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ADS bei Erwachsenen - Agogis

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<strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

Von Astrid Wälchli, Beraterin und<br />

Präsidentin der IG-<strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

Noch vor einigen Jahren ging man davon<br />

aus, dass sich die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung<br />

(<strong>ADS</strong>) in der Pubertät auswächst<br />

und somit <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong> nicht<br />

vorkommt. Heute weiss man, das dies<br />

nicht der Fall ist. Je nach Quelle leiden 30<br />

Aus dem Inhalt:<br />

<strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

Die «Aufmerksamkeits-Defizit-<br />

Störung» als Hauptthema<br />

in dieser Ausgabe ab Seite 1<br />

Von der Vision zur Aktion<br />

Auf dem Weg zu einer<br />

spib-Geschäftsstelle ab Seite 5<br />

Die Soziale Lehre<br />

Über die neue Berufslehre<br />

im Sozialbereich auf Seite 6<br />

Weiterbildung<br />

Infos zum Thema <strong>ADS</strong> ab Seite 7<br />

Blick über den Gartenzaun<br />

Passaggio ab Seite 16<br />

spib-direkt<br />

Die Sozialpädagogische Pflegefamilie<br />

Alp stellt sich vor Seite 18<br />

bis 50% der Betroffenen im <strong>Erwachsenen</strong>alter<br />

weiterhin unter den Folgen der<br />

<strong>ADS</strong>.<br />

Die <strong>ADS</strong> ist unter verschiedenen Begriffen<br />

bekannt:<br />

– ADHS – Aufmerksamkeits-Defizit-<br />

Hyperaktivitäts-Störung<br />

– POS – Psychoorganisches Syndrom<br />

(Nur in der Schweiz bekannt)<br />

– HKS, ADD, ADHD, und noch weitere<br />

Abkürzungen sind in der Literatur zu<br />

finden.<br />

Die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung<br />

wird oft sehr emotional angegangen. Die<br />

einen sehen sie als Modediagnose, andere<br />

als eine Ausrede für schlechtes Benehmen<br />

oder schlechte Erziehung und wieder<br />

andere sehen darin eine Strategie der<br />

Pharmakonzerne zur Steigerung ihres<br />

Medikamentenumsatzes. Und gewisse<br />

Gruppen negieren schlichtweg die Existenz<br />

dieser Störung. <strong>ADS</strong> ist jedoch kein<br />

neues Phänomen, sondern hat neurobiologische<br />

Ursachen, welche sich durch erhebliche<br />

Beeinträchtigung der Konzentration<br />

und Störung der Impulskontrolle<br />

zeigt.<br />

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass<br />

<strong>ADS</strong> in Familien über verschiedene Generationen<br />

vorkommt. Zur Zeit laufen<br />

Studien, in welchen untersucht wird, wel-<br />

4 / 04<br />

Dezember 2004<br />

che Gene <strong>bei</strong> der Vererbung eine Rolle<br />

spielen.<br />

• <strong>ADS</strong> kommt in allen sozialen Schichten<br />

vor und steht in keinem Zusammenhang<br />

mit der Intelligenz.<br />

• <strong>ADS</strong> ist keine Charakterschwäche<br />

und nicht das Ergebnis schlechter<br />

Erziehung<br />

Grundsätzliches zur <strong>ADS</strong><br />

– <strong>ADS</strong>-Symptome müssen über eine längere<br />

Zeit auftreten und haben bedeutende<br />

Beeinträchtigung zur Folge<br />

– <strong>ADS</strong> bekommt man nicht erst als Erwachsener,<br />

<strong>ADS</strong> hat man schon als<br />

Kind<br />

– Nicht jede Aufmerksamkeitsproblematik<br />

ist eine <strong>ADS</strong><br />

– Betroffene sollen da<strong>bei</strong> unterstützt werden<br />

mit der <strong>ADS</strong> zu leben, statt eine<br />

Heilung zu erwarten, es gibt keine.<br />

Wie zeigt sich eine <strong>ADS</strong> <strong>bei</strong><br />

<strong>Erwachsenen</strong>?<br />

<strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong> äussert sich in erster<br />

Linie mit folgenden Hauptsymptomen:<br />

– Störung der Aufmerksamkeit<br />

– Impulsivität<br />

– Hypersensibilität<br />

– Unorganisiertheit<br />

– Hyperaktivität, innere Unruhe<br />

Störung der Aufmerksamkeit:<br />

Zur Störung der Aufmerksamkeit gehören<br />

Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit,<br />

verminderte Dauer der Aufmerksamkeits-Spanne,<br />

Ablenkbarkeit und Mühe<br />

Dinge zu Ende zu führen.<br />

Die Konzentrationsprobleme zeigen sich<br />

zum Beispiel darin, dass <strong>ADS</strong>-Betroffene<br />

Mühe haben einen längeren Text am<br />

Stück zu lesen und den Inhalt auch zu erfassen.<br />

Hanna sitzt am Schreibtisch und bereitet<br />

sich auf eine Prüfung vor. In dem Buch,<br />

das sie vor sich liegen hat, stehen wichtige<br />

Informationen. Aber sie schafft es einfach<br />

nicht einen längeren Abschnitt zu lesen<br />

und die Informationen aufzunehmen.<br />

Jede Seite muss sie drei- oder viermal lesen,<br />

was sie sehr ermüdet.


Vergesslichkeit im Alltag bedeutet im Laden<br />

nach dem Portemonnaie suchen, das<br />

man zu Hause vergessen hat.<br />

Unsere Ablenkbarkeit vermindert unsere<br />

Aufmerksamkeits-Spanne und wir werden<br />

mit den einfachsten Ar<strong>bei</strong>ten nicht<br />

fertig.<br />

Erich muss wöchentlich an der Projekt-<br />

Besprechung teilnehmen. Viele der Informationen<br />

betreffen Erichs Ar<strong>bei</strong>t nicht direkt,<br />

aber er sollte darüber Bescheid wissen.<br />

Bereits nach 10 Minuten hat Erich<br />

den Faden verloren. Im Sitzungszimmer<br />

hängt ein Bildkalender, auf dem eine<br />

Berglandschaft abgebildet ist. Erich denkt<br />

an seine nächsten Ferien in Graubünden<br />

und dass er noch die Reservation abschicken<br />

muss. So verpasst er wichtige<br />

Details, welche er sich dann später beschaffen<br />

muss. Dies ist ihm jedes Mal sehr<br />

peinlich.<br />

<strong>ADS</strong>-Betroffene können zum Beispiel<br />

den ganzen Vormittag im Haushalt ar<strong>bei</strong>ten,<br />

weil sie aber von einer Ar<strong>bei</strong>t zur Anderen<br />

wechseln werden sie mit nichts fertig<br />

und fragen sich enttäuscht, wieso haben<br />

sie es wieder nicht geschafft. Dies ist<br />

besonders <strong>bei</strong> Routinear<strong>bei</strong>ten der Fall.<br />

Wenn sie aber etwas neues und spannendes<br />

beginnen können, sind sie voll <strong>bei</strong> der<br />

Sache.<br />

Petra kommt am Mittag in die Küche und<br />

stellt fest, dass der Tisch nur teilweise abgeräumt<br />

ist. Sie überlegt: Was habe ich<br />

denn heute Vormittag gemacht? Ach ja,<br />

ich habe die Zeitung in das Wohnzimmer<br />

gelegt, da habe ich gesehen, dass meine<br />

Blumen Wasser brauchen. Während ich<br />

die Kanne im Bad füllen wollte, sah ich<br />

die Wäsche die dringend gewaschen werden<br />

muss. Als ich aus der Waschküche zurück<br />

kam traf ich die Nachbarin. Diese<br />

gab mir ein Buch über Australien und in<br />

dem habe ich bis eben gelesen.<br />

Auf der anderen Seite gibt es Tage an denen<br />

ihnen alles gelingt. Dies macht die Si-<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 2<br />

tuation für sie noch schwerer. Sie sehen<br />

selber dass es möglich ist und ihre Mitmenschen<br />

sehen es auch. Aber niemand<br />

versteht, warum sie heute so und morgen<br />

wieder ganz anders ar<strong>bei</strong>ten.<br />

Impulsivität<br />

Zur Impulsivität gehören, unüberlegtes<br />

Handeln, unüberlegte Äusserungen, wenig<br />

Geduld, Gefühlsausbrüche, Stimmungsschwankungen<br />

und gefährliche<br />

Handlungen.<br />

Die Firma hat nächsten Monat Jubiläum.<br />

Da der Verantwortliche für den Unterhaltungsteil<br />

des Jubiläums krank geworden<br />

ist, sucht die Firmenleitung einen Ersatz.<br />

Peter der das sehr gern machen würde<br />

meldet sich spontan und erhält den Auftrag,<br />

der sehr viele Überstunden mit sich<br />

bringt. Zu Hause erzählt Peter voller<br />

Freude von seiner neuen Aufgabe. Seine<br />

Frau ist entsetzt: «Hast Du vergessen,<br />

dass wir nächste Woche umziehen? Es<br />

gibt noch so viel zu tun.»<br />

Immer wieder geraten Betroffene wegen<br />

ihrer Impulsivität in solche Situationen.<br />

Es gehört zu den positiven Eigenschaften,<br />

das <strong>ADS</strong>-Betroffene sehr hilfsbereit sind.<br />

Eine weitere positive Seite der Impulsivität<br />

ist es auch in brenzligen Situationen<br />

schnell handeln zu können und <strong>bei</strong> interessanten<br />

Projekten andere mitzureissen.<br />

Hypersensibilität<br />

<strong>ADS</strong>-Betroffene sind hypersensibel, das<br />

heisst sie nehmen Stimmungen um sich<br />

herum deutlich wahr, können sich aber<br />

zum grössten Teil nicht abgrenzen oder<br />

haben Mühe die Stimmungen richtig einzuordnen.<br />

Die meisten <strong>ADS</strong>-Betroffenen<br />

haben ein geringes Selbstwertgefühl. Dies<br />

ist vor allem darauf zurück zu führen, dass<br />

sie ständig negativ aufgefallen sind. <strong>ADS</strong>-<br />

Betroffene setzen bereits als Kind sehr<br />

viel Energie ein, um den Anforderungen,<br />

die an sie gestellt werden zu genügen. Lei-<br />

der entspricht das Ergebnis dieser Bemühungen<br />

oft nicht den Erwartungen. Die<br />

Mitmenschen sehen nur was nicht gelungen<br />

ist und nicht die Anstrengung welche<br />

dahinter steckt. So leben die Betroffenen<br />

in Versagensängsten und können «normale<br />

Fragen» nicht von Kritik unterscheiden.<br />

Beat hat eine Betriebsanleitung kopiert<br />

und bringt die Kopie seinem Chef. Dem<br />

fällt auf, dass eine Seite fehlt und macht<br />

Beat ohne jeden Vorwurf darauf aufmerksam.<br />

Beat entschuldigt sich. Er hat die<br />

Seite vermutlich <strong>bei</strong>m Kopierer vergessen.<br />

Er fühlt sich wieder mal als Versager.<br />

Sarah hatte einen strengen Tag. Ihr Sohn<br />

Peter hatte Probleme in der Schule, ihre<br />

Mutter hat sie unangemeldet besucht und<br />

ihr wieder mal zu verstehen gegeben, was<br />

für eine schlechte Hausfrau sie ist. Am<br />

Abend kommt ihr Mann nach Hause. Er<br />

fragt sie, ob sie daran gedacht hat den<br />

Klempner anzurufen. Da rastet Sarah aus,<br />

schreit ihren Mann an, der gar nicht weiss<br />

wie ihm geschieht. Sarah verzieht sich ins<br />

Schlafzimmer, weint und fühlt sich als totale<br />

Versagerin <strong>bei</strong> ihrem Sohn, ihrer Mutter<br />

und ihrem Mann, da<strong>bei</strong> will sie doch<br />

alles richtig machen.<br />

Gerade die Hypersensibilität überfordert<br />

die Mitmenschen von <strong>ADS</strong>-Betroffenen.<br />

Sie verstehen die Reaktionen, die nach ihrem<br />

Mass keinesfalls der Situation entsprechen,<br />

nicht und finden sie übertrieben.<br />

Gleichzeitig hat die Hypersensibilität eine<br />

positive Seite. <strong>ADS</strong>-Betroffene in heilenden<br />

Berufen, als Lehrer oder Berater<br />

können aus dieser positiven Seite der<br />

Hypersensibilität grossen Nutzen ziehen.


Die Fähigkeit, herauszuspüren, was mit<br />

jemanden nicht stimmt, selbst wenn dieser<br />

Jemand sich des Problems gar nicht<br />

bewusst ist, ist eine Gabe welche die <strong>ADS</strong><br />

mit sich bringt.<br />

Unorganisiertheit<br />

<strong>ADS</strong>-Betroffene haben grossen Mühe ihren<br />

Alltag zu organisieren. Dazu gehören<br />

Pünktlichkeit, Finanzen, Haushalt und<br />

Termine.<br />

Frank hat einen wichtigen Termin <strong>bei</strong>m<br />

Ar<strong>bei</strong>tsamt. Er ist bereits letztes Mal zu<br />

spät gekommen, das sollte ihm nicht noch<br />

mal passieren. Er stellt sich 3 Wecker. Und<br />

tatsächlich ist er bereits 10 Minuten bevor<br />

er das Haus verlassen muss parat. Dann<br />

macht er noch «schnell» einen Anruf. Nun<br />

ist es aber wirklich Zeit. Aber wo hat er<br />

den Autoschlüssel hingelegt. Als er ihn gefunden<br />

hat, hängt er seinem Zeitplan bereits<br />

5 Minuten hinterher. Dann muss er<br />

noch feststellen, dass er gestern nicht ge-<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 3<br />

tankt hat; schlussendlich kommt er doch<br />

wieder mit 20 Minuten Verspätung im Ar<strong>bei</strong>tsamt<br />

an.<br />

Obwohl viele <strong>ADS</strong>-Betroffene mit ihrer<br />

Kreativität Meister sind im Listen erstellen,<br />

können sie ihre eigenen Ordnungssysteme<br />

nur schwer über eine längere Zeit<br />

allein durchführen.<br />

Hyperaktivität<br />

Während die Symptome, Störung der<br />

Aufmerksamkeit und Impulsivität <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

