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Timm Thaler - Junges Theater Göttingen

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INHALT<br />

<strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong> oder: Das verkaufte Lachen 3<br />

es spielen 4<br />

Die Themen 5<br />

Helden wie TIMM THALER 7<br />

Lachforscherlabor 9<br />

Brainstorming 10<br />

Das Lachen (verkaufen) 10<br />

Das Böse 11<br />

Weiterführendes Material zum Bösen 11<br />

Einfluss des Geldes 14<br />

Psychologie des Geldes 17<br />

2


TIMM THALER<br />

ODER: DAS VERKAUFTE LACHEN<br />

nach dem Roman von James Krüss<br />

für die Bühne bearbeitet von Dirk H. Fröse<br />

Nach dem Tod des Vaters treibt es den 10‐jährigen <strong>Timm</strong> immer wieder zur Pferde‐Rennbahn, die er<br />

jeden Sonntag mit seinem Vater besucht hatte. Eines Tages trifft er dort auf einen seltsamen<br />

„karierten Herrn“, der sich als Baron Lefuet vorstellt. <strong>Timm</strong> lässt sich von ihm gegen die verlockende<br />

Fähigkeit, jede Wette zu gewinnen, sein Lachen abkaufen und unterschreibt einen Vertrag mitsamt<br />

einem Stillschweigeparagrafen: Wenn er irgendjemandem von dem Handel oder dem verkauften<br />

Lachen erzählt, verliert er auf der Stelle die Fähigkeit, Wetten zu gewinnen, und sein Lachen bleibt<br />

für immer verloren. Sollte der Baron vertragsbrüchig werden, also <strong>Timm</strong> eine Wette verlieren,<br />

bekommt der Junge sein Lachen zurück.<br />

Sein neues Wettglück verhilft <strong>Timm</strong> zu schnellem Geld. Schnell muss er aber auch feststellen, dass<br />

der Geldsegen nicht glücklich macht: gemieden von seinen Freunden wird er zum Außenseiter. Sein<br />

fehlendes Lachen macht ihn einsam. Verbittert beschließt <strong>Timm</strong> daraufhin, den geheimnisvollen<br />

Baron zu suchen, um sein Lachen zurückzugewinnen.<br />

Dafür muss der Junge seine Stadt verlassen. Er heuert auf einem Passagierschiff an. In der Hoffnung,<br />

eine Wette zu verlieren und so sein Lachen zurückzugewinnen, steigert er sich in immer absurdere<br />

Wettangebote – und wird immer reicher. Doch bald muss <strong>Timm</strong> feststellen, dass sein Gegenspieler<br />

über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt und von seinen Plänen zu wissen scheint.<br />

Zum Glück gibt es aber auch in den ausweglosesten Situationen immer noch jemanden, der sich als<br />

wahrer Freund erweist und einem zur Seite steht.<br />

Der 1979 als Fernsehserie adaptierte Roman von James Krüss gelangte zu Kultstatus und schildert<br />

<strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong>s Reise durch die Strukturen der Macht der Erwachsenenwelt – einer Welt, in der sogar<br />

das Lachen zur bloßen Ware verkommen ist. <strong>Timm</strong> hat das wichtigste Gut des Menschen verkauft:<br />

die Fähigkeit, eigene Gefühle zu erfahren.<br />

Zugleich ist diese Geschichte ein modernes Märchen über Sehnsüchte und die Verführbarkeit zum<br />

Bösen durch das Geld. Es ist die Geschichte eines Teufelspaktes, die Reifegeschichte eines Jungen,<br />

