(\304rzte-S\344nger Farin Urlaub a...) - Das Die Ärzte Archiv
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<strong>Ärzte</strong>-Sänger <strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> als Fotokünstler: "Danach bin ich erschö... http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/danach-bin-ich-erschoepft/<br />
27.09.2010 | 5 Kommentare<br />
ÄRZTE-SÄNGER FARIN URLAUB ALS FOTOKÜNSTLER<br />
"Danach bin ich erschöpft"<br />
<strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> von der Band "<strong>Die</strong> <strong>Ärzte</strong>" ist jetzt auch Fotograf - mit<br />
professionellem Anspruch. Erstmals stellt er in Berlin aus. Ein<br />
Gespräch über Neuanfänge, Geduld und optische Weltmusik.<br />
Geduldsspiel Fotografie: <strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> braucht für manche Aufnahmen ein paar<br />
Stunden.<br />
Foto: farin urlaub<br />
Im Lumas-Programmheft steht "<strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> - New Artist". Sie sind<br />
seit bald dreißig Jahren Musiker. Fangen Sie jetzt als Künstler noch<br />
einmal von vorn an?<br />
<strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong>: Ein Neuanfang ist das ja nicht, eher ein Quereinstieg.<br />
Aber New Artist stimmt schon, ich fotografiere ja erst seit vier bis fünf<br />
Jahren ernsthaft, und eigentlich kenne ich mich auch noch gar nicht aus<br />
mit Fotografie.<br />
Ich war überrascht, als ich die Bilder zum ersten Mal sah.<br />
Weil kein Elend in Pakistan zu sehen war?<br />
Zu erst einmal wegen der Professionalität …<br />
Pah, was soll denn das heißen, Alter? Und jetzt fragen Sie gleich.<br />
"Glauben Sie, dass Sie mit dem Scheiß Erfolg haben werden"?<br />
<strong>Das</strong> kommt später. Ich hatte nette Reisefotografien erwartet, war<br />
also überrascht von den Motiven. Auf den Bildern aus Japan und<br />
Australien sind kaum Menschen zu sehen, sondern weite<br />
Landschaften, Skulpturen, Pagoden. Fast alles ist unbewegt. Sind<br />
Sie als Fotograf auch am realen Leben interessiert?<br />
Ja klar. Aber Lumas wohl nicht so. Mir wurde gesagt, Porträts<br />
funktionieren hier nicht. Ich habe mich gefragt, ob ich auch so etwas<br />
Kontemplatives könnte, und - selbstbewusst, wie ich bin - mit ja<br />
1 von 4 08.10.2010 15:21
<strong>Ärzte</strong>-Sänger <strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> als Fotokünstler: "Danach bin ich erschö... http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/danach-bin-ich-erschoepft/<br />
geantwortet. Dann bin ich losgegangen und hab die Fotos gemacht.<br />
<strong>Die</strong>se unbewegten Motive, das ist nur eine Seite von mir, ich bin schon<br />
an Menschen interessiert.<br />
<strong>Die</strong> Bilder wirken ästhetisch, zurückgenommen und ruhig, manche<br />
auch kitschig.<br />
<strong>Die</strong> Natur, wenn man sie auf zwei Dimensionen zusammenpresst, ist<br />
kitschig. Wir bewegen uns in einer von plakativen Motiven übersättigten<br />
Umwelt. Alles, was mit Weite, Freiheit, Schönheit in Verbindung<br />
gebracht werden kann, wird von der Werbung usurpiert. Man kann die<br />
Sachen gar nicht mehr losgelöst sehen. Ich lehne mich dagegen auf.<br />
Eines seiner Lieblingsfotos: Mit Moos bewachsene Rakan-Figuren. Foto: farin<br />