mit <strong>ADS</strong> sehr häufig zu beobachten<br />

sind, findet man die offensichtliche<br />

Hyperaktivität, wie man sie von den Kindern<br />

kennt, eher seltener. Aber eine innere<br />

Unruhe ist <strong>bei</strong> den meisten vorhanden.<br />

Diese Betroffenen können nicht richtig<br />

still sitzen, sie bewegen ständig die Hände<br />

oder Füsse oder trommeln mit den Fingern<br />

auf den Tisch. Diese innere Unruhe<br />

führt auch dazu, dass sie sich nur schwer<br />

entspannen können, was wiederum zu<br />

Schlafstörungen führen kann.<br />

Nicht jeder <strong>ADS</strong>-Betroffene zeigt alle<br />

Symptome in gleichem Ausmass. Es ist<br />

als ob jedes sein eigenes Rezept aus verschiedenen<br />

Zutaten hat. Aber alle leiden<br />

unter den Ereignissen die sie betreffen.<br />

Auch Menschen ohne <strong>ADS</strong> können diese<br />

Gefühle und Eigenschaften haben,<br />

manchmal mehr, manchmal weniger. Bei<br />

<strong>ADS</strong>-Betroffenen sind einzelne Symptome<br />

oder Symptomgruppen jedoch ausgeprägter<br />

und anhaltend.<br />

Diagnose und Therapien<br />

Viele Betroffene, im Besonderen die <strong>Erwachsenen</strong>,<br />

müssen erst einen leidvollen<br />

Irrweg durch verschiedene Arztpraxen<br />

und Institutionen gehen, bis <strong>bei</strong> ihnen die<br />

Diagnose <strong>ADS</strong> gestellt wird. Wenn also<br />

der Verdacht auf eine Aufmerksamkeits-<br />

Defizit-Störung besteht und der Leidensdruck<br />

der Betroffenen gross ist, sollte eine<br />

Abklärung erfolgen.<br />

Wie geht so eine Abklärung vor sich:<br />

Nach einem Gespräch und der Anamnese,<br />

wird <strong>bei</strong> den meisten Ärzten anhand von<br />

einem Fragebogen nach den Richtlinien<br />

der DSM IV (Diagnostisches und Statistisches<br />

Manual psychischer Störungen) und<br />

dem Lebenslauf des Betroffenen die Diagnose<br />

gestellt. Gleichzeitig müssen jedoch<br />

andere organische und psychische<br />

Krankheiten ausgeschlossen werden, welche<br />

ähnliche Symptome wie die <strong>ADS</strong> hervorrufen<br />

können.<br />

Für viele Betroffene ist bereits die Diagnose<br />

eine grosse Erleichterung, hat ihr<br />

«Anderssein» doch endlich einen Namen.<br />

Nach der Diagnose stellt sich nun die Frage<br />

wie gehen die Betroffenen nun damit<br />

um.<br />

Damit sie eine Verbesserung der Lebensqualität<br />

erreichen, müssen die ihr Leben<br />

den Besonderheiten der <strong>ADS</strong> anpassen.<br />

In erster Linie geht es sicher darum möglichst<br />

viel über diese Störung und dessen<br />

Auswirkung auf das eigene Leben zu erfahren.<br />

Die <strong>ADS</strong> kann sich in den verschiedenen<br />

Lebensbereichen wie Partnerschaft,<br />

Ar<strong>bei</strong>tsumfeld und Haushalt ganz<br />

unterschiedlich auswirken. Es gibt Betroffene,<br />

die den Haushalt problemlos im<br />

Griff haben, aber beruflich starkt eingeschränkt<br />

sind. Die anderen haben einen<br />

Beruf in dem die Symptome der <strong>ADS</strong><br />

kaum zum tragen kommen, aber zu Hause<br />

bekommen sie den Haushalt und die Finanzen<br />

nicht in den Griff. Wiederum andere<br />

Betroffene erleben immer wieder das


Scheitern von Beziehungen, weil die Auswirkungen<br />

der <strong>ADS</strong>, gerade <strong>bei</strong> hoher Impulsivität,<br />

nur schwer für Nichtbetroffene<br />

zu ertragen ist.<br />

Die Aufgabe der Fachperson, welche die<br />

Diagnose gestellt hat, ist nun, gemeinsam<br />

mit den Betroffenen einen Therapieplan<br />

zu entwerfen. Da<strong>bei</strong> müssen die besonderen<br />

Wünsche der Betroffenen berücksichtigt<br />

werden, aber die Betroffenen müssen<br />

auch bereit sein einen Weg einzuschlagen,<br />

welcher im ersten Moment sehr unbequem<br />

aussieht.<br />

Zu den heute bekannten Therapiearten<br />

zählen:<br />

– Verhaltenstherapie<br />

– Gesprächstherapie<br />

– Coaching<br />

– Medikamentöse Therapie<br />

– Alternative Therapien wie Kinesiologie,<br />

Homöopathie, Neurofeedback<br />

In der Regel wird eine Kombination dieser<br />

Therapiearten eingesetzt. Gerade die<br />

medikamentöse Therapie löst <strong>bei</strong> vielen<br />

Betroffenen Unsicherheit aus. Hier ist eine<br />

sorgfältige Beratung durch die Fachperson<br />

nötig.<br />

Im Laufe der Therapie erfahren die Betroffenen<br />

wie viel positive Seiten die <strong>ADS</strong><br />

hat. <strong>ADS</strong>-Betroffene sind liebenswert, oft<br />

sehr kreativ, sensibel, hilfsbereit und engagiert.<br />

Darum ist es wichtig, gemeinsam<br />

mit dem Therapeut, der Therapeutin die<br />

Stärken und besonderen Fähigkeiten zu<br />

entdecken und sie für die Verbesserung<br />

der Lebensqualität einzusetzen.<br />

Der erste Schritt dazu ist jedoch der wichtigste:<br />

<strong>ADS</strong> als ein Teil der eigenen Persönlichkeit<br />

anzunehmen.<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 4<br />

Literaturhinweise:<br />

Edward M. Hallowell: Zwanghaft Zerstreut<br />

ADD – die Unfähigkeit, aufmerksam zu sein<br />

Robert J Resnick: Die verborgene Störung<br />

ADHS <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

Abklärung, Diagnose und Behandlung<br />

Lynn Weiss: Eins nach dem anderen<br />

Das ADD-Praxisbuch für Erwachsene<br />

(Brendow Praxis)<br />

Lynn Weiss: <strong>ADS</strong> im Job<br />

Wie können Sie <strong>ADS</strong> für sich ar<strong>bei</strong>ten lassen<br />

(Brendow Praxis)<br />

Thom Hartmann: Eine andere Art, die Welt<br />

zu sehen.<br />

Das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom<br />

Doris Ryffel-Rawak: <strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> Frauen – den<br />

Gefühlen ausgeliefert<br />

Der lange Leidensweg bis zur Diagnose<br />

ADHS anhand von 16 Frauenschicksalen<br />

(Hans Huber)<br />

Doris Ryffel-Rawak: <strong>ADS</strong> <strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

Beschreibung des Krankheitsbildes mit vielen<br />

Berichten von Betroffenen (Hans Huber)<br />

Doris Ryffel-Rawak: Wir fühlen uns anders<br />

Wie betroffene Erwachsene mit <strong>ADS</strong> sich<br />

selber und ihre Partnerschaft erleben (Hans<br />

Huber)<br />

Dieter Claus, Elisabeth Augst-Claus und<br />

Petra-Marina Hammer: <strong>ADS</strong> - Das <strong>Erwachsenen</strong>buch<br />

Ratgeber für ein Leben als Erwachsener mit<br />

<strong>ADS</strong> (Oberste Brink)<br />

Sari Solden: Die Chaos-Prinzessin<br />

(Women with Attention-Deficit-Disorder)<br />

BvdE-Verlag München Forchheim<br />

Wer ist die<br />

IG-<strong>ADS</strong><br />

Die IG-<strong>ADS</strong> will seinen Mitgliedern eine<br />

Stütze sein, <strong>bei</strong> der oft schwierigen Bewältigung<br />

des Alltags als Erwachsener<br />

mit <strong>ADS</strong>. Wir bieten Hilfe durch Beratung,<br />

Gesprächsgruppen und spezielle Informationen<br />

mittels Vorträgen und Kursen.<br />

In unserem Themenheft, welches<br />

2mal jährlich erscheint, wollen wir Fachinformationen<br />

und Erfahrungsberichte zu<br />

wichtigen Themen um die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung<br />

<strong>bei</strong> <strong>Erwachsenen</strong><br />

anbieten.<br />

Kurse und Vorträge<br />

In unseren Kursen und Vorträgen – geleitet<br />

von erfahrenen Fachleuten – setzten<br />

wir uns mit aktuellen Problemen auseinander.<br />

Beispiele: Organisation am Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />

oder im Haushalt, Positive Seiten<br />

des <strong>ADS</strong>, Kommunikation.<br />

Beratungstelefon<br />

Unser Beratungstelefon bietet Ihnen Hilfe<br />

an wenn:<br />

– Sie sich abklären lassen wollen und<br />

nicht wissen wohin Sie sich wenden<br />

sollen<br />

– wegen der <strong>ADS</strong> in der Familie, <strong>bei</strong> der<br />

Ar<strong>bei</strong>t oder im sozialen Umfeld<br />

Schwierigkeiten auftreten<br />

– Sie persönlichen Rat suchen<br />

Das Beratungstelefon wird betreut durch:<br />

Astrid Wälchli, Tel. 031 859 02 27<br />

(Mo 8.30 bis 10.30 Uhr und zeitweise<br />

auch Mi 20.00 bis 21.00 Uhr)<br />

Gesprächsgruppen<br />

Gesprächsgruppen werden regional organisiert.<br />

Hier können Sie Erfahrungen austauschen<br />

und lernen mit der <strong>ADS</strong> umzugehen.<br />

Die Teilnahme an einer Gesprächsgruppe<br />

für Erwachsene mit <strong>ADS</strong> setzt eine ärztliche<br />

Abklärung voraus. Angaben zu Gesprächsgruppen<br />

in Ihrer Nähe:<br />

Peter Rüegg, Tel. 071 371 18 92,<br />

gespraechsgruppen@igads.ch<br />

Informationen<br />

Auskünfte rund um den Verein und die<br />

Veranstaltungen erhalten Sie <strong>bei</strong> unserer<br />

Präsidentin:<br />

Astrid Wälchli, Tel. 031 859 02 27<br />

(Mo 8.30 bis 10.30), info@igads.ch<br />

Oder besuchen Sie unsere Homepage:<br />

www.igads.ch


Auf dem Weg zu einer spib-Geschäftsstelle<br />

Von der Vision zur Aktion<br />

Die Entwicklung des spib seit seiner<br />

Gründung 1988 zeigt einen Prozess vom<br />

Aufbau einer Selbsthilfeorganisation<br />

(Pionierphase) zu einer Dienstleistungsorganisation<br />

für die angeschlossenen Mitglieder.<br />

Durch Differenzierung und Ar<strong>bei</strong>tsteilung<br />

sind heute die ideellen und<br />

formellen Merkmale der Kleininstitutio-<br />

Aus der Redaktion:<br />

In diesem Artikelchen werdet ihr nichts über die aktuelle SPIB Info lesen. Warum<br />

nicht? Ich habe keine Zeit um mich um diese Sache zu kümmern. Brigitte Vogel,<br />

welche diesen Artikel üblicherweise verfasst, hat auch keine Zeit um sich darum<br />

zu kümmern. Nehmt euch selber Zeit und durchforstet diese Ausgabe, um festzustellen<br />

welche interessanten Artikel vorhanden sind.<br />

Was ist Zeit überhaupt? Ein Kind muss genau z.B. um 17.00 Uhr zuhause sein.<br />

Diese Zeit ist genau messbar. Die Tagesschau beginnt genau um 20.30 Uhr. Auch<br />

diese Zeit ist messbar. Ein Skirennfahrer benötigte für eine Strecke genau 1 Minute<br />

58 Sekunden und 54 Hundertstelsekunden. Diese Zeit ist schon wieder messbar.<br />

Zeit ist ganz einfach, und genau messbar. Die Einheiten der Zeit werden in Jahren,<br />

Tagen, Stunden und Minuten ausgedrückt. Im Sport werden sogar noch Sekunden,<br />

Zehntelsekunden, Hundertstelsekunden und Tausendstelsekunden gemessen.<br />

Zeit ist also eine ganz klar definierbare Einheit.<br />

Warum um Gotteswillen haben wir dann nie Zeit für irgendwas?<br />

Für mich, (ein mittelalterlicher Esel von fast 45 Jahren) rast die Zeit im ICE<br />

Schnellzugtempo vor<strong>bei</strong>, jedenfalls normalerweise. Dies war für mich nicht immer<br />

so. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich ein Kind war. «Mami, Mami wann<br />

ist Weihnachten?» «Du musst noch soundso lange schlafen.» Das war die Antwort.<br />

Es war für mich irre lange.<br />

Aber, die Zeit steht nie still, die Zeit zerrinnt um Sekunde und Sekunde, niemand<br />

kann die Zeit anhalten, nur eine Uhr kann angehalten werden.<br />

Als dieser Artikel geschrieben wurde, lag Brigitte Vogel aus dem Redaktionsteam<br />

im Spitalbett, und wartete auf ihre anstehende Operation. Und warten ist wiederum<br />

Zeit, welche Sekunde und Sekunde abläuft.<br />

Und für mich, der da irgendwo auch am warten ist hat die längste Woche meines<br />

Lebens begonnen. Es ist Dienstag, der 9. November 2004, ich denke aber es müsste<br />

schon Freitag sein. Weihnachten ist aber immer noch nicht da. Doch ich muss<br />

nur noch einmal schlafen, und dann ist Weihnachten (die Operation meiner Frau).<br />

Ich dachte immer, der längste Tag sei am 21. Juni in jedem Jahr oder er war am 6.<br />

Juni 1944. Heute ist mir klar, der längste Tag war am 10.November 2004. Jedenfalls<br />

für mich.<br />

Warten, warten und nochmals warten, grübeln, über Zeit und andere Dinge nachdenken<br />

und sonst überhaupt nichts tun.<br />

Nun sind wir wieder am Anfang dieses Artikels. Dort müsste stehen: Brigitte Vogel,<br />

welche diesen Artikel üblicherweise verfasst, kann sich keine Zeit nehmen um<br />

diesen Artikel zu schreiben, denn sie muss warten und verbraucht ihre Zeit mit der<br />

letzteren Tätigkeit.<br />

Der Tag hat aber immer noch 24 Stunden und es ist eine sehr grosse Kunst diese<br />

Jahre, Monate, Wochen, Tage und Stunden sinnvoll einzuteilen. Aber diese Einheiten<br />

zerrinnen Sekunde um Sekunde.<br />

Nach dem guten Bescheid aus dem Spital Bern Tiefenau, nehme ich mir nun keine<br />

Zeit mehr um weiterzuschreiben, denn es gibt auch noch andere Dinge zu tun.<br />

Wir sollten uns was vor Augen halten.<br />

Heute ist der erste Tag vom Rest unseres Lebens. Teilen wir diesen Rest sinnvoll<br />

ein.<br />

Mathias Vogel<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 5<br />

nen klar umschrieben (vgl. Anhang) sowie<br />

Leitbild und Statuten bestimmt. Eine<br />

ganze Reihe von Grundlagenpapieren<br />

sind ausgear<strong>bei</strong>tet und werden zur Verfügung<br />

gestellt, um den Mitgliedern als<br />

Richtlinien zu dienen (z.B. Berechnung<br />

der Taggeldansätze, Lohneinstufung, Versicherungen,<br />

Pflegevertrag, usw.).<br />

Die Interpretation der SWOT-Analyse,<br />

die am Vorstandstag zusammen mit Herrn<br />

Nico Fleisch, Organisationsberater durchgeführt<br />

wurde, zeigte auf, dass die heutige<br />

Organisationsstruktur des Verbands<br />

(Vorstand / Vollversammlung) den aktuellen<br />

und zukünftigen Aufgaben kaum noch<br />

gewachsen ist und die vorhandenen<br />

Ressourcen nicht mehr optimal ausreichen.<br />

Der Vorstand ist überlastet. Und<br />

gleichzeitig möchten wir den spib ausbauen<br />

zu einem starken Verband mit mehr<br />

Gewicht. Das Erreichte möchten wir erhalten<br />

und konsolidieren und gleichzeitig<br />

sind neue Aufgaben und neue Anforderungen<br />

von aussen absehbar – wie antworten<br />

wir darauf? Wie können wir auch<br />

in Zukunft unsere Kernaufgaben, die aus<br />

den Bedürfnissen der Mitglieder erwachsen,<br />

wahrnehmen? Welche Anstrengungen<br />

sind nötig, um die skizzierten Zukunftschancen<br />

umzusetzen und die Zukunfts-Gefahren<br />

frühzeitig zu erkennen?<br />

Als Konsequenz hat der spib eine interne<br />

Ar<strong>bei</strong>tsgruppe «Organisationsentwicklung»<br />

eingesetzt, die sich vertieft mit den<br />

aufgeworfenen Fragen beschäftigt, die<br />

Vor- und Nachteile herausar<strong>bei</strong>tet und den<br />

Vorstand, bzw. die Vollversammlung, informiert.<br />

Aufbauend auf den Ergebnissen der Vorstandstagung<br />

vom 10. Sept. 2004 ist die<br />

Schaffung einer professionellen Geschäftsstelle<br />

wünschbar. Die finanziellen<br />

Konsequenzen einer neuen Ar<strong>bei</strong>tsstelle<br />

sind noch einzuschätzen. Die neue Geschäftsstelle<br />

des spib ist:<br />

– eine Fach- und Dienstleistungsstelle für<br />

ihre Mitglieder aus den Bereichen Kinder<br />

/ Jugendliche und Erwachsene. Sie<br />

fördert die Zusammenar<strong>bei</strong>t, die Kommunikation<br />

und den Erfahrungsaustausch<br />

unter den Mitgliedern und unter<br />

den Verbänden und Interessengruppen.<br />

– sie ist eine Kontakt und Beratungsstelle<br />

für den Aufbau und Betrieb von<br />

Kleininstitutionen und bietet Auskunft,<br />

Informationen, Stellungnahmen und<br />

Vermittlungen an. Sie trägt <strong>bei</strong> zur Entwicklung<br />

von neuen Ideen, Konzepten<br />

und Perspektiven in Kleininstitutionen<br />

welche Menschen betreuen, die auf<br />

Grund ihrer Lebenslage Betreuung und<br />

Hilfe bedürfen.<br />

– sie bereitet die Büro- und Vorstandsar<strong>bei</strong>t<br />

vor und setzt die jeweiligen Entscheide<br />

um.<br />

– sie ist Ansprechpartnerin für kantonale<br />

Behörden, Politiker und Verwaltung,<br />

die im Sozialwesen tätig sind und fördert<br />

eine aktive Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t<br />

gegenüber den Medien.