der erkennt, was die Welt im Innersten zusammenhält.<br />

3


es spielen:<br />

TIMM THALER Phillip Leenders<br />

BARON; HAUSMEISTER Dirk Böther<br />

FRAU THALER; FRAU RICKERT; STEUERMANN Constanze Passin<br />

JONNY; HOTELDIENER; FOTOGRAFIN; SELEK BEI<br />

KRESCHEMIR; HERR; FRAU BEBBER; SCHÜLER Gintas Jocius<br />

HERR RICKERT, MR: PENNY, KAPITÄN, GRANIZZI<br />

(ZIMMERMÄDCHEN)<br />

Regie Ina Annett Keppel<br />

Dramaturgie Udo Eidinger<br />

Ausstattung Steffen Mutschler<br />

Assistenz Lan Anh Pham<br />

* * *<br />

4


Die Themen<br />

TIMM THALER erzählt der Roman eine Reifegeschichte – <strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong> wird im Laufe der Erzählung<br />

vom naiven Jungen zum klugen und mutigen Spieler, die eine Art modernes Märchen ist.<br />

Bei einem Märchen ist vor allem die Gestaltung des Helden bezeichnend: typischerweise handelt es<br />

sich um eine Figur, die einen bestimmten Auftrag hat und sich auf den Weg zur Erfüllung dieser<br />

Aufgabe macht, wobei der Held unterwegs Prüfungen bestehen muss und fantastischen Figuren<br />

begegnet, die ihm Helfer, aber auch Feinde sein können. Am Ende seines Weges steht die<br />

Bestrafung des Bösen und die Belohnung des Guten sowie durch seinen "Sieg" die<br />

Wiederherstellung der gerechten Ordnung. <strong>Timm</strong> ist ein Spieler, der bereit ist, den Teufel<br />

herauszufordern. <strong>Timm</strong>s Weg erzeugt einen spannenden Krimi rund um die abenteuerliche Jagd<br />

nach dem Lachen.<br />

Auch die eindeutige Trennung in Gut und Böse, die das Genre Märchen auszeichnet, macht <strong>Timm</strong><br />

<strong>Thaler</strong> zu einem modernen Märchen. Hier steht der gutmütige, unschuldige Waise <strong>Timm</strong>, der das<br />

Gute repräsentiert, dem Bösen, dem berechnenden kapitalistischen Baron Lefuet (rückwärts:<br />

Teufel), gegenüber.<br />

Der Teufel als Verführer ist ein weiteres Thema bei <strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong>. Das Verführungsmotiv prägt die<br />

Dämonologie des Alten Testamentes, von der verbotenen Frucht des Baums der Erkenntnis bis<br />

zur Geschichte Hiobs.<br />

Es gibt aber auch Erzählungen von Menschen, die sich bewusst vom Glauben abkehren und dem<br />

Teufel zuwenden. Durch die Auflehnung gegen Gott auflehnen, erhöhen sie sich selbst: der<br />

Größenwahn des Menschen findet ihren Ausdruck im Teufelspakt. Ein weiterer Weg, sich mit dem<br />

Teufel zu verbünden, ist die Vermittlung durch Irrlehrer oder falsche Propheten (auch Sekten).<br />

Auch in <strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong> nimmt das Böse durchaus attraktive Gestalt an: der mysteriöse Herr in dessen<br />

Gestalt der Teufel hier auftritt, kommt <strong>Timm</strong> zwar zunächst "merkwürdig" und "unheimlich" vor,<br />

aber er bietet <strong>Timm</strong> das, was ihm seit dem Tod seines Vaters fehlt: Aufmerksamkeit. Der Baron hört<br />

ihm zu und nimmt ihn ernst. Lefuet scheint zunächst in doppelter Hinsicht der Schlüssel zur Lösung<br />

von <strong>Timm</strong>s Problemen. Das Geschäft, das er vorschlägt, weist <strong>Timm</strong> nicht nur in finanzieller Hinsicht<br />

einen Ausweg aus seiner bedrückenden Situation (raus aus der Wohnung in der engen Gasse), es<br />

erhebt <strong>Timm</strong> auch in den Rang eines Erwachsenen und bedeutet damit den Weg in die ersehnte<br />

Selbstständigkeit, was folgt, ist die Befreiung von der Vormundschaft der Stiefmutter. Das<br />

