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Wenn Facebook schwermütig macht - Junges Theater Göttingen

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Druckversion ‐ Streit über Internet‐Pseudonyme: Klarnamenzwang? ... h�p://www.spiegel.de/netzwelt/netzpoli�k/0,1518,druck‐778769,00...<br />

07. August 2011, 17:30 Uhr<br />

Streit über Internet-Pseudonyme<br />

Klarnamenzwang? Nein Danke!<br />

Innenminister Friedrich fordert im SPIEGEL ein Ende der Anonymität im Netz - müssen jetzt alle mit offenem<br />

Visier agieren? Die Internetforscherin Danah Boyd hält nichts vom Zwang zu offiziellen Namen. Sie fürchtet<br />

einen großen Schaden für die Kultur im Netz.<br />

CSU-Mann Hans-Peter Friedrich befeuert mit seinem Vorstoß im SPIEGEL einen aktuellen Streit. Auf der einen Seite<br />

stehen Unternehmen, die echte Namen über Werbung zu Geld machen wollen, und Politiker wie Friedrich, die sich<br />

von offiziellen Namen mehr Sicherheit versprechen. Auf der anderen Seite streiten Experten wie die<br />

Wissenschaftlerin Danah Boyd, die für Microsoft arbeitet und zu sozialen Medien forscht. In ihrem Blog erklärt sie,<br />

warum der Zwang zu Klarnamen ein Problem ist. Hier in gekürzter Fassung und deutscher Übersetzung:<br />

Das Internet diskutiert über die "nymwars", meist als Reaktion auf Google+, wo auf offizielle Namen bestanden<br />

wird. Anfangs wurden Accounts, die gegen diese Regel verstießen, massenhaft gelöscht. Nachdem die Community<br />

mit Empörung reagiert hatte, versuchten die Verantwortlichen von Google+, den Ärger mit einem "neuen und<br />

verbesserten" Verfahren zur Durchsetzung des Klarnamenzwangs aufzufangen (ohne gleich Accounts zu löschen).<br />

Das führte aber nur dazu, dass jetzt erst recht über den Wert von Pseudonymen diskutiert wird. [...]<br />

Ein Blog-Eintrag, geschrieben von Kirrily "Skud" Robert, enthält eine Liste von Gründen, die ihr Pseudonym-Nutzer<br />

genannt haben. Unter anderem:<br />

"Ich bin Lehrer an einer Highschool, Privatsphäre ist für mich äußerst wichtig."<br />

"Ich fühle mich nicht sicher dabei, meinen richtigen Namen anzugeben. Ich wurde über meine Online-Präsenz<br />

aufgespürt und Kollegen haben meine Privatsphäre verletzt."<br />

"Ich wurde gestalked. Ich habe eine Vergewaltigung überlebt. [...]"<br />

"Ich nutze diesen Nickname seit etwa sieben Jahren, weil ich Opfer von Stalking war [...]."<br />

"[Dieser Name] ist ein Pseudonym, mit dem ich mich selbst schütze. Meine Website kann recht kontrovers<br />

sein, das wurde schon einmal gegen mich verwendet."<br />

"[...] Ich möchte mit meinen Ansichten nicht konservative oder religiöse Bekannte und Verwandte<br />

beleidigen. Außerdem will ich nicht, dass die Karriere meines Mannes, der für die Regierung arbeitet, von<br />

seiner meinungsstarken Ehefrau beeinflusst wird, oder dass sich seine Mitarbeiter irgendwie unwohl fühlen<br />

wegen meiner Ansichten."<br />

"Ich sorge mich um meine Privatsphäre, weil ich in der Vergangenheit gestalked wurde. Ich werde nicht für<br />

eine Seite auf Google+ meinen Namen ändern. Der Preis, den ich dafür bezahlen müsste, ist es nicht wert."<br />

"Wir bekommen Morddrohungen über das Blog. [...]"<br />

"Diese Identität habe ich genutzt, um meine richtige Identität zu schützen. Ich bin schwul und meine<br />

Familie lebt in einem kleinen Dorf, wenn das dort bekannt wäre, würden sie Probleme bekommen."<br />

"Ich nutze ein Pseudonym, um sicherer zu sein. Als Frau bin ich auf der Hut vor Internetbelästigungen."<br />

Man kann hier ein Muster erkennen. Auf der Website "My Name Is Me" gibt es weitere Gründe für Pseudonyme.<br />

Auffällig ist, wen der Klarnamenzwang alles trifft: Darunter sind Missbrauchsopfer, Aktivisten, Lesben, Schwule, Biund<br />

Transsexuelle, Frauen und junge Menschen. [...] Die Menschen, die sich am häufigsten im Internet auf<br />

Pseudonyme verlassen, sind diejenigen, die von der Gesellschaft am meisten ausgegrenzt werden. Klarnamen-<br />

Regeln machen Menschen nicht stärker, sie sind eine autoritäre Machtausübung gegenüber verletzlichen Menschen.<br />

[...]<br />

Ich finde es lustig, dass die Leute offenbar nicht verstehen, wie sich die Klarnamenkultur bei <strong>Facebook</strong> etabliert<br />

hat. Die ersten Nutzer von <strong>Facebook</strong> waren Studenten von Elite-Colleges. [...] Sie gaben den Namen an, den sie im<br />

Zusammenhang mit ihrem College, ihrer Highschool oder ihrer Firma nutzten. Das waren nicht zwingend ihre<br />

offiziellen Namen, viele <strong>macht</strong>en Bill aus William. Aber es waren im Prinzip "echte" Namen. Als <strong>Facebook</strong> größer<br />

wurde und sich die Mitglieder mit neuen Nutzermassen anfreunden mussten, wuchs ein Unbehagen über die<br />

Klarnamennorm. Doch die war nunmal gesetzt. [...]<br />

Kaum jemand hat mitbekommen, dass sich währenddessen unzählige junge Schwarze und Latinos mit Pseudonymen<br />

bei <strong>Facebook</strong> angemeldet haben. Die meisten Menschen kriegen nicht mit, was junge Schwarze und Latinos im<br />

Internet machen. Ebenso begannen Nutzer von außerhalb der USA, unter alternativen Namen <strong>Facebook</strong> beizutreten.<br />

Und wieder bemerkte das niemand, weil aus dem Arabischen oder Malaysischen transkribierte oder mit<br />

portugiesischen Wörtern versehene Namen für die Klarnamen-Bestimmer praktisch unsichtbar waren.<br />

Echte Namen sind auf <strong>Facebook</strong> eben nicht die Regel, <strong>Facebook</strong> bezieht sich nur gerne auf diesen Mythos. Dieser<br />

Eindruck kann entstehen, weil privilegierte weiße Amerikaner größtenteils ihren echten Namen auf <strong>Facebook</strong><br />

verwenden.<br />

Es geht um mehr als lustige Namen im Internet<br />

Dann wurde Google+ gestartet und man dachte wohl, dass man Klarnamen einfach vorschreiben kann. Doch das war<br />

ein Fehler: In den 48 Stunden nach dem Start wurde die Tech-Szene in das Netzwerk hineingelassen. Nur verhält es<br />

sich mit dieser Szene so, dass sie auf eine lange Tradition von Nicknames, Alias und Pseudonymen zurückblickt.<br />

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