Besondere Schwerpunkte und Aufgaben<br />

sind:<br />

– Mitgliederverwaltung und Adressendienst<br />

– Rechnungswesen / Budget / Inkasso<br />

– Mitar<strong>bei</strong>t in Fachkommissionen<br />

– Verbandspolitische Fragen (spez. Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

HVBE)<br />

– Mitar<strong>bei</strong>t in der Redaktion des info<br />

– Unterstützung in den Bemühungen um<br />

Qualitätssicherung und -entwicklung<br />

– Bedarfsorientiertes und aktuelles Bildungs-<br />

und Kursangebot<br />

– Website: Dienstleistungen, Informationen,<br />

Dokumente online<br />

– Beratungsstelle für Mitglieder für bedarfsgerechte<br />

Hilfe und in Krisensituationen<br />

– Einbringen unserer Kompetenzen in der<br />

SOZIALE LEHRE – die neue<br />

Berufslehre im Sozialbereich<br />

FAGE – Fachangestellte Gesundheit, FASO – Fachangestellte Soziales<br />

Der Kanton Bern bereitet die «Soziale<br />

Lehre» vor. Die 3jährige Lehre ist ein Angebot<br />

für Jugendliche (Schulabgängerinnen/Schulabgänger).<br />

Für Erwachsene entsteht<br />

ein berufsbegleitendes, auf zwei Jahre<br />

verkürztes Angebot. Die Soziale Lehre<br />

im Kanton Bern stützt sich auf die vorläufigen<br />

Bestimmungen des Bundesamtes<br />

für Berufsbildung und Technologie<br />

(BBT). Sie wird mit einem eidgenössischen<br />

Fähigkeitszeugnis abschliessen.<br />

Weil das Reglement des Bundes im<br />

Versuchsstadium ist, gibt es in den Kantonen<br />

verschiedene Umsetzungen, die<br />

Eine neue Lehre im sozialen Bereich<br />

Auf den Sommer 2005 werden noch Lehrbetriebe gesucht, die Lehrlinge ausbilden.<br />

Weitere Infos: http//www.soziale-lehre.ch<br />

Oder direkt <strong>bei</strong> <strong>Agogis</strong> Zürich, Frau Sattler, Tel. 043 366 71 70<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 6<br />

Abklärung, Beratung und Vermittlung<br />

von Plätzen<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tsgruppe OE (Organisationsentwicklung)<br />

setzt sich zurzeit mit der Finanzierungsfrage<br />

der geplanten Geschäftsstelle<br />

auseinander. Da<strong>bei</strong> hat sie<br />

bereits konkrete Ideen entwickelt, die sie<br />

nun auf ihre Machbarkeit überprüft. In einer<br />

Pilotphase von zwei Jahren könnte<br />

vorerst eine 30% Stelle geführt werden.<br />

Den detaillierten Beschrieb der möglichen<br />

spib-Geschäftstelle, können wir<br />

euch in der info-Ausgabe April 05 vorstellen.<br />

Deine Mitar<strong>bei</strong>t ist sehr erwünscht:<br />

Es ist jederzeit möglich der Ar<strong>bei</strong>tsgruppe<br />

OE <strong>bei</strong>zutreten. Wende dich doch an<br />

Christoph Hüsser, Tel. 032 351 41 49<br />

schliesslich alle in definitive Bestimmungen<br />

auf Bundesebene überführt werden.<br />

Im Kanton Bern werden zwei Ausbildungslehrgänge<br />

entstehen: die «Fachangestellte<br />

Gesundheit» mit Schwerpunkt<br />

Pflege und die «Fachangestellte Soziales»<br />

mit Schwerpunkt Betreuung. Im Moment<br />

laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren,<br />

die entsprechenden Organisationen<br />

der Ar<strong>bei</strong>tswelt (OdA) zu bilden. In den<br />

OdAs werden seitens der Ar<strong>bei</strong>tgeberorganisationen<br />

mit Vertretungen der Ar<strong>bei</strong>tnehmerschaft<br />

die neuen Bildungssysteme<br />

gemäss BBT umgesetzt.<br />

Kostenlose<br />

Rechtsberatung für<br />

spib-Mitglieder<br />

Rechtsberatung Roland Fuhrer<br />

An der HV vom 18. November 04 stellte<br />

Herr Roland Fuhrer, Führsprecher, sich<br />

und seine Tätigkeit als Rechtsberater des<br />

Heimverbandes Bern und neustens auch<br />

der spib-Mitglieder vor.<br />

Herr Fuhrer ar<strong>bei</strong>tet seit 12 Jahren als Anwalt<br />

und Mediator. Schon früh sammelte<br />

er Berufserfahrungen im Heimbereich.<br />

Erstmals <strong>bei</strong> der juristischen Beratung der<br />

Stiftung Tannacker, wo er auch Mitglied<br />

des Stiftungsrates ist.<br />

Die häufigsten Themen, mit denen sich<br />

Herr Fuhrer in den Beratungen befasste,<br />

waren:<br />

– Ar<strong>bei</strong>tsrechtfragen<br />

– Strafrechtliche Verantwortlichkeiten<br />

– Beratung von Trägerschaften bezüglich<br />

Reglemente und Statuten<br />

– Kollektivleistungen der IV<br />

– Kantonale Aufsichtsbehörde<br />

– Datenschutz / Schweigepflicht<br />

Die halbstündige, kostenlose Beratung<br />

innerhalb der Rechtsberatung des HVBE<br />

(inkl. spib), bezieht sich ausschliesslich<br />

auf die Institution und nicht auf persönliche<br />

Belange.<br />

Weitere Informationen zu Herrn Fuhrer<br />

und zum Advokaturbüro Hofstetter Fuhrer<br />

Rechtsanwälte, findet ihr unter<br />

www.aaa-advokatur-bern.ch<br />

Impressum<br />

SPIB-INFO erscheint alle 3 Monate.<br />

SPIB-Mitglieder erhalten SPIB-INFO<br />

automatisch. Abonnemente 30 Fr./Jahr.<br />

Redaktionsteam: Christoph Kaufmann,<br />

Brigitte Vogel-Fritz, Peter Rentsch und<br />

Bernhard Burla.<br />

Druck und Layout: Druckerei Schläfli AG,<br />

4914 Roggwil<br />

Druck auf Recycling-Papier<br />

Kontakt- und Redaktionsadresse:<br />

Redaktion spib-info, Christoph Kaufmann,<br />

Friedbergstrasse 12, 3512 Walkringen,<br />

Tel. 031 701 24 16, redaktioninfo@spib.ch<br />

Aufgabestellen für Inserate: Redaktionsadresse<br />

spib-info oder www.spib.ch<br />

Preis: Nichtmitglieder Fr. 20.– bis zweispaltig<br />

/ Höhe 70 mm, grösser nach Absprache.<br />

Erscheint im spib-info und auf der<br />

Webseite. (Inserate für Mitglieder gratis)


Mutterschaftsentschädigung<br />

tritt auf 1. Juli 2005 in Kraft<br />

Die Mutterschaftsentschädigung für erwerbstätige<br />

Mütter wird auf den 1. Juli<br />

2005 eingeführt. Auf diesen Zeitpunkt hin<br />

werden auch die Entschädigungsansätze<br />

für Dienstleistende angehoben. Der<br />

Bundesrat hat die Änderung der Erwerbsersatzordnung,<br />

die am 26. September<br />

2004 in der Volksabstimmung angenommen<br />

wurde, auf Mitte nächsten Jahres in<br />

Kraft gesetzt. Gleichzeitig hat er die Ausführungsverordnung<br />

zum revidierten Gesetz<br />

über die Erwerbsersatzordnung<br />

(EOG) verabschiedet.<br />

Der Bundesrat hat die Bestimmungen<br />

über den Erwerbsersatz <strong>bei</strong> Mutterschaft<br />

auf den 1. Juli 2005 in Kraft gesetzt. Ab<br />

diesem Zeitpunkt haben angestellte und<br />

selbstständigerwerbende Frauen Anspruch<br />

auf die Mutterschaftsentschädigung.<br />

Dies gilt auch für Frauen, die gegen<br />

einen Barlohn im Betrieb ihres Ehemannes<br />

mitar<strong>bei</strong>ten. Während 14 Wochen erhalten<br />

sie 80 Prozent des durchschnittlichen<br />

Erwerbseinkommens vor der Geburt,<br />

maximal aber 172 Franken pro Tag.<br />

Im Rahmen der EO-Revision wird auch<br />

die Entschädigung erwerbstätiger Dienstleistender<br />

in Armee, Zivildienst und Zivilschutz<br />

ab dem 1. Juli 2005 von 65 auf<br />

80 Prozent des Erwerbseinkommens erhöht.<br />

Die Rekrutenentschädigung sowie<br />

die Grundentschädigung für Nichterwerbstätige<br />

werden von 43 auf 54 Franken<br />

pro Tag angehoben.<br />

Eidg. Departement des Innern<br />

Presse- und Informationsdienst<br />

Auskunft: Tel. 031 322 91 97<br />

Mario Christoffel, Bereichsleiter<br />

Bundesamt für Sozialversicherung<br />

Die wichtigsten Übergangsbestimmungen<br />

auf einen Blick<br />

Geburt vor dem 1.7.2005<br />

Erwerbstätige Mütter, deren Kind weniger<br />

als 14 Wochen vor dem 1. Juli 2005<br />

geboren wird, haben anteilsmässigen Anspruch<br />

auf die Mutterschaftsentschädigung.<br />

Sie erhalten ab dem 1. Juli 2005 so<br />

lange Taggelder, bis die Zeitspanne von<br />

14 Wochen ab der Geburt abgelaufen ist.<br />

Kommt ein Kind zum Beispiel zwei Wochen<br />

vor dem 1.7.05 zur Welt, so<br />

besteht Anspruch auf Taggelder während<br />

12 Wochen. Der frühestmögliche Geburtstermin,<br />

der noch Anspruch auf ein<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 7<br />

einziges Taggeld ergibt, ist somit der 26.<br />

März 2005.<br />

Wird ein Kind früher als 14 Wochen vor<br />

dem 1. Juli 2005 geboren, hat die Mutter<br />

keinen Anspruch auf den Erwerbsersatz<br />

aus der EO.<br />

Erwerbstätige Mütter, deren Kind ab dem<br />

1. Juli 2005 geboren wird, haben den<br />

«normalen» Anspruch auf den Erwerbsersatz<br />

während 14 Wochen.<br />

Lohnfortzahlungspflicht des<br />

Ar<strong>bei</strong>tgebers gemäss OR<br />

Hat eine Mutter <strong>bei</strong> Geburt vor dem<br />

1.7.05 Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäss<br />

Obligationenrecht über den 1.7.05<br />

hinaus (z.B. gemäss Berner, Zürcher oder<br />

Basler Skala), so bleibt dieser Anspruch<br />

gewahrt. Für die Dauer seiner Lohnfortzahlung<br />

erhält der Ar<strong>bei</strong>tgeber im Gegenzug<br />

die Leistungen der Mutterschaftsentschädigung<br />

von der AHV-Ausgleichskasse<br />

zurück.<br />

Privat oder von Ar<strong>bei</strong>tgebern abgeschlossene<br />

Taggeldversicherungen<br />

Auf den 1. Juli 2005 fallen per Gesetz<br />

die bestehenden Versicherungsverträge<br />

dahin, welche Taggelder <strong>bei</strong> Mutterschaft<br />

vorsehen. Zuviel bezahlte Prämien(anteile)<br />

werden zurückerstattet.<br />

Mütter, die vor dem 1. Juli 2005 bereits<br />

Mutterschaftsleistungen eines Taggeldversicherers<br />

beziehen, erhalten<br />

diese im vertraglich vereinbarten Umfang<br />

weiter und zwar auch dann, wenn<br />

am 1. Juli 2005 zusätzlich ein Anspruch<br />

auf die Mutterschaftsentschädigung<br />

der EO entsteht. Wenn allerdings<br />

das EO-Taggeld und die Leistung der<br />

privaten Taggeldversicherung den versicherten<br />

Lohn übersteigen (Überversicherung),<br />

so kann der Taggeldversicherer<br />

im Rahmen der Überentschädigung<br />

die Mutterschaftsentschädigung<br />

<strong>bei</strong> der AHV-Ausgleichskasse einfordern.<br />

Am 1.7.2005 laufende Militär-,<br />

Zivilschutz- oder Zivildienste<br />

Wer am 1. Juli 2005 Dienst im Militär<br />

oder Zivilschutz leistet, respektive Zivildienst<br />

absolviert, erhält die neuen Entschädigungen<br />

rückwirkend auf den Zeitpunkt<br />

des Dienstantritts.<br />

Quelle: Heimverband Bern HVBE<br />

Krummer Baum.<br />

Weiterbildung<br />

Aktueller Stand des Irrtums,<br />

drei Varianten<br />

1. Auszüge aus einem Text gefunden<br />

unter http://www.familienhandbuch.ch<br />

Hauptmenü - Stichwortsuche - ADHS<br />

ADHS aus der<br />

Sicht einer<br />

Kinderärztin<br />

Dr. med. Roswitha Spallek<br />

Warum kommt es in den letzten<br />

Jahren zu einer Zunahme der<br />

Symptomatik?<br />

Da das <strong>ADS</strong> eine ererbte Störung ist, kann<br />

es in den letzen Jahren und Jahrzehnten<br />

kaum zugenommen haben. Dennoch sind<br />

Kinder mit einem <strong>ADS</strong> in den letzten Jahren<br />

zunehmend auffällig geworden. Die<br />

gängige Meinung ist, dass es sich um eine<br />

Modeerscheinung handle, die von zur<br />

Erziehung unfähigen Eltern und willigen<br />

Ärzten geradezu erfunden wurde. Dies ist<br />

sicherlich nicht der Fall. Die Ursache liegt<br />

in folgenden heute verändern Rahmenbedingungen:<br />

Die Autorität der Eltern, Erzieher und<br />

Lehrer hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten<br />

deutlich nachgelassen. Kinder


mit einem <strong>ADS</strong> brauchen jedoch autoritative<br />

Bezugspersonen, die liebevoll, aber<br />

bestimmt klare Grenzen setzen.<br />

Die grossen Kindergartengruppen und<br />

Klassenstärken lassen die <strong>ADS</strong>-Kinder<br />

vermehrt auffällig werden, da sie durch<br />

die umgebende Unruhe besonders abgelenkt<br />

und irritiert werden. Die Unruhe in<br />

den Kindergärten und Schulen ist natürlich<br />

auch durch die zunehmend geringere<br />

Autorität der ErzieherInnen und der LehrerInnen<br />

bedingt.<br />

Früher hatten Kinder häufig einen langen<br />

und anstrengenden Schulweg, da sie oft<br />

mehrere Kilometer mit dem Fahrrand<br />

oder zu Fuss zurücklegen mussten. Da<strong>bei</strong><br />

bauten sie überschüssige Energien ab.<br />

Heute führen die üblichen Bustransporte<br />

mit unruhigen aggressiven Schülern zu einer<br />

Verstärkung der hyperaktiven Verhaltensweisen<br />

von Kindern mit einem <strong>ADS</strong>.<br />

Die Medien, die Kinder mit Reizen überfluten,<br />

aber auch von der notwendigen<br />

körperlichen Aktivität abhalten, verstärken<br />

deren Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Bestimmte Nahrungsbestandteile wie<br />

