Achtung Zimmer frei! Vorsicht bei solchen Wohnungsangeboten - asta
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Kritik war kontrarevolutionär.<br />
Die Verfolgungen fanden 1987<br />
ihren Höhepunkt in den großen<br />
Massakern in den Gefängnissen,<br />
kurz vor dem Ende des Krieges<br />
gegen den Irak und dem Tod des<br />
Revolutionsführers Khomeini.<br />
Als dann die vergleichsweise reibungslose<br />
Wahl des neuen Revolutionsführers<br />
Khamenei folgte,<br />
wussten wir: das Regime hatte<br />
sich stabilisiert.<br />
Und die kritischen Intellektuellen,<br />
die politischen Oppositionellen,<br />
wie reagierten sie?<br />
Es kam auf ihre Vergangenheit<br />
an. Nach den Machtkämpfen in<br />
den ersten Revolutionsjahren<br />
und dem Misslingen eines neuen<br />
Untergrundskampfes gegen<br />
das neue Regime begannen die<br />
Verfolgungen. Einige gerieten<br />
in die Hände der Schergen, einige<br />
konnten ihre Haut retten.<br />
Viele flüchteten nun in den einst<br />
gehassten Westen, manche in<br />
das gelobte Land Sowjetunion.<br />
Manche lebten getarnt weiter<br />
im Land, in der Hoffnung auf<br />
bessere Zeiten. Sie mussten sich<br />
mit verschiedenen Überlebensstrategien<br />
durchschlagen, sich<br />
eine normale bürgerliche Existenz<br />
aufbauen. Manchen gelang<br />
es, manchen nicht. Familien,<br />
Freundschaften, die Privat- und<br />
Schattenwirtschaft halfen weiter.<br />
Kann man ihnen verübeln, wenn<br />
sie keine großen Hoffnungen<br />
mehr hatten?<br />
Ziviler Ungehorsam<br />
Als die Welt im Iran still zu stehen<br />
schien, kam plötzlich wieder<br />
Bewegung in das gesellschaftliche<br />
Leben. Unerwartet ging der<br />
Kampf weiter, auf ganz anderen<br />
Ebenen, mit anderen Mitteln.<br />
Ohne großes Aufhebens begann<br />
die Bevölkerung im Alltag anders<br />
zu leben, die vielen Vorschriften<br />
zu umgehen. Sie lebte nicht nur<br />
10/2009<br />
wie schon immer, sie betonte das<br />
Anderssein. Die Vorschriften einfach<br />
umgehen – wie nennt man<br />
das? Passiver Widerstand? Ich<br />
nenne es zivilen Ungehorsam.<br />
Es begann schon sehr früh mitten<br />
im Iran-Irak-Krieg von 1980-88.<br />
Das Regime verfemte die alten<br />
vorislamischen Feste als heidnisch<br />
und wollte sie am liebsten<br />
abschaffen, doch umso größer<br />
feierte die Bevölkerung sie, auch<br />
in den Bunkern. Alle diese Feste<br />
sind inzwischen anerkannt,<br />
sie gelten als kulturelles Erbe.<br />
Das gleiche geschah mit Musik<br />
und Tanz. Beides war in der Islamischen<br />
Republik halb verboten,<br />
insbesondere der Tanz. Um<br />
so mehr musizierte und tanzte<br />
man <strong>bei</strong> jedem kleinsten Anlass,<br />
manchmal sogar auf der Straße.<br />
Die Musik wurde von Khomeini<br />
kurz vor seinem Tod rehabilitiert.<br />
Tanzen ist immer noch verboten,<br />
aber man hat ein neues Wort<br />
geschaffen: rhythmische Bewegung.<br />
Sie wird geduldet.<br />
Noch wichtiger ist der Widerstand<br />
gegen die Zwangsverschleierung<br />
und sonstige Maßnahmen,<br />
um die Frauen wieder unsichtbar<br />
zu machen. Sie ist eine Art Uniformierung,<br />
der Versuch, jeden<br />
Ausdruck von Individualität zu<br />
verbieten (auch Männern werden<br />
diesbezüglich Vorschriften<br />
gemacht). Im Iran geht es da<strong>bei</strong><br />
gar nicht um den Schleier als<br />
<strong>solchen</strong>, sondern um den Zwang,<br />
egal ob zur Verschleierung oder<br />
zur Entschleierung. Es geht um<br />
die autoritär bestimmte Definition<br />
der korrekten Form des<br />
Schleiers im Detail. Doch da<strong>bei</strong><br />
scheiterte das Regime dank des<br />
passiven und aktiven Widerstands<br />
der Frauen. Zwar besteht<br />
noch immer der Zwang zur offiziellen<br />
Bekleidung, doch in der<br />
Praxis umgehen viele Frauen in<br />
den Städten die Vorschriften.<br />
Frauen sind auch sonst nicht unsichtbar,<br />
sondern in steigender<br />
Politik<br />
Zahl überall präsent, an den Universitäten<br />
wie im Berufsleben,<br />
trotz aller Widerstände.<br />
Dieser zivile Ungehorsam wird<br />
hauptsächlich von jenen jungen<br />
Menschen ausgeübt, die in den<br />
Schulen des Regimes indoktriniert<br />
werden. Weibliche Jugendliche<br />
spielen da<strong>bei</strong> eine sehr<br />
wichtige Rolle. Doch einfach ist<br />
das für sie nicht. Viele zahlen einen<br />
hohen Preis wie die Suspendierung<br />
von Studium oder Beruf,<br />
sogar Auspeitschung. Manche<br />
genießen die Unterstützung der<br />
Familie, manche nicht. Aber immer<br />
gibt es Nachwuchs. Der zivile<br />
Ungehorsam hat aber auch<br />
Auswüchse. Viele Menschen beachten<br />
die Verkehrsregeln nicht,<br />
und nicht wenige greifen zu Drogen,<br />
nur weil sie verboten sind.<br />
Innerislamische Opposition<br />
Wieder ganz unerwartet, auf<br />
ganz anderer Seite, wurde eine<br />
neue Front eröffnet. In den Reihen<br />
der mitherrschenden Eliten<br />
knirschte es Mitte der 1990er<br />
Jahre. Es meldete sich ein neuer<br />
Typus der Intellektuellen zu<br />
Wort. Sie nennen sich »religiöse<br />
Intellektuelle« oder »islamische<br />
Neudenker«. Sie griffen die<br />
herrschende Interpretation der<br />
islamischen Gesetze und Texte<br />
an. Sie förderten die Freiheit<br />
des Gewissens, das Recht der<br />
Laien auf eine eigene Interpretation<br />
des Islams. Neue Begriffe<br />
wurden zur Diskussion gestellt:<br />
Toleranz, Rechtstaatlichkeit,<br />
Menschenrechte – also alles,<br />
was zu Beginn der Revolution als<br />
westlich-humanistische Doktrin<br />
verfemt worden war. Die eigentliche<br />
Leistung der islamischen<br />
Neudenker besteht darin, durch<br />
genaue Textexegese zu zeigen,<br />
dass keiner dieser Werte im Widerspruch<br />
zum Geist des Islams<br />
steht. Sie unterscheiden zwi-