Perdix und Daedalus
Perdix und Daedalus
Perdix und Daedalus
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<strong>Perdix</strong> <strong>und</strong> <strong>Daedalus</strong><br />
aus den<br />
Metamorphosen des Ovid, VIII. Buch, Vers 236 - 259<br />
Fachbereichsarbeit aus Latein<br />
vorgelegt von: Alexandra Barth 6a Februar 11<br />
eingereicht bei: Mag. Prokisch – Werl
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort……………………………………………………………………………...…5<br />
1. Lateinischer Originaltext ……………………...………….………….…..……..7<br />
2. Deutsche Übersetzung………….……………………….………………..……..9<br />
3. Nacherzählung, Hintergr<strong>und</strong>, Personen <strong>und</strong> Ort der Handlung…….…………11<br />
4. Rezeption……………………………………..……………….……………….13<br />
5. Literaturverzeichnis………...………………………………………….………15<br />
5.1. Primärliteratur<br />
5.2. Sek<strong>und</strong>ärliteratur<br />
6. Abbildungsverzeichnis…………………………………………………...……17<br />
3
Vorwort<br />
Wohl jeder kennt die traurige Geschichte des unglücklichen Vaters <strong>Daedalus</strong>, der seinen Sohn<br />
Ikarus verliert, weil dieser auf der Flucht zu nahe an der Sonne fliegt.<br />
Weniger bekannt ist die Vorgeschichte, der Gr<strong>und</strong>, warum der große Baumeister <strong>Daedalus</strong> auf<br />
die Insel Kreta kommt <strong>und</strong> schließlich von dort mit selbst gebastelten Flügeln fliehen muss.<br />
Hier entpuppt sich der bemitleidenswerte, unglückliche <strong>Daedalus</strong> als eifersüchtiger Mörder.<br />
Diese Geschichte von <strong>Daedalus</strong> <strong>und</strong> seinem Neffen <strong>Perdix</strong>, die Ovid im VIII Buch seiner<br />
Metamorphosen beschrieb, will ich in meiner Fachbereichsarbeit dem Leser näher bringen.<br />
5<br />
Alexandra Barth
1. Ovid: <strong>Daedalus</strong> <strong>und</strong> <strong>Perdix</strong> (Metam. VIII 236-246; 250-259)<br />
Hunc miseri tumulo ponentem corpora nati<br />
garrula limoso prospexit ab elice perdix<br />
et plausit pennis testataque gaudia cantu est,<br />
unica tunc volucris nec visa prioribus annis,<br />
factaque nuper avis longum tibi, Daedale, crimen. 240<br />
namque huic tradiderat, fatorum ignara, docendam<br />
progeniem germana suam, natalibus actis<br />
bis puerum senis, animi ad praecepta capacis;<br />
ille etiam medio spinas in pisce notatas<br />
traxit in exemplum ferroque incidit acuto 245<br />
perpetuos dentes et serrae repperit usum;<br />
<strong>Daedalus</strong> invidit sacraque ex arce Minervae 250<br />
praecipitem misit, lapsum mentitus; at illum,<br />
quae favet ingeniis, excepit Pallas avemque<br />
reddidit et medio velavit in aere pennis,<br />
sed vigor ingenii quondam velocis in alas<br />
7
inque pedes abiit; nomen, quod et ante, remansit. 255<br />
non tamen haec alte volucris sua corpora tollit,<br />
nec facit in ramis altoque cacumine nidos:<br />
propter humum volitat ponitque in saepibus ova<br />
antiquique memor metuit sublimia casus.<br />
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2. Deutsche Übersetzung:<br />
Während dieser im Hügel die Körperteile des armen Sohnes legte,<br />
erblickte ihn ein spöttisches Rebhuhn vom schlammigen Abzugsgraben her<br />
<strong>und</strong> klatschte mit den Federn <strong>und</strong> bezeugte die Freude mit dem Gegacker,<br />
damals war es ein einzigartiger Vogel<br />
<strong>und</strong> man sah es in früheren Jahren nie,<br />