Glutamat, das selbst ein erregender Botenstoff<br />

ist, sowie verschiedene Nahrungsmittel<br />

bzw. Zusatzstoffe können direkt<br />

eine Hyperaktivität verursachen.<br />

Auch Allergien spielen <strong>bei</strong> der Entstehung<br />

hyperaktiven Verhaltens eine Rolle. So<br />

können allergische Reaktionen im Darm<br />

über nervale Impulse, aber auch über chemische<br />

Substanzen auf dem Blutweg den<br />

Gehirnstoffwechsel beeinflussen.<br />

Kinder mit Teilleistungsschwächen oder<br />

mit einer Minimalen Cerebralen Dysfunktion,<br />

die immer auch eine oder mehrere<br />

Teilleistungsschwächen haben, können<br />

hyperaktives Verhalten entwickeln.<br />

Obwohl sie den besten Willen haben, alles<br />

richtig zu machen, versagen sie aufgrund<br />

ihrer Teilleistungsschwächen und<br />

anderer Symptome des MCD immer wieder,<br />

heute um so mehr, da die Anforderungen<br />

steigen, denen diese Kinder zunehmend<br />

weniger gewachsen sind.<br />

Auch der Mangel an emotionaler Zuwendung<br />

und abnehmende soziale Bindungen<br />

können zu Hyperaktivität führen.<br />

Schwermetalle (Blei, Quecksilber, Thallium)<br />

und Chemikalien, wie Lösungsmitteldämpfe<br />

von Filzschreibern, Farben,<br />

Klebern, Ozondämpfe von Fotokopiergeräten,<br />

Desinfektionsmittel und Chemikalien<br />

aus Bodenbelägen und Schulmöbeln,<br />

können nach Rapp ebenfalls hyperaktives<br />

Verhalten bewirken. (...)<br />

Therapie<br />

Das Mittel der ersten Wahl sind Medika-<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 8<br />

mente, die das gestörte Botenstoffsystem<br />

verbessern oder normalisieren. Die medikamentöse<br />

Behandlung ist die Voraussetzung<br />

für alle weiteren möglichen oder erforderlichen<br />

Therapien. Auch eine<br />

psychotherapeutische Behandlung als erste<br />

Massnahme ist sinnlos, da sie die Störung<br />

im Botenstoffsystem, die die Ursache<br />

für alle Symptome der betroffenen<br />

Kinder ist, nicht beseitigen kann, was<br />

durch Untersuchungen in den USA bewiesen<br />

werden konnte. Als Begleitbehandlung<br />

ist sie jedoch oft erforderlich<br />

und kann dann viel Gutes leisten. Auch<br />

Ergotherapie, Logopädie und Heilpädagogik<br />

sind wichtige zusätzliche Therapien,<br />

um die schon entstandenen Defizite<br />

zu beheben.<br />

Das <strong>ADS</strong> beeinträchtigt alle Lebensbereiche,<br />

weswegen die Therapie diese auch<br />

abdecken muss. Die in Deutschland übliche<br />

Behandlung mit zwei Dosen Methylphenidat<br />

(Medikinet, Ritalin), das aufgrund<br />

seiner Halbwertszeit von zwei bis<br />

vier Stunden im Schnitt nur etwa drei<br />

Stunden wirkt, ist kaum zu verstehen. Die<br />

erste Dosis am Morgen reicht dann etwa<br />

bis 11.00 Uhr, die zweite Dosis am Nachmittag<br />

in der Regel gerade für die Hausaufgaben.<br />

Die übrige Zeit ist das Kind<br />

dann teilweise noch verhaltensauffälliger<br />

als zuvor und nicht in der Lage, stabile soziale<br />

Beziehungen und Bindungen in der<br />

Familie und im Freundeskreis aufzubauen,<br />

die für ein gutes Selbstwertgefühl<br />

wichtiger sind als gute Schulleistungen<br />

und die sehr viel besser in der Lage sind,<br />

einer später drohenden Drogenabhängigkeit<br />

oder Kriminalität vorzubeugen.<br />

Betroffene sollten auch erfahren, dass das<br />

medikamentös nicht behandelte <strong>ADS</strong> später<br />

häufig zu Drogen- und Alkoholabhängigkeit<br />

und zu kriminellem Verhalten<br />

führt. Nach Barkley (1990, 1991) entwikkeln<br />

60 Prozent aller unbehandelten<br />

hyperaktiven Jungen später aufsässiges<br />

und dissoziales Verhalten, sie weisen<br />

Schulleistungsstörungen auf und haben<br />

Konflikte in der Familie. Die New-York-<br />

Studie, Manuzza (1989, 1990, 1991)<br />

konnte zeigen, dass Hyperaktive im <strong>Erwachsenen</strong>alter<br />

in bis zu 27 Prozent aller<br />

Fälle ein gestörtes Sozialverhalten mit<br />

Straffälligkeit zeigen und in 16 Prozent zu<br />

Drogenabusus neigen. Aber auch diejenigen,<br />

die ihr Leben meistern, leiden später<br />

sehr häufig unter Depressionen mit erhöhter<br />

Suizidgefahr. Ausserdem besteht<br />

für Kinder mit einem <strong>ADS</strong> eine massiv erhöhte<br />

Unfallgefährdung. Nach einer<br />

Untersuchung von Grützmacher (2001)<br />

sind neun von zehn Kindern, die im Stras-<br />

senverkehr verunfallen, Kinder mit einem<br />

<strong>ADS</strong>. In der Todesstatistik dieses Lebensalters<br />

stehen Unfälle an erster Stelle, sodass<br />

der Schluss zulässig ist, dass das<br />

<strong>ADS</strong> durch die hohe Unfällgefährdung in<br />

der Todesstatistik an erster Stelle steht.<br />

Ausserdem sollten Eltern wissen, dass unbehandelte<br />

<strong>ADS</strong>-Kinder in der Regel einen<br />

Schulabschluss machen, der ein bis<br />

zwei Schulstufen unter ihrem Können<br />

liegt.<br />

Medikamentöse Therapie<br />

Die Behandlung mit Stimulanzien ist das<br />

Mittel der Wahl <strong>bei</strong> der Therapie des <strong>ADS</strong>.<br />

Es handelt sich da<strong>bei</strong> um Aufputschmittel,<br />

die die verminderten Botenstoffe im Gehirn<br />

anheben oder normalisieren und damit<br />

die Informationsflut eindämmen und<br />

die Kinder beruhigen. Dieser Mechanismus<br />

erklärt die als paradox imponierende<br />

Wirkung der Stimulanzien. Die Medikation<br />

sollte den gesamten Tag umfassen<br />

und auch am Wochenende und in den<br />

Ferien nicht ausgesetzt werden, um eine<br />

normale soziale Entwicklung zu ermöglichen.<br />

Methylphenidat (Medikinet R, Ritalin<br />

R) muss wegen seiner kurzen Halbwertszeit<br />

von zwei bis vier Stunden daher<br />

drei- bis fünfmal täglich zugeführt werden,<br />

damit eine gleichmässige Wirkung<br />

über den ganzen Tag gewährleistet ist. (...)<br />

In der Produktinformation werden eine<br />

Unmenge möglicher Nebenwirkungen<br />

aufgeführt. Dies geschieht weniger zur Information<br />

des Patienten, sondern vorwiegend<br />

aus juristischen Gründen. Nach Trott<br />

(2000) ist kein anderes Medikament so<br />

gut und solide beforscht wie Methylphenidat.<br />

Ausserdem werden in den USA<br />

sechs bis acht Prozent aller Kinder und Jugendlichen<br />

mit Stimulanzien behandelt.<br />

Wären die Nebenwirkungen gravierend,<br />

so würde in den USA kaum ein Arzt Stimulanzien<br />

verordnen, da er sonst Regressforderungen<br />

in Millionenhöhe riskieren<br />

würde. Ein weiteres Indiz für die<br />

gute Verträglichkeit ist die Tatsache, dass<br />

in den USAzum Teil bis zu 7,5 mg/kg/KG<br />

gegeben werden (Kessler, 1996), also 7,5mal<br />

mehr als unsere Maximaldosierung<br />

ausmacht. Nach Trott kann grundsätzlich<br />

davon ausgegangen werden, dass Methylphenidat<br />

in mittleren Dosierungen (bis 1<br />

mg/Kg/die) kaum Nebenwirkungen verursacht.<br />

Seit einiger Zeit steht mit ConcertaR mit<br />

18 und 36 mg ein Langszeitpräparat von<br />

Methylphenidat zur Verfügung, das etwa<br />

12 Stunden abdeckt und einen grossen<br />

Fortschritt in der Therpie bedeutet. Es ist<br />

jedoch nur für die Kinder geeignet, die ei-


ne entsprechende Dosis benötigen. (...)<br />

Quelle: Roswitha, Spallek: Grosse Hilfe<br />

für kleine Chaoten, Walter Verlag Düsseldorf,<br />

2000<br />

2. Ebenfalls auf<br />

http://www.familienhandbuch.ch<br />

eine andere Variante.<br />

Hauptmenü - Stichwortsuche - ADHS<br />

Psychostimulanzien<br />

für<br />

Kinder: Diagnose<br />

statt Erziehung?<br />

Elisabeth C. Gründler, Freie Journalistin,<br />

D - Hannover<br />

«Meine Frau hört mir nie zu!», klagt Jörg<br />

seinem Sportskameraden nach dem Training.<br />

«Ich habe ihr die Sachen mit dem<br />

Computer schon zwanzigmal erklärt, sie<br />

will es einfach nicht verstehen!»<br />

«Du solltest sie mal zum Arzt schicken»,<br />

rät Jörgs Kumpel, «vielleicht hat sie auch<br />

ein Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom?<br />

Unser Sohn kriegt jetzt Tabletten und seitdem<br />

passt er in der Schule viel besser<br />

auf!»<br />

«Eine Krankheit soll das sein? Mit ihrer<br />

neuen voll-elektronischen Strickmaschine<br />

kommt sie prima klar! Jeden Abend hockt<br />

sie davor und mein Schrank quillt über<br />

von Pullovern!»<br />

«Mein Mann hat immer etwas anderes zu<br />

tun, wenn ich mit ihm über unsere Urlaubsplanung<br />

sprechen will», beschwert<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 9<br />

sich Claudia <strong>bei</strong> ihrer besten Freundin.<br />

«Vielleicht hat er keine Lust auf Familienurlaub?»<br />

mutmasst die Freundin.<br />

«Oder es ist ihm einfach egal, wohin ihr<br />

in die Sonne fahrt? Ich muss das auch immer<br />

allein entscheiden, wohin wir in die<br />

Sonne fahren, mein Mann interessiert sich<br />

auch nicht dafür!»<br />

Desinteresse, vermuten wir <strong>bei</strong> erwachsenen<br />

Menschen, wenn sie sich gegenseitig<br />

nicht zuhören; oder ein Beziehungsproblem.<br />

Dann heisst es: «Nehmt Euch doch<br />

mal richtig Zeit füreinander!» Oder:<br />

«Geht in eine Beratung, wenn ihr nicht<br />

mehr miteinander reden könnt!» Doch <strong>bei</strong><br />

einem Schulkind, das nicht zuhört oder<br />

stillsitzt, ist die Sache heute ziemlich<br />

schnell klar: Eine Störung liegt vor, oder<br />

ein Syndrom – das Kind muss zum Arzt!<br />

Eine Diagnose macht Karriere<br />

Seit Mitte der achtziger Jahre in den USA<br />

und seit knapp einem Jahrzehnt auch in<br />

Mitteleuropa. Der Verkauf von Methylphenidat<br />

boomt – in Deutschland vertrieben<br />

unter dem Namen «Ritalin» oder<br />

«Medikinet». Methylphenidat ist ein Amphetamin<br />

– ein Aufputschmittel, wie der<br />

Volksmund sagt. Es ist ein Psychostimulanz<br />

und darf darum hierzulande nur auf<br />

Betäubungsmittelrezept verschrieben<br />

werden. Darüber muss jeder Apotheker<br />

genau Buch führen. Und davon wird in<br />

Deutschland reger Gebrauch gemacht:<br />

Nicht nur Kinderärzte und Kinderpsychiater<br />

verschreiben Kindern die Substanz,<br />

sondern auch Allgemeinmediziner,<br />

manchmal sogar Zahn- oder Frauenärzte,<br />

so die Drogenbeauftragte der Bundesregierung,<br />

Marion Caspers-Merk. Im August<br />

2001 warnte sie erstmalig davor, dass<br />

ein Missbrauch dieses Stoffes nicht mehr<br />

ausgeschlossen werden könne.<br />

Eine aktuelle Untersuchung des Bremer<br />

Gesundheitswissenschaftlers und Pharmakologen<br />

Professor Gerd Glaeske und<br />

seiner Kollegin Katrin Jahnsen, ergab,<br />

dass 30% aller Ritalin-Verordnungen in<br />

Deutschland von nur 66 Ärzten getätigt<br />

werden. Von «Schwerpunkt-Praxen» ist in<br />

dem Bericht die Rede. Das deckt sich mit<br />

der Alltagserfahrung von Eltern und Lehrern,<br />

dass in bestimmten Arztpraxen die<br />

gewünschten Diagnosen gestellt und die<br />

zu registrierenden Rezepte ausgegeben<br />

werden.<br />

Eine Apothekerin, die selbst nur wenige<br />

Rezepte pro Monat in ihrer Apotheke umsetzt<br />

berichtet, dass ein Kollege sich einen<br />

grösseren Tresor anschaffen musste, um<br />

die Riesenmengen Ritalin, die in seinem<br />

Einzugsgebiet plötzlich verordnet wer-<br />

den, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend<br />

lagern zu können.<br />

Steigende Verordnungsmengen<br />

eines Aufputschmittels<br />

Für den Haupthersteller von Methylphenidat,<br />

den Schweizer Pharmakonzern Novartis,<br />

ist es ein lohnendes Geschäft. Allein<br />

in Deutschland stieg die Absatzmenge<br />

Ende der neunziger Jahre um das Vierzigfache:<br />

von 0,7 Mio. Tabletten pro Jahr<br />

1995 auf 31 Mio. 1999. Nach Angaben<br />

des Bundesinstitutes für Arzneimittelund<br />

Medizinprodukte (BfAM) stieg der<br />

Verbrauch des Wirkstoffes von 34 kg<br />

1993 auf 119 kg 1997. Die im ersten Halbjahr<br />

2001 in Deutschland verschriebene<br />

Menge reicht für 16,4 Mio. einzelne Tagesdosen.<br />

Auf der Hitliste der meistverkauften<br />

Psychopharmaka steht Ritalin auf<br />

Rang elf, Tendenz steigend.<br />

Ein Blick nach Amerika zeigt, wohin die<br />

Reise möglicherweise noch geht: Im Jahr<br />

2000 wurde dort fast 10 Millionen mal ein<br />

Medikament mit dem Wirkstoff Methylphenidat<br />

verschrieben. Etwa 90% der<br />

weltweit produzierten Ritalinmengen<br />

werden in den USA verbraucht. Nach<br />

Schätzung der amerikanischen Drogenbehörde,<br />

nehmen heute 15% der amerikanischen<br />

Schulkinder Ritalin. Die Diagnose<br />

«ADHS» wurde 1991 in den USA als Behinderung<br />

anerkannt. Schulen haben dort<br />

die Aufgabe, diagnostizierten Kindern<br />

besonderen Förderunterricht anzubieten.<br />

In einigen Bundesstaaten können seit<br />

1990 sozial schwache Familien für ein<br />

Kind mit <strong>ADS</strong> einen Zuschuss von 400<br />

US$ im Monat beantragen. In der Folge<br />

stieg die Zahl der diagnostizierten und<br />

medikalisierten Kinder dort von 5% auf<br />

25%. (...)<br />

Diagnose für den Zappelphilipp<br />

Immer mehr Eltern sehen sich von Lehrern<br />

oder vom Kindergarten gedrängt, nun<br />

doch endlich mit ihrem Kind zum Arzt zu<br />

gehen. Sonst sei eine Begutachtung für<br />

die Sonderschule dran oder die Einschulung<br />

gefährdet. Eltern stellen sich die Frage,<br />

ob ihr Kind an einer angeborenen oder<br />

erworbenen Störung leidet. Doch darüber,<br />

wie die Krankheit überhaupt heissen soll,<br />

herrscht Sprachverwirrung: Häufig wird<br />

sie «<strong>ADS</strong>» genannt, «Aufmerksamkeits-<br />

Defizit-Syndrom» oder auch «HKS» für:<br />

«Hyperkinetischen-Syndrom». Manchmal<br />

ist auch von «ADHD» die Rede, was<br />

für das amerikanische «Attention Deficit<br />

Hyperactivity Disorder» steht. Andere<br />

Quellen verwenden das Kürzel «AD/HS»,<br />

manchmal auch ohne Schrägstrich


«ADHS». Mal ist von «ADD» die Rede<br />

(Attention-Deficit-Disorder). Noch vor<br />

einigen Jahren wurde <strong>bei</strong> vielen Kindern<br />

ein «MCD» festgestellt, «Minimal-Cerebral-Dysfunction».<br />

Vielfach wird auch<br />

von der «Zappelphilipp-Krankheit» gesprochen.<br />

Also doch nichts Neues? Die<br />

Kinderbuchfigur «Zappelphilipp», geschaffen<br />

von dem Arzt Heinrich Hoffmann<br />

vor 150 Jahren ist ein Junge (!), der<br />

die häusliche Ordnung durch sein Gezappel<br />

nachhaltig stört. Sie diente bereits Generationen<br />

von Kindern als warnendes<br />

Beispiel dafür, wie Kind sich auf gar keinen<br />

Fall benehmen darf! Und so vielfältig<br />

und unklar wie der Name dieses Leidens,<br />

sind auch die Vermutungen über seine Ursachen.<br />

Widersprüchliche Hypothesen über<br />

die Ursachen<br />

Einige Wissenschaftler machen einen Dopaminmangel<br />

im Gehirn für zappeliges<br />

und unaufmerksames Verhalten verantwortlich.<br />

Sie vermuten einen genetischen<br />

Defekt. Dopamin ist der Name eines Botenstoffes,<br />

der im Gehirn produziert wird.<br />

Er dient dazu, die Weiterleitung elektrischer<br />

Impulse zu beeinflussen. Wenn Dopamin<br />

fehlt, kann das Gehirn nicht in ausreichendem<br />

Masse auf äussere Reize reagieren<br />

und ein der Situation entsprechendes<br />

Verhalten bewirken. Doch andere<br />

Wissenschaftler vertreten genau das<br />

Gegenteil: die Kinder litten unter einem<br />

Dopaminüberschuss.<br />

Beides sind wissenschaftliche Hypothesen,<br />

die bis heute weder bewiesen noch<br />

widerlegt werden konnten. Die neueren<br />

Hypothesen vom Dopaminmangel und<br />

Dopaminüberschuss lösten im letzten<br />

Jahrzehnt eine veraltete Hypothese ab, der<br />

die Wissenschaftler und Pädagogen bis<br />

dahin gefolgt waren: auffällige Unruhe<br />

und Zappeligkeit von Kindern beruhe auf<br />

einer hirnorganischen Schädigung infolge<br />

einer Entzündung. Diese Thesen wurden<br />

widerlegt. Im Wissenschaftsbetrieb ist<br />

das ein ganz normaler Vorgang. Sämtliche<br />

Diagnosen kindlicher Zappeligkeit und<br />

ihre Therapie mit mit Psychostimulanzien<br />

wie Methylphenidat, beruhen auf bisher<br />

unbewiesenen wissenschaftlichen Hypothesen<br />

– darüber sollten sich Eltern im<br />

Klaren sein.<br />

Zahlreiche Nebenwirkungen<br />

Chemisch ist das Methylphenidat eng verwandt<br />

mit dem Kokain. Es wirkt auch<br />

ähnlich. Unter der Wirkung von Methylphenidat<br />

werden zappelige Kinder plötzlich<br />

ruhiger und sind eher bereit zu tun,<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 10<br />