Verführungsmotiv macht <strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong> zu einem „Faust für Kinder“ und verbindet<br />

gesellschaftskritische Aspekte mit märchenhaften Elementen.<br />

5


Das Lachen. Zunächst erscheint <strong>Timm</strong> der Tausch seines Lachens gegen den Gewinn jeder Wette<br />

zu seinen Gunsten. Jedoch isoliert er sich mehr und mehr von seinem Umfeld und kommt seinen<br />

Freunden sogar unheimlich vor. Denn: wer nicht lachen kann, kann mit den Freunden nicht<br />

mitlachen und wird als Spielverderber gemieden. Die Figuren um <strong>Timm</strong> herum begegnen dem<br />

ernsten Jungen mit offenem Misstrauen – irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Oft wird er von den<br />

Figuren gefragt: „Warum lachst du nicht?“, von seinen Freunden außerdem gehänselt: „Du kannst ja<br />

nicht mal lachen!“ Nicht mehr lachen zu können bedeutet auch das Ende der Unschuld. <strong>Timm</strong><br />

erfährt immer weiterreichende Konsequenzen seines Handels: er kann nicht mehr staunen<br />

oder sich an der Welt freuen. Er wird ernst, traurig, bitter, und sogar gereizt. Erst nach dem Verlust<br />

wird klar, dass das Lachen bislang seine einzige Möglichkeit war, die Schwierigkeiten des Lebens<br />

auszugleichen. <strong>Timm</strong> verliert also doppelt: seine Lebensfreude und die Möglichkeit zur sozialen<br />

Interaktion mit seinen Mitmenschen.<br />

Das Geld ist bei <strong>Timm</strong> <strong>Thaler</strong> der Gegensatz zum Menschlichen. Wer Reichtum besitzt, hat vor allem<br />

Macht und kann Menschen mit Geld manipulieren. Der Baron Lefuet kauft sich mit seinem Geld in<br />

die Politik ein und steuert Märkte, internationale Konflikte und ist fähig, Krisen so zu setzen, dass er<br />

daraus Profit schlagen kann. Kapital ist für Lefuet das Schaffen und Erhalten von<br />

Herrschaftsstrukturen. Mit Geld erkauft sich Lefuet auch <strong>Timm</strong>s Lachen: indem er <strong>Timm</strong> jede Wette<br />

gewinnen lässt und sich der Junge so Reichtum verschaffen kann. Finanzielle Unabhängigkeit bringt<br />

zunächst Vorteile für die persönlichen Lage: für <strong>Timm</strong> bedeutet dies den Ausweg aus der engen<br />

Gasse. Jedoch führt auch die soziale Erhöhung zum Moralischen Niedergang. Denn Frau <strong>Thaler</strong> und<br />

Erwin werden durch das viele Geld hochnäsig, arrogant und gierig und nutzen <strong>Timm</strong> wegen seines<br />

Gespürs für Wettgewinne aus. Das Geld verdirbt ihren Charakter noch mehr. Nicht zufällig besitzt<br />

der Teufel Unmengen an Geld und so wird alles, was kapitalistische Strukturen hat, als unmenschlich<br />

angesehen und verteufelt. Freundschaft, Mitgefühl und Aufrichtigkeit stehen dem Geld gegenüber.<br />

Wer viel Geld besitzt, dem fehlt es an Menschlichkeit. Die Welt von Lefuet ist ein „Königreich des<br />

Rechenstifts. Darin regieren Zahlen, nicht Gefühle.“<br />

6


RatPack<br />

Filmproduktion<br />

Helden wie TIMM THALER<br />

Sich behaupten wie Wickie<br />

Er ist klein und hager und kann sich trotz seiner körperlichen<br />

Defizite in einer Gruppe starker Männer durchsetzen. Denn Wickie<br />

hat jede Menge Grips und scheut keine Herausforderung. Sein<br />

Motto ist: Alles wird gut und man kann alles schaffen, wenn man<br />

zusammen hält.<br />

TOM SAWYER von Mark Twain ist ein Waisenjunge, der im Dorf St.<br />

Petersburg mit seinem Bruder bei ihrer Tante Polly lebt. Tom hat nichts als Unsinn<br />

und Abenteuer im Kopf, ist gleichzeitig aber auch sehr klug. Zusammen mit seinen<br />