der Vogel ist dir, oh <strong>Daedalus</strong>, einen großen Vorwurf.<br />
Und hatte seine Schwester nämlich, das Schicksal nicht wissend,<br />
ihm den Jungen, der zweimal je sechs Geburtstage gefeiert hatte, übergeben,<br />
um den Spross, von sehr schneller Auffassungsgabe, zu lehren;<br />
jener nahm sich auch die bekannten Rückengräten in der Mitte des Fisches zum Muster<br />
<strong>und</strong> er schnitt fortlaufend Zähne in das scharfe Eisen<br />
<strong>und</strong> erfand so den Nutzen der Säge.<br />
<strong>Daedalus</strong> beneidete ihn <strong>und</strong> stürzte ihn von der heiligen Burg der Athene,<br />
er log, dass dieser gestürzt sei, jedoch fing ihn Pallas Athene,<br />
die den Begabten günstig war, auf <strong>und</strong> bildete einen Vogel nach<br />
<strong>und</strong> sie hüllte ihn mitten in der Luft in ein Federkleid,<br />
aber die Lebenskraft der einst schnellen Begabung drang in die Flügel <strong>und</strong> Füße;<br />
der Name blieb, wie er vorher war.<br />
Jedoch hebt dieser Vogel seinen Körper nicht hoch empor,<br />
<strong>und</strong> er macht keine Nester in Ästen <strong>und</strong> hohen Baumspitzen:<br />
er fliegt in der Nähe des Bodens <strong>und</strong> er legt die Eier in Gärten,<br />
<strong>und</strong> er fürchtet die Höhe, gedenkend des frühen Falles.<br />
9
3. Nacherzählung, Hintergr<strong>und</strong>, Personen <strong>und</strong> Ort der Handlung:<br />
3.1. Nacherzählung der Metamorphose:<br />
In dieser Metamorphose wird geschildert, wie ein zwölfjähriger Junge namens <strong>Perdix</strong> von<br />
seinem Onkel <strong>Daedalus</strong> von der heiligen Burg der Athene, der Akropolis, gestürzt wird.<br />
Auslöser dieser Tat war der Neid des berühmten Baumeisters <strong>Daedalus</strong> auf seinen Neffen,<br />
den ihm seine Schwester in die Lehre gegeben hatte. Der Junge schien begabter zu sein als<br />
sein Onkel. So hatte er bereits die Töpferscheibe, die Säge <strong>und</strong> den Zirkel erf<strong>und</strong>en. Noch<br />
während <strong>Perdix</strong> fliegt, hüllt ihn Pallas Athene in ein Federkleid <strong>und</strong> verwandelt ihn ein<br />
Rebhuhn, einen Vogel, den es vorher noch nicht gab. Offenbar aufgr<strong>und</strong> dieser Verwandlung<br />
ist dieses ein Tier, das immer nahe am Boden fliegt <strong>und</strong> die Eier nur in Wiesen legt.<br />
Auch während <strong>Daedalus</strong> seinen Sohn Ikarus, der zu nahe an der Sonne flog <strong>und</strong> abstürzte, auf<br />
Ikaria tot im Schlamm fand, sah ihm ein Rebhuhn zu <strong>und</strong> gackerte vor Freude.<br />
3.2. Hintergr<strong>und</strong>:<br />
Ovid hat diese Geschichte aus der griechischen Mythologie übernommen. Dort hieß nicht der<br />
Junge <strong>Perdix</strong>, sondern dessen Mutter, die Schwester des <strong>Daedalus</strong>. Ovid hat deren Namen in<br />
den Metamorphosen nicht genannt, nach den Quellen 1) hieß sie Polykaste. Der Junge hieß<br />
ursprünglich Talos. 2)<br />
In den Metamorphosen wird – abgesehen von der Szene gleich am Anfang, als der<br />
unglückliche <strong>Daedalus</strong> seinen toten Sohn auf Ikaria aus dem Schlamm zieht <strong>und</strong> ein Rebhuhn<br />
gackert – nur die Verwandlung des <strong>Perdix</strong> beschrieben, die weitere Geschichte ist anderen<br />
Quellen zu entnehmen, die wiederum auf die Verwandlung keinen Bezug nehmen. 3)<br />
<strong>Daedalus</strong> wurde aufgr<strong>und</strong> dieser Tat verurteilt, konnte aber auf die Insel Kreta fliehen, wo er<br />