was Lehrer und Eltern von ihnen fordern.<br />

Doch die Wirkung lässt sofort nach, wenn<br />

das Psychostimulanz weggelassen wird.<br />

Methylphenidat wirkt in gleicher Weise<br />

auf Menschen ohne auffälliges Verhalten.<br />

Daher ist die Wirkung des Aufputschmittels<br />

noch keinerlei Nachweis für das Vorhandensein<br />

einer Krankheit! Was genau<br />

im Gehirn und im Körper der Kindes passiert,<br />

wenn ihm Methylphenidat, also von<br />

«Ritalin» gegeben wird, darüber streiten<br />

sich die Experten. Über einige der<br />

«Nebenwirkungen», die immer wieder<br />

beobachtet werden, gibt der Beipackzettel<br />

Auskunft: Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit,<br />

Magenbeschwerden, Traurigkeit,<br />

Ängstlichkeit, Kopfschmerzen, Schwindel,<br />

Gewichtsverlust, Durchfall, Verstopfung,<br />

nervöse Tics, Hautausschläge, Haarausfall,<br />

Gelenkschmerzen, Sinnestäuschungen<br />

bis hin zu psychotischen Reaktionen,<br />

Herzjagen und Herzrhythmusstörungen.<br />

Menschen die Ritalin nehmen,<br />

sind in ihrer Verkehrtauglichkeit beeinträchtigt<br />

und sollten kein Auto steuern.<br />

Unruhe und Hektik als kulturelles<br />

Phänomen<br />

Ritalin, so der amerikanische Pharmakologe<br />

und Psychologe, Richard DeGrandpré,<br />

von Universität Burlington in Vermont,<br />

USA, bewirke zwar Veränderungen<br />

im Verhalten der Kinder, habe aber keine<br />

nachgewiesene Langzeitwirkungen bezüglich<br />

des sozialen Anpassungsverhaltens,<br />

der kognitiven Entwicklung oder der<br />

schulischen Leistung. Der Autor von «Die<br />

Ritalin-Gesellschaft – Eine Generation<br />

wird krankgeschrieben» kritisiert den Ritalinboom<br />

als Erscheinungsform amerikanischen<br />

«Schnellfeuerkultur». Er sieht<br />

die Krankheit hauptsächlich durch diese<br />

Kultur erzeugt. Richard DeGrandpré plädiert<br />

darum für eine radikale Verlangsamung<br />

unseres Lebensstils: «Wenn die<br />

Verbreitung von <strong>ADS</strong> wesentlich das Ergebnis<br />

einer kulturell verursachten Störung<br />

des menschlichen Bewusstseins ist,<br />

dann müssen wir nach Mitteln und Wegen<br />

suchen, um die Wirkungen der chronischen<br />

Konfrontation mit einem zunehmend<br />

impulsiven, reizüberfluteten Lebensstil<br />

aufzuheben. Dies gilt für alle, die<br />

in der Falle der beschleunigten Gesellschaft<br />

sitzen und zu einem gewissen Grad<br />

an der Sucht nach Sinnesreizen leiden.<br />

Schliesslich zeigen Eltern von <strong>ADS</strong>-Kindern<br />

oft viele der gleichen Symptome.<br />

Das bedeutet, dass wir uns um unseren eigenen<br />

süchtigen Lebensstil kümmern<br />

müssen, wenn wir uns mit dem der Kinder<br />

beschäftigen.»<br />

Erfahrene Schulpädagogen, Familientherapeuten<br />

und Ärzte sprechen sich für eine<br />

Erziehung unruhiger und verhaltensauffälliger<br />

Kinder ohne Psychostimulanzien<br />

aus.<br />

Hier Auswahl kritischer Literatur:<br />

Gerald Hüther/ Helmut Bonney, Neues<br />

vom Zappelphilipp. <strong>ADS</strong> verstehen vorbeugen<br />

und behandeln, Düsseldorf 2002<br />

[wissenschaftlicher Hintergrund, neueste<br />

Forschung, gut lesbar]<br />

Die Ritalin-Gesellschaft. <strong>ADS</strong> - eine Generation<br />

wird krankgeschrieben, Beltz-<br />

Verlag 2002 [kritische Analyse auf wissenschaftlicher<br />

Grundlage, gut verständlich]<br />

Lawrence H. Diller, <strong>ADS</strong> & Co. Braucht<br />

mein Kind Medikamente?, Patmos-Verlag<br />

2003 [Der amerikanische Kinderarzt und<br />

Familientherapeut bilanziert kritisch Diagnose<br />

und Medikation und zeigt Alternativen.]<br />

Dieter Krowatzschek, Alles über <strong>ADS</strong>,<br />

Ein Ratgeber für Eltern und Lehrer, Walter<br />

Verlag 2001 [Ein erfahrener Schulpsychologe,<br />

der Alternativen zu Psychostimulanzien<br />

zeigt.]<br />

Wolfgang Bergmann, Nur Eltern können<br />

wirklich helfen, Lernproblem, Ängste,<br />

Konzentrationsschwächen, Düsseldorf<br />

2002 [Ein Familientherapeut und Vater,<br />

der für Lernprozesse von Eltern plädiert.]<br />

Den letzten drei Titeln ist gemeinsam,<br />

dass sie die Institution Schule, deren<br />

Lernorganisation und Anforderungen an<br />

die Kinder, nicht kritisch hinterfragen!<br />

Dritte Variante:<br />

Zappligkeit und<br />

Nervosität als<br />

Zeitphänomen<br />

Um für die epidemisch sich ausbreitenden<br />

Probleme Lösungsansätze zu finden ist es


nötig, vertieft nach dem Wesen dieser Erscheinungen<br />

zu fragen. Dies ist die Zielsetzung<br />

des vorliegenden Beitrags.<br />

Versuch einer anthropologischen<br />

Diagnose<br />

Kinder, die ständige Unruhe zeigen und<br />

sich schlecht konzentrieren können, stehen<br />

schnell im Verdacht, unter einer Störung<br />

zu leiden, die etwa als Aufmerksamkeitsdefizit-<br />

und Hyperaktivitäts-Syndrom<br />

(ADHS) bezeichnet wird. Man<br />

schätzt, dass diese Leiden zurzeit <strong>bei</strong> rund<br />

4 bis 6% aller Schulkinder diagnostiziert<br />

sind. Diese Auftretenshäufigkeit mag gering<br />

erscheinen. Bedenkt man jedoch, wie<br />

gross die «Sprengkraft» dieser Kinder<br />

<strong>bei</strong>spielsweise in einer Schulklasse ist,<br />

lässt sich die Problematik erst richtig erahnen:<br />

ein hyperaktives Kind in einer<br />

Klasse erfordert vom Lehrer soviel Aufmerksamkeit<br />

und Zuwendung wie vielleicht<br />

zehn so genannt normale Kinder.<br />

Wenn also in einer Klasse von 18 oder 20<br />

Kindern zwei hyperaktive sitzen, dann<br />

führt dies schnell zu Anforderungen, wie<br />

sie eine Klasse von 40 Kindern stellt. Da<br />

ist leicht einzusehen, dass die Grenzen,<br />

was eine Lehrperson zu leisten vermag,<br />

eindeutig überschritten werden.<br />

Das Erscheinungsbild<br />

In der Regel erscheinen die Symptome im<br />

ersten Jahrsiebt, <strong>bei</strong> Knaben etwa fünfbis<br />

sechsmal häufiger als <strong>bei</strong> Mädchen.<br />

Meist treten die eigentlichen Probleme<br />

aber erst mit der Einschulung auf. Sie<br />

können sich bis ins Jugend- und <strong>Erwachsenen</strong>alter<br />

fortziehen. Die Symptome von<br />

ADHS sind sehr heterogen, lassen sich<br />

aber in die folgenden drei Bereiche gruppieren:<br />

1. Die Kinder sind unaufmerksam,<br />

schnell ablenkbar, vergesslich und machen<br />

leicht Flüchtigkeitsfehler. Sie leben<br />

mit ihrer Wahrnehmung im Hier<br />

und Jetzt.<br />

2. Die Kinder sind emotional instabil, oft<br />

hypersensibel und impulsiv und können<br />

sich schwer beherrschen; sie neigen<br />

zu unverhofften und dramatischen<br />

Stimmungsumschwüngen. Auch verträumte<br />

Absenzen kommen vor.<br />

3. Diese drei Symptombereiche lassen<br />

drei unterschiedliche Seelentätigkeiten<br />

des Menschen erkennen, nämlich 1. das<br />

Wahrnehmen und vorstellende Denken<br />

(Kognition; mit Bezug zum Nerven-<br />

Sinnes-System), 2. das Fühlen (Emotion;<br />

mit Bezug zum rhythmischen Organsystem)<br />

und 3. den Willen (Intention;<br />

mit Bezug zum Stoffwechsel- und<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 11<br />

