geheimen Fügung folgend, zu Hanak. Seine<br />
letzten Studienarbeiten aus der Akademie machten so<br />
großen Eindruck auf sie, dass sie ihm den Auftrag gab, ihren<br />
Kopf in gelblichem Siebenbürgener Marmor zu bilden.<br />
Am 28. März 1905 sandte der Künstler die ersten<br />
Skizzen mit einem kurzen Begleitschreiben an sie ab. Die<br />
Büste wurde in Stein Anfang 1906 vollendet....” (siehe:<br />
Olmützer Blätter, November 1966, Seite 153, Quellenverlag<br />
V. Diwisch, Steinheim am Main).<br />
Fortsetzung folgt. (Copyright und alle Rechte beim Verfasser)<br />
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