Freunden Huckleberry Finn, Joe Harper und vielen anderen spielt er den<br />

Erwachsenen und Kindern von St. Petersburg Streiche und erlebt Abenteuer.<br />

archives‐wcpl.net<br />

Harry Potter ist eine populäre Fantasy‐Romanreihe der englischen Schriftstellerin Joanne K.<br />

Rowling. Die Geschichten handeln von einem Schüler des britischen Zaubererinternats Hogwarts,<br />

und seinen Konfrontationen mit dem bösen Magier Lord Voldemort und dessen Gefolgsleuten.<br />

Dabei bekommt er Unterstützung von seinen besten Freunden Hermine Granger und Ron Weasley.<br />

Durch Mut, Ehrlichkeit und Durchsetzungsvermögen schafft es der Waisenjunge, jedes Abenteuer<br />

zu bestehen und sich gegen die Bösen zu behaupten. Die Welt um Harry Potter ist, wie bei <strong>Timm</strong><br />

<strong>Thaler</strong>, eine phantastische, die bedingungslos von ihren Figuren als solche wahrgenommen wird.<br />

Warner Bros<br />

7


www.dreifragezeichen.de<br />

team. Justus Jonas der erste Detektiv im Trio.<br />

Freunde, die sich gemeinsam gegen Erwachsene<br />

behaupten:<br />

Die drei ???<br />

Sie sind einfallsreich, intelligent und lösen jeden Fall.<br />

Die drei Fragezeichen sind ein ursprünglich aus einem<br />

Denksport‐Club hervorgegangenes Junior‐Detektiv‐<br />

Er ist wie <strong>Timm</strong> Waise und lebt bei seiner Tante und seinem Onkel. Peter Shaw ist der zweite<br />

Detektiv. Bob Andrews der dritte im Bunde. Zusammen müssen sie viel Überzeugungsarbeit leisten,<br />

da ihre Klienten aufgrund ihres jungen Alters an den detektivischen Fähigkeiten zweifeln, dennoch<br />

können sie sich jedes Mal beweisen.<br />

Kennt ihr noch weitere Helden, die durch ihren Mut herausstechen und sich gegen andere<br />

behaupten?<br />

© Mahlow<br />

8


Lachforscher!<br />

© Eulig<br />

„Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag.“ (Charlie Chaplin)<br />

Das Lachen ist eines der Dinge, die den Menschen vom Tier unterscheiden, wie es auch im Roman<br />

TIMM THALER heißt: "Das Lachen unterscheidet Mensch und Tier. Und man erkennt den Menschen<br />

stets daran, dass er zur rechten Stunde lachen kann!"<br />

Krüss macht damit, auf das Vorhandensein eines besonders schönen Lachens auf der einen und der<br />

totalen Unfähigkeit zu lachen auf der anderen Seite, die beiden Hauptfiguren zu Vertretern des<br />

Menschlichen (kindliche Unschuld und Unbeschwertheit) bzw. des Unmenschlichen (globale<br />

Verstrickungen von Geld und Macht sowie Ernsthaftigkeit) aufmerksam.<br />

9


Brainstorming zu "Was ist Lachen?"<br />

Was sind die wichtigsten Adjektive im Zusammenhang mit „Lachen“? Welche Arten von Lachen gibt<br />

es? Kennt ihr Synonyme für das Lachen? Was ist gutes Lachen? Gibt es auch ein „böses Lachen“?<br />

Unterscheidet richtiges vom falschen Lachen. Warum ist Lachen wichtig für uns? Worüber lacht ihr<br />

am häufigsten?<br />

Das Lachen (verkaufen)<br />

Das Lachen ist ein angeborenes Ausdrucksverhalten des Menschen. Lachen ist die natürliche<br />

Reaktion eines gesunden Menschen auf komische oder erheiternde Situationen, erscheint aber auch<br />

als Entlastungsreaktion nach überwundenen Gefahren oder zur Abwendung drohender sozialer<br />