Bewegungssystem). Am Zusammenhang<br />

dieser drei Symptombereiche zeigen<br />

sich bedeutsame menschenkundliche<br />

Dimensionen.<br />

Das hungernde Gemüt<br />

Die Aufmerksamkeit ist zunächst eine besondere<br />

Ausprägung von Wahrnehmen<br />

und Vorstellen. Zum Wesen der Aufmerksamkeit<br />

gehört, dass die Wahrnehmung<br />

vom Ich des Menschen ergriffen wird, so<br />

dass das Sehen zum Hinschauen, das Hören<br />

zum Hinhorchen, das Tasten zum gezielten<br />

Ertasten wird. Im Aufmerken<br />

kommt damit eine ich-haft gesteigerte Bewusstheit<br />

auf, das Bewusstsein konzentriert<br />

sich auf den Wahrnehmungs- oder<br />

Vorstellungsinhalt. Wir bezeichnen die<br />

Fähigkeit des Ich, das Bewusstsein auf einen<br />

bestimmten Inhalt zu fokussieren, als<br />

Konzentrationsfähigkeit.<br />

Die Bezeichnung «Aufmerksamkeitsdefizit»<br />

deutet nun darauf hin, dass die Wahrnehmung<br />

vom Ich nur mangelhaft ergriffen<br />

wird, so dass die Wahrnehmung ständig<br />

und willkürlich ihre Orientierung<br />

wechselt und beliebig von Objekt zu Objekt<br />

hüpft – je nach den gerade vorherrschenden<br />

äusseren Anreizen. Die Wahrnehmung<br />

ist nicht ich-geführt, sondern<br />

fremdgesteuert.<br />

Zur mangelnden Aufmerksamkeit gehört<br />

ebenfalls, dass sich die Wahrnehmung<br />

nicht genügend auf die eigenen Körperbewegungen<br />

zu richten vermag. Um die<br />

eigenen Bewegungen zu koordinieren und<br />

gezielt zu führen, ist eine ausreichende Eigenwahrnehmung<br />

nötig. Wenn dies nicht<br />

möglich ist, bleibt die Vitalität oder Willensenergie<br />

ohne Kontrolle und entwikkelt<br />

dadurch die Tendenz, überzuschiessen<br />

und zu chaotisieren. Dies ist das Bild<br />

der Hyperaktivität oder Hyperkinese: Die<br />

Bewegungen wirken unangepasst, unbeherrscht<br />

oder ungeschickt. Eine der Situation<br />

adäquate oder ruhige, konzentrierte<br />

Tätigkeit ist nahezu unmöglich.<br />

Nun hat die Aufmerksamkeit noch eine<br />

weitere Komponente, nämlich das Abspüren,<br />

Abwägen oder Ermessen. Das ist<br />

eine gefühlsmässige Regsamkeit, durch<br />

die das Ich des Menschen erst in eine adäquate<br />

Bindung an seine Umwelt gerät.<br />

Das, was durch die Wahrnehmung von der<br />

Aussenwelt in uns hereinkommt, verbindet<br />

sich im Gefühl mit dem, was durch die<br />

willentliche Aktivität in die Welt hinaus<br />

getragen wird. Wenn diese Verschränkung<br />

von Wahrnehmung und äusserer Tätigkeit<br />

aufkommt, steigert sich das Gefühl zu<br />

dem, was man etwa mit dem häufig als etwas<br />

antiquiert empfundenen Begriff «Ge-<br />

müt» belegt. Damit ist nicht irgendeine<br />

Art von bequemer oder wohliger Seligkeit<br />

gemeint. Das Gemüt ist vielmehr die ichhaft<br />

gesteigerte Aufmerksamkeit im Gefühlsleben.<br />

Es ist gleichsam die Summe<br />

aller Gefühlsregungen, die ein Mensch im<br />

Verhältnis zur Welt mobilisieren kann.<br />

Das Gemüt stellt gleichsam den seelischen<br />

Schauplatz dar, auf dem das Aussen<br />

und das Innen zur Begegnung kommen.<br />

Äussere Wahrnehmung und innere Handlungsimpulse<br />

durchdringen sich im und<br />

durch das Gemüt. Diese Fähigkeit ist<br />

kennzeichnend für eine «gemittete» und<br />

«beherzte», in sich ruhende Persönlichkeit.<br />

Beim ADHS-Kind ist diese beherzte Mitte<br />

nur unvollkommen ausgebildet, äussere<br />

Wahrnehmung und innere Impulse entfalten<br />

sich <strong>bei</strong> ihm quasi losgekoppelt<br />

voneinander: Die Wahrnehmung ist an die<br />

beliebig auftretenden Aussenreize gebunden,<br />

und die Tätigkeiten erschöpfen sich<br />

im Ausleben spontaner Körperimpulse.<br />

Das ADHS-Kind ist wenig <strong>bei</strong> sich selbst<br />

und immer leicht «aus dem Häuschen».<br />

Eine gemütvolle Bindung des Innenlebens<br />

an die Umwelt ist kaum oder überhaupt<br />

nicht möglich, gemütsmässig sind<br />

sie deshalb immer etwas unterernährt.<br />

Diese Kinder werden oft als «Nervensäge»<br />

empfunden. Dies ist das gerade<br />

Gegenteil einer gemütvollen Seelenverfassung.<br />

ADHS lässt sich charakterisieren als eine<br />

Gemütsschwäche, die sich in einer<br />

Schwäche des Willens in der Wahrnehmung<br />

<strong>bei</strong> gleichzeitiger Schwäche der<br />

Wahrnehmung im Willen manifestiert.<br />

Ständig unter Strom<br />

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg hat Rudolf<br />

Steiner auf die Folgen hingewiesen,<br />

welche sich durch die damals aufkommende<br />

Technisierung im menschlichen<br />

Seelenleben einstellen werden. Diese<br />

Technisierung werde bewirken, dass die<br />

Menschen immer mehr von Produkten des<br />

technischen Intellekts umgeben sein werden<br />

und dadurch in wachsendem Masse<br />

unter einer Sehnsucht nach Begegnungen<br />

mit der elementaren Welt zu leiden haben<br />

werden. Das Gefühls- und Empfindungsleben<br />

werde verarmen und einer Art<br />

Furcht vor dem Leben Platz machen. Deshalb<br />

werde man «zu der sehnsüchtigen<br />

Entbehrung … heraufkommen sehen <strong>bei</strong><br />

den Kindern, die man in der Schule haben<br />

wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten,<br />

eine unbestimmte, aber deshalb<br />

nicht weniger lebhafte Furcht vor dem Leben,<br />

die sich in Nervosität äussern wird,


die sich in einem zappeligen, nervösen<br />

Wesen äussern wird – ich meine es handgreiflich.<br />

In der Anlage ist dasjenige, was<br />

ich schildere, schon heute da.»<br />

Was Steiner vor mehr als achtzig Jahren<br />

aus einer Beschreibung des Zusammenhangs<br />

von Technisierung und menschlichem<br />

Seelenleben darstellt, beschäftigt<br />

durch ihre handgreifliche Aktualität auch<br />

die gegenwärtige Forschung.<br />

Ich übergehe hier die Hypothese, nach der<br />

sich ADHS auf eine genetisch bedingte<br />

Stoffwechselstörung im Frontalhirn reduzieren<br />

lässt. Der Mensch ist entschieden<br />

mehr als nur die Summe seiner biochemischen<br />

Funktionen. Ich halte eine solche<br />

Anschauung für pädagogisch unfruchtbar<br />

und in sozialer Hinsicht für verheerend.<br />

Es gibt andere Sichtweisen, die weniger<br />

ideologisiert sind und einen grösseren Betrachtungshorizont<br />

zulassen.<br />

Der amerikanische Psychologe Richard<br />

DeGrandpre <strong>bei</strong>spielsweise macht darauf<br />

aufmerksam, dass alle Symptome, die<br />

man an den so genannt aufmerksamkeitsgestörten<br />

und hyperaktiven Kindern beobachten<br />

kann, auch die westlich geprägten<br />

Gesellschaften kennzeichnen. Die<br />

Symptome kleben also nicht am einzelnen<br />

Menschen, sondern schweben gleichsam<br />

in einer Art atmosphärischem Zwischenraum.<br />

Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

<strong>bei</strong>spielsweise sind<br />

besonders geeignet, unsere Aufmerksamkeit<br />

ständig und fortwährend in Anspruch<br />

zu nehmen. Handys und Autotelefone,<br />

Computer, Multimedia und elektronische<br />

Agenden, Fax, Kopierer und Anrufbeantworter,<br />

Radio, Kabel- und Satellitenfernsehen,<br />

Chatrooms oder das Internet machen<br />

es möglich, jederzeit und überall auf<br />

dem aktuellsten Informationsstand und<br />

online oder live da<strong>bei</strong> zu sein. In den<br />

Strassen schreit es aus jeder Ecke nach<br />

Aufmerksamkeit, die Allzeitbereitschaft<br />

ist aufs höchste gefordert: Autos, Lichtampeln,<br />

Werbung an Plakatwänden, Werbung<br />

auf Strassenbahnen und Bussen, Aktionsangebote<br />

und plärrende Musik in jedem<br />

Kaufladen, Gratiszeitungen an jeder<br />

Bushaltestelle, zwitschernde Handys<br />

selbst in Gottesdiensten, Konzerten und<br />

Theateraufführungen. Was heute in den<br />

Schlagzeilen steht, ist bereits morgen<br />

wieder vergessen, die eine Neuigkeit jagt<br />

die nächste. Überall Fetzen von Informationen<br />

und eine ständige Kaskade zusammenhangsloser<br />

Bilder. Zerstreuung<br />

hier, Unterhaltung dort, Abwechslung<br />

überall.<br />

Wie Michel Baeriswyl treffend pointiert,<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 12<br />

gibt es unter den <strong>Erwachsenen</strong> immer<br />

mehr so genannte «Simultanten», also<br />

Menschen, die alles gleichzeitig statt<br />

nacheinander machen möchten, nur weil<br />

sie von der ständigen Angst getrieben<br />

werden, etwas zu verpassen. Sich ständig<br />

auf der Höhe der Zeit zu halten und mit allen<br />

Neuerungen Schritt zu halten, das sind<br />

die zwanghaften Devisen unserer Gegenwart.<br />

Optionenvielfalt und Multitasking<br />

heissen die Zauberworte zur Lebensbewältigung.<br />

Gegen die aufkommende innere<br />

Leere hilft ein sich ständig vergrösserndes<br />

Zerstreuungsangebot. Notfalls<br />

gibt’s Tabletten. Bewusstseinsmässig, so<br />

DeGrandpre, lebt der moderne Mensch<br />

ständig unter Strom.<br />

Diese chronisch erforderliche Aufmerksamkeit<br />

und Aktionsbereitschaft prägt<br />

nicht nur das öffentliche Leben, es bricht<br />

in alle Lebensbereiche ein. Am Ar<strong>bei</strong>tsplatz,<br />

in den Schulen, zu Hause macht sich<br />

diese Mentalität breit und prägt mehr und<br />

mehr das Geistesleben unserer Gegenwart.<br />

Unentwegt schiebt sich das Gespenst<br />

in die Bewusstseinszwischenräume<br />

und haust hier als lebensbeherrschendes<br />

Prinzip. Gegen die ständige Störung<br />

unserer Aufmerksamkeit und die ununterbrochene<br />

Hyperaktivität kann man sich<br />

nur noch durch erhöhte Bewusstheit zur<br />

Wehr setzen.<br />

ADHS – Spiegelbild einer<br />

aufmerksamkeitsgestörten und<br />

hyperaktiven <strong>Erwachsenen</strong>welt<br />

Kinder haben die Fähigkeit zur kritischen<br />

Selektion der Umwelteinflüsse nicht, ihnen<br />

fehlt die Möglichkeit, einen Schutzwall<br />

gegen die störenden Einwirkungen<br />

aus der Umwelt aufzubauen und diese abzuwehren.<br />

Im Gegenteil. Die Kinder sind<br />

geradezu ständig darauf aus, die Welt aufzunehmen<br />

und zu assimilieren. Wir wissen<br />

da<strong>bei</strong>, wie wichtig zum Beispiel in der<br />

Vorschulzeit die Wechselwirkung des<br />

Kindes mit seiner physisch-sinnlichen<br />

Umwelt ist.<br />

Der ganze Bewegungsapparat sowie das<br />

Nerven- und Sinnesorgansystem reifen<br />

nämlich nicht nach einem biologischen<br />

Programm, sondern durch die Anreize, die<br />

durch eine aktive Betätigung des Kindes<br />

entstehen. Dazu braucht das Kind einen<br />

sinnlich anregend gestalteten Bewegungsfreiraum.<br />

Die Motorik bildet sich<br />

durch das Bewegen, das Sehen durch das<br />

Sehen, das Hören durch das Hören, das<br />

Sprechen durch das Sprechen. Im Kind ist<br />

ein riesiges Bereitschaftspotential vorhanden,<br />

die Welt in vollen Zügen einzuschlürfen<br />

und sich in ihr zu baden. Es<br />

möchte an der Welt tüchtig zu werden.<br />

Dazu ist der physische Organismus noch<br />

plastisch und prägsam für alles, was ihn<br />

beeindruckt.<br />

Das Kind ist ein körperlich und seelisch<br />

extrem anpassungsfähiges und umweltoffenes<br />

Wesen, kritik- und unterschiedslos<br />

empfänglich für alles, was von aussen auf<br />

es einwirkt.<br />

(...) DeGrandpre vermutet nun, dass auch<br />

ADHS ein organisch gewordener Abdruck<br />

der herrschenden Zivilisationsverhältnisse<br />

ist. Der Autor erklärt deshalb<br />

ADHS für eine kulturell induzierte Entwicklungsstörung.<br />

Das Syndrom wäre<br />

demnach eine physiologische Anpassungserscheinung<br />

des kleinkindlichen<br />

Nerven- und Sinnessystems an eine reizüberflutete<br />

Umwelt, gleichsam eine Sucht<br />

nach Sinnesreizen. Sucht ist eine körperlich<br />

gewordene Begierde, die auf Dauer<br />

dann entsteht, wenn das Aufgenommene<br />

nicht sättigt und zu keiner Befriedigung<br />

führt.<br />

So gleicht das ADHS-Kind einem hungernden<br />

Kind, das ständig nach Stimulationen<br />

durch Spannung und Abwechslung<br />

aus ist. Fallen diese weg, stellen sich Entzugserscheinungen<br />

ein, das Kind empfindet<br />

sich entblösst und wird nervös und<br />

hippelig. Es ist der gleiche Effekt, der sich<br />

auch <strong>bei</strong>m richtigen Hunger einstellt. Ruhige<br />

oder konzentrierte Tätigkeiten werden<br />

unmöglich und lösen Fluch- und<br />

Angstreaktionen in Form auffälligen Verhaltens<br />

aus.<br />

Die alltägliche Welt, wie sie uns mit ihren<br />

Reiz- und Informationsfluten gleichsam<br />

atmosphärisch umgibt, ist wenig geeignet,<br />

Gemütskräfte zu stärken. Deshalb stellt<br />

sich die Frage, was für pädagogische<br />

Gegenmittel dafür geschaffen werden<br />

können.<br />

(...)<br />

Wir orientieren uns zunächst an der gesunden<br />

Entwicklung des Kindes.<br />

Entwicklung gesunder Gemütskräfte<br />

Als erstes darf man zugeben, dass grundsätzlich<br />

jedes gesunde Kind höchst aktiv<br />

und in seiner Aufmerksamkeit lenkbar ist<br />

– vergleichsweise etwa zu einem erwachsenen<br />

Menschen. Die hohe Aktivität äussert<br />

sich zum Beispiel im geradezu unermüdlichen<br />

Bewegungsdrang, den ein gesundes<br />

Kind an den Tag legt. Oder gibt es<br />

Kinder, die ihre Wege wie Erwachsene im<br />

geradlinigen, gemächlichen und festen<br />

Schritt zurücklegen? Immer sind sie doch<br />

leichtfüssig, rennend, hüpfend oder springend<br />

unterwegs. Und kann man sich vorstellen,<br />

dass sich ein Kind die Welt aneig-


nen könnte, wenn es nicht äusserst neugierig<br />

wäre und mit unstillbarem Erfahrungshunger<br />

alles ihm irgendwie Zugängliche<br />

erkunden, erobern und kennen lernen<br />

möchte?<br />

Der Erwachsene, der stundenlang konzentriert<br />

über einem Buch brütet, der sein<br />

Verhalten fortwährend nach bewussten<br />

Zwecken ausrichtet und sich rückwärtsgewandt<br />

auf jahrelange Erfahrungen<br />

stützt – der erwachsene Mensch kann<br />

nicht Massstab für kindliches Verhalten<br />

sein.<br />

Das Vorschulkind ist ein eigentlicher Aktivist<br />

und ein peripheres Wesen, und wenn<br />

es nicht mit aller Kraft und Neugierde im<br />

Hier und Jetzt leben und sich mit grösster<br />

Intensität der gesamten äusseren Erfahrungswelt<br />

zuwenden kann, verpasst es das<br />

für sein Alter Notwendige: nämlich durch<br />

vielfältigste Primärerfahrungen an seinem<br />

physischen Leib zu ar<strong>bei</strong>ten, ihn zu einer<br />

bewohnbaren Behausung zu machen und<br />

sich dadurch eine gesunde Basis für die<br />

weitere Entwicklung zu erwerben. Dies<br />

braucht seine Zeit.<br />

Trotz des oftmals wilden und vitalen Gebarens<br />

bleibt das gesunde kleine Kind<br />

aber nicht ohne Führung. Es entwickelt<br />

nämlich in seinen 7, 8 ersten Lebensjahren<br />

eine Fähigkeit, durch die es sich mit<br />

allen seinen Aktivitäten der Umwelt hinzugeben<br />

vermag.<br />

Anders als etwa <strong>bei</strong>m <strong>Erwachsenen</strong>, der<br />

seine Handlungen über Vorstellungen und<br />

Absichten lenkt, steht der Wille des kleinen<br />

Kindes unter der direkten Wirkung<br />

der Umwelt. Das Kind verschmilzt<br />

gleichsam mit der wirksamen Umwelt<br />

und wird eins mit ihr. Zu seiner Umwelt<br />

hat das kleine Kind eine riesengrosse<br />

Sympathie oder «Verschmelzungskraft».<br />

Die uns erwachsenen Menschen sattsam<br />

bekannte Abspaltung unserer Subjektivität<br />

von der Objektwelt gibt es <strong>bei</strong>m kleinen<br />

Kind noch nicht.<br />

Wir sprechen von der Nachahmung als einer<br />

unbewussten Fähigkeit, sich ganz in<br />

die Umwelt auszugiessen und in ihr die<br />

Entwicklungsimpulse zu finden. Der<br />

Spracherwerb ist ein herausragendes Beispiel<br />

für die Fähigkeit, sich der Sprachwelt<br />

hingeben zu können, in ihr einzutauchen<br />

und sich dadurch das Sprechen und<br />

Verstehen anzueignen.<br />

Durch die Nachahmung kommt das Kind<br />

in jenen unmittelbaren Einklang mit seiner<br />

Umwelt, wie er später für die Gemütsbildung<br />

entscheidend ist. Ähnlich<br />

wie sich die Raupe zum Schmetterling<br />

entwickelt, so sind auch Gedächtnis und<br />

Phantasie eine Metamorphose der Nach-<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 13<br />

ahmungskräfte. Und so wie das Vorschulkind<br />

in allen seinen Aktivitäten durch die<br />

Umwelt angeregt und angeleitet wird, so<br />

werden mit der so genannten Schulreife<br />

Gedächtnis und Phantasie zu den Hauptakteuren<br />

der Handlungsimpulse. Es bricht<br />

die Zeit an, in welcher das Kind ein gemütvolles,<br />

innerlich-bildhaftes Verhältnis<br />

zur Welt gewinnt. Mit diesen neuen Lernkräften<br />

ist im Umgang mit den jüngeren<br />

Schulkindern zu rechnen.<br />

Dieser Entwicklungsschritt ergreift auch<br />

die Zeitstruktur des Kindes. In der Verbindung<br />

mit dem Ausreifen des respiratorischen<br />

und zirkulatorischen Organsystems<br />

gewinnt das Zeiterleben eine neue<br />

Qualität: den Rhythmus.<br />

Innere Bildhaftigkeit, ästhetisches Gestalten,<br />

Rhythmus und Wiederholung sind die<br />

Methoden, welche das Kind in diesem Alter<br />

aus seiner Entwicklungssituation heraus<br />

braucht.<br />

Verzögerte und erschwerte Gemütsentwicklung<br />

ADHS-Kinder haben es schwer mit diesem<br />

Entwicklungsschritt, weshalb jetzt –<br />

mit der Einschulung – die Probleme erst<br />

richtig aufbrechen. Ihr gesamtes Verhaltensmuster<br />

erinnert an dasjenige des<br />

Kleinkindes, das in geradezu magischer<br />

Weise von der Aussenwelt gebannt und<br />

gefesselt ist, sich von ihr lenken und ablenken<br />

lässt und ihr noch wenig beherzte<br />

Innerlichkeit entgegensetzen kann. Neueren<br />

Untersuchungen zufolge zeigen die<br />

ADHS-Kinder im ersten Jahrsiebt eine<br />

verminderte Nachahmungsfähigkeit.<br />

Sollten sich diese Beobachtungen bestätigen,<br />

wäre ein neuer Hinweis auf die Wichtigkeit<br />

z.B. des freien Spielens im Vorschulalter<br />

gegeben.<br />

Es ist aufschlussreich, dass sich die spezifische<br />

Konstitution des ADHS-Kindes<br />

auch in seiner Herztätigkeit abspiegelt:<br />

Untersuchungen an 6- bis 16-jährigen<br />

Knaben mit ADHS-Diagnose haben gezeigt,<br />

dass deren Herzrhythmus ein ähnliches<br />

Bild abgibt wie das von herzkranken<br />

erwachsenen Männern und Frauen. In der<br />

Plastizität oder Variabilität des Herzrhythmus<br />

kommt die vegetative Balance<br />

von Leistungs- und Erholungsfähigkeit<br />

zum Ausdruck. Der Herzrhythmus stellt<br />

damit ein valides Kriterium für eine umfassende<br />

Beurteilung der Gesundheitsfähigkeit<br />

eines Menschen dar. Zapplige und<br />

nervöse Kinder sind gemäss den zitierten<br />

Untersuchungen auch in diesem Organbereich<br />

nicht gesund. Ihnen fehlt eine gesunde<br />

Rhythmisierfähigkeit.<br />

Künstlerisch gestalteter Unterricht<br />

Der Schlüssel für die pädagogische Ar<strong>bei</strong>t<br />

im Alter bis etwa zur Pubertät ist ein aus<br />

dem künstlerischen Prozess heraus gestalteter<br />

Unterricht. Er ist die Alternative<br />

zum Wissensvermittlungs- und Kulturtechnik-Beibring-Unterricht.<br />

(...)<br />

Gestaltung der Lebensumstände<br />

Natürlich braucht der künstlerische Prozess<br />

als Unterrichtsmethode geeignete<br />

Rahmenbedingungen. Idealerweise ist<br />

dies eine der tagesrhythmischen Leistungsfähigkeit<br />

des Kindes angepasste<br />

Gestaltung der Ar<strong>bei</strong>t. Ein Stundenplan,<br />

der die verschiedenen Zeitqualitäten im<br />

Tageslauf berücksichtigt, ist geeignet,<br />

Rhythmus und damit auch Beruhigung zu<br />

bringen. Weiter ist der so genannte Epochenunterricht<br />

eine Einrichtung, die durch<br />

ihre intensive Kontinuität Vertiefung und<br />

Konzentration fördert und damit auch<br />

mithilft, dem kindlichen Gemüt günstige<br />

Entwicklungsbedingungen zu bieten.<br />

Letztlich geht es darum, für das Kind Lebensbedingungen<br />

zu schaffen, die nicht<br />

aus Modernitätsbestrebungen heraus ein<br />

Abbild der herrschenden Zeitumstände<br />

darstellen, sondern diesen im Interesse der<br />

kindlichen Gesundheit entgegen wirken.<br />

Das ist ein Bereich, in dem die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