für den tyrannischen König Minos arbeitete. Von dort floh er als Greis mit selbst gebastelten<br />
Flügeln gemeinsam mit seinem Sohn Ikarus, der allerdings, seinem Vater nicht gehorchend,<br />
zu nahe an der Sonne flog <strong>und</strong> abstürzte. Als <strong>Daedalus</strong> ihn aus dem Schlamm zog, gackerte –<br />
so die Geschichte – in der Nähe ein Rebhuhn. Damit war die Schandtat am Neffen gerächt. 4)<br />
Der große Künstler <strong>und</strong> Baumeister <strong>Daedalus</strong>, der der Nachwelt vor allem auf Gr<strong>und</strong> seiner<br />
Leistungen (lebendige Statuen, Erfinder des Labyrinths für König Minos auf Kreta, Flug mit<br />
selbst gebastelten Flügeln) <strong>und</strong> seines unglücklichen Schicksals (Verlust seines Sohnes<br />
Ikarus) bekannt ist, wird in dieser Geschichte als neidischer Mörder enttarnt.<br />
___________________________________<br />
1) Minotaurus <strong>und</strong> das Labyrinth, http://www.wedernoch.de/thesen/z_mythen.htm [Stand: 6.2.2011]<br />
2) Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Stuttgart: Philipp Reclam jun.<br />
1986. S. 81.<br />
3) Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Stuttgart: Philipp Reclam jun.<br />
1986. S. 81ff.<br />
Richter, Gert/ Ulrich Gerhard: Der neue Mythologienführer. Götter-Helden-Heilige. München:<br />
Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH 1996. S.64ff.<br />
4) Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Stuttgart: Philipp Reclam jun.<br />
1986. S. 84<br />
11
3.3. Personen <strong>und</strong> Ort der Handlung:<br />
In dieser Geschichte kommen nur fünf Personen vor.<br />
<strong>Perdix</strong> (in der griechischen Mythologie „Talos“), die Hauptfigur, ist erst zwölf Jahre alt <strong>und</strong><br />
wird von seiner Mutter, Polykaste (in der griechischen Mythologie „<strong>Perdix</strong>“; in den<br />
Metamorphosen wird ihr Name nicht genannt), zu ihrem Bruder <strong>Daedalus</strong> in die Lehre<br />
gegeben.<br />
<strong>Daedalus</strong> ist ein berühmter Bildhauer, Baumeister <strong>und</strong> Architekt. Er ist der erste Künstler,<br />
„der seinen Bildern offene Augen gab, sie die Hände ausstrecken <strong>und</strong> auf schreitenden Füßen<br />
stehen ließ“ 5) . Als er bemerkt, wie hoch begabt sein Neffe ist, wird er neidisch <strong>und</strong> stellt sich<br />
als kaltblütiger Mörder heraus, der allen Ruhm für sich beansprucht. Er stürzt <strong>Perdix</strong> von der<br />
Burg der Athene.<br />
Dank Pallas Athene, die dem begabten Jungen gut gesinnt ist, überlebt <strong>Perdix</strong> diesen<br />
versuchten Mord in Gestalt eines Rebhuhns, dessen lateinischer Name „perdix“ ist.<br />
Auch Ikarus, <strong>Daedalus</strong> Sohn wird kurz erwähnt. Er fliegt mit Wachsflügeln zu nahe an die<br />
Sonne <strong>und</strong> stürzt ab.<br />
Die Geschichte handelt in Athen, dem Wirkungsort des <strong>Daedalus</strong> <strong>und</strong> dem Standort der<br />
Akropolis.<br />
________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
5) Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Stuttgart: Philipp Reclam jun.<br />
1986. S. 81<br />
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4. Rezeption:<br />
Kaum ein Künstler machte die weniger bekannte Geschichte von <strong>Perdix</strong>, die Ovid im<br />
VIII. Buch seiner Metamorphosen beschrieb, zu einem Thema seines Werkes.<br />