Konflikte. Aber auch als Abwehrmechanismus gegen spontane Angstzustände dient uns unser<br />

Lachen. Viele verbinden "Lachen" sofort assoziativ mit Kindheit. Kein Wunder: Laut einer Studie<br />

bringen Kinder es auf rund 400 Lacher am Tag, Erwachsene nur auf 15.<br />

Welchen Wert hat das Lachen für Menschen? Ist der Wert des Lachens tatsächlich erst mit seinem<br />

Fehlen erfahrbar, wie es in TIMM THALER beschrieben wird?<br />

© Mahlow<br />

10


Das Böse<br />

Das Böse ist der Gegenbegriff zum Guten und ein zentraler Gegenstand der Religion,<br />

Religionswissenschaft, Kulturwissenschaft, Religionsphilosophie,<br />

und philosophischer Ethik. Dabei wird es als Inbegriff des<br />

moralisch Falschen verstanden, oder als Kraft, die moralisch<br />

falsches Handeln antreibt, gelegentlich auch als mythologische,<br />

das Weltgeschehen beeinflussende Grundkraft, die zum Guten in<br />

einem dualistischen oder antagonistischen Verhältnis steht; das<br />

Böse wurde u. a. als Quelle der Übel betrachtet. Das dem<br />

Substantiv zugrunde liegende Adjektiv „böse“ wird im<br />

Sprachgebrauch allgemein etwas Unangenehmen oder sogar<br />

Schädigendem beigelegt, insbesondere wird ein Verhalten damit<br />

bezeichnet, dessen Absicht eigenwillig und gegen den Willen anderer gerichtet ist oder diesen<br />

grundsätzlich nicht berücksichtigt. Unter diese Gebrauchsregel fällt auch die Bezeichnung von<br />

sündhaftem Verhalten als böse, falls es sich religiös begründeten Normen verschließt oder sie<br />

bewusst verletzt.<br />

Wie definiert ihr das Böse? Welche Bösewichte kennt ihr? Was ist „typisch böse“?<br />

Weiterführendes Material zum Bösen<br />

Das Böse sei dem menschlichen Wesen innewohnend und wesentlich postuliert Immanuel Kant<br />

1793 in seiner religionsphilosophischen Schrift. Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen<br />

Vernunft. Es ist als ein radikales Böse ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Natur, da<br />

dieser nicht nur ein Vernunftwesen, sondern auch ein Wesen mit empirischen Bedürfnissen sei.<br />

Friedrich Nietzsche erklärt das Böse zu einem Konstrukt christlicher Sklavenmoral, das die<br />

ursprüngliche Unterscheidung von gut und schlecht in gut und böse umgekehrt habe.<br />

Karl Jaspers stellt für das Verhältnis zwischen Gut und Böse drei Stufen vor, auf denen der Mensch<br />

Alternativen hat und damit zur Entscheidung gefordert ist.<br />

© Mahlow<br />

11


Das moralische Verhältnis: Dieses Verhältnis steht im Sinn Kants zwischen Pflicht und Neigung.<br />

Böse ist, sich von den unmittelbaren Antrieben leiten zu lassen. Dem gegenüber steht die<br />

Beherrschung der unmittelbaren Antriebe durch den sittlichen Gesetzen folgenden Willen. Wie auf<br />

den anderen Stufen entscheidet nicht das konkrete Handlungsergebnis darüber, ob der handelnde<br />

Mensch böse sei, sondern die Auswahl seines Antriebs.<br />

Ethisches Verhältnis: Das Verhältnis wird erst von der Wahrhaftigkeit der Motive bestimmt. In der<br />

Realität des Handelns sowohl unter Bedingtem wie auch Unbedingtem macht das Unbedingte vom<br />

Bedingten abhängig. Er nimmt sich selbst seine Wahlfreiheit und entzieht sich somit seiner<br />

Verantwortung. Böse ist hier Schwäche, die der Neigung nachgibt. Böse ist sogar die Scheingüte als<br />

Luxus glücklicher Verhältnisse. Alternativlosigkeit wird instrumentalisiert, um dem Handelnden den<br />