urlaub, www.lumas.de<br />
Wann ist die Ausstellung ein Erfolg?<br />
Ich bin ja bei der Musik schon mit Erfolg sehr gesegnet. Für mich ist<br />
das ein Erfolg, dass ich hier sitze und Lumas so viele Bilder von mir<br />
aufhängt und davon ausgeht, dass die jemand kauft.<br />
Bei der Musik gibt es direktes Feedback, bei Konzerten, über<br />
Plattenverkäufe. Wo gibt es Feedback bei der Fotografie?<br />
Bei meinem ersten Fotobuch über Reisen in Indien und Bhutan kam<br />
Feedback zum großen Teil von <strong>Ärzte</strong>-Fans, die finden das oft einfach<br />
aus Prinzip gut. <strong>Das</strong> ist nicht so befriedigend, man will ja Kritik. Und<br />
jetzt warte ich mal ab, was die anderen so sagen.<br />
Soapstars nehmen Singles auf, Comedians schreiben Bücher. Und<br />
<strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> fotografiert jetzt auch noch. Keine Angst, sich<br />
lächerlich zu machen?<br />
Gegenfrage: Darf ich jetzt nichts anderes mehr machen, weil ich mit<br />
einer Sache so viel Glück hatte?<br />
Warum drängen Sie mit den Bildern überhaupt in die<br />
Öffentlichkeit?<br />
Warum bin ich Musiker geworden? So ein bisschen bin ich schon<br />
Exhibitionist. Wenn man jahrelang mit einer Sache beschäftigt ist, will<br />
man sich eben in anderen Sachen ausprobieren. Und da auch noch mal<br />
total erfolgreich sein.<br />
Von Ihrer Musik her kennt man Sie als ironisch, lustig, böse. Ihre<br />
2 von 4 08.10.2010 15:21
<strong>Ärzte</strong>-Sänger <strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> als Fotokünstler: "Danach bin ich erschö... http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/danach-bin-ich-erschoepft/<br />
Bilder dagegen sind zurückgenommen. Ist das ein Widerspruch?<br />
Ich finde den Punkrock hier jetzt auch nicht wieder, aber muss ich den<br />
hier wiederfinden, muss jetzt mein Leben lang Punkrock das<br />
Bestimmende sein?<br />
Ist die Fotografie auch eine Art von …<br />
… Erwachsenwerden?<br />
Na ja, eher ein weiterer Teil Ihrer Persönlichkeit?<br />
Ja, das trifft es besser.<br />
Können Sie sich mittels der Fotografien besser ausdrücken als mit<br />
Musik?<br />
Fotografie braucht eine ganz andere Art von Schaffensprozess als<br />
Musik. Bei Musik habe ich etwas im Kopf und muss es nur so<br />
aufnehmen, dass andere es hören. Hier ist es umgekehrt. <strong>Die</strong> Welt<br />
existiert, ich sehe einen kleinen Ausschnitt und muss ihn so<br />
fotografieren, dass sich das Gefühl, das ich empfunden habe, auf den<br />
Betrachter überträgt. Ohne Vorgeschichte, ohne Umfeld. <strong>Das</strong> ist gar<br />
nicht so einfach. Darin besteht für mich die Herausforderung.<br />
Gibt es auch Parallelen?<br />
Na ja, beides sind künstlerische Ausdrucksformen. Wir sehen hier<br />
gewissermaßen Meditationsmusik.<br />
Oder Weltmusik.<br />
Genau, optische Weltmusik.<br />
Warum Fotografie als weitere künstlerische Ausdrucksform,<br />
warum nicht Film, Theater, Zeichnen?<br />
Fürs Schauspielern fehlt mir jedes Talent. Filme dauern auch so lange.<br />
Ich habe mich ja bei der Musik für Dreiminutensongs entschieden.<br />
Fotografie ist da ähnlich. Den Aufwand, den ich für ein Foto betreibe,<br />
das ist das Maximum an Aufmerksamkeit das ich zustande kriege.<br />
