simBa proT.nr. - Wiener Tierschutzverein
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8 | aus dem <strong>Wiener</strong> TierschuTZhaus<br />
räTseL um roLFi<br />
BLauLichT<br />
ein Haus, menschenleer, ein<br />
Garten verlassen und kalt, ein<br />
Grundstück, vor kurzem verkauft,<br />
ein rätsel, unlösbar - eine<br />
Geschichte aus dem 23. <strong>Wiener</strong><br />
Gemeindebezirk …<br />
Der neue Besitzer betritt seine vor<br />
kurzem gekaufte Immobilie. Stolz<br />
geht er durch den Garten aber beim<br />
Haus bleibt er plötzlich stehen und<br />
lauscht. Er geht dem Geräusch<br />
nach, dem Haus entlang Richtung<br />
Garage. Mit jedem Schritt wird das<br />
leise Winseln deutlicher. Jetzt ist es<br />
schon klar, es kommt aus der unbenützten<br />
Garage! Er tritt in den<br />
Raum ein, blind tastet seine Hand<br />
in der Dunkelheit nach dem Lichtschalter.<br />
Zwischen den abgestellten<br />
Kästen, leeren Dosen, angesammeltem<br />
Sperrmüll ist nichts zu sehen,<br />
aber er hört das verzweifelte Winseln<br />
deutlich! Es kommt aus der<br />
Richtung der Garagengrube, er<br />
geht hin, die Bretter auf der Grube<br />
roLFi –<br />
unser gruBenhund<br />
Von mag eVa hercsuTh<br />
sind teilweise entfernt, oder sind<br />
sie nur zufällig verrutscht? Er hat<br />
keine Zeit mehr zum Überlegen,<br />
denn das Winseln hört auf und aus<br />
der Dunkelheit der Grube blickt<br />
ihn unsicher aber hoffnungsvoll<br />
ein Augenpaar an. Ein Hund ist<br />
in der Grube und er kann nicht<br />
raus! Was soll er jetzt machen? Zum<br />
Glück fällt ihm ein, dass es für Tiere<br />
in Not eine verlässliche Rettung<br />
in Wien gibt. Er wählt die Nummer<br />
und schon bald ist die Hilfe<br />
unterwegs. Er muss nicht lange<br />
warten. Inzwischen geht er zu der<br />
Grube zurück und schaut sich den<br />
Hund an, abgemagert verängstigt<br />
und verzweifelt sieht das Tier aus.<br />
Er überlegt sich, seit Tagen war er<br />
nicht mehr auf dem Grundstück, es<br />
war ja zu kalt und er hatte so viel<br />
zu tun. Kann sein, dass der Hund<br />
seit Tagen da drinnen ist und verzweifelt<br />
auf Hilfe wartet?! Überhaupt,<br />
wie ist er da reingekommen<br />
– ist er gestoßen worden oder war<br />
das doch nur ein Unfall?! Gedanken<br />
schießen ihm durch den Kopf,<br />
Fragen kommen in ihm auf, aber<br />
sie können ihn nicht lange quälen,<br />
weil der Rettungswagen des <strong>Wiener</strong><br />
<strong>Tierschutzverein</strong>es bereits ankommt.<br />
Schnell zeigt er den Männern<br />
den Weg zum Hund und als<br />
sie dort ankommen tritt er auf die<br />
Seite und lässt den Experten ihre<br />
Arbeit machen. Keine Stufen, kein<br />
Leiter weit und breit, der Tierretter<br />
springt in die Grube und wird sofort<br />
angeknurrt. Auch die Leckerlis<br />
sind nicht anziehend genug, dass<br />
der Hund seine Angst überwindet<br />
und sich fangen lässt. In der<br />
Grube liegen Bretter mit rostigen<br />
Nägeln und anderes Zeug herum,<br />
hoffentlich ist der Hund nicht in<br />
ein Nagel oder eine Glasscherbe<br />
getreten und hat sich verletzt, oder<br />
sich beim Sturz vielleicht was gebrochen!<br />
TierFreund 05|2012 TierFreund 05|2012 aus dem <strong>Wiener</strong> TierschuTZhaus | 9<br />
Die Tierrettung hat es geschafft,<br />
der Hund ist im Wagen und schon<br />
geht es los, Richtung Vösendorf.<br />
Die Mitarbeiter im Auto ahnen<br />
noch nicht, dass sie gerade einen<br />