Konflikt zu ersparen.<br />

Metaphysisches Verhältnis: Hier bestimmt das Verhältnis zwischen zum Sein drängender Liebe<br />

und zum Nichtsein drängender Hass das Verhältnis zwischen Gut und Böse. Böse ist erst der Wille<br />

zum Bösen (auch ausgedrückt in der Entschuldigung des Bösen), der hier ein Wille zur Zerstörung<br />

ist.<br />

Die erste Stufe ist die strikteste hinsichtlich ihrer Anforderung an den Handelnden: Triebhaftigkeit<br />

jeder Art. Auf der zweiten und schwächeren Stufe ist erst ein Mangel das Kriterium für das Böse: der<br />

© Eulig<br />

12


Mangel an Wille zum Guten, zur Wahrhaftigkeit. Auf der dritten und schwächsten Stufe ist ein<br />

Vorhandensein das Kriterium für das Böse: das Vorhandensein des Willens zum Bösen.<br />

Den drei Stufen gemeinsam ist, dass das Handlungsergebnis nicht als Kriterium für das Böse dient.<br />

Kein Zweck kann so die Mittel heiligen. Die Mittel sind im Fokus. Dieser bei sorgfältig durchdachtem<br />

Handeln mögliche Ansatz zur Definition des Bösen ist eine Herausforderung sowohl einerseits an die<br />

Gruppe Relativismus, Pragmatismus und Subjektivismus, die den Raum für Alternativen durch<br />

ergebnisorientierte Vorwertungen einschränkt, wie auch andererseits an den Fundamentalismus,<br />

der Alternativlosigkeit hart konstruiert.<br />

Der Bezug auf die Entscheidungsweise ‐ auf den Weg ‐ anstelle eines Bezugs auf<br />

Handlungsergebnisse ‐ auf das Ziel ‐ hat auch Gemeinsamkeiten mit urbuddhistischen<br />

Auffassungen, in denen nicht Ergebnisse bewertet und göttliche Vorgaben befolgt werden, sondern<br />

Getriebenheit durch Gier und fehlendes Bemühen um Erkenntnis zu bösem Handeln führt.<br />

© Eulig<br />

13


Der Einfluss des Geldes 1<br />

MR PENNY<br />

Kennen Sie sich mit Aktien aus?<br />

TIMM<br />

Nein. Ich habe keine Ahnung.<br />

MR PENNY<br />

Also mit den Aktien ist es so ... Nein, ich will es Ihnen mit einem Bild erklären.<br />

Stellen Sie sich vor, Herr <strong>Thaler</strong>, es wird ein Obstgarten angelegt.<br />

Weil nun der Mann, der ihn anlegen will, nicht genug Geld hat, um all<br />

die jungen Bäume zu kaufen, lässt er selbst einen Teil des Gartens bepflanzen, die<br />

übrigen Baumpflanzen werden von anderen Leuten bezahlt und eingepflanzt.<br />

Wenn nun die Bäume wachsen und Früchte tragen, bekommt jeder, der Bäume<br />

bezahlt hat, so viel von den Früchten ab, wie es seinem Anteil an den<br />

Bäumen entspricht, und zwar in jedem Jahr neu.<br />

© Mahlow<br />

So, wie Mr. Penny <strong>Timm</strong> die Welt der Aktien zu erklären versucht, haben wir einige Aspekte zur<br />

Bedeutung des Geldes zusammen gestellt, die sie in Ihrem Unterricht begleitend benutzen können.<br />

1 Auszüge aus: Geld kauft Einfluss, Wolfgang Grunewald.<br />

http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/631269.html<br />

14


Es wird anhand von Fakten und Zahlen nachgewiesen, dass ‐ im Gegensatz zur veröffentlichen<br />

Meinung – nicht demokratische Mehrheiten, sondern die Minderheit der ökonomisch Mächtigen<br />

sowie ihre Dienstklasse in Wirtschaft und Gesellschaft das Sagen haben. Damit wird erneut das<br />