Danach bin ich erschöpft.<br />
Sie sagen von sich, Sie seien ungeduldig. Dann aber warten Sie<br />
für ein Foto schon einmal sechs Stunden auf das richtige Licht. Ein<br />
Widerspruch?<br />
Nö, das ist die Lektion in Demut, wie Thomas D. es so schön genannt<br />
hat. Wenn ich Musik mache, kann ich das auch schnell machen, ein<br />
bisschen pfuschen. Beim Fotografieren geht das nicht. Da muss alles<br />
stimmen, damit das Bild gut wird.<br />
Hat der Schaffensprozess auch etwas Meditatives?<br />
Ja, bei manchen Bildern. Bei dem Foto von den Rakan-Figuren musste<br />
ich einfach warten, bis die Sonne so durch die Wolken kam, bis das<br />
3 von 4 08.10.2010 15:21
<strong>Ärzte</strong>-Sänger <strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> als Fotokünstler: "Danach bin ich erschö... http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/danach-bin-ich-erschoepft/<br />
beleuchtet war, was beleuchtet sein sollte. <strong>Das</strong> dauert dann Stunden<br />
und ist meditativ.<br />
Wo holen Sie sich Inspiration für die Bilder?<br />
Durch die Reisen. Ich sehe was, es gefällt mir, ich fotografiere es.<br />
Sie reisen oft mehrere Monate im Jahr, meist allein, waren in über<br />
100 Ländern. Was reizt Sie an der Ferne?<br />
Was mir gefällt, ist das In-Bewegung-Sein. <strong>Das</strong> geht zwar auch in<br />
Deutschland, lieber ist mir aber die Fremde. Wobei, ganz so fremd sind<br />
mir viele Länder gar nicht mehr, aber immer noch aufregend. <strong>Das</strong> sind<br />
die Dinge, die mich immer wieder hinausziehen.<br />
In Ihrem Bildband ist eher spontane Reisefotografie zu sehen, in<br />
der Ausstellung wirken die Bilder inszeniert.<br />
Nein, inszeniert nicht. Ich benutze ja nur vorhandenes Licht, bearbeite<br />
kaum nach. <strong>Das</strong> ist einfach was Schönes, was man sich hinhängen<br />
kann. Jetzt gönnen Sie mir das doch mal.<br />
Mache ich doch. Und was macht Ihnen dann mehr Spaß?<br />
Spontane Reiseschnappschüsse oder die langwierige<br />
Panoramafotografie?<br />
Mehr an Spaß ist da nicht. Ich darf ja beides machen. Gerade war ich<br />
unterwegs, da habe ich fast nur Porträts gemacht. Und zwischendurch<br />
hab ich die Panoramakamera aufgebaut, weil ich atemberaubende<br />
Landschaften gesehen habe. <strong>Das</strong> geht auf Reisen beides zusammen.<br />
<strong>Das</strong> ist toll.<br />
Sind Sie als Fotograf noch in Ihrer künstlerischen Findungsphase?<br />
Wenn die Musik ein Indikator ist, dann eher nicht. Ich mache mit der<br />
Zeit immer unterschiedlichere Musik. Bei der Fotografie ist es ähnlich.<br />
Panoramafotografie macht Spaß, ich werde noch mal Schwarz-Weiß<br />
probieren. Mal gucken, wohin die Reise geht. Aber mich selbst<br />
beschränken und sagen, jetzt mache ich nur noch Industrieanlagen von<br />
vor 1945, nein. Da gibt's schon so viele Leute, die so was machen. Da<br />
ist es einfach zu schwer, sich zu profilieren.<br />
Bis 2. November: "<strong>Farin</strong> <strong>Urlaub</strong> - Kuroboshi". (Fotos von <strong>Farin</strong><br />
<strong>Urlaub</strong>s Asienreise aus dem Jahr 2009). Galerie Lumas,<br />
Hackesche Höfe, Rosenthaler Straße 40/41. Mo.-Sa. 11-20 Uhr, So.<br />
13-19 Uhr<br />
INTERVIEW:<br />
PAUL WRUSCH<br />
4 von 4 08.10.2010 15:21