PDF mit schwulem Schwerpunkt - Löwenherz
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lem und in der erzählten Erinnerung hat das<br />
Kindheitstrauma jede Bitterkeit verloren. Und<br />
ganz genauso ist am Ende der Lebenserzählung<br />
die Crack-Sucht weg – nicht dass Bill Clegg<br />
unterstellen will, dass dies ganz einfach war. Nur,<br />
und das ist die harte Einsicht, es führt kein Weg<br />
dorthin. So wie ihm als Kind niemand helfen<br />
konnte, weder wohlmeinend-tröstend, therapierend<br />
oder gar ächtend, so konnte ihm auch<br />
niemand aus der Sucht helfen. Nicht seine solidarische<br />
Familie, nicht sein liebender Freund,<br />
nicht sein freundschaftliches Umfeld – nicht<br />
einmal er selbst konnte sich von der Sucht<br />
befreien. Letztlich beginnt etwas Neues, auch<br />
ein wirklich neues Leben nur, wenn es auf nichts<br />
Altes aufbaut, deshalb kann es auch keine Entwicklung<br />
zum Neuen hin geben. Bill Clegg macht<br />
kein Angebot, wie solch ein Bruch möglich ist.<br />
Wohl aber wird klar, wer dem Neuen im Wege<br />
steht, nämlich die Menschen, die uns lieben, die<br />
es gut <strong>mit</strong> uns meinen und die sich um uns kümmern.<br />
Nicht dass sein fürsorglicher, treuer und<br />
liebender Freund Noah ihn in die Sucht getrieben<br />
hätte, aber gerade weil er in seinen Anstrengungen,<br />
Bill von den Drogen weg zu bekommen,<br />
alles richtig gemacht hatte, konnte Bill nicht<br />
davon loskommen. Und <strong>mit</strong> dem Stachel dieser<br />
Einsicht, dass es die Guten sind, die uns<br />
gefangen halten, geht dieser autobiografische<br />
Roman weit über die packende Schilderung<br />
eines großen Drogen-Trips <strong>mit</strong> zarten Kindheitserinnerungen<br />
hinaus: »Porträt eines Süchtigen<br />
als junger Mann« beschreibt eine tragische<br />
menschliche Grundformel.<br />
Michael empfiehlt<br />
Stephen Fry: Ich bin so fry.<br />
Meine goldenen Jahre. Dt. v. Teja Schwaner.<br />
D 2011, 541 S., <strong>mit</strong> Abb., geb., € 23.63<br />
Stephen Fry ist verliebt in Wörter. Er schwelgt<br />
47<br />
in seinen Beschreibungen in Aneinanderreihungen<br />
sich reimender Eigenschaftswörter. In<br />
seiner Autobiographie »Ich bin so Fry« beginnt<br />
zudem jedes Wort einer Abschnitts-Überschrift<br />
<strong>mit</strong> einem »C«, denn viele Cs - von Zucker<br />
(hier ist das C der Anfang der chemischen<br />
Formel) bis Kokain (in<br />
der englischen Schreibweise<br />
<strong>mit</strong> C) - haben sein<br />
Leben, seine »Chronicles«<br />
(wieder ein C-Wort im Originaltitel)<br />
bestimmt. Bei<br />
49 verschiedenen Überschriften<br />
ist das schon<br />
eine schriftstellerische<br />
Herausforderung. Er ist in<br />
seinem Buch sehr selbstkritisch<br />
und spart nicht<br />
<strong>mit</strong> Lob für andere. Er<br />
beginnt das Buch <strong>mit</strong> dem Zuckerrausch seiner<br />
Kindheit und erläutert seine Lieblingssüßigkeit.<br />
Doch da sein Budget damals noch sehr eingeschränkt<br />
war und sein Hunger nach mehr<br />
grenzenlos schien, griff er zu Maßnahmen die<br />
ihm mehrere Suspendierungen und Schulverweise<br />
einbrachten; langweilige Gemüter sprachen<br />
damals von Diebstahl. In seiner Jugend<br />
wurde der Zucker dann von Kaffee und Zigaretten<br />
abgelöst. Doch da sein Einkommen noch<br />
immer nicht gewachsen war und Tabak wesentlich<br />
teurer als Süßigkeiten ist, landete er wegen<br />
Kreditkartenbetrugs im Gefängnis. »Ich bin so<br />
Fry« setzt Stephen Frys Kindheits- und Jugenderinnerungen<br />
(gipfelnd in seiner Entbübung)<br />
aus »Columbus war ein Engländer« fort.<br />
Trotz allen seinen Eskapaden schaffte er einen<br />
herausragenden Schulabschluss und bekam<br />
einen Platz am Queen‘s College in Cambridge.<br />
Die Zeit bis zum Semesteranfang verbrachte er<br />
als Lehrer an einer Privatschule. Am College<br />
besuchte er von den dortigen Clubs produzierte<br />
Theaterstücke. Eines war »The Importance of<br />
Being Earnest«, in dem Emma Thomson <strong>mit</strong>wirkte<br />
und in dem sie <strong>mit</strong> ihrem Talent einen<br />
bleibenden Eindruck bei ihm hinterließ. Da die<br />
beiden das dasselbe Englischseminar besuchten,<br />
freundeten sie sich an. Bei »Nightcap«,<br />
einer Komödie, präsentiert vom preisgekrönten<br />
Footlights Club, war es so begeistert, dass<br />
er beschloss, selbst Sketche zu schreiben. In<br />
diesem Stück spielte auch Hugh Laurie (<strong>mit</strong>tlerweile<br />
durch »Doctor House« durch seinen<br />
schwarzen Humor bekannt) <strong>mit</strong>, den er aber<br />
erst später durch Emma kennenlernte. Mit