„Eherne Gesetz der Oligarchie“ von Robert Michels bestätigt, das er bereits zwischen 1909 und 1911<br />

begründet hatte.<br />

Im Gefolge der allgegenwärtigen kapitalistischen Marktideologie haben Globalisierung und<br />

Deregulierung der Märkte, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, Betriebsverlagerungen nach<br />

Osteuropa und Asien, Steuerflucht sowie kurzfristige Profitmaximierung die Ökonomisierung fast<br />

aller Lebensbereiche beschleunigt. Das künftig noch zunehmende ökonomistische Denken in fast<br />

allen Lebensbereichen gleicht einer „stillen Revolution“ zugunsten des Materiellen auf Kosten des<br />

Ideellen mit allen damit einhergehenden schweren Verteilungskonflikten. Im Sog dieser epochalen<br />

Veränderung geht bei den meisten Menschen das Gewohnte, Vertraute, Berechenbare und<br />

Selbstverständliche verloren. Dies führt vor allem bei den mehr als sieben Millionen<br />

„Modernisierungs“‐Verlierern und ihren Familien zu Orientierungslosigkeit, Verstörtheit, Angst,<br />

Resignation, Apathie, psychosomatischen Krankheiten sowie zu tiefen Enttäuschungen über die<br />

Funktionsfähigkeit der verfassungsrechtlich gebotenen demokratischen, gerechten und sozialen<br />

Gesellschaftsordnung.<br />

Nun ist seit jeher bekannt, dass die Politik nicht nur von der Wirtschaftslage eines Landes<br />

maßgeblich bestimmt wird, sondern von ökonomisch mächtigen Personen und Gruppen. Aber noch<br />

nie in der Menschheitsgeschichte hatten Geld und vagabundierendes Finanzkapital einen so<br />

beherrschenden – und zugleich verheerenden – Einfluss auf ganze Staaten, Wirtschaftsräume,<br />

Branchen und Unternehmen wie gegenwärtig.<br />

Oligarchische Strukturen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft<br />

Ausgangspunkt ist die empirisch belegbare Tatsache, dass es in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft<br />

weniger demokratische als oligarchische Machtstrukturen gibt. Mit anderen Worten: Wenige<br />

herrschen – mehr verdeckt als offen – über Viele. Denn ökonomische Machteliten (maximal 5%) und<br />

deren Dienstklasse (etwa 10‐15%) geben in allen wichtigen Entscheidungsgremien den Ton an.<br />

Nichts anderes meint das berühmte Diktum von Karl Marx, wonach die herrschende Meinung die<br />

Meinung der Herrschenden sei. Ähnlich Goethe in Faust I: Der Geist der Zeiten sei „im Grunde der<br />

Herrn eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln.“<br />

15


Soziale Schichten in Deutschland durch den Einfluss des Geldes<br />

Das Schicht‐Modell ist geeignet, Macht und Einfluss bestimmter Personengruppen in einer<br />

Gesellschaft zu identifizieren. Unter „soziale Schicht“ werden gesellschaftliche Gruppen verstanden,<br />

die aufgrund von Vermögen, Macht, Bildung, Beruf, Einkommen oder Prestige als gesellschaftliche<br />

Pyramide beschrieben werden können, nämlich: Ober‐, Mittel‐ und Unterschicht. Jede einzelne<br />

Schicht ist noch dreifach unterteilbar in eine obere‐, mittlere‐ und untere Kategorie. Überdies lässt<br />

sich noch eine spezielle Kategorie von weniger als 1% der Bevölkerung im Dunstkreis der oberen<br />

Oberschicht ausmachen: „Die Quasi‐Unsichtbaren“ oder „Quasi‐Unberührbaren“ (Gelddynastien,<br />

Erben großer Vermögen, Finanzinvestoren, etc.).<br />

In keinem anderen westlichen Industrieland ist Bildung – und damit gesellschaftlicher Aufstieg – so<br />

sehr von der sozialen Herkunft abhängig wie in Deutschland (vgl. PISA‐Schulstudie). Vor allem das<br />

tradierte dreigliedrige Schulsystem: Hauptschule = „Bauer“, Realschule = „Bürger“ und Gymnasium<br />

