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Engel in der Kinder- und Jugendliteratur - Religion im Kinderbuch

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b<strong>in</strong> ich nicht arm. Und e<strong>in</strong> Heidenk<strong>in</strong>d b<strong>in</strong> ich auch nicht. Ich b<strong>in</strong> nämlich <strong>im</strong> Hochhaus<br />

geboren <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heide.’“ (Kożik 1983, 15)<br />

Abschied <strong>der</strong> <strong>Engel</strong><br />

Typisch für die <strong>Engel</strong>s-Figuren <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendliteratur</strong> ist nicht nur ihr plötzliches<br />

Ersche<strong>in</strong>en – wie aus heiterem H<strong>im</strong>mel – son<strong>der</strong>n auch ihr plötzliches Verschw<strong>in</strong>den,<br />

nachdem die Mission zu Ende gebracht wurde. So sagt <strong>der</strong> Lehrer zum Abschied zur<br />

h<strong>im</strong>mlischen Celeste: „,Hör zu, Celeste. Wo du auch h<strong>in</strong>gehst: Du musst den Leuten dort<br />

sagen, dass wir f<strong>in</strong>den, du bist e<strong>in</strong> richtiger <strong>Engel</strong>. Und <strong>in</strong> den wenigen Wochen, <strong>in</strong> denen wir<br />

das Glück hatten, dich hier an <strong>der</strong> Nitshill-Road-Schule zu haben, hast du wahre Wun<strong>der</strong><br />

vollbracht.’“ (F<strong>in</strong>e 1996, 64) In Christa Kożiks Roman verschw<strong>in</strong>det <strong>der</strong> <strong>Engel</strong>, weil er sich<br />

Stück für Stück se<strong>in</strong>er Identität beraubt fühlt – als man ihm schließlich se<strong>in</strong>e Flügel<br />

beschneidet, flieht Ambrosius zurück <strong>in</strong> den H<strong>im</strong>mel: „Weiß war die Welt unter ihm, nur <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen Fenstern gl<strong>im</strong>mte warmes Licht. Den H<strong>im</strong>mel sah man nicht, nur das gleichgültige<br />

Mondauge. Ambrosius spannte die Flügel, die beschnittenen, bewegte sie auf <strong>und</strong> nie<strong>der</strong>.<br />

Dann stieß er sich mit dem Gipsbe<strong>in</strong> vom Fensterbrett ab <strong>und</strong> flog h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> den wirbelnden<br />

Schnee, h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die kalte Ferne.“ (Kożik 1983, 124)<br />

Das plötzliche Ersche<strong>in</strong>en (<strong>und</strong> Verschw<strong>in</strong>den) verweist noch auf e<strong>in</strong>e weitere (k<strong>in</strong><strong>der</strong>-<br />

)literarische Traditionsl<strong>in</strong>ie, nämlich auf die Motivgeschichte des fremden K<strong>in</strong>des, das auf die<br />

gleichnamige Erzählung E.T.A. Hoffmanns zurückgeht. So, wie <strong>in</strong> Hoffmanns phantastischer<br />

Erzählung <strong>der</strong> Konflikt zwischen rational-logischer <strong>und</strong> irrational-magischer Weltsicht<br />

beschrieben wird, wird auch <strong>in</strong> Kożiks phantastischem Roman e<strong>in</strong>e dualistische<br />

Weltkonzeption vorgeführt. Das K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Engel</strong> haben dabei e<strong>in</strong>iges geme<strong>in</strong>sam: beide<br />

haben sie e<strong>in</strong>en Zugang zur Sphäre des Wun<strong>der</strong>baren, den die rational denkenden<br />

Erwachsenenfiguren oft nicht mehr besitzen. (vgl. von Glasenapp 2010, 64).<br />

Schutzengel <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendliteratur</strong><br />

E<strong>in</strong>e ganz an<strong>der</strong>e Art von Abschied wird <strong>in</strong> Jutta Bauers Bil<strong>der</strong>buch Opas <strong>Engel</strong> geschil<strong>der</strong>t,<br />

das mit se<strong>in</strong>er poetischen <strong>und</strong> mehrdeutigen Bildsprache gleichermaßen K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Erwachsene anzusprechen weiß. Die Geschichte beg<strong>in</strong>nt mit dem lakonischen Satz:<br />

„Großvater erzählte gern.“ Doch <strong>der</strong> Großvater erzählt nicht <strong>im</strong> Kreis <strong>der</strong> Familie, nicht <strong>im</strong><br />

häuslichen Ambiente. Er erzählt se<strong>in</strong>e Geschichte an e<strong>in</strong>em höchst trostlosen Ort – <strong>im</strong> karg<br />

e<strong>in</strong>gerichteten Krankenhaus. Doch es gibt e<strong>in</strong>en Hoffnungssch<strong>im</strong>mer <strong>in</strong> Gestalt e<strong>in</strong>es sehr<br />

gespannten, <strong>in</strong>teressierten Zuhörers. So erzählt <strong>der</strong> Großvater se<strong>in</strong>em Enkel, <strong>der</strong> ihn <strong>im</strong><br />

Krankenhaus besucht, se<strong>in</strong>e Lebensgeschichte. Das Motto se<strong>in</strong>er Geschichte, die von

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