der größten Rätsel in der WTV-<br />
Geschichte transportieren – den<br />
Grubenhund! Das WTV-Tierärzteteam<br />
tut sich schwer mit dem<br />
Untersuchen des total verstörten<br />
Tieres, sie beschränken sich also<br />
vorerst nur auf das notwendigste<br />
– die Hauptsache ist, dass der<br />
Hund keine Schnittwunden, Brüche,<br />
oder ähnliche Verletzungen<br />
hat! Zumindest körperlich nicht<br />
… Es stellt sich bald heraus, dass<br />
er von seiner Vergangenheit tiefe<br />
seelische Wunden davontrug! Woher<br />
er kommt, was er erlebt hat,<br />
bleibt wohl für immer ein Rätsel.<br />
Seine leeren Blicke, seine schüchternen<br />
Bewegungen lassen aber<br />
nichts Gutes erahnen. Die WTV-<br />
MitarbeiterInnen haben bereits<br />
die verschiedenste Theorien entwickelt,<br />
aber die Wahrheit wird<br />
wohl niemand je erfahren. In einem<br />
Punkt sind wir uns aber einig,<br />
dieser Hund hat noch nie etwas<br />
Positives in seinem Leben erlebt!<br />
Sein Schicksal hat ihn gezeichnet,<br />
sein glanzlos-graues Fell, seine<br />
abgenutzten Zähne lassen uns<br />
vermuten, dass er ca. 10 Jahre alt<br />
ist. Ein Häufchen Elend steht auf<br />
kraftlosen Beinen wackelig in seinem<br />
Zwinger, bei der eisigen Kälte<br />
liegt er draußen auf dem kalten<br />
Beton. Er geht ununterbrochen<br />
im Kreis herum, springt mit den<br />
letzten Kräften beim Zaun hoch<br />
und macht dadurch seine Pfote<br />
blutig wund, er ist nicht zu beruhigen.<br />
Nettes menschliches Wort,<br />
Berührung kennt er genauso wenig<br />
wie die Leine, eine Decke zum<br />
Liegen oder Futter aus dem Hundenapf.<br />
Bei der kleinsten menschlichen<br />
Berührung wird er steif vor<br />
Angst. Er trinkt sehr viel, droht<br />
aber trotzdem auszutrocknen, weil<br />
er die seelische Belastung nicht<br />
mehr verkraftet. Er muss jeden<br />
zweiten Tag Infusionen bekommen,<br />
ansonsten ist sein Leben in<br />
Gefahr. Derzeit wird er bereits<br />
dreimal täglich gefüttert, er nimmt<br />
aber noch immer nicht zu, alle seiner<br />
Rippen sind klar sichtbar. Der<br />
Hund bekommt den Namen Rolfi,<br />
wahrscheinlich hat er noch nie einen<br />
Namen gehabt.<br />
Die MitarbeiterInnen besuchen<br />
ihn jeden Tag, mittlerweile kann<br />
man manchmal sogar mit ein bißchen<br />
Leckerli eine Sekunde Berührung<br />
von ihm stehlen, bevor<br />
er sich wieder davonschreckt. Bei<br />
jeder Berührung wird er steif vor<br />
Angst und hält den Atem zurück.<br />
Als letzte Chance für Rolfi haben<br />
wir ihn auf eine Pflegestelle gebracht.<br />
Eine Pflegestelle fernab<br />
von der lauten Stadt, mit viel Versteck-<br />
und Beschäftigungsmöglichkeit<br />
und ohne Gitter. Wir alle<br />
hoffen, dass er dort mal zur Ruhe<br />
kommt und die schöne Frühlingszeit<br />
–vielleicht zum ersten Mal in<br />
seinem Leben- genießen kann.<br />
Es ist berührend mitansehen zu<br />
müssen, wie schwer es für einen<br />
Hund wie Rolfi ist, Gutes anzunehmen<br />
und das Leben zu genießen.<br />
Er wird noch viel Zeit brauchen<br />
sich zu erholen, der Pflegeplatz<br />
wird ihm alle Zeit der Welt dafür<br />
geben.<br />
Lieber Rolfi, vielleicht ist es wirklich<br />
besser, wenn wir nicht wissen,<br />
was du in deinem Leben alles<br />
schon mitmachen musstest! Aber<br />
du musst wissen, dass du jetzt in<br />
Sicherheit bist und dich nicht zu<br />
fürchten brauchst – wir lassen es<br />
nicht zu, dass dir und deiner Seele<br />
nochmals jemand wehtut!