= „Edelmann“ sichert frühzeitig und nachhaltig den Einfluss der herrschenden Klasse, d.h. der<br />

ökonomischen Machteliten, auf Schlüsselpositionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.<br />

Wie empirische Forschungen zeigen, besteht das sog. obere Milieu aus maximal 20% der<br />

Bevölkerung: 5‐10% aufgrund von Eigentum sowie 10‐15% aufgrund ihrer akademischen Ausbildung<br />

(dienstleistende Funktionseliten = Dienstklasse). Letztere rekrutieren sich a) aus dem gehobenen<br />

© Mahlow<br />

16


Bürgertum sowie b) aus sozialen Aufsteigern. Die Größenverhältnisse zwischen den oberen,<br />

mittleren und unteren Milieus liegen seit Jahrzehnten unverändert bei etwa: 20% : 70% : 10%.<br />

Die Psychologie des Geldes 2<br />

Das Geld, in all seinen Formen, hat eine herausragende Wirkung<br />

auf den Menschen. Man kann Geld für manchen Inhaber schon<br />

fast als Ersatzdroge bezeichnen.<br />

Geld wirkt auf die gesamte Psychologie des Menschen ein. Unter<br />

gewissen Umständen kann Geld den Menschen verändern. Es<br />

kann zum Guten, wie auch zum Schlechten benutzt werden.<br />

Aber warum hat das Geld solch eine Wirkung auf uns?<br />

Dazu muss die Psychologie des Menschen näher betrachtet<br />

© Mahlow<br />

werden. Der Mensch möchte für seine Leistungen belohnt werden. Das Belohnungssystem des<br />

Gehirns ist extrem ausgeprägt. Eine Belohnung setzt im Gehirn des Menschen bestimmte<br />

chemische Vorgänge in Kraft, die dem Menschen einen Schub, hinsichtlich Verhalten und<br />

Motivation geben. Geld setzt solchen einen Reiz<br />

im Gehirn des Menschen frei. Aber macht Geld nicht gierig auf mehr und ist dies schädlich für<br />

Gemeinschaft? Dazu muss man das psychologische Profil eines Menschen, der hauptsächlich mit<br />

Geld zu tun, durchleuchten. Menschen, die viel mit Geld zu tun haben und deren oberstes Bestreben<br />

die Maximierung des Gewinns ist, sind häufig Reizsuchende, denen Geld einen Adrenalin‐Kick<br />

verschafft.<br />

Der Wunsch nach einer schnellen Belohnung leitet in großen Teilen unser Verhalten. Wenn dieses<br />

Verhalten außer Kontrolle gerät, spricht man von Gier.<br />

Durch den Belohnungsprozess des Gehirns kann die Gier irrationale Entscheidungen hervorrufen,<br />

wie man auch vor kurzem, bei der Entstehung der letzten Finanzkrise genauestens beobachten<br />

konnte. Die Gier, die Suche nach immer mehr Geld, ist ein Impuls, der kontrolliert werden muss.<br />

Aber die Gier an sich ist nichts Schlechtes. Die Gier nach Geld und Reichtum stimuliert den<br />

Menschen zu besseren Ideen und damit zu Innovationen und Fortschritt. Aber wenn die Gier zu sehr<br />

persönliche Ausmaße annimmt, dann kann sie sehr gefährlich werden. Deshalb muss versucht<br />

werden, für diesen Impuls eine Kanalisierung zu finden, sodass auch die Gemeinschaft davon<br />

profitiert. Denn wird die Gier gänzlich aus unserem psychologischen Profil ausgeschaltet, dann wird<br />

2 Autor: Alexander Hacker<br />

17


auch die Suche nach dem Fortschritt eingedämmt. Und die Bremsung der Dynamik der Entwicklung<br />

ist etwas, was uns teurer zu stehen kommen würde, als manch kurzfristiger finanzieller Auswuchs.<br />

18

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