von Eltern und Schule<br />

sinnvoll und nötig ist. Wenn darüber hinaus<br />

für ein zappeliges und nervöses Kind<br />

therapeutische Massnahmen nötig sind,<br />

dann können diese nur wirksam werden,<br />

wenn sie das Kind in einem gesundenden<br />

Umfeld erreichen.<br />

Passagen aus Rundbrief Nr. 54 – Ostern<br />

2003 der Freien Pädagogischen Vereinigung<br />

des Kantons Bern, Autor: Thomas


Marti. Ganzer Bericht unter http://<br />

www.fpv.ch/ – Publikationen – Rundbrief<br />

Methylphenidathydrochlorid<br />

Veranstaltungen von ELPOS für das<br />

Jahr 2005<br />

ELPOS: Verein für Eltern mit Kindern<br />

und Jugendlichen mit leichten psychoorganischen<br />

Funktionsstörungen (POS)<br />

http://www.elpos.ch/<br />

POS/<strong>ADS</strong> und IV; Welche Rechte –<br />

welche Therapien<br />

Samstag, 22. Januar 2005, 9.00 bis 16.00<br />

Uhr, Universität Irchel Zürich<br />

Schweizerische ELPOS-Tagung<br />

Anmeldung erforderlich, nähere Informationen<br />

unter Tel. 041 370 63 46<br />

Ritalin – Wundermittel oder Teufelsdroge<br />

Dr. med. R. Gundelfinger<br />

Mittwoch 16. März 2005, 20.00 bis 22.00<br />

Uhr, Zentrum Karl der Grosse<br />

Zürich, Informationsabend<br />

Infos unter Tel. 01 311 85 20 (Mo, Mi und<br />

Do 9.00 – 12. 00 Uhr sowie Do 15.00 –<br />

17.00 Uhr), e-mail zuerich@elpos.ch<br />

Verantwortlich für die Rubrik<br />

Weiterbildung:<br />

Bernhard Burla<br />

Bahnhofstrasse 47, 3700 Spiez<br />

Tel. 033 654 09 45, Fax 033 654 09 46<br />

E-mail: bburla@freesurf.ch<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 14<br />

freie plätze<br />

Gemeldete freie Plätze am 01.12.2004<br />

Aktuelle Angaben unter www.spib.ch<br />

Adresse<br />

Bewilligung Freie Plätze<br />

Erwachsene<br />

Heilpädogogische Hausgemeinschaft<br />

«Villa Scheidegg»<br />

Jürg u. Irene Fischer-Pfeiffer<br />

Tel. 062 961 43 75<br />

Bernstrasse 47, 3360 Herzogenbuchsee<br />

villa-scheidegg@bluewin.ch<br />

Kantonal 1<br />

Sothegra Sozialtherapie Grauenstein<br />

S. u. W. Kuhlmann<br />

Tel. 034 495 56 91<br />

Grauenstein, 3555 Trubschachen<br />

Kantonal 2<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Lebensgemeinschaft<br />

«Mühlirad»<br />

Erik Oosterveld<br />

Tel. 032 665 40 02<br />

Landshutstrasse 16, 3427 Utzensdorf<br />

Kantonal 1<br />

Kinder/Jugendliche<br />

Aellix Wohnfamilie<br />

Johanna Aellig Alberts<br />

Tel. 062 927 62 66<br />

Stämpfligasse 1, 4917 Melchnau<br />

aellix@freesurf.ch<br />

Kantonal 2<br />

Sonderpädagogische Grossfamilie<br />

Eveline u. Simon Baumann<br />

Tel. 034 431 60 70, Fax 034 431 60 74<br />

Aesch, 3453 Heimisbach<br />

spg.aesch@nicenet.ch<br />

Kantonal 1<br />

Heilpädagogische Gemeinschaft<br />

Schmetterling<br />

Elisabeth u. Stefan Engel-Müller<br />

Tel. 062 922 86 50<br />

Gartenstrasse 7, 4900 Langenthal<br />

office@hpgschmeterling.ch<br />

www.hpgschmetterling.ch<br />

Kantonal 1<br />

Sozialpädagogische Grossfamilie<br />

Chava<br />

Franco u. Karin Genco-Maag<br />

Tel. 031 879 01 18, Fax 031 879 01 18<br />

Bütschwilfeld 211, 3054 Schüpfen<br />

fkgenco@greenmail.ch<br />

Kantonal 4<br />

Grossfamilie Grossenbacher<br />

Hans u. Rose-Marie Grossenbacher<br />

Tel. 031 921 67 62<br />

Rüti/Geristein, 3065 Bolligen<br />

Kantonal 1<br />

Sozialpädagogische Pflegefamilie<br />

Christine u. Hans-Peter Grunder-<br />

Steiner<br />

Tel. 034 415 25 20<br />

Weidhüsli, 3472 Wynigen<br />

steigru@gmx.ch<br />

Gemeinde 1<br />

Wohn- und Lebensgemeinschaft<br />

Martha u. Roland Grütter-Gyger<br />

Tel. 062 929 14 81<br />

Brennofenstrasse 33, 4914 Roggwil<br />

r-m.gruetter@swissonline.ch<br />

Kantonal 2<br />

Chinderhuus Lyss<br />

Roland u. Margrit Gyr<br />

Tel. 032 384 74 51<br />

Bürenstrasse 20, 3250 Lyss<br />

Kantonal 1<br />

Soz. päd. WG Underschlupf<br />

Susanna Hämmerlin u. Lucia Rohrer<br />

Tel. 032 636 08 36<br />

Schmiedengasse 6, 4538 Oberbipp<br />

Kantonal 2<br />

Grossfamilie Kuanja<br />

Andrea u. Kurt Jaus<br />

Tel. 062 965 31 56<br />

Wyssbach 132, 4934 Madiswil<br />

kuanja@bluewin.ch<br />

Kantonal 1<br />

Sothegra Sozialtherapie Grauenstein<br />

Werner u. Sandra Kuhlmann<br />

Tel. 034 495 56 91<br />

Grauenstein, 3555 Trubschachen<br />

Kantonal 2<br />

Pflegefamilie<br />

Hanspeter u. Barbara May<br />

Tel. 062 923 18 24<br />

Eschenstrasse 27, 4900 Langenthal<br />

mayhp@freesurf.ch<br />

Kantonal 1<br />

Sozialpädagogische Grossfamilie<br />

Denis u. Reto Mosimann-Mast<br />

Tel. 033 437 25 24<br />

Ortbühlweg 6, 3612 Steffisburg<br />

grossfamos@bluewin.ch<br />

Kantonal 2<br />

Therapeutische Pflegefamilie<br />

Lebens Licht<br />

Carla u. Pierre-Yves Robadey<br />

Tel. 033 681 03 09<br />

Bützi 257, 3762 Erlenbach i.S.<br />

lebenslicht@bluewin.ch<br />

www.therapeutische-pflegefamilie.ch<br />

Kantonal 1


Sozialtherapeutische Familiengemeinschaft<br />

Mädi u. Martin Roth<br />

Tel. 031 735 55 20<br />

Hältetli, 3158 Guggisberg<br />

Kantonal 1<br />

Heilpädagogische Grossfamilie<br />

«Schnäggehüsli»<br />

Nicole Stermcnik-Gnägi<br />

Tel. 032 636 10 53<br />

Hausmatt 76, 4539 Farnern<br />

n.stermcnik@visionsspektrum.ch<br />

Kantonal 1<br />

Kleinheim Lebenswert<br />

(Wochenend- und Ferienplätze)<br />

Lotti Thierstein und Gubert Jossi<br />

Tel. 031 701 15 44<br />

Wart 83, 3512 Walkringen<br />

Kantonal 3<br />

Sozialpädagogische Pflegefamilie<br />

«Auf der Alp»<br />

Sandra Wyss u. Res Zbinden<br />

Tel. 031 839 51 46, Fax 031 832 15 88<br />

Alpweg 15, 3076 Worb<br />

sandra_wyss71@hotmail.com<br />

Kantonal 3<br />

Erwachsene/Kinder<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Lebensgemeinschaft<br />

Bühlmatt<br />

E. u. R. v. Allmen / Zuberbühler<br />

Tel. 033 442 20 50, Fax 033 442 20 51<br />

Bühlmatt, 3623 Teuffenthal<br />

familievonallmen@gmx.ch<br />

Gemeinde 1<br />

Krisenplätze<br />

Heilpädagogische Gemeinschaft<br />

Schmetterling<br />

Elisabeth u. Stefan Engel-Müller<br />

Tel. 062 922 86 50<br />

Gartenstrasse 7, 4900 Langenthal<br />

office@hpgschmeterling.ch<br />

www.hpgschmetterling.ch<br />

Kantonal 1<br />

Wohn- und Lebensgemeinschaft<br />

Martha u. Roland Grütter-Gyger<br />

Tel. 062 929 14 81<br />

Brennofenstrasse 33, 4914 Roggwil<br />

r-m.gruetter@swissonline.ch<br />

Kantonal 2<br />

Sozialpädagogische Pflegefamilie<br />

Anja Küster / Stephan Wüthrich<br />

Tel. 031 781 36 66<br />

Stutzstrasse 13, 3114 Wichtrach<br />

anja@runway.ch, www.runway.ch<br />

Gemeinde 1<br />

Pflegefamilie<br />

Hanspeter u. Barbara May<br />

Tel. 062 923 18 24<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 15<br />

Eschenstrasse 27, 4900 Langenthal<br />

mayhp@freesurf.ch<br />

Kantonal 1<br />

Information und Meldestelle für<br />

Änderungen:<br />

Kinderinstitutionen:<br />

Rita Aemmer, Sonnenhofweg 9,<br />

3006 Bern, Tel. 031 351 82 88<br />

<strong>Erwachsenen</strong>institutionen:<br />

Tom Stermcnik, Oberdorfstrasse 72,<br />

3365 Grasswil, Tel. 062 968 15 41<br />

Stellensuche<br />

Arne Thule Higgen, Tel. 026 773 30 21<br />

Wilistrasse 250, 5728 Gontenschwil<br />

derpreisistheiss@web.de<br />

Sucht folgendes: Als unverbesserlicher<br />

Idealist weiss ich (M, 36) um die positive<br />

Macht von Humor, Respekt meinem<br />

Gegenüber und der Toleranz des Anders<br />

und So-seins. Ar<strong>bei</strong>te seit 1995 in den<br />

vielfältigsten Bereichen für Menschen<br />

mit Handicap, Rehabilitation, Förderung,<br />

Freizeit-Kaffee, Werkstatt und Aussenwohngruppen.<br />

Ich habe eine staatlich anerkannte<br />

Ausbildung zum Heilerziehungspfleger<br />

mit FHS-Zulassung. Erstausbildung<br />

in der Metallbear<strong>bei</strong>tung. Ich<br />

suche einEn offenEn Ar<strong>bei</strong>tgeberIn, die<br />

keine Angst vor Migranten hat, denn<br />

Schweizerdeutsch verstehe ich mittlerweile<br />

recht gut. Fühlen Sie sich angesprochen,<br />

freue ich mich über ein Mail …<br />

Einen wunderschönen Gruss,<br />

Arne Th. Higgen<br />

Brauchen Sie<br />

mehr Freiraum?<br />

Ich kann Ihnen alles abnehmen, was mit<br />

Buchhaltung, Lohnzahlungen sowie<br />

Steuerdeklaration zusammenhängt, und<br />

Sie damit merklich entlasten. Dank der<br />

einfachen, auf Ihre spezielle Situation<br />

zugeschnittenen Methodik liefern Sie das<br />

Belegmaterial mit geringstem Aufwand<br />

nach Ihren terminlichen Möglichkeiten ab.<br />

Den Rest besorge ich, wo<strong>bei</strong> Sie den<br />

Detaillierungsgrad und damit auch weitestgehend<br />

die Kosten bestimmen. Sind Sie an<br />

einer Zusammenar<strong>bei</strong>t interessiert?<br />

Nehmen Sie doch unverbindlich mit mir<br />

Kontakt auf.<br />

Eduard Luginbühl, Speichhüsli 7<br />

3313 Büren zum Hof, Tel. 031 767 80 66<br />

e.luginbuehl@bluewin.ch<br />

Chinderhus Safnern<br />

Fam. Kost<br />

Tel. 032 355 34 55<br />

2553 Safnern<br />

Praktikum nach Absprache<br />

Stellenangebot<br />

Heilpädagogische Lebensgemeinschaft<br />

Paul u. Terry Hofmann<br />

Tel. 031 352 69 85<br />

Wernerstrasse, 3006 Bern<br />

Praktikum nach Absprache<br />

Pädagogische Lebensgemeinschaft<br />

G. Gurtner u. A. Rieser<br />

Tel. 033 438 39 45<br />

Astrastrasse 5, 3612 Steffisburg<br />

Praktikum nach Absprache<br />

Sozialpäd. Wohn- und Lebensgemeinschaft<br />

Roland u. Martha Grütter<br />

Tel. 062 929 14 81<br />

Brennofenstrasse 33, 4914 Roggwil<br />

Praktikum nach Absprache<br />

Sozialpäd. Wohn- und Lebensgemeinschaft<br />

Roland und Martha Grütter<br />

Tel. 062 929 14 81<br />

Brennofenstrasse 33, 4914 Roggwil<br />

r-m.gruetter@swissonline.ch<br />

Gesucht:<br />

– Sozialpädagoge/in<br />

– Haushälterin/Hauswirtschafterin<br />

Auskünfte und Bewerbungen unter obenstehender<br />

Adresse oder Tel. 062 929 05 15<br />

Wohnheim Pegasus<br />

Tom Stermcnik<br />

Tel. 062 968 15 41<br />

Oberdorf 72, 3365 Grasswil<br />

1 Praktikumsplatz nach Absprache<br />

Informationen und Meldestelle für<br />

Änderungen:<br />

Redaktion spib,<br />

Christoph Kaufmann,<br />

Friedbergstr. 12, 3512 Walkringen,<br />

Tel. 031 701 24 16


vorstands ecke<br />

Zusammenkunft ist ein Anfang<br />

Zusammenhalt ist ein Fortschritt<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t ist Erfolg<br />