Einen Bezug zur Geschichte, dem Wirken <strong>und</strong> Schicksal des <strong>Perdix</strong> sagt man jedoch dem<br />
ersten eigenständigen Stillleben seit der Antike nach, wodurch ein neues Genre in der Malerei<br />
begründet wurde.<br />
Dieses Ölgemälde mit dem Titel<br />
„Stillleben mit Rebhuhn <strong>und</strong><br />
Eisenhandschuhen“ wurde 1504 vom<br />
italienischen Künstler Jacobo de’Barbari<br />
gemalt <strong>und</strong> kann jetzt in der Pinakothek in<br />
München besichtigt werden.<br />
Als Bildträger fungiert eine Holztafel, die<br />
ebenfalls gemalt ist. Darauf liegen ein<br />
erlegtes Rebhuhn, Eisenhandschuhe <strong>und</strong> ein<br />
Armbrustbolzen. Rechts unten „klebt“ ein<br />
Zettel mit Signatur, Datierung <strong>und</strong> de’<br />
Barbaris Zeichen, dem Merkurstab.<br />
Stillleben mit Rebhuhn <strong>und</strong> Eisenhandschuhen<br />
Jacopo de’ Barbari, 1504<br />
Öl auf Holz, 49 cm × 42 cm<br />
Abb. 1<br />
Die Fachwelt ist sich zwar nicht ganz einig; es wird aber vermutet, dass diese Gegenstände<br />
einen Bezug zu <strong>Perdix</strong>, dem Neffen <strong>und</strong> Schüler des berühmten Baumeisters <strong>Daedalus</strong><br />
herstellen sollen.<br />
Diese Sichtweise ist aus mehreren Gründen durchaus nachvollziehbar:<br />
- Das Rebhuhn deutet schon allein wegen seiner lateinischen Bedeutung „perdix“ auf diesen<br />
Namen hin.<br />
- Die Eisenhandschuhe stellen ein Symbol für das beliebteste Arbeitsmaterial des begabten<br />
Schülers, nämlich Eisen, dar. <strong>Perdix</strong> erfand in Nachahmung des Tierreiches durch die<br />
Einkerbung von Zacken in ein Eisenstück die Säge <strong>und</strong> entwickelte aus zwei Eisenstäben den<br />
Zirkel.<br />
- Der Armbrustbolzen symbolisiert seinen frühen, gewaltsamen Tod durch die Hand seines<br />
neidischen Onkels, des Baumeisters <strong>Daedalus</strong>.<br />
- De’ Barbari hatte offenbar eine besondere Beziehung zur griechischen bzw. römischen<br />
Mythologie, wenn als sein Zeichen der Merkurstab fungierte. 1)<br />
_____________________________<br />
1) Wikipedia:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Stillleben_mit_Rebhuhn_<strong>und</strong>_Eisenhandschuh#Rezeption[Stand:<br />
6.2.11]<br />
13
5. Literaturverzeichnis:<br />
5.1. Primärliteratur<br />
P. Ovidius Naso: Metamorphoses:<br />
http://www.thelatinlibrary.com/ovid/ovid.met8.shtml<br />
5.2. Sek<strong>und</strong>ärliteratur<br />
Richter, Gert/ Ulrich Gerhard: Der neue Mythologienführer. Götter-Helden-Heilige.<br />
München: Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH 1996.<br />
Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Stuttgart: Philipp Reclam<br />
jun. 1986.<br />
Minotaurus <strong>und</strong> das Labyrinth, http://www.wedernoch.de/thesen/z_mythen.htm [Stand:<br />
6.2.2011]<br />
Stillleben mit Rebhuhn <strong>und</strong> Eisenhandschuhen<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Stillleben_mit_Rebhuhn_<strong>und</strong>_Eisenhandschuhen#Rezeption<br />
[Stand: 6.2.2011]<br />
15
6. Abbildungsverzeichnis:<br />
Umschlagbild: Latein-Pagina: http://www.latein-pagina.de/ovid/ovid_m8.htm#5 [Stand:<br />
6.2.1011].<br />
Abb.1: Wikipedia:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Stillleben_mit_Rebhuhn_<strong>und</strong>_Eisenhandschuhen#Rezeption<br />
[Stand: 6.2.2011].<br />
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