Henry Ford<br />

Mit diesem Wort von Henry Ford eröffnete<br />

Herr Dr. iur. Organisationsberater<br />

BSO, Nico Fleisch seinen Vortrag an unserem<br />

Vorstandstag.<br />

Sein Input erklärte uns unter anderem die<br />

Grundlagen einer Organisationsentwicklung<br />

und Basiselemente einer Organisationsentwicklung.<br />

Ein Diagramm von den vielen, möchte ich<br />

Euch vorstellen. Es ist ein Diagramm über<br />

die emotionale Reaktion auf eine Veränderung.<br />

blick<br />

über den<br />

gartenzaun<br />

PASSAGGIO wurde im Winter 1998/99<br />

gegründet. Ich leitete damals seit mehreren<br />

Jahren die Aussenstation eines kantonalen<br />

Schulheimes. Unser Klientel bestand<br />

aus schulentlassenen jungen Adoleszenten.<br />

Immer wieder standen wir vor<br />

der Problematik, dass die Bedürfnisse der<br />

Klienten nicht mit dem Angebot der Institution<br />

übereinstimmten. Diese Erfahrungen<br />

führten zu PASSAGGIO, einer klientenzentrierten<br />

Institution, mit dem Ziel<br />

adäquate sozialpädagogische Kriseninterventionen<br />

anzubieten. Ich wollte eine Institution<br />

entwickeln die auf die Bedürfnisse<br />

der Klienten, deren Primärsystem<br />

Ruedi Marc Trachsel<br />

Gesamtleiter PASSAGGIO<br />

verheiratet, Vater von vier Kindern<br />

• Dipl. Elektromonteur<br />

• Dipl. Sozialpädagoge<br />

• Weiterbildung Psycho-pathologie am<br />

C.G Jung-Institut<br />

• Nachdiplom zum Leiter im pädagogischen<br />

Bereich<br />

• Grundkurs am Institut für Systemtherapie<br />

• etc.<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 16<br />

Erneuerung<br />

Verwirrung<br />

Zufriedenheit<br />

Verweigerung<br />

Äusseres Ereignis<br />

Wenn mich ein äusseres Ereignis betrifft,<br />

werde ich in meiner Zufriedenheit gestört.<br />

Ich wechsle als Reaktion, in das sog.<br />

«Verweigerungszimmer». Ich versuche<br />

das Ereignis weg zu diskutieren, ich weigere<br />

mich, es zu glauben.<br />

Von der Verweigerung gelange ich irgendwann<br />

in die Verwirrung, weil ich mir unendlich<br />

viele Gedanken mache, was ich<br />

jetzt für Schlussfolgerungen ziehe könnte<br />

aus diesem Ereignis. Diese Phase der Verwirrung<br />

kann ich erst verlassen, wenn ich<br />

mich für eine Schlussfolgerung entschieden<br />

habe. Damit wechsle ich in das Zim-<br />

und der zuweisenden Behörde reagieren<br />

kann und nicht umgekehrt, wo sich Klienten<br />

in einem schmalen institutionellen<br />

Rahmen bewegen müssen, ansonsten sie<br />

Gefahr laufen, umplatziert zu werden.<br />

Eine wichtige Überlegung da<strong>bei</strong> war für<br />

mich auch der ökonomische Gedanke. In<br />

meiner früheren Tätigkeit erlebte ich hautnah<br />

die erste Sparrunde des Kantons, und<br />

die zweite wurde bereits vorbereitet und<br />

intensiv diskutiert. Ich wollte also eine<br />

flexible professionelle Institution gründen,<br />

welche bestehende volkswirtschaftliche<br />

Ressourcen nutzen konnte und nicht<br />

subventioniert werden musste.<br />

Im Frühjahr 1999 begann ich ein Netz von<br />

ungefähr zwanzig Familien zu akquirieren.<br />

Gesucht waren sozial engagierte Familien,<br />

welche bereit waren für eine begrenzte<br />

Zeit (Time-out , Ferien, und Wochenenden)<br />

Kinder und Jugendliche <strong>bei</strong><br />

sich aufzunehmen. In den Vorgesprächen,<br />

welche zu diesen Abklärungen gehören,<br />

wird das gesamte Familiensystem einbe-<br />

mer der Erneuerung, teste meine Schlussfolgerung,<br />

und wenn es die richtige war,<br />

gelange ich wieder zu meiner Zufriedenheit.<br />

Diesem Diagramm zu Folge, erklärte uns<br />

Herr Fleisch, dass es keine Erneuerung<br />

ohne Verweigerung und Verwirrung geben<br />

kann.<br />

Da der Vorstandstag ganz dem Thema<br />

«Wie geht es weiter mit dem spib?» gewidmet<br />

war, und wir viele Visionen erschaffen<br />

haben, denke ich werden auch<br />

wir als spib-Verband nicht um Verwirrung<br />

und Verweigerung herum kommen, um zu<br />

einer Erneuerung zu gelangen.<br />

Zukunftsvisionen und die Suche nach der<br />

Umsetzung werden uns auch im neuen<br />

Jahr treue Begleiter sein.<br />

In diesem Sinne wünsche ich allen eine<br />

Verwirrungs- und Verweigerungsfreie<br />

Weihnachtszeit<br />

Nicole Stermcnik-Gnägi, M.A.<br />

zogen. Es zeigte sich bald einmal, dass mit<br />

wenigen Ausnahmen nur Landwirtschaftsbetriebe<br />

in Frage kamen. Dies vor<br />

allem aus Platzgründen, aber auch aus Beschäftigungsgründen.<br />

Die ersten Platzierungsanfragen erhielt<br />

ich im April 1999 und bald merkte ich,<br />

dass die Idee PASSAGGIO auf fruchtbaren<br />

Boden stiess.<br />

Da ich die Platzierungen wöchentlich besuchte<br />

und einen Pikettdienst führte, kam<br />

ich bald an persönliche und strukturelle<br />

Grenzen.<br />

Die einweisenden Stellen meldeten zunehmend<br />

Jugendliche an, die in angestammten<br />

Institutionen nicht mehr tragbar<br />

waren, mit der Erwartung, dass «Laienfamilien»<br />

diese betreuen sollten. Konnte das<br />

gut gehen? Es ging nicht immer!<br />

Wichtig war mir in dieser Situation auch<br />

der Schutz der PASSAGGIO – Familien,<br />

so dass ich ein detaillierteres Selektionsverfahren<br />

für die Klienten entwickelte. Im<br />

Winter 99/00 suchte ich zu meiner Unter-


stützung einen Partner und fand diesen<br />

auch in M. Gross, welcher die Unternehmung<br />

Trial gründete. Er betreute da<strong>bei</strong> ein<br />

eigenes Netz von Partnerfamilien.<br />

Da wir aus der ganzen deutschen Schweiz<br />

Klienten zugewiesen bekamen, diese aber<br />

zum Teil sehr komplexe Verhaltensauffälligkeiten<br />

zeigten und nicht für einen Familienplatz<br />

geeignet waren, entstand bald<br />

einmal der Gedanke eine kleine stationäre<br />

Institution mit sozialpädagogischem<br />

Personal aufzubauen, welche diesen<br />

Klienten adäquat begegnen konnte.<br />

M. Gross und ich, ökonomisch von Anfang<br />

an unabhängig, teilten unser Platzierungsangebot<br />

auf. Er spezialisierte sich<br />

auf die Familienplatzierungen und ich<br />

mich auf den stationären Rahmen mit einem<br />

ergänzenden kleinen Netz von PAS-<br />

SAGGIO - Familien.<br />

Die Zusammenar<strong>bei</strong>t mit ihm und anderen<br />

Institutionen, wie zum Beispiel dem<br />

Schulheim Schönfels und der Viktoriastiftung<br />

in Richigen, ermöglichen eine<br />

sinnvolle und für die Klienten fruchtbare<br />

Entwicklung.<br />

Im August 2000 eröffneten wir die damals<br />

noch koedukativ geführte Wohngruppe in<br />

Lützelflüh. Die BewohnerInnen im Alter<br />

zwischen 14 und 17 Jahren besuchten die<br />

öffentliche Schule oder ar<strong>bei</strong>teten auf nahen<br />

Landwirtschaftsbetrieben.<br />

Die Platzierungsanfragen zeigten, dass<br />

immer mehr Klienten grosse schulische<br />

Defizite aufwiesen, so dass sie kaum mehr<br />

in die öffentlichen Schulen integriert werden<br />

konnten. Dazu kam, dass einige<br />

KlientInnen bereits aus der öffentlichen<br />

Anforderungen an eine Partnerfamilie<br />

Offene / Lebenseinstellung<br />

• Akzeptanz für andere Lebensstile, andere Ethnien<br />

• Einfühlungsvermögen<br />

• Bereitschaft, sich mit anderen Menschen auseinander zu setzen<br />

• Interesse an Entwicklungsprozessen und erzieherischen Fragen<br />

Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Platzierungen<br />

• Die zukünftige PASSAGGIO Familie darf nicht auf das Pflegegeld angewiesen sein<br />

• Für eine stetige Besetzung des Pflegeplatzes kann nicht garantiert werden<br />

Geeignete Familienstruktur<br />

• durchlässige Familienbande<br />

• Kinder, Jugendliche, alleinstehende Erwachsene<br />

• Landwirtschaftsbetrieb / Handwerker / Kleinfamilie/ Grossfamilie<br />

Sympathisch<br />

• Die Chemie zwischen der Familie und den PASSAGGIO-Begleitern muss stimmen.<br />

Geografische Lage<br />

• Der Hof, die Wohnung darf nicht zu abgelegen sein.<br />

• Schule, Ar<strong>bei</strong>tsplätze, Beschäftigungsmöglichkeiten machen den Pflegeplatz attraktiver<br />

Geeignete Räumlichkeiten<br />

• Ein Einzelzimmer<br />

• Die Intimsphäre des Klienten muss geschützt werden können<br />

• Nicht zu enge Räumlichkeiten<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 17<br />

Schule in ihrer Herkunftsregion ausgeschlossen<br />

worden waren und nicht einfach<br />

in einer anderen öffentlichen Schule integriert<br />

werden konnten.<br />

So entstand unser heutiges Schul- und Ar<strong>bei</strong>tsprogramm.<br />

Im August 2003 begannen<br />

eine Lehrkraft und eine Handwerkerin,<br />

dieses Programm aufzubauen.<br />

Es zeigte sich bald, dass unser Schul- und<br />

Ar<strong>bei</strong>tsprogramm mit einer Wohngruppe<br />

nicht voll ausgelastet werden konnte. So<br />

eröffneten wir im November 2003 eine<br />

weitere Wohngruppe in Sumiswald, welche<br />

sich auf weibliche Jugendliche spezialisierte.<br />

Im Februar 2004 eröffneten wir<br />

zusätzlich unsere Lehrlingsgruppe.<br />

Unsere heutige Institution:<br />

Wohngruppe Lützelflüh<br />

für männliche Jugendliche<br />

August 2000<br />

begleitetes Wohnen<br />

Januar 1999<br />

PASSAGGIO-Familien<br />

Lehrlingsgruppe<br />

Burgdorf<br />

koedukativ<br />

März 2004<br />

Klientinnen<br />

und<br />

Klienten<br />

stehen im Mittelpunkt<br />

Ambulante Dienste<br />

Begleitungen / Beratungen / Abklärungen<br />

Für weibliche Jugendliche<br />

Februar 2004<br />

Wohngruppe Sumiswald<br />

Time–out Notfallplätze<br />

Kleingruppen Schönfels / Griechenland / Frankreich<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Schulprogramm<br />

für interne Jugendliche<br />

August 2003<br />

Grundsätzlich sollte eine sozialpädagogische<br />

Institution genau so aufgebaut werden<br />

wie eine andere Institution im Dienstleistungssektor<br />

auch.<br />

Der Klient mit seiner einweisenden Behörde<br />

ist unser Kunde und muss ein fachgerechtes,<br />

auf ihn angepasstes Setting erhalten.<br />

Dazu muss eine Institution hierarchisch<br />

transparent organisiert werden und<br />

der Entscheidungsweg für den Klienten,<br />

sein Primärsystem und die einweisende,<br />

finanzierende Behörde ersichtlich sein.<br />

Unsere Institution bietet heute ein pädagogisches<br />

Gesamtpaket an, in dem Krisensituationen<br />

meistens intern gelöst und<br />

überwunden werden können, ohne dass<br />

der Klient umplatziert werden muss. Unsere<br />

Grenzen liegen <strong>bei</strong>m regelmässigen<br />

Konsum von harten Drogen und körperlich<br />

aggressivem Verhalten gegenüber<br />

den Klienten und BetreuerInnen. Hier suchen<br />

wir gemeinsam mit den betroffenen<br />

Stellen einen neuen, angepassten Rahmen.<br />

Für das Personal bedeutet dies nicht nur,<br />

kreativ und mit einer reflektierten Empathie<br />

dem Klienten zu begegnen, sondern<br />

auch die eigenen Möglichkeiten und<br />

Grenzen genau zu kennen. Die Bereitschaft<br />

für eine interdisziplinäre Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

muss allgemein einen immer<br />

grösseren Stellenwert erhalten.<br />

Diesem Anspruch müssen auch die Ausbildungsstätten<br />

der SozialpädagogInnen<br />

vermehrt Rechnung tragen. Das benötigt<br />

eine entsprechende Anpassung ihres Curriculums,<br />

was heute leider noch nicht<br />

überall geschehen ist.<br />

Die heutige Ausbildung sollte ihre zukünftigen<br />

Fachkräfte nicht nur pädagogisch,<br />

soziologisch und psychologisch<br />

schulen, sondern auch vermehrt betriebswirtschaftlich<br />

und systemisch. Das setzt<br />

aber voraus, dass die angehenden Sozialpädagoginnen<br />

nicht nur schulisch kompetent<br />

sein müssen, sondern auch in gesellschaftlicher<br />

Hinsicht bereits einige Lebenserfahrung<br />

mitbringen sollten. Umgang<br />

mit struktureller Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit,<br />

Verhandlungen mit Lehrmeistern und Eltern<br />

aber auch die neuen Medien bilden eine<br />

grosse Herausforderung für unser zukünftiges<br />

Fachpersonal. Ob das Umsetzen<br />

dieser lebenspraktischen Erfahrungen in<br />

den heutigen Bestrebungen zur Fachhochschule<br />

genügend Platz hat, wage ich<br />

zu bezweifeln, ist aber auf einem anderen<br />

Papier zu diskutieren.<br />

Mit einem Wort von Erich Fromm möchte<br />

ich diesen Bericht abschliessen<br />

An jedem Punkte seines Lebens<br />

ist der Mensch noch nicht das<br />

was er werden kann<br />

und was er möglicherweise wird.<br />

Dem möchte ich nur noch hinzufügen:<br />

Auch wir Institutionen sind nie an einem<br />

Punkt angelangt, wo wir uns nicht mehr<br />

weiterentwickeln können.<br />

Ruedi Marc Trachsel<br />

PASSAGGIO / www.passaggio.biz


direkt<br />

Am 1. Mai 2004 haben wir, Sandra Wyss<br />

und Res Zbinden mit unseren <strong>bei</strong>den Kindern,<br />

am Alpweg 15 in Worb unsere sozialpädagogische<br />

Pflegefamilie eröffnet.<br />

Unsere Kleininstitution bietet vier normalbegabten<br />

Kindern, deren Eltern die<br />

Erziehungsverantwortung nicht oder nur<br />

teilweise übernehmen können, ein zu<br />

Hause.<br />

In einem grossen Bauernhaus mit viel<br />

Umschwung und Tieren, bieten wir den<br />

Kindern ein familienähnliches Umfeld<br />

mit stabilen Bezugspersonen und individueller<br />

Förderung.<br />

Wer sind wir ?<br />

Sandra Wyss Zbinden, 1971:<br />

Ich bin Gärtnerin, Töpferin und Sozialpädagogin<br />

HFS. Lange Zeit war ich in der<br />

Stiftung Bad Heustrich tätig, wo ich auch<br />

die berufsbegleitende Ausbildung zur Sozialpädagogin<br />

machte.<br />

Zur Zeit absolviere ich den NDK «Führen<br />

einer sozialpädagogischen Pflegefamilie».<br />

Res Zbinden, 1966:<br />

Ich bin Polymechaniker und Landschaftsgärtner.<br />

Zuletzt war ich als Ausbildner in<br />

der Gartenbauschule Hünibach tätig. Nun<br />

bilde ich mich berufsbegleitend an der<br />

BFF zum Sozialpädagogen aus. Die Praktische<br />

Ausbildung mache ich in der Stiftung<br />

Bächtele in Wabern.<br />

Dezember 2004 / Nr. 4 Seite 18<br />

Sozialpädagogische<br />

Pflegefamilie Alp<br />

Sandra Wyss Zbinden und Res Zbinden<br />

Alpweg 15, 3076 Worb, Tel. 031 839 51 46, Natel 079 284 02 36<br />

sandra_wyss_71@ hotmail.com<br />

Wir haben zwei Kinder, Balz 1998 und<br />

Max 2003.<br />

Was bieten wir an?<br />

• Wir nehmen Mädchen und Knaben zwischen<br />

0 und 5 Jahren auf.<br />

• Wir bieten ein stabiles Umfeld mit familiären<br />

Strukturen.<br />

• Wir streben langfristige Plazierungen<br />

an.<br />

• Wir bieten eine individuelle Förderung<br />

der Entwicklung jedes einzelnen Kindes.<br />

• Wir ar<strong>bei</strong>ten den Bedürfnissen des Kindes<br />

entsprechend mit seiner Herkunftsfamilie<br />

zusammen.<br />

Was ist uns wichtig?<br />

Nach unserem Menschenbild hat jeder<br />

Mensch das Bedürfnis seine eigenen<br />

Möglichkeiten zu verwirklichen und auszuschöpfen.<br />

Wir sehen es als unsere primäre<br />

Aufgabe, ein Zusammenleben zu gestalten<br />

das dieses Bedürfnis berücksichtigt.<br />

Wir schaffen sinnvolle, entwicklungsfördernde<br />

Übungsfelder, die es den<br />

Kindern ermöglichen ganzheitliche und<br />

lebensnahe Erfahrungen zu sammeln. Uns<br />

ist es wichtig, den Kindern eine wertschätzende<br />

Haltung gegenüber von Menschen,<br />

Tieren und der Natur vorzuleben.<br />

Die Kinder sollen lernen die Verantwortung<br />

für ihre Entscheidungen und ihr Handeln<br />

zu tragen.<br />

Freie Plätze<br />

Zur Zeit haben wir noch zwei Plätze frei.<br />

Weitere Auskünfte<br />

Für weitere Informationen stehen wir ihnen<br />

gerne zur Verfügung.

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